Freitag, 09.06.2006

Nach dem Aufstehen besorge ich in der kleinen Anmeldung erst einmal frische Brötchen.
Es gibt Aufbackbrötchen aus dem Ofen, die der Platzwart hier „höchstselbstständigpersönlich“ gebacken hat und darauf lobend hinweist. Naja.
Platzwart und Bäcker in einem, Campingplatzverwalter sind wirklich echte Multitalente 😉
Ist ein bisschen wie zuhause, nur dass die Aufbackbrötchen hier ein wenig wie länglichere platte Baguettes aussehen.
Überhaupt hat er nur sehr wenig Brötchen da, scheint so als würden nur die Deutschen hier Brötchen holen, denn ich bin mit meinem Brötchenwunsch allein und kaufe zu allem Überfluss wohl auch nicht die ganze Tagesproduktion (4 Brötchen) weg, die der gute Mann behutsam in einem (wegen der Wärme mit einem Tuch bedecktem) Körbchen zur Verfügung gestellt hatte.

Etwas anderes als diese 4 Brötchen hatte er neben Süsskram und Dosenfutter eh nicht im Angebot. Ein bisschen mager…
Ich frage mich, ob die Schweden wirklich nur ihr Knäckebrot essen und das auch noch grundsätzlich selbst mitbringen…
Geht doch nichts über ein frisches knuspriges Brötchen an einem Urlaubsmorgen!

Mir kommt ein Verdacht, dass der Platzwart die Brötchen auf Verdacht hin nur für uns gebacken hat, sind wir Deutschen denn so berechenbar? Andererseits ist es doch schön, wenn der Platzmeister die Brötchen an uns verkaufen konnte, anstelle sie weg zu schmeißen.


Bevor wir uns jetzt im Thema Brötchen total verrennen, darf es im heutigen Tagesprogramm weitergehen. Gegen 9 Uhr wären wir theoretisch abreisebereit, doch wollen wir heute den ersten richtigen Morgen genießen und gehen erst einmal ein wenig an den Strand spazieren.
Auch ein paar Bilder der Anlage Bergafjärdens bei Sundsvall (bergafjarden.nu) wollen wir machen und so unseren Eindruck vom Campingplatz vermitteln. Gestern Abend hat das ja wegen diverser „Fliegerangriffe“ nicht mehr geklappt.

Vom Viehzeuchs des gestrigen Abends ist zum Glück nichts mehr zu sehen und so haben wir die Möglichkeit auf einen schönen und blutsaugerfreien Morgenspaziergang am Strand.

         
Vom Stellplatz direkt durch den Wald an den Strand                  Blick vom Strand zurück zum Campingplatz

    
eine kleine verträumte und einsame Bucht nur für die Camper

Nach unserer Rückkehr zum Womo wollen wir uns an das zweite Abenteuer machen.
Die Leerung des Abwassers und Auffüllen des Frischwassers.
Zwar haben wir laut Bordanzeige gerade erst 1/4 des Frischwassers verbraucht und den Abwassertank gerade mal zu 1/4 gefüllt, dennoch wollen wir kein Risiko eingehen und bei eventuellen Problemen mit vollem Abwasser und leeren Frischwassertank dastehen.
Wir haben zwar bei der Einweisung aufgepasst, aber aufpassen und selber machen sind immer noch 2 paar Schuhe.

Wir fahren also eine Servicestation an, die auf der Platzkarte vermerkt ist.
Es gibt nur 2 Stück, zu unserem Glück ist die erste gleich etwa 20 Meter entfernt schräg hinter uns.
Wir rangieren unser 6,53 m langes Schiff an die „Anlegestelle“ und lassen das Abwasser ab.
Das ist schon mal sehr einfach, nur genau parken und über dem Gulli und dann den Abwasserhahn unter dem Wohnmobil öffnen.
Praktisch und einfach, Hahn auf, Wasser raus.
Mir kommt die Musik der 5-Minuten Terrine in den Sinn: Deckel auf, heiß Wasser drauf, in 2 Minuten…“

Ich dichte mir das ein wenig um (bitte nun die Musik der 5-Minuten-Terrine dazu denken 🙂
Hähnchen auf, das Wasser raus, in 2 Minuten ist leer der Schlauch, dadadadadda

Das mit dem Frischwasser wird aber nun problematischer und ist wohl eher nicht mit einem einfachen Werbejingel zu lösen.
Es gibt keinen platzeigenen Schlauch und so muss der Wasserschlauch, der mit uns an Bord ist, zum ersten Mal aus seiner Tüte geholt werden.
Das Problem ist nur, dass der Anschluss hier wohl offenbar nicht für unseren DIN-Norm Gardena Stecker gebaut ist und so muss meine arme Frau das Gardena-Steckerende mit dem Gummiring an das offene Ende des Wasserhahnes pressen.

Ich halte auf der anderen Seite den Schlauch in den Einfüllstutzen und befehle „Wasser marsch“!
Zuerst kommt nichts, und nach dem ersten Wundern darüber kommt noch immer kein Wasser.
Als ich mich dann noch immer verwundernd zu meiner Frau umdrehe sehe ich sie „etwas“  angenässt stehen, offenbar war das Wasser mit der von ihr muskeltechnisch vorgegebenen Richtung nicht ganz einverstanden und hat sich lieber seinen eigenen Weg auf und um das nahe Umfeld des Wasserhahnes gesucht. Bedeutet: sie ist von Kopf bis Fuß patschenass.
Zu komisch, da muss ich natürlich laut los lachen.

Was für ein Glück, dass im Moment die Sonne scheint und es schön warm ist…
Wir entscheiden uns also folgerichtig für Stellungswechsel und sie hält nun den Schlauch in das Womo.
Ich gebe dem Wasser die Richtung vor und presse den Gardena- Stecker an den Wasserhahn.
Es funktioniert, der Schlauch bläht sich auf und nach kurzer Zeit plätschert es vermeintlich fröhlich in unseren Wassertank.
Allerdings haben wir das Problem, dass sich offenbar eine Luftblase im Zulauf zum Tank bildet, denn die Hälfte des einlaufenden Wasser macht sich auf den gleichen Weg zurück, wie es in den Zulauf eingetroffen ist, also wieder zum Eingang nach draußen.
Dort steht wie gesagt die liebe Anja und hält den Schlauch.
Zum Glück ist Anja bereits Profi im Umgang mit „wildem Wasser“ und so kann ihr die entgegenkommende Wassermenge auch nichts mehr ausmachen. Nach einiger Zeit gelingt es ihr den Schlauch so zu justieren, dass mehr Wasser in den Tank, als wieder hinaus strömt. Was soll´s ? Verschnitt…
Die Fliessgeschwindigkeit wird darüber hinaus stark durch meinen schwindenden Muskelschmalz bestimmt und so dauert es eine kleine Ewigkeit, bis das Wasser aus dem Einfüllstutzen komplett wieder heraus läuft.
Wir konsultieren die Anzeige im Fahrzeug, die mit 3 grünen LED´s den kompletten Füllstand bestätigt.
Geschafft, damit wäre zum aller ersten Mal offiziell ver- und entsorgt !
Was für ein erhebender Moment…
Eigentlich hätten wir diesen „Staatsakt“ beim Platzwart anmelden sollen, ich bin mir sicher am Servicehaus wäre diese „Premiere“ mit rotem Teppich und ein paar Zuschauern fürstlich und angemessen bejubelt worden.

Es geht wieder auf die E 4 Richtung Norden, es ist  etwa 10 Uhr, als wir uns vom Platz davon machen.
Das Wetter hat sich etwas verschlechtert, die Wolkendecke ist nunmehr geschlossen. Aber wenn wir so wie gestern Glück haben, dann wird sich die Wolkendecke auch (hoffentlich) wieder verziehen, mal sehen.

Nach ein paar Kilometern passieren wir bereits Sundsvall und obwohl wir gestern erst den Tank kurz vor Ankunft rappelvoll gemacht haben, fülle ich hier nochmal den Tank auf, weil wir heute ein gutes Stück fahren wollen.
Wir tanken an einer Statoil 18,35l nach und zahlen dafür 189,- SEK.

Die E 4 gefällt mir sehr gut, sie ist zwar keine Autobahn, aber gerade das will man ja auch im Urlaub nicht, die triste Kilometerfresserei auf eintönigen Autobahnen ist eh nicht das, was wir uns erhofft hatten, viel Zeit um irgendwo anzuhalten haben wir nicht, daher wollen wir wenigstens im Vorbeifahren einen Blick auf die Schönheiten des Landes erhaschen.
Die Schweden sind ein cleveres Völkchen, haben ein Problem der Landstrasse elegant gelöst.
Da man auf Landstrassen nur schwer überholen kann und bei einem LKW vor einem selbst mit einem Wohnmobil plötzlich nur noch langsam voran kommt und dank dem Auflieger nun auch noch wenig von der Landschaft sieht, bleibt einem nur das Überholen.
Dies ist aber mit einem Wohnmobil nicht so einfach.
Die Beschleunigung dauert lange und das Wohnmobil ist mit 7m auch noch länger, als ein Durchschnitts-PKW.
Dies schränkt die Überholmöglichkeiten erheblich ein.
Aber wie gesagt sind die Schweden für meine Begriffe ein wirklich cleveres Völkchen und haben sich neben Knäckebrot, Köttbullar und Ikea den Charme einer Landstrasse mit den Vorzügen einer Autobahn ausgedacht und dabei noch Geld gespart:
Alle 2-3 km wird es zweispurig, immer für eine Richtung.

Laufe ich also auf einen 70 km/h fahrenden LKW oder ein Wohnwagengespann zu, kann ich die letzten 100 Meter, bevor es zweispurig wird, Anlauf nehmen und dann zu Beginn der zweiten Fahrspur zügig überholen.

Schilder, die die Fahrspureigenschaften rechtzeitig mehrfach ankündigen erleichtern einem die Geduld, wenn wieder was „Langsames“ vor einem her zuckelt.
Andererseits wird man so auch selbst nicht zu Bremse und kann schnelleren PKW problemlos das Überholen gewähren.
Diese Lösung finde ich wirklich klasse. und geht bei der Dichte an Fahrzeugen auch wirklich perfekt auf.

Aber auch ohne die zweispurige Lösung fahren die Schweden einen sehr defensiven und rücksichtsvollen Fahrstil: Kommt ein schnellerer von hinten angerauscht, nutzen die Vorausfahrenden die zur Verfügung stehende Breite des Seitensteifens, um den Überholenden bereitwillig Platz zu machen. Nach dem Überholen wird sich dann entweder per Blinker oder Handzeichen bedankt. Hiervon machen wir natürlich auch Gebrauch, sowohl von der Möglichkeit so zu überholen, als auch schnellere Fahrzeuge Überholen zu lassen.

Nur vor den Ortschaften wird es zumeist wieder einspurig und es steht kein „halber Seitenstreifen“ zum Platz machen zur Verfügung, aber da wollen (und sollen!) wir ja auch nicht durchrasen…
Wir verbringen so den ganzen Tag im Fahrzeug und rauschen wieder Kilometer ab. Wir kommen erstaunlich gut vorran, angehalten wird eigentlich nicht, Trinken und Essen kann der Beifahrer problemlos während der Fahrt von hinten holen (besser als jeder Wohnwagen!).
Und wenn man ein gerades Stück mit gutem Ausblick kommt und so versorgen wir uns während der Fahrt mit allem, wozu man mit einem Wohnwagen oder PKW umständlich anhalten müsste.
Im  Prolog stehts ja drin: Ankommen, Nordkap „or die“…

         
Eine Hängebrücke?                                                                Die Steigung müssen wir nun rauf…

         
So geht es kilometerweit auf der E 4: Mal hat die Gegenseite 2 Spuren, mal haben wir 2 Fahrspuren, wir kommen super vorwärts!

         
Das Wetter wird wieder besser, hurra!                                     Noch 75km bis Lulea, man kommen wir gut vorwärts

         
Die E 4 gibt aber auch landschaftlich einiges her: Boote,            Ausblicke in Täler…

         
…über weite Fjorde…                                                            …und kleine Brücken

Bei all der Fahrerei bräuchte theoretisch nur noch der Fahrer eine Möglichkeit zur eigenen Entsorgung.
Kann man während der Fahrt einen Fahrerwechsel vollziehen?
Ich hätte es gern mal ausprobiert um so noch weniger anhalten zu müssen, leider scheitert diese Idee an der geringen Experimentierfreudigkeit meiner Frau Anja…
In eine leere Flasche zu strullern (was ja zumindest theoretisch gehen soll 😉 kommt natürlich nicht in Frage und da der Fahrersitz kein Thetford-Modell ist, bleibt mir nichts anderes übrig, als auch ein paar Mal mehr als gewollt anzuhalten.
Man muss ja viel trinken, ist wie auf einem Langstreckenflug.
Wenn man mehrere Stunden nur auf dem Fahrerseitz sitzt, ist das die einzige Möglichkeit einer Thrombose vorzubeugen.
Zum Glück geht das mit der persönlichen Entsorgung recht fix, denn das Klo ist ja mit an Bord.
So macht Reisen doch eigentlich ne Menge Spass!
Das eigene Klo immer dabei und keine Suche nach siffigen Autoraststättentoiletten mit Bezahlzwang.

Gegen halb 5 haben wir genug gefahren, immerhin haben wir gut 530 Kilometer zurück gelegt und fahren einen der Campingplätze an, die in unserem kleinen Verzeichnis des ADAC genannt sind.
Wir könnten auch noch ein bis zwei Stunden fahren, allerdings sieht es mit CP´s in etwa 150 km Entfernung von hier aus eher mau aus, daher machen wir heute eben früher Schluss.

Wir steuern einen Campingplatz ganz nah bei Lulea an (die Info haben wir aus dem Schwedencampingheftchen vom Campingplatz Bergafjärdens bei Sundsvall) und landen beim Arcus Camping, eine sehr große Anlage, die über mehrere abgetrennte Plätze verfügt, jeweils mit eigenen Servicehäuschen.

         
Arcus Camping liegt mitten im Wald                                         ganz in der Nähe der Eisenbahnstrecke

Hier wird ganz selbstverständlich unsere Camping-Card akzeptiert und wir müssen noch nicht mal im Vorraus bezahlen.
Einfach morgen früh.
Die Anmeldung erfolgt auch hier in einem Office jedoch nicht am Fenster wie gestern oder in einem kleinen Büro wie vorgestern, nein hier hat man in den Verwaltungsbereich auch gleich einen Verkauf mit eingebaut.
Es ähnelt sehr einer Tankstelle mit Shop, das nötigste für Campingbedarf und Lebensmittel sind hier zu bekommen.
Leider gibt es im Moment keine Brötchen, oder überhaupt irgendwas an Backwerk zu kaufen aber ich bin mir sicher, dass ich morgen früh welche bekommen werde, vielleicht gibt es sogar zur Abwechslung eine Auswahl, denn es gibt mehrere Schaukästen, die an einen Bäckershop erinnern, auch ist Werbung für Backwerk vorhanden.
„Wird halt schon heute Abend geschlossen sein“ denke ich mir und so checken wir eben ohne Brötchen ein.

Hier werden wir auch das erste Mal gefragt, ob wir neben Strom auch lieber auf Wiese oder auf Beton stehen.
Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht.
Beton ist für Weicheier mit Wohnwagen zum justieren oder für Stützenparker und so entscheide ich mich ganz klar für Wiese. Ist einfach schöner.
Hey Mann, ich bin ein Camper und kein Parkplatzparker…!

Wir bekommen eine Reihe zugewiesen und einen Schlüssel für den dortigen Stromkasten.
Richtig modern.
Der Platz ist anhand der Übersichtskarte schnell gefunden und auch der Schlüssel passt in den vorgefundenen Stromkasten.
Flugs noch den Kühlschrank auf 220V umgestellt und dann gehts ab die Gegend zu erkunden.

         
Wir sind Camper, also bitte: Wiesenplatz  😉                            Idyllisch gelegen direkt an einer Bucht (schräg hinter uns)

         
Der Strand ist weitläufig, die Sonne schön warm. Hier könnte man es länger aushalten, wenn das Wasser nur nicht so kalt wäre

Sind viel gefahren heute, entsprechend danken mir meine Beine die plötzliche Bewegung zunächst mal mit lähmenden Schmerzen.
Nichts da, einfach in den Schmerz gehen und nach ein paar Minuten ist die Durchblutung wieder hergestellt. Trombose? Pfft!
Auch hier haben wir mit unserem Standplatz richtig Glück. Wir stehen wieder nah am Wasser und können so einen schönen Abendspaziergang am Strand unternehmen.
Wir gehen die gesamte Anlage entlang und finden auch die betonierten Standplätze.
Da finde ich die Wiese aber wirklich schöner.
Wir nähern uns wieder dem Haupthaus, diesmal von der anderen Seite und schauen nochmal auf die Karte, in Richtung unseres Wohnmobils ist ein Imbiss eingezeichnet.
Wunderbar, nichts kochen und lecker Essen, was will man mehr?

Voller Vorfreude mache wir uns auf den Weg, leider ist der Laden zu.
Das war ja zu erwarten. Wie gesagt sind wir auf unserer Wiese fast die einzigen, die anderen Mobile in Sichtweite können wir an einer Hand abzählen, es ist eben noch keine Saison.
Und da wir schon gelernt haben, das Camper gerade hier oben dazu neigen sich eher selbst zu versorgen, als von anderen abhängig zu sein, macht es nur Sinn, dass der Imbiss zu hat, Schade!
Die Anlage ist so gross, dass sogar einige Flächen gar nicht genutzt werden, diese sind mitsamt der zugehörigen Servicehäuser abgesperrt.

Wir kommen auch wieder an einem betonierten Platz vorbei, hier steht ein Riesenwohnmobil mit bayerischem Kennzeichen auf einem MAN- LKW Chassis und hat eine Satellitenschüssel in den Himmel gestreckt, die etwa so groß wie mein heimischer Fernsehsessel ist.

Aus dem Fahrzeug dringt Fussballgeräusch, wahrscheinlich kostet die Satellitenanlage schon mehr wie unsere Mietrate für das Wohnmobil. Wahnsinnsteil, das steht mit Sicherheit der Gegenwert eines kleinen Eigenheims im grünen…
Ich schaue mir die Position der Antenne an und merke mir diese.
Ich will es später auch mal versuchen mit dem Fernsehprogramm, dann gehen wir weiter spazieren.

Nachdem wir wieder am Womo angekommen sind, wollen wir mal den Fernsehempfang testen.
Schließlich ist Fussball-WM 2006 in Deutschland und wir wollen doch mal gucken, was bei uns zuhause abgeht, immerhin läuft heute Abend das Eröffnungsspiel unserer Fussballweltmeisterschaft.

Mit der Antenne komme ich aber nicht so ganz klar. Als erstes muss ich mal eingestehen, dass die Antenne mitten in die Bäume zeigt. Das ist natürlich Quatsch. Also drehen wir einmal das ganze Fahrzeug, so haben wir etwas Abstand zu den Bäumen. Aber auch das hilft nicht wirklich.
Im Schrank neben der Antenne werden die Ausrichtungen für den Astra-Satelliten anhand einer aufgeklebten Weltkarte vorgegeben, wenn ich aber die Antenne in diese Richtung ausrichte empfange ich nichts.
Hier hilft auch der kleine von mir mitgebrachte Kompass nicht, der recht genau die Gradzahlen vorgibt und mir den Weg nach Süden weist.
Etwa 20 ° und eine halbe Himmelsrichtung später habe ich dann doch Empfang auf der Skala und lasse den Sendersuchlauf durchlaufen.
Ei was haben wir denn da feines gefunden?

Offenbar bleiben unsere Satellitenpeilversuche nicht ungesehen, während ich mich draußen noch mal von der korrekten Himmelsrichtung überzeuge kommt ein Holländer auf uns zu und fragt mit einer Dose Heineken in der Hand, ob wir Empfang haben.
Ich sehe uns schon wie im Film „Super-Stau“ mit 30 Mann vor dem Wohnmobil sitzen und Fußball schauen…
Dennoch will ich nicht unhöflich sein und sage ihm ehrlich, dass wir noch suchen.
Ich betrete das Mobil, der Holländer steht an unserer Tür und schaut zu.

Leider habe ich wohl den falschen Satelliten angepeilt, denn ich bekomme Baltikum 1 und einige russische Sender rein, aber von einem deutschen Sender oder wenigstens einem Sender, der Fußball bringt, sehe ich nichts.
Der Holländer hat wohl das gleiche schon probiert und meint, dass er trotz einer 40er Schüssel keinen Empfang hätte und daher auf Kurzwelle das Spiel im Radio verfolgen würde.
Ich denke er würde uns auch vielleicht zu sich einladen, nur Fußball ist nicht so unser Ding, wäre nur nett gewesen, aber bestimmt kein Muss und so sage ich ihm, dass uns Fußball eh nicht so interessiert und er geht wieder.
Wenn er schon mit einer 40er Schüssel keinen Empfang hat, was sollen wir dann mit unserem Suppenteller auf dem Dach?
Ein bisschen tut er mir leid, er hätte das Spiel bestimmt gern gesehen, aber nützt ja nichts.

Gegenüber in der Nachbarreihe wird gegrillt, ein Kohlegrill treibt mit aufsteigender Wärme den Grillgeruch zu uns herüber.
Das ist fies, wir haben schließlich noch nichts gegessen und haben Hunger…
Und so wollen wir auch grillen. Wir packen daher mangels alternativem Imbiss nun auch unseren Grill aus.
Aus Zeitgründen haben wir keinen Kohlegrill dabei, sondern unseren kleinen Elektrogrill.
Der hat den Vorteil, dass er verdammt schnell heiß ist und mit dem Strom von der Kabeltrommel mit versorgt werden kann.
Der Grill ist eigentlich ein Tischgrill mit Unterbau, leider haben wir die Beine des Grills nicht dabei.
Zum Glück hat er aber zur Justage der Beine an zwei Fußenden spitze Ecken, die ich nun wunderbar in den Boden hauen kann.
Damit steht unser E-Grill sicher und wir brutzeln nach nur 5 Minuten Aufbauzeit die ersten Würstchen vom Aldi aus Bielefeld.
Unsere Würstchen lassen wir uns bereits schmecken, während die Herren gegenüber noch immer mit dem Feuer des Grills beschäftigt sind.
Nun hat sich die Mitnahme des kleinen E-Grills schon gelohnt. OK ein echter Camper grillt wohl eher auf Kohle oder wenn möglich auf Holz aus dem Wald, aber wir sind ja auch nur Mietcamper und dürfen uns, so glaube ich, das Leben etwas einfacher machen…
Schade nur, dass wie gesagt kein Fußballspiel anzugucken ist, das fehlt mir dann doch ein wenig.

Nach dem Grillen machen wir uns mitsamt der Grillwanne auf zum Servicehaus und reinigen diesen gleich nach dem Essen, so zieht nichts ein und es entsteht kein Geruch.

Um halb 10 drehen wir eine weitere kleine kleine Runde zu Fuß und sind überrascht, wie hell es doch noch ist.
Es kommt uns von der Helligkeit so vor, als wäre es bei Sommer in Deutschland so etwa 7 Uhr abends, dass es gleich 10 ist, merkt man jedenfalls an der Sonnenstrahlung bzw. den vorliegenden Lichtverhältnissen nicht.

         
21:37 Uhr, eigentlich schon fast Schlafenszeit                           Aber es ist noch immer so ungewöhnlich hell…

Gegen Abend gehen wir noch Duschen, das Servicehaus bewohnen wir jedoch nicht allein, man muss sich mit dem Handtuch erst mal den Weg in die Dusche freikämpfen…
Myriaden von Mücken, Schnacken, Fliegen und anderes fliegendes Chitinpanzerviehzeugs treibt sich um die Beleuchtung der Duschen herum und hat auch die Duschräume fest in Beschlag.
Während des Duschens schützt einen das Wasser noch vor den gröbsten Angriffen, aber wehe man stellt das Wasser ab…
Präzise wie die deutsche Luftwaffe vor 60 Jahren stürzen sich die ersten Mückenstukas auf meine nackte Haut.
Dabei schwitze ich doch gar nicht und bin ganz frisch geduscht!

Die ersten Angriffe kann ich noch gekonnt abwehren, aber mangels weiterer Arme (Tentakeln wären wohl besser) kann ich keine präzisen Gegenschläge mehr landen und fuchtele wild und unkontrolliert mit den Armen um mich.

Das Handtuch werfe ich mir über die freien und nackten Schultern, packe hastig meine sieben Sachen und mache, dass ich Abstand zur gegnerischen Mückenbasis bekomme, renne so halbnackt über die Wiese und schließe mich in unser Wohnmobil ein. Puh!

Wenig später kommt auch Anja den Weg (zu meiner großen Überraschung!) ganz lässig entlang geschlendert.
Auf meine Frage, warum sie so seelenruhig den Weg entlang wandert, keine Fluchtambitionen zeigt und ob sie denn nicht auch „Fliegeralarm“ gehabt hat meint sie nur, dass es zwar ein paar Mücken gäbe, aber die hätten sie weitesgehend in Ruhe gelassen.

Ist ja wieder typisch, mir sollte eigentlich das Purple Heart für Verwundung im Kampf verliehen werden, statt dessen ernte ich nur müdes Lächlen, als ich meine heldenhaften Kriegsabenteuer und meinen glorreichen Rückzug aus den Waschräumen auf den Abendtisch bringe.

Viel machen wir nicht mehr, ein bisschen in der Karte gucken und die Route für morgen festlegen, denn morgen geht es mit etwas Glück nach Finnland und damit zurück nach Europa, bzw. zumindest zurück ins Euro-Land.
Von der Rezeption haben wir ja einen Plan des Platzes bekommen. Auf der Rückseite stehen ein paar Reiseziele drauf.
unter anderem findet sich auch ein Hinweis auf den naheliegenden Bahnhof, der sich hier am Campingplatz befindet.
Es ist, entgegen unserer Vermutunbg bei der Anfahrt, kein wirklicher Bahnhof, sondern ein Museumsbahnof, ein Eisenbahnmuseum. Das werden wir uns morgen auch mal kurz ansehen, es liegt ja quasi auf dem Weg.

Am Abend passiert dann das nächste Übel. Bei dem Versuch das Fenster der Mitteldinette zu schließen (man muss es erst nach außen drücken, dann fällt es nach innen) ziehen wir aus Versehen in die falsche Richtung.
Ein böses fieses knirschendes Geräusch ist die Folge, das Fenster bekommt einen Sprung.
Gleich bekomme ich Panik, ein kaputtes Fenster? hoffentlich regnet das nicht rein?
Zu unserem Glück im Unglück allerdings haben wir nur im Innenfenster einen etwa 4-cm langen Sprung, das Außenfenster ist glücklierweise unversehrt, ich fühle mehrfach mit der Hand drüber.
Scheint so als wäre das ein Iso- Fenster oder sowas, 2 Platten mit Luft oder Vakuum dazwischen?
Na wenigstens sollte demnach keine Feuchtigkeit eindringen.
Da werden wir wohl Federn bei der Kaution lassen müssen, das Fenster ist so natürlich irreparabel und wird ersetzt werden müssen. Mann, mann mann, so ein Mist. Ausgerechnet das größte verfügbare Fenster mussten wir beschädigen, hätte es nicht ein kleineres sein können?

Die Nacht selbst verläuft äußerst ruhig, dank den Verdunklungsrollos können wir auch das noch immer fast unwirklich grell leuchtende Licht aussperren und so endet dieser doch recht lange „Fahrtag“.

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