Mittwoch, 19. März 2008

Boah, ich habe sehr sehr schlecht geschlafen!
Die Katzen sind die ganze Nacht umher getollt und haben das Wohnmobil erneut komplett auf den Kopf gestellt.
Besonders Minki war schlimm und versuchte mit der Pfote immer und immer wieder das hintere Rollo zu öffnen, damit sie dort aus dem Fenster schauen kann.
*Kratz, Raschel, Flapp, Flapp, Hüpf, Raschel, ritsch.*
Ahhh!
Das ganze ging so weit, bis das Rollo dann mit einem fürchterlichen Knall nach oben flippte, wovon sogar Anja kurz wach geworden ist. Sie ist dann aber zum Glück gleich wieder eingeschlafen und ich war auch zu faul zum Aufstehen.
OK, ich kann es verstehen, denn immerhin haben wir wirklich alles mit Thermomatten und Rollos (blick-)dicht gemacht und so konnte Minki aus keinem Fenster nach draußen schauen und gucken, was da so alles kreucht und fleucht, bis sie sich selbst das Rollo aufgemacht hat.
Ich bin nun natürlich müde und unausgeschlafen vom nächtlichen Radau.

Als erstes heißt es einmal aufstehen und sich umsehen.
Zwar hat kein Alarm in der Nacht los gequäckt, aber das muss ja nichts heißen.
Immerhin hatte unser Mietmobil im verhängnisvollen Sommer 2006 auch eine Alarmanlage, die die Einbrecher aber mit einem simplen Trick lahm gelegt hatten.
Aber ein erster Blick offenbart, dass wir keine nächtlichen Besucher zu verzeichnen hatten, puh!

Nur das Rolo hat die nächtliche Tätzelei nicht unbeschadet überstanden! Minki hat die kleine Lasche, die am Knopf unter dem Fenster eingehängt wird, vom Rolo abgerissen. Das Teil liegt stumm und tot auf dem Boden vor dem Fenster.
Zum Glück ist es nicht heraus gerissen, sondern „nur“ aus der Führungsschiene gesprungen. Das kann man wieder reparieren.

Nach der Schadensaufnahme beginnt der Tagesablauf ganz normal. Einzig die Tatsache, dass wir uns mangels Fahrzeugdusche nicht duschen können, trübt ein wenig das morgendliche Waschvergnügen.
Ich schwöre mir bei der „Waschlappen- Katzenwäsche“ insgeheim, dass ich kein Wohnmobil mehr kaufe, wenn es nicht über eine mindestens brauchbare Dusche verfügt…

Nach dem Waschprogramm versorgen wir unsere Katzen, die sich über eine Dose Whiskas freuen.
Auch die Thermomatte der Frontscheibe mache ich den beiden ab, so stören Minki und Dori uns wenigstens nicht beim Waschen oder machen das Badezimmer unsicher.
Dann legen wir noch eines der Polster nach vorn und schon sitzen die beiden in der Fahrerkabine und genießen die von draußen einströmende und warme Sonne.
Vom Gewitter der letzten Nacht hat uns nicht sehr viel erreicht.
Einige wenige Tropfen hat es geregnet, ein wenig Wind, das wars.
Kein Donner oder andere unwetterähnliche Aktivitäten.

         
Der nächste Morgen, Blick über den SP: Super-Wetter!    Finden auch unsere Katzen! Minki und Dori in der Sonne

Beim darauffolgenden kleinen Frühstück schlägt Anja vor, dass wir heute doch ruhig nochmals zum Kloster zurück fahren könnten.
Sie hat mitbekommen, dass ich gestern ein wenig traurig darüber war, dass wir kein authentisches toskanisches Olivenöl bekommen haben und möchte mich nun natürlich wieder aufmuntern. Aber nochmals zurück fahren mag ich auch nicht.
„Wir werden schon woanders ein Olivenöl bekommen“ entgegne ich und bin der Meinung, dass wir lieber am geplanten Tagesprogramm festhalten sollten.

Gegen 20 nach 10 Uhr rollen wir vom Platz und nehmen Kurs in Richtung Siena.
Das Wetter ist wirklich traumhaft geworden, der Himmel ist wunderschön blau und die Sonne wärmt.
Schon jetzt hat das Thermometer die 15°C geknackt und es ist noch nicht einmal 11 Uhr.

         
Wieder unterwegs in der Toskana…                                   …bei traumhaften Wetter und tollen Landschaften

Für eine Stadtbesichtigung ist es somit eigentlich ideal, wenn da nur meine kleinen Zipperleinchen nicht wären. Zum einen habe heute früh nicht duschen können, was mich schonmal grundsätzlich muffig stimmt.
Dann habe ich mal mangels Schlaf ziemliche Kopfschmerzen und zum dritten habe ich nach wie vor chronische Unlust mir eine weitere Touristenhochburg anzuschauen und mich lustlos durch die Stadt zu schleppen, die unter Garantie auch wieder auf einem Berg liegt und wir mit dem Wohnmobil wohl keinen so guten Parkplatz wie in Radda finden werden.

Ich wäre viel mehr dafür heute einen Ruhetag einzulegen und die verlorene Dusche sowie ein wenig Ruhe und Gelassenheit eines Campingplatzes aufzusuchen.
Auch müssen wir uns des Inhaltes unseres vollen Grauwasser- und Toilettentanks entledigen und unsere Frischwasservorräte ergänzen.
So einigen wir uns auch, dass wir heute doch den Campingplatz von Siena ansteuern wollen.
Dort können wir zunächst pausieren, uns frisch machen und ein wenig ausruhen. Und dann gegen Nachmittag, wenn vielleicht die ersten Touristenströme bereits wieder versiegen, die Stadt entdecken.
Anja ist einverstanden und so programmieren wir das Navi auf den Campingplatz von Siena.

Die nächste gute halbe Stunde führt uns der Weg erneut durch die schönsten toskanischen Landschaften.
Zwar ist die Natur nach wie vor eher bräunlich dominiert, aber allein die Tatsache, dass die Sonne kräftig von oben scheint, lässt das wenige Grün viel intensiver wirken und zaubert so an einigen Stellen eine Landschaft ins Bild, als hätten wir diese daheim mit Photoshop nachbearbeitet.
Auch hab ich zumindest subjektiv den Eindruck, dass wir doch etwas mehr „Grün“ sehen, dies kann aber auch am vermehrten Auftreten der Zypressen liegen, die wohl wie unsere deutschen Tannen zu jeder Jahreszeit ein grünes Kleid tragen.

         
Fahrt durch die noch leeren toskanischen Weinberge        oder durch kleine verträumte Dörfchen

Trotz der tollen Landschaft und dem traumhaften Wetter muss man dennoch jederzeit hellwach sein!
Denn jetzt kommt etwas, was ich zwar geahnt und grundsätzlich erwartet, aber im Moment nicht so richtig damit gerechnet habe!
Auf dem Weg voraus erscheint plötzlich ein typisches toskanisches Bergdörfchen mit grob gebauten Häuschen aus Stein, hölzernen Fensterläden, bunten Blumen, aber vor allem: einer verdammt engen Straße! 😮
Schon an der Zufahrt muss ich schlucken und bin, obwohl wir uns hier doch eigentlich auf einer Hauptstraße befinden müssen, total unsicher ob wir nicht in der engen Stadtzufahrt Stecken bleiben und wir uns rechts, links, oder an beiden Seiten den Alkoven aufreißen werden.
Abrupt wird abgebremst und dann in Schrittgeschwindigkeit die Engstelle passiert.
Da war nicht mehr viel Platz!
Ganz zufällig hat Anja die Kamera im Anschlag, sodass uns dieses folgende kleine Video von dieser kritischen Dorfdurchfahrt gelungen ist:

Wer kein Video gucken mag, hier sind mal zwei Bilder von der Ortsdurchfahrt (aber deutlich weniger ausdrucksstark… 😉

         
Durch diese Enge Gasse muss er kommen…             und hier durch muss „er“ (also wir mit unserem Wohni) auch..

Siena erreichen wir gegen kurz nach 11 und schlagartig ist es mit der Idylle der landschaftlichen Toskana vorbei!
Hier herrscht wieder Hochbetrieb und ich muss mich voll auf den Verkehr konzentrieren, damit wir keinen Bumms bauen.
Auch der bis dato eher weniger aufgetretene italienische Verkehr bricht über uns herein und an so mancher Stelle haben wir nur unsere rechtliche Vorfahrt, weil wir in einem dicken Wohnmobil sitzen und dies schon von Natur aus einem PKW- Fahrer ein wenig Respekt abnötigt.

         
Wir erreichen Siena                                                            hier ist gleich wieder etwas mehr los

Die böse Überraschung finden wir dann wenige Minuten später, denn der von uns angesteuerte Campingplatz Colleverde hat leider geschlossen und ist zu! 🙁

Die Lage des Campingplatzes ist davon abgesehen auch nicht wirklich super und der erste Eindruck ist eher enttäuschend.
Wie erwartet hat auch Siena eine für mittelalterliche Verhältnisse strategisch günstige Lage auf einer Anhöhe, für uns waffenlose Touristen ohne Eroberungsambitionen jedoch ist dies eher kontraproduktiv und das in doppelter Hinsicht.
Denn wir müssen nicht nur die Stadt erklimmen, sondern auch gleich auf der gegenüberliegenden Seite den Campingplatz ansteuern, der ebenfalls auf einer Anhöhe liegt.
Somit muss man immer einen Berg rauf und einen Berg runter kraxeln, egal, ob man aus der Stadt kommt oder in diese möchte.
Das hätten wir natürlich noch verschmerzen können, aber wie gesagt, der Platz hat leider zu.

         
Der Campingplatz ist eigentlich ganz gut ausgeschildert… …Nützt nur nichts, wenn der CP (hier links) geschlossen hat

Hinter dem Tor sind wohl umfangreiche Baumaßnahmen im Gange und es sieht nicht so aus, als würde man hier vielleicht im Sommer oder so wieder die Pforten öffnen.

Ein geschlossener Campingplatz ist jedoch nicht das einzige Problem!
Die Tankuhr meldet bereits seit einigen Kilometern eine fiese gelbe Warnlampe und fordert so unmissverständlich zum Tanken auf, will man, so wie wir auf unserer allerersten Reise im eigenen Wohnmobil, nicht mangels Dieselkraftstoff liegen bleiben.
Zum Glück haben wir ein Navi und lassen uns von diesem an die nächste Tankstelle leiten, die sich als sündhaft teure Total- Tankstelle entpuppt.
Ich hatte gehofft, dass es hier in der Stadt mit mehreren Angeboten vielleicht etwas günstiger wäre, als draußen in den toskanischen Hügeln, aber leider ist das Gegenteil der Fall.
Zum Sparpreis von 1,389 verkauft man uns den Liter Diesel, selbstredend, dass wir nur für 20,- € tanken und uns damit etwas mehr wie 100km Fluchtweg aus dieser Stadt sichern.

Unterwegs finden wir übrigens ganz unvermutet einen Wohnmobilstellplatz.
Es handelt sich, so entnehmen wir es dem Reiseführer, wahrscheinlich um dem Stellplatz Palasport, der zumindest einen kleinen Vorteil gegenüber dem Campingplatz besitzt.
Denn von hier müsste man nur den Berg rauf in die Stadt fahren oder gehen, denn der Stellplatz liegt genau in der Senke zwischen Innenstadt und Campingplatz.
Das war es aber auch schon mit Vorteilen und abgesehen von der Tatsache, dass ich einen CP für Duschen und Co. brauche, würden wir selbst frisch geduscht und mit vollem Frischwassertank nicht hier bleiben! Warum?
Nun, es handelt sich um ein einfaches größeres Parkareal, welches von einem Parkwächter bewacht wird.
Dieser hat uns auch gleich in den Focus genommen, als wir grob in die Richtung Stellplatz abgebogen sind.
Und schon von weitem informiert auch eine Info- Tafel über den Preis pro Nacht: 20,- €!!

„Kurzparktarife“ scheint es nicht zu geben, denn zwei einsame und verlassene Wohnmobile deuten auf diesem riesigen Areal ein wenig verloren nicht gerade auf regen Besuch und Nutzung hin.
Eine V/E können wir ausmachen, aber Strom scheint es auch hier nicht zu geben.
Auch erscheint es mir hier direkt an der Hauptstraße und der nahen Eisenbahnlinie viel zu laut für eine Übernachtung geschweige denn als ruhigen Platz zur Entspannung.
Nur Betonfläche zwischen Berg und Hauptstraße, wie soll man sich denn da erholen?
Und dafür dann auch noch 20 Taler? Nein danke, ich bin bedient.

         
Der unattraktive Stellplatz von Siena                        Ganz charmant gleich neben Hauptstraße und Rangierbahnhof

Und so kurven wir zunächst ein kurzes Stück zurück in Richtung Campingplatz, um dort auf der Viale Mario Bracci (bei N 43.334886°, E 11.325661° ) eine der vielen kostenlosen und freien länglichen Parktaschen zu erhaschen, die wir vorhin bei der Abfahrt vom Campingplatz in Richtung Ortsmitte gesehen haben.
Ich will jetzt hier erstmal anhalten und „Kriegsrat“ mit Anja halten, auch puckert mein Schädel von der Hin- und Herkurverei immens und ich brauche eine kleine Fahrpause.

Endlich schweigt der Motor, die Uhr zeigt kurz nach halb 12.
Wir stehen schräg und ehrlich gesagt ziemlich unattraktiv gleich an der Hauptstraße.
Aber wenigstens sparen wir uns hier die 20,- € Stellplatzgebühr.

    
So parken wir erstmal ganz schnöde am Straßenrand…

Nachdem wir den Kühlschrank auf Gasversorgung umgestellt haben, setzen wir uns bei einer Cola und einem Mini- Kuchen in der Sitzgruppe zusammen und überlegen, wie es nun weitergehen soll.
Anja mag natürlich Siena besuchen, aber ich kann mich, auch nach einigen Minuten Pause, einfach nicht dazu aufraffen.
Zu sehr drückt mein Kopf, zu sehr brennen meine Augen, ich möchte nur noch mein Haupt ins Kissen kuscheln, die Augen schließen und ein Stündchen auf zwei die Augen zu machen.

Und so kommt, was für uns im Urlaub eigentlich ungewöhnlich ist.
Anja macht ihr Marschgepäck startklar und geht Siena bewundern, während ich im Wohnmobil zurück bleibe.
Anja nimmt ein Handy mit.
Wenn nachher die Stadtbesichtigung zu Ende ist, wird sie anrufen und mir sagen, wo ich sie aufsammeln kann.

Die folgenden Impressionen von Siena sowie Ihre gesammelten Eindrücke stammen logischerweise allein von Anja (weinrot), während meine Geschichte in blau weiter geht:

Ist schon komisch. Irgendwie.
Da sitze ich nun ganz allein im Wohnmobil…
Aber mein Kopf duldet keinen weiteren Aufschub, kaum ist Anja außer Sichtweite, habe ich auch schon meine erste Schicht Matratzenhorchdienst…

– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

Mein lieber Mann will also, dass ich ganz alleine durch Siena spaziere?
Na bitte, kann er haben!

Und so spaziere ich erstmal los in die Richtung, in der ich die Innenstadt vermute.
Und „vermuten“ trifft es eigentlich ganz gut, denn einen richtigen Innenstadtplan von Siena hab ich nicht.
Nur der Regionalführer „Toskana“ aus dem ADAC- Tourset hat eine kleine Karte der Innenstadt von Siena und aus dem Reiseführer des WOMO- Verlages hab ich die Info, dass man vom Campingplatz aus (der liegt ja in unserem Rücken) die Bahngleise überqueren muss und sich auf der anderen Seite einfach nur bergrauf und „schräg links“ in Richtung Centro halten muss. Durchquert man dann die Mauer, muss man sich nur noch halblinks halten.
Naja, ich bin ja mal gespannt…
Ich guck zwar, ob ich irgendwelche Touristen ausmachen kann, aber keiner des mich umgebenden Fussvolkes sieht einem Touristen auch nur annähernd ähnlich 😉

Tatsächlich passt die Wegbeschreibung. Nach einer knapp 20- minütigen anstrengenden Bergauftour stehe ich tatsächlich vor dem Rest einer alten Mauer, auf die durchaus die Beschreibung aus dem Reiseführer passen würde… 😉

    
     Das ist sie also (denke ich mal): Die alte Stadtmauer von Siena

Nachdem ich mich ein wenig orientiert hab, bin ich mir relativ sicher den richtigen Weg gefunden zu haben.
Endlich stromern um mich herum ein paar andere „Touristen“ und auch „Centro“ findet sich als Hinweis zum ersten Mal auf den umliegenden Schildern.  Auf jeden Fall bin ich soweit sicher, dass ich weiter in die Richtung gehe und mich nun halblinks halte.
Aber wenn ich in 15 Minuten nichts gefunden hab, was annähernd nach Altstadt ausschaut, dann muss ich mir was anderes einfallen lassen.

Ich folge der Via G. Garibaldi bis zum Ende, wo der Hauptstrom der Menschen um mich herum abbiegt. Also tue ich es Ihnen gleich und biege ebenfalls links auf die Via de Montanini ab.
Kurz drauf entdecke ich einen großen Umschlagplatz für Touristen, die mit dem Bus (wahrscheinlich so nah wie möglich) an die Altsadt heran gebracht werden. Wenn hier Schluss für den Straßenverkehr ist, ist das doch schonmal ein gutes Zeichen, oder?

„Jetzt nur noch die passende Orientierung finden“ geht mir durch den Kopf.
Ich suche mir ein Straßenschild und finde mit voller Erleichterung eine Steintafel mit der Aufschrift Piazza Antonio Gramsci.
Juchu!! Am äußersten Rand meines Mini- Stadtplans vom ADAC ist der Platz eingezeichnet! Endlich hab ich die Orientierung und kann mich in Ruhe umsehen!
Wer braucht hierfür schon Ehemänner??? 😉

         
     Unterwegs auf der Via Garibaldi immer den anderen hinterher   Erleichtert! Hier an diesem Bus- Platz bin ich bestimmt richtig

         
     Juchu! Gefunden!                                                               Hier beginnt sie also: Die Altstadt von Siena…

Nachdem ich nun endlich die Orientierung gefunden habe, wird es Zeit die abgesteckten Ziele zu ordnen.
Immerhin bietet Siena einiges: Da wäre zum Beispiel die Eisdiele / Konditorei Naninni, die der Familie der berühmten italienischen Sängerin Gianna Naninni gehört.
Dann vielleicht noch eine im Reiseführer genannte Pizzeria, den berühmtem Piazza del Campo mit seinem Turm „Torre del Mangia“ und natürlich den Dom von Siena. Und wenn es in der Altstadt nicht zu weit ist, dann nehme ich auch noch die Kirche San Domenico und das Haus der Santa Caterina mit, mal sehen…

Das Hauptziel wird der Piazza del Campo, der an den nun verfügbaren zahlreichen Wegweisern bereits ausgeschildert ist.
Als erstes und fast zwangsweise landet man auf der Banchi di Sopra, einer Hauptverbindungsgasse zum Piazza del Campo.
Von dieser gehen zwar rechts und links kleinere Gassen und Gässchen ab, aber der Haupttouristenstrom flaniert kreuz und quer an den zahlreichen Bars, Cafes und Geschäften vorbei, sodass einem mitunter die Luft zum Atmen fehlt.
Zwar ist das Angebot an Mode, Schuhe und Schmuck doch recht umfangreich, aber bei dem Wusel um einen Herum kommt man gar nicht wirklich dazu die einzelnen Auslagen zu bestauen oder sich mal einen Moment Zeit zu nehmen.
Der Effekt wird noch dadurch verstärkt, dass die mehrstöckigen Gebäude um einen herum nur wenig Licht nach unten durchlassen und man sich beinahe wie im „Tal des Todes“ vorkommt.
Regelrecht vorwärts „getrieben“ wie in einer Viehherde geht es weiter. Der Reiseführer schreibt schon nicht ohne Grund, dass man besser früh morgens die Stadt besichtigt.

    
     Drangvolle Enge in den Gassen von Siena, hier auf der „Banchi di Sopra“

Überraschend entdecke ich dann die Eisdiele mit dem „Nannini“- Schriftzug. Damit hab ich an dieser Stelle noch gar nicht gerechnet.
Offenbar sind die Entfernungen doch geringer, als ich zunächst vermutet hab.
Ob es wohl die richtige Eisdiele ist?
Da ich ich eh noch keine Lust auf ein Eis hab, geht es erstmal weiterin Richtung Piazza del Campo, vielleicht findet sich unterwegs noch etwas anderes.
Ein paar Meter weiter auf der anderen Straßenseite findet sich dann auch die dazugehörige Konditorie der Nannini, wovon auch der Reiseführer berichtet hat.
Also bin ich hier auf jeden Fall richtig.

         
     Die Konditorie der Familie Nannini                         in der Auslage findet sich allerlei leckeres Back- und Naschwerk

Nur wenige Schritte danach finden sich ein paar weitere kleine Gassen mit Treppen nach unten, die mich direkt zum Piazza del Campo führen.
Und hier kann man endlich wieder durchatmen!
Die drangvolle Enge der schmalen Gassen scheint keinem hier so recht zu liegen, denn als erstes fallen mir die tausend Touristen wie Einhemische ins Auge, die sich hier auf dem zentralen Platz der Stadt niedergelassen haben und ein wenig Sonne tanken. Ob nun in einem der Cafes mit einem Cappuccino oder stilecht auf den Stufen der umliegenden Treppen, alle und alles tummelt sich hier.
Und obwohl es hier natürlich sehr voll ist, gefällt es mir hier auf dem zentralen Platz besser, als in den engen Gassen.

         
     Angekommen auf dem Piazza del Campo                           Hier genießen die Leute Licht, Luft und Sonne

Als erstes drehe ich eine Orientierungsrunde auf dem Piazza del Campo. Sternförmig, oder eher muschelförmig gehen von hier aus viele verschiedene kleinere und größere Gassen in alle Richtungen ab.
Man muss schon manchmal genauer hinschauen um sicher zu sein, dass es sich wirklich um einen offiziellen Weg und nicht um eine private Terrasse handelt. Im Endeffekt erkennt man nur an den Touristenströmen, ob man einen Weg passieren kann, oder nicht.
Urig sieht es schon aus. Mehr oder weniger provisorisch zwischen Stein und Mauer stehen dann Postkartenständer, Sonnenschirme oder Terrassenmöbel der Cafes, um ruhesuchende Touristen aufzunehmen.

         
     Blick in eine der Seitengassen                                      Drangvolle Enge? Man versucht das beste draus zu machen

Aber eines haben sie, wie Rom, mit allen Wegen gemeinsam: Sie enden immer wieder hier auf dem Piazza del Campo.
Direkt am Piazza del Campo findet sich übrigens auch die die Touristeninformation, wo ich mir als erstes einen noch detailreicheren Stadtplan besorge. Damit fällt die Orientierung noch leichter und ich kann anhand einer Straßenbezeichung mein Taxi später besser einbestellen 😉

Vom „kleinen Hunger“ getrieben versuche ich die Pizzeria zu finden, die im WOMO- Reiseführer Erwähnung findet.
Ich durchstöbere einige der Gassen und finde die Pizzeria auf Anhieb. Allerdings gefällt mir diese weitaus weniger gut, als zum Beispiel die Pizzeria in Greve.
Voll, Gedrängel, Straßenverkaufabfertigung wie am Flughafen und ganz einfach wenig einladend, da ist es wohl besser meinen Hunger erstmal zu verschieben.
Hunger wäre eh zu viel gesagt, eher „Appetit“, den man immer bekommt, wenn man auf Reisen ist.
Ein Butterbrot als Reiseproviant wäre wohl besser gewesen und wäre in der Sonne und auf den Stufen des Piazza del Campo wohl ne tolle Sache gewesen!

Der Piazza del Campo wird übrigens nun Dreh- und Angelpunkt für weitere Ausflüge in die einzelnen Gassen.
Immer wieder trifft man aber auf den Platz, wird von seiner Atmosphäre in Helligkeit und Licht geradezu angezogen.
Besonders der Ausblick vom Rand in die Tiefe und der dann massiv aufbauende Turm sind schon ein toller Anblick, was man sonst wohl nirgendwo findet.
Der Turm wäre vielleicht sogar eine Besteigung wert. Zwar wäre die Schlange an der Pforte auch nicht wirklich erwähnenswert, allerdings spricht der Reiseführer von 555 Stufen, die für einen sicherlich tollen Blick über die Stadt erklommen werden müssen.
Aber ganz allein und ohne einen Mann, der mich zieht, wenn ich schlapp mache?
Wohl eher nicht…

    
     Blick auf den Torre del Mangia am Piazza del Campo, 555 Stufen führen zum Ausblick nach oben…

Anstelle mich mit irgendwelchen Stufen abzumühen, wird es nun an der Zeit den besten Geschmack Italiens in Form eines Eis zu genießen. Und bevor ich nachher vom Dom aus nicht mehr an ein leckeres Eis komme, spaziere ich den kleinen Weg zurück in Richtung Eisdiele Nannini.
Zuerst probiere ich es in der Konditorei Nannini.
Das etwas gehobene Ambiente sieht zwar nett und stimmig aus, aber da es 1. kein Eis gibt und 2. die Preise auch recht gehoben sind, spaziere ich den Weg weiter zur Eisdiele Nannini, obwohl sich diese streng genommen nicht mehr im Besitz der Familie Nannini befindet. Dennoch ist der Nachfolger in der Qualtität des Eises nicht weniger schlecht und bietet, laut dem WOMO- Reiseführer, das wohl drittbeste Eis in Italien. Na mal schauen, ob die Wertung von Ralf Gréus und Co auch wirklich zutrifft 😉
Ich muss mich zwar durch eine Horde deutscher Schüler durchkämpfen, die gerade eine Großbestellung aufgegeben hat, aber der Aufwand lohnt sich.
Ich folge dann der Empfehlung des Reiseführers und probiere mit Stracciatella mein Glück.
Als Draufgabe punktet dann noch eine Kugel Erdbeereis. Mjam!

         
     Blick in die Eisdiele Nannini                                                Hier mein Eis: Erdbeer und Stracciatella

Mit dem Eis in der Hand geht es sich gleich viel leichter zur nächsten Sehenswürdigkeit von Siena.
Wieder folge ich dem Weg und wieder passiere ich die Piazza del Campo, um dort den Schildern in Richtung „Duomo“ zu folgen.

Vom Piazza aus führt der Weg ein bisschen bergauf. Aber wenigstens ist es hier ein wenig leerer, sodass ich auch endlich mal dazu komme mir die Auslagen und das Angebot an Souvenirs der einzelnen Geschäfte ein wenig näher anzuschauen, ohne von den vorbeiströmenden Massen mitgerissen zu werden 😉

         
     Der Weg führt bergauf, dafür ist es weniger voll                Endlich kann ich auch mal wo stehen bleiben und gucken

         
     Auch hier sind die Bauten hoch und drangvoll mit wenig Licht  Immer den Schildern hinterher!? Geradeaus oder rechts???

Den Dom von Siena (Duomo) erreiche ich gegen halb 3.
Ähnlich wie am Piazza del Campo trifft man unvermittelt auf ein kleineres offenes Areal, wo Licht und Luft den Raum erfüllt.
Auch an diesem Ort haben sich einige Touristen und Einheimische eingefunden, die hier die Chance nutzen, der drangvollen Enge der umliegenden engen Gassen zu entfliehen und etwas Luft und Sonne zu tanken.
Der Dom selber wirkt sehr edel. Durchaus sind gewisse Anleihen an den Dom in Florenz nicht zu verkennen.
Auch hier ist das schwarz-weiße Muster dominant und auch hier findet sich die Vorderseite in einem prachtvollen und ornamentverzierten Zustand.
Der Eintritt scheint hingegen Geld zu kosten, sodass ich mich lieber für ein Plätzchen in der Sonne entscheide, um mal ein wenig auszuruhen.
Und allein den Dom besichtigen? Ist auch blöd irgendwie.
Übrigens: Der Dom ist zu mächtig, dass er mit nur einem einzigen Bild erfasst werden könnte.
Möchte man den Dom von vorn in seiner Gesamtheit mit einem Bild erfassen, ist bestimmt ein spezielles Objektiv erforderlich. Man kann gar nicht so weit nach hinten gehen, um die nötige Distanz zur Portalseite des Domes zu erreichen. Nur wenige Schritte von der Stirn des Domes entfernt steht nämlich ein Gebäude, welches ein Frontalbild unmöglich macht.
Echt blöd!
Der eigentliche Piazza del Duomo, der doch recht weitläufig ist, liegt leider seitlich vom Dom.
Keine Ahnung, was sich die Erbauer dabei gedacht haben!

         
     Der Dom von Siena, hier von der Seite                              und von vorn (man kann nur erschwert Bilder machen)

         
     Zugang zum Dom                                                               mit reichlich verziertem Hauptportal

Auf dem Piazza del Duomo tue ich es dann den lesenden Italienern gleich und mache es mir auf einem Mauersims bequem.
Und wie die übrigen Gäste auch schnappe ich mir ein Buch (in dem Fall meinen Reiseführer) und lasse ein wenig die Zeit dahin plätschern.
Mit dem Stadtplan in der Hand wird klar, dass ich hier im unteren Teil der Stadt nicht mehr so sehr viele Sehenswürdigkeiten entdecken kann. Die weiteren Ziele, nämlich Kirche San Domenico und das Haus der Santa Caterina finden sich im nördlicheren Teil der Stadt. Um dorthin zu kommen muss ich also den Weg wieder zurück und erneut den Piazza del Campo passieren.
Macht mir aber nichts aus, ich möchte eh noch in den zahlreichen Souvenirläden ein Andenken, ein paar Postkarten oder vielleicht eine Kleinigkeit für meinen Faulenzmann kaufen.
Um kurz vor 3 mache ich mich wieder auf den Weg.

         
     Wieder unterwegs in den Gassen von Siena           Neu in Alt: Handtaschen und Modeshop in den Altbauten Sienas

Wieder am Piazza del Campo, wo sich noch immer tausende von Menschen aufhalten, ist dann wieder Zeit für eine kurze Verschnaufpause, um nach dem Lauf durch die engen Gassen Luft zu holen.
Auch Postkarten finde ich nach einer kurzen Suche in einer Nebengasse.
Und es ist tatsächlich recht beeindruckend, wie man immer und immer wieder an diesem zentralen Platz Piazza del Campo landet. Besonders von dieser Seite kommend hat man einen schönen Blick auf den Torre del Mangia und den mit Menschen gefüllten Piazza.

         
     Blick auf den Torre del Mangia…                                        …und den muschelförmigen Piazza del Campo

Wieder geht es den Weg zurück bis zur Eisdiele, wo ich dann aber die Via della Sapienza hinunter gehe.
Und „hinunter“ trifft es eigentlich ganz gut, denn die Gasse hat ein ganz passables Gefälle.
Eins ist mal sicher: Ich gehe den Weg sicherlich hinunter, aber keinesfalls wieder hinauf! Ich werde noch die beiden nächsten Ziele auf dem Weg abklappern und dann wird es Zeit mein Taxi einzubestellen!
Es ist herrlich durch die Gassen zu stromern!
Ein paar mal muss ich noch den Weg wechseln, wenn man den Wegweisern folgen möchte.
Und hinter jeder Ecke finden sich plötzlich neue Eindrücke, die entdeckt und erkundet werden wollen.
Im großen und ganzen ist es deutlich einfacher hier entlang zu spazieren. Klar lieg das daran, dass es nur bergab geht.
Die Route durch Siena will also auf jeden Fall gut geplant sein, damit man nicht unnötig seine Kräfte an Aufstiegen verbraucht.
Die Wege in Siena sind deutlich vielschichtiger und anders, als in Rom oder Florenz ist die Stadt auch für den Fussgänger deutlich „dreidimensionaler“.
So wie ich denken übrigens auch viele andere Touristen, denn scheinbar haben wir alle eines gemeinsam: Den Weg nach unten 😉

         
     Immer den Wegweisern hinter…                                        …und vorbei an „netten Pizzabäckern“

         
     Andenkenshop in der Seitegasse                                       So steil geht es mitunter rauf oder eben herab…

Fast schon unscheinbar taucht dann plötzlich die Casa di Santa Caterina vor mir auf, sodass ich schon fast in den Innenhof stolpere. Etwas verwundert bin ich darüber, dass scheinbar nirgendwo Eintritt verlangt wird und auch sonst findet sich kein „Offizieller“ wie zum Beispiel ein Wachmann oder so.
Das Tor ist offen, man kann einfach so rein und sich in Ruhe umschauen. Wer weiß, welcher Tourist nicht aus Versehen daran vorbei läuft…
Aber egal, so hab ich das Haus (fast) ganz für mich allein…
Santa Caterina ist übrigens die Schutzheilige von Siena. Diese sah sich aufgrund ihrer Visionen genötigt dem Papst den ein oder anderen Ratschlag zu geben und auch ins Gewissen zu reden.
Anders als heute, hatte der Papst damals (14. Jahrhundert) wohl noch deutlich mehr Einfluss. Und wer es schaffte dem Papst etwas zu suggerieren, wird wohl damit auch irgendwo Macht gehabt haben.
Für viele katholische Frauen ist sie somit (auch noch heute) durchaus als Vorbild zu sehen.
Nicht ohne Grund ist wohl auch ihr Kopf in der benachbarten Kirche San Domenico verwahrt…
Huhuhuu, das klingt aber gruselig…

         
     Casa di Santa Caterina: Etwas unscheinbar…                   Grundriss des Hauses auf einer Infotafel

         
     Ein paar Papstbüsten finden sich hier                              Unter anderem auch Joh. Paul II (gut zu erkennen, oder?)

         
     Blick in den Innenhof mit Brunnen                                       Hmm, das könnte sie wohl sein, oder?

Von der Casa di Santa Caterina geht es wieder ein kleines (aber wirklich nur ein gaaanz kleines!) Stück rauf und zurück auf die Via della Sapienza, um dort dem Weg bis zur Kirche San Domenico zu spazieren.
Hier im unteren Teil der Stadt überrascht mich übrigens ein etwas harmonischeres Preis-/Leistungsverhältnis.
Und so entecke ich einen kleinen Souvenirladen, der fast schon wie ein Lebensmittelladen wirkt.
Hier hole ich dann meinem „lieben“ Mann einen kleinen Kuchen. Er ist nunmal eine Schnubbelschnute. Aber verdient hat er den ja eigentlich nicht 😉
Panforte Margherita steht drauf und ich muss wirklich meine Neugier züglen das kleine Küchlein nicht gleich auszupacken und rein zu beißen. Aber vielleicht darf ich ja nachher mal abbeißen, wenn mein lieber Mann den Kuchen probiert
(Anmerkung vom 19.07.09: Den Kuchen hab ich nicht aufgemacht, sondern unangetastet zuhause in den Schrank gestellt…)

         
     Unterwegs in den Gassen am Rande der Altstadt von Siena    Souvenirs sind hier etwas günstiger

         
     Auch Terrassen laden zum Verweilen ein                           hier gibt es erstmals auch wieder Autos zu sehen

Die Kirche San Domenico wirkt von außen eher schlicht und bietet so überhaupt nichts an Detailreichtum oder Verzierungen. Wären keine Kreuze dran, könnte man das Gebäude glatt für eine Lagerhalle mit Glockenturm halten.
Natürlich schaue ich mich drinnen etwas näher um, immerhin will ich den Kopf von der heiligen Katharina sehen!
Leider war das Fotografieren im Inneren der Kirche streng verboten und ich denke mal die umher streifenden Wachleute kontrollieren das Verbot auch entsprechend.
Das Kirchenschiff ist recht monströs, bietet jedoch wenig neues, was man auch sonst in Kirchen erwartet.
Einzig in einer gesonderten abgegrenzten Ecke stehen sich die Touristen die Füsse in den Bauch.
Hier findet sich dann tatsächlich der Kopf der heiligen Katharina.
Klein, farblos-grau, unecht und unheimlich wirkt der Schrumpfkopf fast schon surreal auf mich.
Allein der Gedanke, wie man hier wirklich einen Kopf einer toten Person auch noch mit Lichtern eher grotesk in Szene setzt, ist schon abwegig. Nun, wenn man in Natura davor steht, schüttelt es einen durch und durch und man bekommt eine Gänsehaut.
Uargh! Schnell raus hier!
Nach einer kleineren Runde durch den Rest der Kirche geht es wieder an die frische Luft.

     
Die eher unscheinbare Kiche San Domenico von außen

Von hier aus geht es eigentlich nicht mehr weiter.
Viel mehr kann man eh nicht mehr von Siena sehen, ohne wieder die ganzen Anhöhen erklimmen zu müssen.
Stattdessen wird es Zeit sich so langsam einen guten Punkt zu suchen, von dem aus mich mein lieber Faulenzmann ganz bequem abholen kann, nachdem ich ihn per Telefon einbestellt hab! 🙂
Vielleicht schaffe ich es ihn ja wenigstens noch zu einer kleinen Besichtigung der Kirche zu überreden. So einen Schrumpfkopf muss man doch gesehen haben!

Vom Piazza San Domenico kann man über ein kleines Tal hinweg auf eine etwa 500-600 Meter entfernte große Kreuzung und Straße blicken, auf der sich auch einige Wohnmobile aufhalten.
Vielleicht kann man dort ja auch parken?
Also spaziere ich die Viale dei Mille entlang, um auf die andere Seite vom Tal zu gelangen.
Dort angekommen finden sich tatsächlich auch einige parkende Wohnmobile und ich gebe meinem Mann per Telefon ganz charmant die Daten Viale Vittorio Venetto Ecke Viale Gino Fruschelli per Telefon durch…

Gleich an der Ecke findet sich dann sogar ein ganz toller Aussichtspunkt auf die Stadt, wo ich natürlich sogleich ein paar Bilder mache.

     Blick auf Siena
     Blick auf Siena vom Aussichtspunkt von der Viale XXV Aprile aus

– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

Gegen kurz nach 3 klingelt dann mein Handy.
Ich bin erst wenige Minuten zuvor aus einem dösigen Halbschlaf wach geworden und habe mir gerade das zweite Stück Mini- Kuchen zwischen die Backen geschoben.
Die Dinger sind mal richtig lecker!

Mit vollem Mund nehme ich kauend das Gespräch an und bekomme eine Straße ganz in der Nähe der Kirche San Domenico genannt, wo Anja auf die Abholung wartet.

Kein Problem, ich habe eh genug dem Straßenlärm gelauscht.
Auch war an „richtigen Schlaf“ eh nicht zu denken.
Ich bin einmal sogar richtig aufgeschreckt, als ein paar merkwürdige Gestalten ums Wohnmobil geschlichen sind.
Ich hab mich dann schnell und ruckartig bewegt, damit das Wohnmobil wackelt…
So bin ich natürlich froh, dass wir nun endlich weiter fahren und Siena verlassen.
Ich kann es noch immer nicht glauben, 20,- € für einen simplen Parkplatz an der Hauptstraße mit absolut unattraktivem Ausblick über eine angrenzende Bahnlinie, Hammer!!!

Siena kann in der Innenstadt gar nicht so schön sein, dass die Entbehrlichkeiten drumherum diese Ausgaben und diese Unattraktivität rechtfertigen würden.
Aber mal sehen, was Anja dazu meint, wenn sie mir gleich von ihrer Stadttour berichten wird.

Bei der Zufahrt in den Innenstadtkern komme ich an einem Schild vorbei.
Es ist weiß mit schwarzer Schrift, klein und unscheinbar, dennoch fällt es mir sofort ins Auge.
Genau kann ich es nicht erkennen, aber es hat irgend etwas damit zu tun, dass Fahrzeuge mit weniger als Euro 2 nicht in die Stadt dürfen. Hier also auch…
Wie gesagt, ich bin zu schnell vorbei und kann nicht genau erkennen, ob das nun für alle Fahrzeuge gilt, nur für Einheimische, nur für LKW, generell immer oder nur bei Smog.
Begehe ich vielleicht gerade einen Umweltverstoß?
Egal…

Auf dem Weg den Berg rauf sehe ich immer wieder vereinzelt in größeren Parknischen Wohnmobile stehen.
Offenbar sind wir nicht die Einzigen, die sich Alternativen zum mehr schlecht als recht besuchten Stellplatz ausgesucht haben, wobei unsere Hauptstraße nicht unbedingt die beste Wahl war.

Wenige Minuten nach meiner Abfahrt hat mich unser Navi sicher ans Ziel geführt.
Sogar in den tiefen Häuserschluchten, am Berg und trotz Alkoven habe ich erstaunlich wenig Aussetzer, das Navi funktioniert super.
Alleine hätte ich sonst niemals zu Anja gefunden und sie hätte den ganzen Weg wieder zurück laufen müssen. 😉

Kurz bevor ich an einer Art Aussichtspunkt eintreffe, sehe ich „sie“…
Sofort schießt mir aus Tolkiens „Herr der Ringe“ der Zauberer Gandalf in den Minen von Moria in den Kopf: „SIE KOMMEN!! …“
Und da sind „sie“ schon: Scharen von Rucksacktouristen angekarrt mit Bussen schlängeln sich wie eine fette bunte Schlange in die Stadt.
Nein, ich bereue nicht eine Minute diese Stadt ausgelassen zu haben!

         
     Mit dem Womo den Berg von Siena rauf…                         „Sie kommen!!“ Touristen in Anmarsch…

         
     Was wir können, können andere schon lange: Parken abseits des SP wie er hier links im Bild…   …oder er hier rechts…

Ich parke in einer Seitenstraße, obwohl ich anhand einer sehr undeutlichen Beschilderung mehr intuitiv erahne und eigentlich nicht genau weiß, dass Wohnmobile hier gar nicht parken dürfen.
Ein einfaches Piktogramm mit einem durchgekreuzten Wohnmobil wäre wohl zu viel verlangt…
Den gebietenden Parkschein spare ich mir.
Lange will ich hier ja auch gar nicht verweilen, aber Anja wünscht sich so gern noch ein Bild der Aussicht über Siena im Hintergrund und mit ihr als Hauptmotiv.
Na klar, das machen wir natürlich noch.
Dann aber schwärmt Anja mir von einer eher unscheinbaren Kirche vor, die man von hier aus erkennen kann.
Angeblich gibt es dort einen Schrumpfkopf von irgend einer heiligen zu bestaunen.
Aha!
„Nee, lass mal“ und unter dem traurigen Hundeblick meiner lieben Frau gehe ich zielsicher und bestimmt zurück zu unserem fast in zweiter Reihe parkendem Wohnmobil zurück, um möglichen Wegelagerern und Raubrittern in Form von Politessen sogleich die Grundlage zu entziehen. Ein Strafzettel aus dieser unfreundlichen Stadt würde mir grad noch fehlen!

Meine Theorie mit dem Parkverbot für Wohnmobile scheint sich indes sogar zu bestätigen.
Gleich an der Ecke steht ja ein italienisches Wohnmobil, welches Anja schon aufgefallen ist.
Und obwohl der Besitzer wohl ordnungsgemäß einen Parkschein gelöst hat (was man von einigen PKW hier nicht behaupten kann…), prangert an seinem Scheibenwischer ein fetter Strafzettel.
Ich war so frei und habe mir den Zettel mal genauer angeschaut, schlau bin ich daraus trotzdem nicht geworden.
Nur, dass er Strafe zahlen muss, das ist ersichtlich.

– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

Nachdem Anja wieder an Bord ist, überlegen wir (ab jetzt wieder gemeinsam und gewohnt in dunkelbau! 😉, wie es nun mit der Toskana weiter gehen soll.
Dadurch, dass der CP hier im Ort geschlossen ist, benötigen wir definitiv eine Alternative für den kommenden Schlafplatz.
Nicht nur für die Duschen brauchen wir diesen, auch unser Klotank und der Abwassertank sind voll und wollen geleert werden.

Zur Debatte steht natürlich erneut der ACSI- Campingplatz etwa 20km südlich von Siena.
Dieser liegt zwar abseits unserer eigentlichen Route, dafür kostet dieser jedoch sicher nur 14,- € !!
Andererseits wollen wir von hier aus nicht gen Süden, sondern mehr in Richtung Westen und in Richtung Küste den Weg einschlagen.
Dies schränkt die Alternativen merklich ein.
Der einzige verfügbare Campingplatz wäre der Campingplatz Semifonte, alle anderen Plätze der Region öffnen erst im April ihre Pforten.
Laut Campingführer kostet dieser allerdings auch gleich zwischen 30 und 40,- €.
Na bravo…

Wir entscheiden daher einfach diese Entscheidung zunächst einmal zu vertagen und unsere Reise wie geplant fortzusetzen, unterwegs wird sich vielleicht am Wegesrand etwas finden lassen, was nicht in den Camping- oder Reiseführern steht, wer weiß…

Als nächstes steht Monteriggioni auf dem Programm.
In einigen Foren haben wir dieses Städtchen als besonders toskanatauglich, authentisch und vor allem original italienisch empfohlen bekommen, sodass wir unser Navi auf das neue Ziel programmieren.
Zum Glück ist Monteriggioni nicht weit von hier, knapp 15 Kilometer auf der SR 2 wollen von Siena aus überwunden werden.
Es gibt auch die Alternative der Autobahn „Siena – Firenze“, aber da wird doch unter Garantie wieder Maut fällig und so rollen wir lieber über die Landstraße.

Gegen 20 vor 4 verlassen wir Siena.
Anja hat viel von Siena zu erzählen, berichtet während der knapp halbstündigen Fahrt von den Sehenswürdigkeiten und dem berühmten Eis der Familie Naninni.
Jetzt, wo es mir und meinem Kopf nach der kleinen Pause ein wenig besser geht, bereue ich natürlich schon ein wenig die Stadt nicht gesehen zu haben.
Andererseits, wer weiß, wofür es gut war.
Wenn ich da an die 2 Typen denke, die vorhin zwei mal ums Wohnmobil herum geschlichen sind, dass sogar die sonst eher unbeeindruckbare Minki sich vom Beifahrersitz verkrümelt hat.
Was die wohl wollten?
Auf jeden Fall müssen wir weiter vorsichtig sein…

Die Zufahrt nach Monteriggioni ist total einfach, es gibt faktisch nur einen Weg.
Kommt man wie wir südwärts von Siena auf der SR 2 gefahren, muss man nur einmal rechts auf die „Strada die Monteriggioni“ abbiegen.
Kurz darauf erreicht man bei N 43.388723° / E 11.224701° einen sehr großen öffentlich zugänglichen Parkplatz, der gleichzeitig auch als semi-offizieller Wohnmobilstellplatz fungiert. Zumindest gibt es kein Verbotsschild…
Der Parkplatz ist mehr ein größeres sandiges Areal, der hintere Teil hat zusätzlich einige nicht parzellierte Wiesenflächen zu bieten.
Man steht besonders im hinteren Teil (zumindest aktuell in der Nebensaison) sehr ruhig, die wenigen Womos dort haben sehr viel Raum um sich herum frei und die Besatzungen sitzen verträumt draußen in der toskanischen Sonne.

Für uns aber ist klar, dass wir heute Nacht wohl nicht hierbleiben werden und so machen wir uns lieber daran das Städtchen zu entdecken und danach nach einem Campingplatz zu suchen.

Doch vor der Stadtbesichtigung hat die Toskana erneut eine Herausforderung gestellt, die durchaus bei einer Weltmeisterschaft fürs Treppensteigen eine ernsthaft in Erwägung zu ziehende Lokalität darstellt.
Denn auch hier, wie in eigentlich fast allen bislang besuchten Städten, liegt der Ortskern erneut auf einer Anhöhe, die eben über besagte Treppen bestiegen werden muss.
Puh!
Für Besucher mit dem PKW sieht es da schon etwas besser aus, denn neben dem Großparkplatz hier unten befindet sich etwa 300 Meter weiter auf der Zufahrtsstraße ein weiterer Parkplatz, allerdings ist die Zufahrt zu diesem für Wohnmobile, Wohnwagen, LKW und Busse nicht zugelassen.
Aber was solls, ein wenig Bewegung wird uns schon nicht schaden und so kraxeln wir die Treppen in Richtung der imposanten Stadtmauer und den eindrucksvollen Türmen hinauf…

         
Zufahrt nach Monteriggioni, gleich rechts abbiegen…      …und man erreicht einen riesigen kostenlosen Parkplatz!

         
Von hier aus geht es zu Fuss weiter…                                 …Da rauf? 😮  Da machen wir aber erstmal eine Pause…

         
So, auf geht´s, Treppe rauf…                                          …der Blick auf den weitläufigen Womo- Stellplatz von oben

Ein wenig erinnert mich die Szenerie an Roman Polanskis Film „Die neun Pforten“ mit Johnny Depp in der Hauptrolle.
Das in Frankreich angesiedelte „Château de Puivert“, welches im Film als finaler Schauplatz dient, sieht dem aktuellen Blick auf Stadtmauer und Turm sehr ähnlich.

     Zugangstor in Monteriggioni
Durch dieses Tor müssen wir durch. Fast wirkt es wie eine Filmkulisse…

Oben angekommen und durch das Tor geschritten müssen wir schon wieder unsere Meinung revidieren!
Hatten wir gestern zum Besuch des anschaulichen Raddas noch behauptet, dass Radda das Örtchen Greve in Chianti als typisches toskanisches Städtchen ablöst, löst nun wiederum Monteriggioni Radda ab und belegt als „authentisches verschlafenes toskanisches Dörfchen“ bislang den Platz 1!!

Auch hier fällt uns als erstes auf, wie sehr doch die Zeit stehen geblieben zu sein scheint.
Dies ist jedoch zum großen Teil dem Umstand geschuldet, dass hier kein fremdes Auto hinauf fahren kann.
Entsprechend autofrei bietet sich Monteriggioni an.
Auch die Häuschen sehen so aus, als habe man sie irgendwann im 13. Jahrhundert errichtet und seit dem ist hier nichts mehr dran gemacht oder verändert worden.
Die Stadtgeschichte jedenfalls erzählt von kaum etwas außergewöhnlichem.
Einzig zwei erfolglose Belagerungen im 13. und 16. Jahrhundert durch die Florentiner werden erwähnt, wobei die Stadt dann allerdings 1554 durch Verrat eingenommen wurde.
Oh-Mann, 3 Jahrhunderte und das ist alles, was die Stadt vorweisen kann.
Hier bekommt der Begriff „Verschlafen“ eine völlig neue Bedeutung…
Aber sonst ist das Dörfchen auf dem Berg „Monte Ala“ sehr beschaulich, was eigentlich ein Garant für einen richtigen Touristenmagnet sein sollte.

         
Angekommen auf dem zentralen Platz in der Dorfmitte   Die ersten Eindrücke: Schlicht, einfach und echt authentisch!

         
Vorsicht übrigens mit Stöckelschuhen! Abbruch garantiert!  😮    Rustikale Hinweistafel…

Nichts desto trotz ist vom typischen Touristenansturm nicht viel zu sehen, obgleich sich hier schon einige Souvenirläden eingefunden haben.
Neben Tonsachen, Stoffen, Postkarten, Wanderstöcken, Steinen und Stofftieren können auch allerlei Militariarepliken wie Waffen und Rüstungen aus dem Mittelalter erworben werden.

Vom zentralen Platz mit Brunnen in der Mitte gehen einige wenige Gassen ab, die allerdings nicht weit reichen können, denn Monteriggioni ist, so verrät es das Luftbild aus dem Reiseführer, ein rundum geschlossenes Dorf mit kompletter Stadtmauerumrandung. Und dies scheint, so bemerkt es Anja, wohl das „typische toskanische“ zu sein.

Gleich hier auf dem zentralen Platz befindet sich übrigens auch das Restaurant „Il Pozzo“, welches uns im Forum als mögliches Feinschmeckerziel empfohlen wurde.
Ein kurzer Blick auf die Karte droht zwar empfindliche Löcher in die Reisekasse zu reißen, aber wir würden es schon riskieren.
Leider kommen Speis und Trank nicht mit unserem Magen zusammen, denn das Restaurant öffnet erst um 19:45 Uhr, wir haben gerade mal halb 5.
Auch im Reiseführer, den wir mittlerweile konsultiert haben, wird das Restaurant empfohlen, allerdings wird dort sogar darauf hingewiesen, dass man wohl reservieren muss.
Oh- weia, darauf waren wir mal gar nicht vorbereitet.
Was nun? Warten, bis das Restaurant öffnet und dann vielleicht Pech haben?
Wir entschließen uns das Il Pozzo nicht zu besuchen und stattdessen die Besichtigung der Stadt aufzunehmen und so spazieren wir weiter über den zentralen Marktplatz zur Dorfkirche.

         
Überall gibt es kleine Gaststuben zum Verweilen wie hier   oder hier

          
Das berühmte „Il Pozzo“ finden wir auch…                       …hier die übersichtliche Speisenkarte, offen erst ab 19:45…

Die Tür der Kirche ist zu unserer Überraschung geöffnet und so werfen wir einen Blick in das Gotteshaus.
Auch hier finden sich, wie im Kloster Badia a Coltibuono, einige Statuen, aber hier haben sie wenigstens keinen surreal wirkenden Heiligenschein aus Neon.
Alles in allem wirkt die Kirche sehr einfach und zweckmäßig, obgleich ich sicher bin, dass die Mauern dieses Hauses eine weit mehr interessante Geschichte über die Stadt zu berichten hätten, als der schmale Toskana- Reiseführer es tut.
Auch würde mich nicht wundern, wenn es hier vielleicht eine geheime Grabkammer gäbe, ein verstecktes Mausoleum mit einem Stück des wahren Kreuze Christi, dem echten Leichentuch von Turin oder gar dem heiligen Gral höchstselbst.
Diese kleine Dorfkirche hätte auf jeden Fall das Zeug dazu…

Anja tippt sich an die Stirn, als ich neuerlich von der Gralstheorie und meinen wohlmöglich hier in dieser Kirche entdeckten Spuren berichte und so verlassen wir die kleine Dorfkirche, ohne auch nur einen losen Stein gedrückt oder eine Bodenplatte gelöst zu haben.
Schade…

         
Anja vor der Dorfkirche                                                      Wir werfen mal einen kleinen Blick rein

Wir stromern durch einige Nebengassen und verlassen den zentralen Marktplatz und damit die wenigen anderen Touristen, die sich hier eingefunden haben.
Allerdings kommen wir wegen der bereits erwähnten Dorftummauerung nicht besonders weit und schon bald stehen wir in einer Sackgasse.
Das macht die Sache natürlich übersichtlich und so können wir nach und nach einige weitere Gassen abschlendern und schauen, was wir darin vorfinden.

Gleich hinter der nächsten Ecke wartet ein neuer Souvenirladen mit seiner Auslage auf.
Da wir fast alleine hier sind, unterziehen wir das Angebot einem kritischeren Blick.
Auch hier finden sich wieder allerlei Ritterrüstungen und Waffen, sollte sich also gleich eine Raum-/zeitverzerrung auftun, können wir flugs Helm und Rüstung anlegen und würden 500 Jahre früher wahrscheinlich nichtmals auffallen… 😉
Obwohl, vielleicht doch…
Denn der „Kennerblick“ erkennt sofort einige Rüstungsstücke, welche nicht so recht hier her passen, besonders der Helm von Brad Pitt in „Troja“ sticht mir dabei ins Auge.
Oder ist es der von Kirk Douglas aus „Spartacus“?

         
Wir durchforschen einige Seitengassen                             und finden einige Souvenirläden

         
den hier schauen wir uns genauer an und gehen mal rein    Nanu, das ist doch der Helm von Spartacus, oder?

Wir erforschen noch einige weitere Seitengassen und spazieren bis zu unserem Eingangstor gegenüberliegenden Stadttor, wo wir einen steilen Hang bergab gehen könnten. Da wir diesen aber auch wieder hinauf klettern müssten, verzichten wir auf einen „Extra-Runde“ und drehen am kleinen Tor wieder um.

Im großen und ganzen ist wirklich im Zentrum mit Dorfkirche, Brunnen den Souvenirläden und den beiden Restaurants das Hauptgeschehen im Ort zu 95% zu bestaunen und zu entdecken und ich kann mir vorstellen, dass insbesondere abends das Ambiente in dieser rustikalen und sicherlich diffus beleuchteten Stadt mit einem Glässchen Wein und einem Schinken auf der Terrasse des „Il Pozzo“ total geil sein muss.
Und so verlockend diese Alternative auch ist, für eine weitere Nacht auf einem Stellplatz vor den Toren der Stadt sind wir nicht wirklich aufgestellt. Zu unsicher ist mir das mit der Batterie, dem Klotank und eine Dusche würde mir morgen früh noch viel mehr fehlen, als es heute morgen der Fall war. Es nützt nichts, wir brauchen heute Abend einen CP…

         
Noch ein paar Eindrücke von Monteriggioni                        Am anderen Ende: Ausgang in Richtung Natur

         
Ikea auf Italienisch 😉                                                           Blick zur Tourist-Info

Gegen 5 sitzen wir wieder im Wohnmobil und beraten erneut unsere vertagte Entscheidung, was wir denn nun am besten machen.
Fahren wir zurück nach Siena, daran vorbei und suchen uns den südlich gelegenen ACSI- Campingplatz?
Oder fahren wir in Richtung Barberino Val d´Elsa, wo eben der momentan einzig verfügbare Campingplatz in unserer Nähe ist, der auch (zumindest laut Reiseführer) geöffnet hat, auch wenn dieser etwas teurer ist.
Für unser nächstes strategisches Ziel San Gimignano jedenfalls, liegt der CP in Barberino auf jeden Fall deutlich besser.
Da ich auch etwas kaputt bin und wir weder heute Abend noch morgen früh Lust haben große Umwegsfahrten zu absolvieren, programmieren wir unser Navi auf den Campingplatz Semifonte in Barberino Val d´Elsa, dieser liegt von hier aus knapp 25 Kilometer entfernt.

Die Abendsonne hat allmählich eingesetzt und taucht die toskanischen Landschaften allmählich in ein fast schon klischeehaftes aber vor allem sehr eindrucksvolles toskanisches Rot.
Es wird ziemlich früh dunkel hier, was wohl größtenteils unserer südlichen Position auf dem Erdball zu verdanken ist.
Wenn ich da die Regionen nördlich des Polarkreises denke, da war es abends um 23 Uhr noch taghell…
Auch zur Flora muss ich was schreiben.
Fast wäre es uns nicht aufgefallen, aber hier haben wir endlich die grünen Flächen, die wir uns so sehr vom Frühling in der Toskana erhofft haben!
Keine braunen Felder mehr, viele grünere Wiesen und dunkelgrüne Zypressen säumen stattdessen den Weg.
SO macht die Toskana Spaß!!

         
In der Toskana unterwegs: Zypressen am Wegesrand       Blick nach rechts: kleine Anwesen auf grünen Anhöhen

     Toscana wie aus dem Bilderbuch
Toskana perfekt! Sonnenuntergang, rustikale Steinhäuser, viel Grün und eine toskanische Zypresse

Barberino Val d´Elsa erreichen wir schneller, als wir zunächst gedacht haben.
Eigentlich wollten wir unterwegs noch an einem Supermarkt anhalten, denn seit geraumer Zeit haben wir nichts mehr gegessen und ich hätte heute Abend, dank Sonne und Grün der Natur, so richtig Lust auf einen echten italienischen Salat mit Tomaten, Basilikum, Paprika und Mozzarella. 🙂
In Barberino finden wir zwar keinen Supermarkt, aber dafür ein Schild, der einen Coop im benachbarten Tavamelle Val di Pesa anpreist.
Da es grad mal viertel nach 5 ist, fahren wir also noch nicht direkt zum CP, sondern zunächst den einen Ort weiter zum Supermarkt.
Dank guter Beschilderung finden wir diesen auch recht schnell und stehen um kurz vor halb 6 bereits vor den Toren des Coop.
Der Supermarkt hier ist einer der größten, die wir bislang besucht haben, entsprechend reichhaltig ist die Auswahl.

         
Wir kurven durch Tavamelle und folgen den Supermarktschildern…        …gefunden! Nur parken ist etwas „kritisch“

Nun haben wir auch noch das Problem, dass wir uns mit komplett leerem Magen durch einen prall gefüllten italienischen Supermarkt kämpfen müssen, man ahnt es bereits, der Einkaufswagen wird voll.
So findet insbesondere eine Frische- Theke unsere Aufmerksamkeit, wo wir neben einigen frischen Stücken Kuchen auch eine herrlich duftende Lasagne bekommen können, die man uns portionsgerecht in einer ALU- Schale abpackt.
Ich habe zwar noch keine Ahnung, wie man die auf unserem Gasherd warm machen soll, aber da wird uns schon noch etwas einfallen.
Vielleicht reicht es aber auch bis zum Campingplatz, denn die Schale ist fast noch so heiß, dass man sie kaum mit den Fingern anfassen kann.

Neben Kuchen und Lasagne fallen natürlich, wie fast von allein, viele weitere Dinge in unseren Einkaufswagen.
Frisches Brot, Milch, Tomaten, merkwürdig ausschauende Paprika (garantiert nach keiner EU- Wachstumsverordnung!), Wurst, Margarine, Getränke, Knabberkram, Mini- Kuchen, Süsskram, Obst, Oliven, Gewürze, Pesto und auch Olivenöl sind dabei.

         
Hier gibt es RIESEN- Paprika (größer als meine Hand!)     und leckere Lasagne fix und fertig zubereitet

Gegen viertel vor 6 sind wir wieder draußen und machen uns auf den Weg die 3 Kilometer zurück nach Barberino zu fahren, gegen 6 stehen wir vor der Zufahrt des Campingplatzes.

Hier folgt dann eine tolle Überraschung im positiven Sinn!
Denn die Übernachtung kostet für uns nur 17,- €!
Und damit kostet der Platz hier gerade mal 3,- € mehr, als mit der ACSI-CampingCard- Karte.
Den Grund finden wir auch ganz schnell heraus, während wir die Preisliste studieren.
Denn es ist im Moment nicht nur Nebensaison, sondern sogar Aktionszeitraum!
Jeder Stellplatz (inkl. Strom) ist kostenlos, es werden nur 8,50 € pro Person und Nacht fällig.
Supi!!
Weiterhin haben wir freie Platzwahl und können uns aussuchen, wo wir stehen wollen.
So mag ich es.

         
Die Zufahrt zum Campingplatz Semifonte                       So, eingecheckt haben wir, jetzt suchen wir uns einen Platz

Wir kurven ein wenig über den Platz und suchen uns dann einen längsseits vom Servicehaus liegenden Platz aus, der etwas abseits von einer kleinen Gruppe bereits eingetroffener Wohnmobile liegt.

Der Campingplatz liegt wirklich sehr idyllisch und hat eine tolle Hanglage mit Blick über die Landschaft.
Die Parzellen sind großzügig und terrassenförmig angelegt, etwa einen knappen Meter Höhenunterschied besteht zwischen den einzelnen Ebenen.
Wir suchen uns gleich einen Platz ganz in der Nähe (aber nicht zu nah 😉 zu einem Servicehaus. Viel los ist hier nicht, hauptsächlich haben sich einige andere Wohnmobile und ein paar versprengte Zeltcamper hier eingefunden.
Wir stehen in unserer Reihe eigentlich fast ganz alleine.

         
Wir haben unser Plätzchen gefunden                                 in unserer Reihe stehen wir fast ganz allein

         
Blick zum Servicehaus                                                  Servicehaus von innen: Alles in Ordnung und gut brauchbar

Nachdem wir das Wohnmobil für einen geraden Stand auf den Keilen ausgerichtet haben, machen wir als aller erstes komplett klar Schiff.
Ich kümmere mich um die Ver- und Entsorgung, Anja nutzt derweil den endlich wieder zur Verfügung stehenden Strom und saugt das Wohnmobil einmal komplett von innen aus.
Dann machen wir noch das Katzenklo sauber und füttern unsere beiden Fellnasen, die heute eigentlich ganz brav waren.
Kein Gejammer, kein Herumspringen, ganz lieb haben beide den Tag im Alkoven verbracht und freuen sich nun über ein 2- Gänge Katzenmenü bestehend aus Thunfisch und Katzenmilch.
So hat jeder, was er gerne mag.

Und mit den letzten Sonnenstrahlen des Tages gelingt es mir sogar noch vor dem Wohnmobil zu sitzen und aus einer noch lauwarmen Alu- Schale meine Lasagne mit frischem Brot zu genießen.
Zwar ist die Sonne schon weg und es wird fast minütlich kälter, aber das stört mich jetzt auch nicht mehr.
Ich bin sicher, heute Nacht werden wir nach diesem anstrengenden Tag sehr gut schlafen.

Nach dem Abendessen machen wir dann auch nicht mehr viel.
Kein TV, kein Kartenspiel, kein Sitzen in der Sitzgruppe mit Reiseplanung oder Tagesresümee.
Die Reiseplanung für den Folgetag wird auf den kommenden Tag zum Frühstück verschoben, wir sind zu müde und zu kaputt für alles.
Und so gehen wir mal ganz früh schlafen und liegen bereits um 9 im Bett.
Es war wirklich ein langer anstrengender Tag (Anja fragt, was denn bitte genau für mich so anstregend war… 😉 und allmählich hinterlässt das straffe Programm seine Spuren. Ich würde mir wünschen auch mal einen Tag auszuruhen, mal sehen, ob ich Anja vielleicht morgen dazu überreden kann. Über dem Gedanken eines Ruhetages schlummere ich ins Land der Träume.

– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

Mit pochendem Herzen fahre ich gegen 22:30 Uhr aus dem Bett hoch, dass ich mir fast am Alkoven den Kopf stoße!
„Was war das eben für ein merkwürdiges Quitschen?“ 😮
Ich kann das Geräusch gar nicht recht zuordnen, will da vielleicht jemand unsere Räder klauen?
Hier auf dem CP?
Mir wird warm und kalt zugleich, das Adrenalin pumpt durch meine Adern und mir läuft ein kalter Schauer über den Rücken!
Zunächst lausche ich wie gelähmt in die Stille, wage es sogar kaum zu atmen!

Nach ein paar Minuten Schockstarre fangen sich aber meine Sinne wieder und ich kann mich sammeln.
Ich kann das Geräusch nun etwas genauer zuordnen, es kommt nicht vom Fahrradträger, es kommt vom Dach!

Also wenn da nicht ein Zwerg auf dem Dach herum kriecht, dann muss das was sehr viel kleineres, als ein Mensch sein.
Ein Vogel ist es jedoch eher nicht, denn dafür ist das Geräusch zu stark.
Aber vielleicht ein ist das ein Dachs oder ein Frettchen?
Oder ein besonders schweres und pummeliges Eichhörnchen?

Unsere Bewacherkatze Minki hat das Geräusch natürlich auch gehört, sitzt kerzengerade bei uns im Alkoven, hat die Ohren bis über beide Enden gespitzt und versucht dem Geräusch ebenfalls akustisch zu folgen.
Da sie in die Richtung die Ohren spitzt, aus der das Geräusch kommt, bin ich nun absolut sicher, dass es sich um eine Geräuschentwicklung vom Dach handelt.

Vögel sind das definitiv nicht!
Das Geräusch ist kein Getappse oder sowas, mehr so eine Art kriechen oder schleifen, was kann das nur sein?

Mir wird es nun zu bunt, ich werde Nachsehen gehen!
Also runter aus dem Alkoven, raus aus dem Bett, Licht an, Klamotten an den Leib und raus in die Nacht.
Ich hoffe ja insgeheim, dass Anja von meinem Radau wach wird und mit mir zusammen vor die Türe geht, aber sie schläft weiter den Schlaf der Gerechten.
Grmpf, dann muss ich also alleine raus gehen und mich heldenhaft der Sache stellen.
Schon beim Öffnen der Türe frage ich mich, ob so nicht für gewöhnlich Horrorfilme anfangen…:

Es ist eine laue Frühlingsnacht.
Frisch, aber nicht wirklich kalt.
Der volle Mond steht hoch und klar, er beleuchtet den Platz irgendwie dumpf und taucht das Areal in eine surreale Welt oder ein weiß- graues Paralleluniversum.
Überall lauern böse und bedrohliche Schatten, tanzen im leichten Wind der Nacht und lassen böse wirkende Bäume und Sträucher wie stumme, nur im Blätterwald umherirrende Geister wirken.
Auch die Geräuschkulisse ist makaber. So rauscht der Wind in allen Blättern und aus allen Richtungen und irgendwo in der Ferne bellt sogar ein Hund dumpf in die Nacht.

Wäre ich nun noch 5 oder 6 Jahre alt, würde ich wohl schreiend ins Bett flüchten. 😉
Aber hier geht es um meinen Schlaf! Jetzt wird nicht geschwächelt!!!
Ob ich Minki an die Leine nehmen soll? So als Kettenhund? Ob ich mit einem lauten „Brutus, komm bei Fuss!“ mögliche auf dem Dach herumkriechende Einbrecher verscheuchen kann?

Pfft, Minki als Brutus! Nö, die würde eher abhauen und sich unter dem Wohnmobil verkriechen, als dass sie hier irgendwelche Schreckgespenster in die Flucht schlägt.
Nein, auf keine der beiden Katzen kann ich hier hoffen und Anja schnorchelt nach wie vor friedlich im Traumland.
Da muss ich jetzt alleine durch…

Ich laufe vorsichtig ums Wohnmobil herum und kann zum Glück recht schnell unser „Frettchen“ ausmachen.
Es sind Äste des über uns wuchernden Olivenbaumes!
Beim einparken habe ich diese angehoben, diese drücken nun auf das Alkovendach. Das allein ist nicht weiter schlimm, nur beim Einparken und auch den Abend über war es noch windstill.
Nun, durch den leichten Frühlingswind, werden diese auf dem Dach natürlich hin und her bewegt und erzeugen das scharrende schlirfende Geräusch durch kleinere Äste und Blätter.
Perfekt!

Was nun?
Zum Vorfahren (zur Erinnerung, wir müssten dafür erstmal runter von den Keilen) fehlt mir der Mut.
Es ist ja fast 11 und obwohl vielleicht nur ein Womo, ein Wowa und ein Zelt in Hörreichweite wären, werde ich nicht deren Nachtruhe stören und nun noch unseren Diesel anwerfen.
Ich könnte vielleicht von den Keilen runter rollen, dann aber würden die Füße hoch und der Kopf unten liegen und ich hasse Blutstau im Schädel durch eine ungerade Liege- und Standfläche.

Wenn ich also das Wohnmobil nicht bewegen kann, dann muss sich eben Mutter Natur bewegen!
Ich mach mich lang und rupfe von unten an den Ästen.
Es gelingt mir sogar den größten Teil der Äste vom Dach zu bugsieren, allerdings drücken diese nun gegen die seitliche Außenwand.
Auch müssen ein paar kleinere Äste hierbei dran glauben.
Jetzt bräuchte ich eine Astschere…

Aber es wird schon gehen.
Jetzt, wo ich weiß wo das Geräusch herkommt, kann es mir keine Angst vor Einbrechern mehr machen. Kaum zu Ende gedacht, mache ich auf dem Absatz kehrt und will zurück ins Womo.

„Wurde das Bellen der Hunde eben lauter? Ist das weiße da hinten im Busch vielleicht ein zähnefletschender Hund?
Wie weit liegt eigentlich Baskerville von hier entfernt?
Baskerville, das war doch in England, oder? Ob der Hund von Baskerville vielleicht in der Toskana Urlaub macht?“
Oh- Mann!

Ich eile in größtmöglicher Hast zurück ins Wohnmobil, knalle beim Sprung ins rettende Innere die Türe zu.
„Blöde Töle!“

Noch außer Atem lege ich mich zurück in den Alkoven und besinne mich eines Tricks, den ich schon in Schottland unter erschwerten Gefechtsbedingungen erprobt habe.
Ich stecke mir einfach ein paar Taschentuchknüddel in die Ohren, damit lässt es sich nun hoffentlich gut schlafen.

Und tatsächlich, nur wenige Minuten später schlummere ich ein.

KM- Stand bei Abfahrt: 180.730
KM- Stand bei Ankunft: 180.811
gefahrene Kilometer: 81

Schreibe einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Kommentar absenden