Als wir das erste Mal die Augen aufschlagen, fahren wir bereits in den Hafen von Marseille ein! Die Nacht war zwar ungewohnt, ja, aber wir würden jetzt nicht sagen, dass sie schlecht war. Nein, irgendwie war es beruhigend! Noch immer schwingt das leichte, sonore Brummen der Schiffsmotoren durch die Kabine, was einerseits beruhigt, aber noch immer gewöhnungsbedürftig ist. Besonders im Bad! „Beim Camping hast du dieses Gebrumme nicht!“ grummelt Anja einmal mehr und ich beschließe spontan, die nächste defekte Wasserpumpe im Wohnwagen einfach mal ein wenig „brummen“ zu lassen. Wollen wir doch mal sehen! 😉

Woran wir uns allerdings nicht gewöhnen müssen, ist der Sonnenschein, der uns hier im Marseille empfängt! Herrliches Wetter für eine Stadtbesichtigung bei strahlend blauem Himmel und angenehmen Temperaturen. Regelrecht kurze Hose Wetter! Genau wie beim Camping! Doch vor einem Stadtrundgang in kurzen Hosen wollen wir uns natürlich bei unserem ersten Frühstücksbuffet hier auf dem Kreuzfahrtschiff Costa Toscana stärken!

Für das erste Kreuzfahrtfrühstück dieser Reise haben wir uns das Squok Restaurant auf Deck 16 ausgesucht. Dieses richtet ausdrücklich an Familien mit Kindern und ist damit hoffentlich möglichst zwangslos. Klar, das Restaurant gestern war auch nicht gerade leise und unsere Befürchtung, dass man dort piekfein, gerade am Tisch sitzend und mit Messer und Gabel in der Reihenfolge der Gänge von außen nach innen essen muss, hat sich nicht bewahrheitet. Was wir aber auf Deck 16 um 9 Uhr zur besten Frühstückszeit vorfinden, überrascht!
Neben einer absolut genialen Aussicht durch die große Fensterfront finden wir nur viele leere Tische vor! Für einen Moment stehen wir unschlüssig im Raum und wissen gar nicht, ob hier überhaupt Frühstück serviert wird! Sind wir zu früh? Sind wir zu spät? Keines von beidem! Das bereitwillige Personal uns vom Buffet hinter Glasscheiben zu verwöhnen lädt und ein näher zu treten und ein Frühstück nach Geschmack zusammenzustellen. Das lassen wir uns nicht zweimal sagen! Mit Speck, Rührei, gebratenen Würstchen, verschiedene Sorten Brot & Brötchen, Wurst, Käse, Melone, Banane, Müsli, Cornflakes, Gebäck, Kuchen, Croissants (gefüllt mit Schoko oder Vanille oder auch Natur), Quarkbällchen, Muffins, Milch, Kaffee und Orangensaft stellen wir uns ein Frühstück zusammen, was selbst einem König vorgesetzt werden könnte, ohne diesen zu brüskieren. Dazu der herrliche Ausblick in den Marseiller Morgen, das verspricht ein glorreicher Tag zu werden!

Fast eine Stunde lassen wir uns die Köstlichkeiten des Frühstücksbuffets schmecken. Satt und zufrieden machen wir dann noch einen kurzem Abstecher zum Außenbereich des Aussichtsdecks 16 im Heck, um noch einen Panoramablick auf Marseille zu werfen und uns zu orientieren, wohin wir gleich gehen müssen, wenn wir die Stadt auf eigene Faust erkunden möchten.
Am Kai entdecken wir dabei, dass wir nicht alleine sind. Neben dem vorhin in unserem Windschatten mit in den Hafen eingefahrenen Kreuzfhrtschiff der MSC Flotte liegen hier am Kai noch zwei Schiffe von Costa. Einmal direkt gegenüber die Costa Atlantica und schräg voraus die Costa Diadema! Richtig voll hier! Fast wie auf einem Wohnmobilstellplatz an einem langen Brückentags- Wochenende. 😉


Das allererste Auschecken vom Schiff funktioniert erstaunlich unkompliziert. Man fährt mit dem Aufzug auf das Deck, wo die Gangway angelegt ist. Das ist in unserem Fall Deck 3. Schon als wir aus dem Fahrstuhl treten merken wir, woher die Luft zieht und folgen dem Luftzug, bis wir die Gangway erreichen. Dort stehen zwei Stewards bereit, unsere Bordkarte einzuscannen und erneut ein Foto von uns zu machen. „Zur Sicherheit“ sagen sie und ergänzen: „Damit wir nachher wissen, dass Sie auch derjenige sind, dem die Karte gehört“. Aha. Na besser als den Ausweis jedes Mal rauszukramen.

Am Kai gelingt uns zum ersten Mal ein richtig schönes Foto unseres Schiffs, der Costa Toscana. Kein kleines Schiff und keinesfalls muss sich unser Dampfer vor der vor uns liegenden MSC Grandiosa verstecken.

Von beiden Schiffen aus verlassen nun kleinere Gruppen und Reisende die Schiffe und machen sich zu Fuß auf in Richtung Marseille. Einige steigen direkt am Terminal in einen bereitgestellten (und vorab bezahlten) Ausflugsbus, andere warten am Taxistand an einer entsprechend langen Schlange. Auch wir haben überlegt, mit einem Taxi zur Altstadt von Marseille zu fahren. Aber nicht „klassisch“ hier am Taxistand wie es noch zu Opas Zeiten modern war, sondern mit Mitteln und Wegen des 21. Jahrhunderts! Schon bei meiner Vorab- Recherche, wie wir am besten und preiswertesten vom Ausflugsschiff in die Stadt kommen, sind mir in google Maps die Fahrdienste aufgefallen, die hier in Marseille ihre Dienstleistung anbieten! Das Konzept kennt man von „Uber“ und auch wir haben damit schon Erfahrung, damals in Las Vegas hab ich den Wettbewerber zu Uber, Lyft, ausprobiert und bin damit super gefahren! Für alle, die sich damit nicht auskennen, sei das Prinzip der Mitfahrdienste hier noch einmal kurz erläutert:

Info- Box Mitfahrdienste wie Freenow, Bolt, Uber, Lyft, Cabify uvm.
In vielen Städten der Welt (leider weniger in D, die Taxilobby hat hier dick die Finger drauf!) gibt es Anbieter sogenannter Mitfahrdienste. Hierbei fahren die Fahrer durch die Stadt und können über eine App jederzeit herbeigerufen werden. Vorher gibt man an, wo man sich befindet (i.d.R. automatisch durch Standortfreigabe) und wo man hin möchte. Der Vorteil zum klassischen Taxi: Man sieht sofort den Fahrpreis! Transparent und einfach. Und kostengünstig! Angeschlossene Fahrdienste sind übrigens in Google Maps integriert! Wo ein solcher Service angeboten wird, plant ihr zunächst einfach eure Route von A nach B. Dann klickt ihr beim Verkehrsmittel aber nicht auf Auto, Fahrrad oder Bus, sondern auf das kleine Männchen mit der gehobenen Hand und dem Koffer. Dann werden euch die verfügbaren Autos in der Nähe angezeigt und der Preis. Ein klick auf das Angebot öffnet in der Regel die jeweilige App des Anbieters, wo ihr die eingetragenen Daten wiederfindet. Bezahlt wird mit eurer hinterlegten Bezahlmethode wie Apple Pay oder auch klassisch mit Kreditkarte. Dann seht ihr in Echtzeit wo das Auto fährt und wie es sich euch nähert. Dazu Name des Fahrers, Beschreibung Typ und Farbe des Autos sowie Kennzeichen. Man steigt ein, der Fahrer fährt euch zum ausgewählten Fahrtziel, ihr steigt aus, die Fahrt ist beendet und auch automatisch bezahlt. So einfach! Auf dieser Kreuzfahrt werden wir übrigens Cabify, Free now und Bolt ausprobieren und alle Fahrten mit allen Anbietern funktionierten reibungslos.

Ein Blick auf google maps zeigt, dass beide Mitfahr- Anbieter zwar einige Autos in Hafennähe zur Verfügung haben, aber keines direkt hier am Kai. Hmm, blöd! Offenbar ein kleiner Nachteil gegenüber dem regulären Taxi, die Mitfahrautos kommen wohl nicht in den Sicherheitsbereich des Hafens bis vor die Schiffe. Einige kurven rund um einen Kreisverkehr an der Hafeneinfahrt, offenbar greifen die Fahrdienste dort die Fahrgäste ab. Weit ist es nicht dahin. Weniger als einen Kilometer. Kein Problem die Strecke zu laufen. Die Sonne scheint, das Wasser schwappt schön an die Steine, es geht ein leichter Wind, ideale Voraussetzungen für einen Spaziergang.

Wir gehen gerade ein paar Schritte, da bemerke ich, dass ich meine Sonnenbrille in der Kabine vergessen habe! Nur für die Sonnenbrille würde ich jetzt nicht zurückgehen, aber da aber auch Tim am liebsten sofort seine mitgenommene Jacke loswerden will und keiner von uns schon jetzt seine Jacke tragen möchte, sprinte ich doch noch einmal zurück zum Schiff.

„Bin in 5 Minuten wieder da“ rufe ich den dreien noch hinterher. Nichtsahnend, wie unrecht ich mit dieser Zeiteinschätzung haben würde…

Instinktiv sprinte ich den Weg zurück, auf dem wir das Schiff verlassen haben. Bis ich vor einem Drehkreuz stehe, welches sich nur zum Ausgang dreht. Aber nicht in Richtung Schiff. „Sind wir hier eben auch vorbei gekommen?“ Ein Hafenarbeiter winkt mich rüber und gestikuliert, dass ich in das benachbarte Terminalgebäude gehen muss, um zum Schiff zurück zu kommen. Kurz darauf entdecke ich auch die eher unscheinbare Beschilderung für Kreuzfahrten. Aha, OK, dann eben da lang.
Als ich das Kreuzfahrtterminal betrete, überlege ich spontan die Jacke einfach hier zurück zu lassen und auch die Sonnenbrille zu verzichten! Denn der Weg zurück zum Schiff ist ungleich aufwendiger, als es zu verlassen! Ich muss durch eine Sicherheitskontrolle wie am Flughafen! Da hier bereits die ersten Gäste für ihre offenbar in Marseille beginnende Kreuzfahrt einchecken, ist hier bereits gut was los! Mit innerer Unruhe stellt ich mich an und wibbele nervös mi den Füßen. Das geht uns alles von der Besuchszeit in Marseille ab!
Ich stehe knapp 10 Minuten, da kommt der erste Anruf: „Wo bleibst du denn?“
„Ich stehe noch an der Sicherheitskontrolle!“
„Sicherheitskontrolle, wozu das denn?“
„Keine Ahnung, offenbar muss da jeder durch, der aufs Schiff möchte. Egal ob Neugast oder Tagesausflügler!“
„Was für ein Unsinn, na super! Beeil dich bitte, wir warten!“
„Ja klar, kein Problem, ich warte hier in der Schlange einfach schneller!“
„Pfft, weißt du was? Beim Camping wäre das nicht passiert!“
„Hmm“ antworte ich und lege auf. Die verbleibenden Minuten in der Warteschlange verbringe ich damit auf google maps einen Campingplatz innerhalb eines Sicherheitsbereichs oder einer Sperrzone zu suchen, den wir nächstes Jahr besuchen können. Dann müssen wir auch jedes Mal durch eine Sicherheitskontrolle, wenn wir zurück zum eigenen Wohnwagen wollen und das Argument von Anja wäre widerlegt. Leider finde ich keinerlei brauchbare Ergebnisse mit Ausnahme eines Urlaubs in der Region Tschernobyl, worauf ich dann doch lieber verzichten möchte. 1:0 für Anja.

Der Turnaround im Schiff nach der Sicherheitskontrolle dauert nur Minuten. Dank meiner Peloton- Fitness gelingt es mir, die Treppen von Deck 3 bis etwa Deck 7 hochzusprinten. Ab da geht es dann hechelnd bis Deck 10 weiter. Dort angekommen rein in die Kabine, einmal kurz abgehustet, Jacke weg, Sonnenbrille her und dann wieder runter! Der Steward an der Gangway erkennt meine Eile, scannt meine Karte quasi im Vorbeiflug und dann bin ich wieder auf dem Weg zur Familie.

Es ist inzwischen 11 Uhr, als wir der grünen Linie im Hafen von Marseille fast bis zum Ende gefolgt sind und einen Bereich erreichen, in dem auch „normale“ Autos fahren und wir hier unseren Fahrdienst bestellen können. „Bolt“ macht das beste Angebot, keine 5 Minuten nach unserer Bestellung ist unser Fahrer Nizar mit seinem weißen Renault Arkana vorgefahren und begrüßt uns freundlich. Wir finden alle Platz in seinem sauberen Auto, gleich darauf steuert er das von uns in google Maps und in die Bolt- App übertragene Fahrtziel irgendwo in der Altstadt von Marseille an.

Die ersten Meter durch die Stadt sind aufregend. Marseille ist dreckig und wirkt verrucht, aber auf eine gewisse charmant- morbide Art. Und hier pulsiert das Leben! Kleine Märkte und Läden wie im Orient durchfahren wir uns als wir uns dem gesetzten Ziel nähern, glaubt man fast die Kasbah von Sousse in Tunesien zu erreichen. „Und hier wollt ihr wirklich hin?“ fragt uns Nizar freundlich wie vorsichtig. „Naja, wir wollten in die Altstadt“ entgegne ich. „Das ist aber nicht hier“ antwortet er und schlägt vor, uns in die richtige Altstadt zu fahren. Wir willigen ein und kurz darauf bekomme ich eine Info in der App, dass unser Fahrer das Fahrtziel geändert hat und welchen kleinen Zuschlag wir für die korrigierte Fahrt bezahlen sollen. Wenn wir damit einverstanden sind, sollen wir das bestätigen, was ich sofort mache. Klasse Teil! Zuerst hatte ich Sorge, dass dieser Umweg jetzt der „Haken“ bei diesen Mitfahrdiensten sei. Einmal einem Umweg zugestimmt bestimmt der Fahrer den Preis. Aber nichts davon. Alles transparent in der App ohne Überraschungen. Auch an eine Fahrtzieländerung unterwegs hat man also gedacht. Super!

Die Ecke, wo uns Nizar jetzt absetzt, gefällt uns spontan deutlich besser. Es sieht ordentlich aus und in der Ferne kann man den Altstadthafen von Marseille erkennen. Wir bedanken uns bei Nizar, drücken ihm ein kleines Trinkgeld in die Hand und wünschen ihm einen schönen Tag. Er ist sichtlich erfreut und zeigt uns zum Abschied in welche Richtung wir gehen sollen, dann braust er im Marseiller Verkehr davon.

Da wir dem altehrwürdigen Hafen von Marseille nicht mit leeren Händen begegnen wollen, durchforsten wir auf dem Weg um Hafen einen kleinen Supermarkt. Zum einen für eine kalte Cola für mich, zum anderen für eine Packung Magnum Mandel mit genau vier Eis drin, die preislich das gleiche kosten, wie ein einzelnes Eis am Kiosk im Hafen. Das gefällt uns. Mit dem Eis in der Hand entdecken wir die Promenade und die dümpelnden Boote des überraschend großen Hafenbeckens.

Info Box alter Hafen von Marseille (Ausflugstipp in Marseille): Auf Französisch „Vieux Port“ = alter Hafen genannt, bietet dieser heute keine alten Galeeren oder Segelschiffe aus der Antike, sondern moderne und mondäne Yachten säumen die einzelnen Piers. Für das betuchte Publikum hat sich rund um das von drei Seiten erkundbare Hafenbecken eine entsprechende Gastronomie und Einzelhandel eingerichtet. Wer alte Mauern mag, direkt hier steht auch das Fort Saint-Jean und die romanische Kirche St-Laurent.
Der alte Hafen / Vieux Port von Marseille auf google maps

Wir lassen uns auf der großzügigen Hafenpromenade einfach ein wenig treiben! Heute sind wir im Urlaubsmodus, die Geldbörse sitzt locker, die Freude über die gesparten Cent beim Eis aus dem Supermarkt ist groß. Spontan kaufen wir den Jungs neue Sonnenbrillen und für den heimischen Kleiderschrank so ein kleines Säckchen mit Lavendel / Lavandin für nur einen Euro. Den Duft von Lavendel muss man freilich mögen, aber man gewöhnt sich dran, wenn man ihn nicht mag. Für uns ist dieser markante Duft unweigerlich mit einer der schönsten Urlaube mit dem Wohnmobil verbunden. Unsere Tour damals durch Südfrankreich an der Cote d’Azur entlang. Leider sind durch ein MIissgeschick alle Aufzeichnungen dieser Tour unwiederbringlich verloren gegangen, sodass wir euch leider keinen Reisebericht hiervon anbieten können. Macht aber auch nichts, wäre eh schon zu alt.

Einer alten Gewohnheit folgend schaue ich aus Neugierde aus die Preislisten der besten Restaurants hier am Platz. Mal sehen, was von unserem Pizza Margherita Index noch übrig ist, den wir zur Bestimmung des Tourist- Abzockniveaus bei unserer ersten Wohnmobiltour durch Italien ins Leben gerufen haben. Damals, es muss 2008 oder 2009 gewesen sein, kostete eine Pizza Margherita übrigens 4,50 € aufwärts…

Die unbestechliche Bestimmung des Touristenmelkmodus über den Pizza Margherita Index wird hier übrigens klassisch ausgebremst! Offenbar wusste der Restaurant- Besitzer, dass wir heute kommen und hat diese Gericht zwecks Eliminierung des Vergleichs gleich mal von der Karte genommen! Bleibt nur das Bauchgefühl für die Gerichte, die wir kennen. Da wäre eine Bouillabaisse, was glaub ich eine Fischsuppe ist. Kostet einladende 32 Euro der Teller! Lachscarpaccio kommt als Vorspeise mit 20 Euro daher und soll wohl preislich den guten Geschmack des Gastes becircen. Ein „gewöhnliches“ Gericht wie Entrecote mit Pommes ist schon für 25 Euro zu haben. Ein netter Mix.

Wir schlendern weiter durch das Hafenbecken und entdecken eines der vielen Seifengeschäfte. Seifenherstellung hat hier in Marseille eine lange Tradition, was eigentlich verwunderlich ist, weil doch am Hofe des Sonnenkönigs Louis eher alle gepudert statt gewaschen waren. Vielleicht ist das der Grund, warum die Preise für die kleinen gut duftenden Seifen noch einigermaßen überschaubar sind. Sehr gerne decken wir uns mit ein paar schönen Aromen für das heimische Badezimmer ein.

Nachdem wir das „U“ des Hafenbeckens einmal komplett umrundet haben, erkunden wir die hinteren Gassen des touristischen Zentrums. Hier ist es gleich viel ruhiger und aus den kleinen Straßencafés und Bars dringen nun mehrheitlich französische statt internationale Wortfetzen zu unseren Ohren. Hier gehen also die Einheimischen hin! Es gibt wirklich ein paar sehr schöne verträumte Ecken, die besonders am Abend, wenn sie stilvoll beleuchtet sind und der Touristenstrom der Tagesausflügler abebbt, ganz toll wirken müssen! So schade, dass wir als Kreuzfahrt- Tagesgäste eben nicht hieran teilhaben können. Aber das ist der Preis dafür, dass wir nachts immer zur nächsten Sehenswürdigkeit gefahren werden und man eben den Tag für die Ausflüge nutzt. Dafür aber hat man eben auch den ganzen Tag vom Frühstück bis zum Abendessen hierfür Zeit und muss nicht noch umständlich Kilometer auf dem Fahrersitz fressen, wenn man zum nächsten Highlight einer Rundreise möchte.

Ein Manko bei Landgang bleibt allerdings: Kaum verlässt man das Schiff, verlässt man auch sein „All Inclusive“! Dies, ein kleines aufkommendes Hüngerchen und die Tatsache, dass wir als Anfänger noch so gar nicht wissen, wie lange man sich an Land bewegen und dennoch rechtzeitig vor Abfahrt des Schiffes zurück sein muss, lässt uns gegen 13:30 Uhr den geordneten Rückzug antreten. Die Alternative wäre sonst entweder ein teures Vergnügen in den Restaurants am Hafen gewesen, oder wir hätten einen der fragwürdigen Imbissangebote in den Nebengassen ausprobiert. Beides erscheint nicht wirklich attraktiv.

Ein weiteres Mal wollen wir für den Rückweg zum Kreuzfahrtschiff den Fahrdienst „Bolt“ in Anspruch nehmen. Also spazieren wir etwa an die Stelle zurück, wo uns vorhin Nizar abgesetzt hat und starten dann nördlich des Staus rund um den Altstadtkern die App. Wir warten keine 10 Minuten an der Rue de la Republique, da erscheint auch schon Ali mit seinem schwarzen Skoda Superb am Horizont. Für 18,50 € fährt er uns alle vier dann durch den Verkehr zurück zum Hafen. Ein offenbar abgebrühter Fahrer und nicht ganz so elegant wie Nizar, aber wir kommen voran! Er fühlt sich sogar bei der Ehre gepackt, uns wirklich am besten noch an der Gangway zum Kreuzfahrtschiff rauszulassen. Mutig tritt er den Sicherheitsleuten an der Hafeneinfahrt entgegen und macht ihnen klar, dass er den Fahrtauftrag hat, uns sicher und wohlbehalten direkt am Schiff und NICHT hier vorne am Tor abzusetzen. Es folgt eine kurze Diskussion, ob er einfahren kann, wohl weil er ja offiziell kein Taxischild auf dem Dach hat. Nachdem wir aber alle vier unsere Kreuzfahrtausweise vorlegen, lässt uns der Wachhabende dann doch passieren. Keine Ahnung, ob Ali die Gelegenheit mit uns willkommen war, hier in den Genuss des Zugangs zum Hafen zu kommen. Wie gesagt, als wir vorhin VOM Schiff runter sind, gab es eine lange Schlange am Taxistand und die Autos der Fahrdienste standen alle draußen vor dem Tor. Da kann er sicher eine Fahrt machen! Andererseits ist ja so langsam Rückkehrzeit und das Groß der Leute, die vom Schiff in die Stadt wollen, sollte inzwischen auch abgeebbt sein. Naja. Uns kann es egal sein.

Ali setzt uns ab, wir danken mit einem kleinen Trinkgeld und dann geht es zurück aufs Schiff. Oder besser: Erstmal ins Kreuzfahrtterminal! Denn hier müssen wir durch die Sicherheitskontrolle und uns wieder einmal mehr komplett durchleuchten lassen. Das kostet Zeit. Zwar ist die Abfahrt des Schiffes für uns nicht gefährdet, aber man muss es einplanen, dass vom Zeitfenster für Landgang immer auch locker 30min zusätzlich zur Rückreisezeit aus dem Altstadtkern der jeweils besuchten Stadt zum Schiff für diese Sicherheitskontrolle einzurechnen ist. Einfach aufentern wie bei der Rheinfähre Hitdorf – Langel funktioniert hier nicht.

Um 14:15 Uhr sind wir zurück in unserer Kabine. Ja, der Landausflug war wirklich nur kurz. Und wir hätten auch noch locker zwei Stunden Zeit für Marseille gehabt. Aber so richtig hatten wir ja auch kein Ziel und was wir vom Hafen gesehen haben, war wunderschön und sättigend im Sinne von Eindrücken, Impressionen und bei der Souvenirjagd.

Es gab übrigens noch einen Grund, warum wir schon zum Schiff zurück sind. Die Jungs hatten eben auch nicht mehr groß Lust durch den Hafen zu laufen, viel lieber möchten Sie den Aquapark des Schiffes ausprobieren, den wir ja gestern bei unserem Rundgang gesehen haben. Da die Sonne scheint und die Temperaturen mitspielen, geht es in Badehose rauf auf Deck 17 zum Pool und zu den Abenteuerrutschen.

Zum Glück ist für den Moment noch wenig los. Das wird sich im Laufe der nächsten zwei auf drei Stunden noch ändern! Aber jetzt zur späten Mittagszeit scheinen wir ein ganz passables Zeitfenster für etwas Spass am Pool gefunden zu haben. Später am Nachmittag wird es abeer an beiden Außenpools auf Deck 17 so voll werden, dass sogar Nils und Tim freiwillig das kühle Nass verlassen und sich mit uns stattdessen lieber mit einem kühlen Drink auf dem Sonnendeck ausruhen und den Blick über Marseille schweifen lassen.

Fürs Mittagessen war es übrigens schon zu spät, als wir vorhin zum Schiff zurückgekehrt sind. Knapp verpasst. Aber wir entdecken in der Costa- App, dass das „La Maremma“ auf Deck 8 ab 16:30 Uhr eine „erweiterte Kaffeetafel“ anbietet. Das klingt interessant und so ein kleiner Snack nach dem ausgiebigen Sonnenbad darf es gerne sein!

Die „erweiterte Kaffeetafel“ im La Maremma hat kein schlechtes Angebot! Es gibt Kuchen und Kekse. Aber auch z.B. Churros mit Schoko- oder Vanillesauce. Oder ein salziges Brotteiggebäck. Und es gibt eine Art Sandwich im weichen viereckig geschnittenen Fladenbrot mit Salat, Schinken und Käse drauf. Die schmecken nicht schlecht!
Wir suchen uns einen Platz im Mittelbereich zwischen den beiden Ausgabereihen des Buffets und genießen dann genüsslich die Köstlichkeiten. „Beim Camping hast du das nicht!“ gebe ich schmatzend mit halbvollem Mund süffisant als Bemerkung zum Besten, was von Anja aber gekonnt überhört wird. War ja klar. 😉

Wir genießen gerade die zweite Runde vom Buffet, als eine Durchsage kommt. Eine Notfallübung steht an und zunächst muss sich das Personal bereit melden. Gut, für uns egal, aber natürlich wichtig, wenn das Personal regelmäßig auch unangekündigte Übungen absolviert. Wenige Minuten später aber folgt die Durchsage, dass alle Gäste, die in Marseille an Bord gekommen sind, ebenfalls an dieser Notfallübung teilnehmen müssen! Ja, MÜSSEN! Ein paar Gäste verlassen daraufhin das Restaurant, einige irren umher und bequatschen das Personal, dass dies ja jetzt sehr ärgerlich wäre, wo man sich doch gerade den Teller beladen habe. Auch mischen sich Gäste darunter, die die Durchsage auf den folgenden Sprachen Italienisch, französisch und englisch nicht verstanden haben und wissen wollen, ob sie jetzt auch teilnehmen sollen. Fasziniert beobachten wir das Schauspiel und als wir fertig gegessen haben und durch die Decks zurück in Richtung Kabine gehen, blicken wir in nicht wenige genervte Gesichter von Gästen, die in voller Rettungsmontur mit angelegter Schwimmweste an den Sammelpunkten sitzen und einfach nur darauf warten, dass sich doch ENDLICH die noch fehlenden Gäste des zugewiesenen Bereichs doch bitte endlich einfinden, damit man die Übung beenden kann! Man sieht es an der sinkenden Laune der Wartenden, dass sie sich den Start in den Kreuzfahrturlaub so sicher nicht vorgestellt haben…
„Das hast du beim Camping aber nicht“ kontert Anja nun verspätet meinen kleinen Triumph mit dem bereitgestellten Nachmittagssnack. „Du sei froh, dass wir an der Übung eben nicht teilnehmen müssen“ antworte ich mahnend. Wer weiß, ob an dem Event hier nicht doch noch alle Passagiere buchstäblich ins (Rettungs-)Boot geholt werden…

Zurück in der Kabine faulenzen wir ein weiteres Mal für den heutigen Tag. Gerade bin ich am Wegdösen, als erneut ein sanfter Ruck durch dass Schiff geht. Kaum wahrnehmbar, aber da. Das Schiff legt ab! Hui, das müssen wir uns vom Balkon aus ansehen! Vielleicht stehen ja heute, bei deutlich besserem Wetter als gestern, mehr Leute am Kai und wünschen uns eine gute Reise?!
Leider hat sich niemand eingefunden und ich muss wohl einsehen, dass das Ablegen der Schiffe aus typischen Häfen für Kreuzfahrten wohl nichts Besonderes mehr für die einheimische Bevölkerung ist und selbst Angehörige wohl nicht mehr mit anreisen und dann winken, wenn die liebe Verwandtschaft vom Kai ablegt. Da hat uns Titanic aber was anderes verkauft! 😉

Aber wenigstens müssen wir nicht alleine den Hafen verlassen! Denn kaum haben wir wenige Hundert Meter zurückgelegt, fährt fast in unserem Kielwasser die Costa Diadema aus dem Hafen von Marseille auf und begleitet uns ein kleines Stück. Ein schöner Anblick so von Kreuzfahrtschiff zu Kreuzfahrtschiff. Ist fast so, als würde man mit dem Wohnmobil auf der Landstraße unterwegs sein und ein anderer Camper kommt einem mit einem freundlich erhobenen Hand zum Gruß entgegen. Nur dass das gegenseitige Rüberwinken eben hier etwas länger dauert.
Die Diadema dreht kurz darauf aber Richtung Osten ab, wir hingegen nehmen Kurs West auf unser nächstes Ziel Barcelona.

Zurück in der Kabine schaue ich dem Treiben auf See und dem Verschwinden des anderen Kreuzfahrtschiffs gerne noch weiter zu. Eigentlich könnte das ein wirklich schöner Urlaubsmoment sein. Wenn da nur nicht so viel Wusel um uns herum wäre! Nicht nur bei der Notfallübung ist uns heute aufgefallen, wie voller das Schiff im Gegensatz zu gestern geworden ist!
Auch jetzt, beim Auslaufen aus dem Hafen, sind mehr als die Hälfte der Balkone um uns herum belebt. Das man das hört ist natürlich OK. Auf dem Campingplatz hat man ja schließlich auch gleich neben sich Nachbarn. Leider riecht es auch! Der ein oder andere Raucher genießt natürlich die Freiheit des Balkons und der Möglichkeit, dort eine Zigarette zu rauchen. Sehr zum Leidwesen der Nichtraucher, denn durch die Luftverwirbelung zieht der Rauch von nur einem Balkon auf mindestens 3 angrenzende Balkons daneben und darüber. Sehr unangenehm, was mich spontan zu einer Idee verleitet: Ich weiß nicht, ob es Kreuzfahrtgesellschaften möglich ist. Aber wenn ich eine Kreuzfahrtgesellschaft hätte, würde ich bei der Buchung auch „Raucher / Nichtraucher“ abfragen und dann entsprechend zur Seite und auch über die Decks hinweg versuchen, Raucher und Nichtraucher in Blöcken jeweils möglichst nebeneinander zu legen. Eine solche Sortierung würde glaube ich den Nichtrauchern echt entgegen kommen…

Als das andere Kreuzfahrtschiff dann irgendwann am Horizont verschwindet und neben der Küste auch unser Netzempfang immer schwächer wird, zappe ich ein wenig durch das Bordprogramm im TV und gehe dann fürs Abendessen duschen.

Pünktlich um 19 Uhr treffen wir im L’Argentario ein. Gekonnt lassen wir die lange Schlange am Eingang links liegen, wir wissen ja, welchen Tisch wir haben. Sogleich kommt auch unser von gestern Abend schon bekannte Kellner und verspricht uns, dass es heute Abend auf jeden Fall besser als gestern Abend klappen wird! Um zu beweisen, dass er es ernst meint, hat er schon jetzt ein Tablett mit 2x Apfelschorle und 2x Cola Light in der Hand, die er sogleich auf unseren Plätzen platziert. Dazu gießt er uns die Wassergläser voll und schenkt Anja und mir sogar einen gar nicht so schlecht schmeckenden Rosé Wein ein, der uns sogleich gute Laune beschert. Auch können wir endlich das Rätsel klären, warum unsere Jungs gestern am Gourmet- Abendessen teilnehmen mussten, während die Kinder am Nachbartisch mit dem Klassiker für Kids, Pommes und Nuggets, versorgt wurden! Die Kindergerichte stehen nämlich auch in der per App auf dem Smartphone einscannbaren Speisekarte, man muss nur ein wenig scrollen und dann den Bereich „Squok für Kids“ anwählen, um auch kindgerechte Speisen auswählen zu können. Dies hat übrigens nichts mit dem Squok Restaurant zu tun, viel mehr kann man in jedem der Bedienrestaurants eben auch aus der Speisekarte des Squok auswählen. Jetzt, wo wir das wissen, klappt es mit dem Bestellen auch deutlich besser. Selbstredend, dass Tim es mit den Nudeln in Bolognese probieren möchte. Nils probiert den Kids Burger und wir Eltern lassen uns eine gebratene Entenkeule empfehlen.

Unser Kellner hält Wort und lässt uns an diesem Abend Spitzenservice angedeihen. Oft schaut er vorbei, erkundigt sich nach dem Befinden und füllt vor allem unsere Weingläser immer wieder auf dass wir in leicht angeheiterten Zustand durchaus auf die Idee kommen, dass er uns wegen des Debakels von gestern Abend nun mit Absicht betrunken machen möchte. 😉
Als er uns das Dessert serviert, ein Stück Tiramisu mit einem aus Schokoladenpulver in Form gestreuten Costa- „C“, sind wir mit ihm auch wieder versöhnt. Heute Abend lief es wirklich super, das mehrgängige Abendessen war zeitlich völlig zufriedenstellend abgewickelt, die Abstände zwischen den Gängen perfekt und ideal abgestimmt ohne lange Wartezeiten. Ich bitte unseren Kellner nach dem Essen zu uns, lobe den Service ausdrücklich und gebe ihm ein kleines Trinkgeld, was ihn sichtlich freut. Er erklärt mir, dass heute deutlich weniger Gäste als gestern hier gewesen wären. Den Grund wisse er nicht, aber er konnte sich jetzt eben auf seine Tische gut konzentrieren und uns verwöhnen.
„Das hast du beim Camping aber nicht“ raune ich Anja gewinnend zu und erinnere gerne gleichzeitig, dass auf dem Campingplatz jetzt noch einer spülen müsste! Was mit vollem Bauch zugegeben immer eine Qual ist. So aber können wir ohne einen Gedanken an das Geschirr von drei Gängen schon um 20:15 Uhr satt und kugelrund unser Restaurant verlassen.

Da der Abend noch recht jung und die warme Luft recht mild ist, beschließen wir noch eine schöne Spazierrunde auf dem Außendeck 17 und 18 zu drehen. Was wir dann an leuchtendem Farbenspiel der Schiffsbeleuchtung im Einklang mit dem Sonnenuntergang am Horizont erleben dürfen, lässt uns einmal mehr das Camping so gar nicht vermissen! Ich brauche es gar nicht sagen, Anja weiß auch so, was ich denke. DAS hier erlebst du beim Camping aber nicht…
Es ist schon atemberaubend, wie die natürlichen Farben des Abends mit der künstlichen Beleuchtung des Schiffes harmonieren! Das würdest du selbst mit der schönsten Lampion- Vorzeltbeleuchtung nicht besser hinbekommen. Ein traumhaftes Ambiente! Wir lassen uns Zeit mit der Spazierrunde und genießen den für unseren Geschmack viel zu schnell endenden Sonnenuntergang!

Erst, als die Sonne auch wirklich mit dem letzten Abendrot über eine Stunde später am Horizont verschwunden ist und die ersten Partygäste am Piazza del Campo am Heck des Schiffes auf Deck 16 zu Discomusik tanzen, gehen wir zurück zur Kabine. Der Tag heute war wirklich perfekt! Das hätte beim Camping kaum besser klappen können. Gut, es gab ein paar für uns ungewohnte Hürden wie die Sicherheitskontrolle bei der Rückkehr zum Schiff. Das ist jedes Mal nervig und kostet Zeit. Aber dafür entschädigen eben andere Vorteile wie das heute gute Essen oder auch einmal mehr der Ausblick und das Ambiente der Nacht, wenn die Kinder schon schlafen und unser Schiff zufrieden sonor brummend durch das absolut ruhige Mittelmeer zieht. Wieder lassen wir die Balkontüre geöffnet, erfreuen uns an den nicht vorhandenen Insekten und staunen über den uns begleitenden Mond, der heute sogar einen rosa Schweif am Horizont zieht. Ist das eine Spiegelung des Mondlichts? Eine besondere atmosphärische Konstellation? Was auch immer es ist, einmal mehr genießen wir eine merkwürdige aber zufriedenmachende Erhabenheit hier auf der offenen See. Ein schönes Gefühl.

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