Wir wachen gegen halb 9 auf.
Es hat angefangen kräftig zu regnen.
Aber es handelt sich nicht nur um einen einfachen monotonen Regen, nein, es kommt eher schubweise vom Himmel.
Es prasselt und rappelt, um dann wieder abzuebben und kurz darauf wieder von vorn anzufangen.
Bah!

Anja erzählt, dass sie in der Nacht mehrfach wach geworden sei.
Hihi, Sie hat das Quitschen der Äste (die auch seitlich an der Wand anliegend noch Lärm gemacht haben) für eine Horde Vögel gehalten, die sich vielleicht irgendwo im Wohnmobil eingenistet haben könnten.
Auch ihre Phantasie hat ihr da mit einem nicht zuordnungsfähigen Geräusch einen netten Streich gespielt.
Ich frage sie feixend mit einer gewissen Schadenfreude, ob sie nicht der Meinung wäre, dass Minki und Dori einer möglichen Horde Vögel im Wohnmobil nicht den Gar ausgemacht hätten.
Als Antwort fange ich mir einen blöden Kommentar gepaart mit einer unschönen Geste, die ich aus Jugendschutzgründen nicht näher erläutern möchte. 😉
Wir kuscheln noch ein wenig (bei dem Mistwetter kann man eh nichts anderes machen) und ich erzähle Anja von meinem gestrigen nächtlichen Horrorabenteuer, um den Ruhm für meine Heldentaten zu ernten und erkläre ihr dabei natürlich auch die Herkunft des scharrenden Geräusches.
Jetzt müssen wir beide darüber lachen.

Gegen 9 steige ich aus dem Alkoven herab und schalte als aller erstes die Heizung ein.
Es hat sich merklich abgekühlt, draußen sind es gerade mal 5°C…  😮
Drinnen haben wir immerhin zwar noch knappe 7, aber das wird sich dank der Truma nun gleich ändern.

Aufgestanden wird nach der Aufwärmphase gegen halb 10, es sind jetzt angenehme 18°C im Womo, als erstes geben wir den Katzen (die sich wegen der Kälte ebenfalls bei uns unter der Decke versteckt hielten) etwas Futter zum Frühstück.

Danach öffnen wir die Rollos und sind überrascht.
Der Regen ist Schneeregen mit der Tendenz zum Schnee!
Mitten im Frühling kommt hier tatsächlich Schnee vom Himmel!!!
Ich bemitleide die armen Franzosen im Zelt neben uns.
Die haben vorhin schon eine Runde im PKW gedreht, wir haben gehört, wie sie einmal rund um das Areal gefahren sind.
Ich schätze mal, um sich aufzuwärmen.

 

         
Kann man es erkennen? Am Baum vielleicht?                     hier sieht man es etwas besser: Es schneit!!

Gegen 10 machen wir uns fertig für die Dusche.
Duschen ist bei diesen Witterungsverhältnissen natürlich eine sehr kalte Angelegenheit.
Die Besitzer des CP haben es wahrscheinlich nur gut gemeint.
Schön im Schatten gelegen und mit Zwangsbelüftungen an den sonnenabgewandten Seiten wird diese Dusche auch im Sommer wohl ein kühler Raum sein.
Aber nun ist dies natürlich kontraproduktiv, die Innentemperatur gleicht sich in etwa der der Außentemperatur an.
Persönlich fühle ich keinen Unterschied…
Die Duschen selber sind dann aber wieder eine Überraschung im positiven Sinn.
Die Temperatur wird absolut konstant auf dem Level gehalten, den ich eingestellt hatte.
Ich mag das, wenn die Dusche durchgehend wohl temperiert ist, dennoch geht das Duschen natürlich schnell…

Nach dem Duschen frühstücken wir.
Wir machen es uns nochmal so richtig gemütlich, auch wenn das Brot von gestern leider schon etwas hart geworden ist.
Offenbar sind Ciabatta nun mal nur für den sofortigen Verzehr gedacht.

           
Draußen sind es 7°C                           und drinnen mollige 20! 🙂               da schmeckt auch unser Frühstück…

Egal, trotz klirrender Kälte draußen schneide ich das Brot frisch auf der Motorhaube…
Während des Frühstücks beobachten wir die Zeltcamper neben uns.
Die tun mir ein wenig leid.
Hastig packen sie bei Schneeregen ihr Zelt zusammen und eilen zwischen Waschraum und Auto hin und her.
Purismus pur.
Mir müsste man für diese Art des Urlaubs Geld geben und selbst dann würde ich ihn nicht machen wollen.
Bitte nicht falsch verstehen, jedem das seine, wer Zelten mag, dem sei es gegönnt, aber mir würde das einfach kein Gefühl von Sicherheit geben.
Ich hätte nachts viel zu viel Angst, dass was auf das Zelt und dann mir auf den Kopf fällt, einer über die Leinen stolpert oder das Zelt vom Sturm davon fliegt. Ich brauche stabile feste Wände um mich herum… Auch wäre mir der Raum viel zu klein, man kann ja nichtmals aufrecht stehen…

Und dann ein kleines Schneegestöber wie heute und die armen Zelter können nur in ihr klammes und feuchtes Zelt oder in das von innen mit Sicherheit ebenfalls feuchte Auto ohne Heizung flüchten.
Sie haben es definitiv nicht so angenehm wie wir und können sich gemütlich bei laufender Truma an den Tisch setzen und trotz allen Unwetters in aller Ruhe frühstücken.
Noch während ich so darüber nachdenke, knallt bei denen der Kofferraum zu und die beiden sind weg.

Beim Frühstück kommen wir wieder auf die Geräuschkulisse der letzten Nacht zu sprechen.
Die „Horde Vögel“, die Anja vermutet hatte, stellt sich wohl ein wenig differenzierter dar, wie ich es zunächst aus ihren Ausführungen heraus gehört habe.
Auch sie hat, wie gesagt, das schlirrende Geräusch von der Seitenwand gehört, wurde irgendwann in der Nacht davon wach und hat dann über einer Stunde wach gelegen und gerätselt, was das denn genau sein könnte.
Ihr kam die Geräuschkulisse aber eher wie fiepsende hilflose Geräusche vor.
Auch ihr Unterbewusstsein hat wohl während der Schlafphase versucht das Geräusch einer Quelle zuzuordnen. Als das misslang, hat das Unterbewusstsein den Verstand geweckt und gefragt, was denn das Geräusch sein könnte.
Anja hat sich dann darauf festgelegt, dass wohl aus den von uns im Supermarkt frisch gekauften Eiern kleine Kücken geschlüpft sein müssen, oder sich vielleicht irgendwie kleine Vögel ins Womo verirrt haben könnten, die die Katzen nicht erreichen konnte.
Ich muss erneut lachen! Die Vorstellung, dass in unserem Eierkarton kleine Küken geschlüpft sein könnten, ist einfach nur köstlich.
Wie sehr doch die Akkustik knirschender Äste am Wohnmobil die Sinne täuschen können ist schon erstaunlich.
Ich habe ja auch gedacht, dass kleine Zwerge auf dem Dach liegen könnten und die Fahrräder klauen wollten…

Nach dem Frühstück gehe ich abspülen, Anja räumt derweil im Womo auf.
Danach fahren wir ein paar Meter vor und füllen den Wassertank auf und leeren den Abwassertank.
Das Klo bzw. dessen Inhalt haben wir ja gestern schon „entsorgt“.

Fast pünktlich mit Glockenschlag 12 Uhr verlassen wir den CP, nur um wenige Meter weiter auf einem Parkplatz zu parken, der sich ggf. auch als Stellplatz eignen könnte.
Parken ist kostenlos und so maschieren wir rein nach Barberino Val d´Elsa, um auch hier noch die obligatorische Stadtbesichtigung zu absolvieren.

           
Auschecken am CP                              Nur eine Kreuzung weiter wird geparkt    auf dem SP- Tipp aus dem Reiseführer

Die kleine Stadt ist an diesem Mittag wirklich wunderschön!
Auch hier ist alles „typisch toskanisch“, wie man es sich in seiner Phantasie vorstellt.

Wir haben es mittlerweile aufgegeben, DIE toskanische Stadt zu suchen und dann immer wieder neu den „Platz 1“ zu vergeben.
Alle bislang besuchten Dörfchen und Städtchen waren toll und jedes für sich ist irgendwie „typisch toskanisch“ und könnten trotzdem nicht unterschiedlicher sein.

Hier mit Barberino haben wir wieder eine mittelalterliche Stadt auf einer Anhöhe, innerhalb der Mauern finden sich auch hier wieder kleine Gassen und Ecken, die man entdecken kann.
Auch sind um diese Uhrzeit noch keine Touristen in der Stadt, was mir mal richtig gut gefällt.

         
Unterwegs zur Innenstadt, da vorn rechts hoch!                in den Gassen von Barberino

         
enge Wege, Tore und Fluchten an vielen Ecken                und unvermittelt schöne Plätze ganz für uns allein

         
Enge Gassen und markante Steingebäude                         und das alles bei Super- Wetter!  🙂

Und auch das Wetter ist uns wieder wohl gesonnen!
Die Sonne kommt gerade raus und taucht das Städtchen in wunderschöne Farben, die vor wenigen Stunden noch geschlossene Wolkendecke hat sich fast komplett aufgelöst, der Himmel ist strahlend blau!
Wenn ich es nicht mit eigenen Augen gesehen hätte, wenn mir jetzt jemand sagen würde, dass es heute morgen noch geschneit hätte, ich würde ihn als Lügner beschimpfen!!
So unwirklich wirkt der Schnee von heute früh im krassen Gegensatz zum jetzt dominierenden wunderschönen Frühlingswetter.

Wir streifen durch die Gassen und finden an einer Ecke einen wunderschönen Aussichtspunkt über das Land und die Landschaft.
Klar, dass wir mehrere Bilder davon machen:

         
wir erreichen ein Balkon- ähnliche Terrasse…                    …mit tollem Ausblick in die Ferne der Toskana

         
Anja macht es sich in der Sonne gemütlich                         Von hier oben hat man wirklich einen tollen Fernblick!

Auch findet sich, wie selbstverständlich, ein zutraulicher Kater bei uns am Aussichtspunkt ein und streift um uns herum, als ob er noch nie etwas anderes gemacht habe.
Ein verflohter Streuner ist er wohl nicht. Er sieht gepflegt und wohl genährt aus.
Kaum hat er bemerkt, dass wir ihm wohl gesonnen sind, fängt er wie wild an zu schnurren und lässt sich kraulen, streicheln und verwöhnen.
Ach wie ärgerlich, im Womo haben wir Katzenwürstchen, hätten wir das gewusst, hätten wir eins mitgenommen.
Auch ist der Kater sehr am Geruch unserer Hände interessiert.
Kein Wunder, unsere Katzen haben wir vor Verlassen des Womos natürlich auch gekrault, dies dürfte er nun erschnüffeln.
Mal sehen, wie Minki es findet, dass wir nachher nach Kater riechen 😀

Unser Kater ist übrigens ein richtiges Model!
Er posiert geradezu auf der kleinen Mauerflanke vor uns und bietet uns so ein tolles Motiv mit der Toskana im Hintergrund und ihm als Hauptmotiv:

         
Nanu, wer kommt denn da um die Ecke?                       Talentiert wie ein Fotomodel! Ein Kater mit „Star- Allüren“ 😉

Nachdem wir ausgiebig den Kater verwöhnt und fotografiert haben, wenden wir uns wieder der Stadtbesichtigung zu. Ein wenig bedröpelt schaut unser Katerchen dabei schon, aber da wir wohl kein Frühstück für ihn haben, folgt er uns nicht und bleibt stattdessen auf der von der Sonne aufgewärmten Mauerumrandung sitzen.

Wir besichtigen als nächstes die kleine Kirche von Barberino v.d. Elsa, die nur wenige Meter vom Aussichtspunkt entfernt liegt.
Zunächst ist mir die Kirche auch recht sympathisch, als ich allerdings im rechten Eck eine in einem Glaskasten aufgebahrte halb mumifizierte Leiche vorfinde, wird mir schlagartig anders in der Magengegend. 🙁
Grotesk und gruslig zugleich.
Wir sind ganz allein in dieser Kirche und obwohl ich es besser weiß (der Kerl ist ganz klar tot…), habe ich beklemmende Empfindungen vor dieser abnormalen Gestalt im Glaskasten.
Der Kopf ist ganz schwarz, wirkt moderig und ist natürlich eingefallen und skelletiert.
Uargh, gruselig!!
Ich mache ein paar Bilder, aber als ich mir diese im Vorschaufenster der Digitalkamera anschaue, lösche ich die Bilder sofort wieder.
Dort in der Kirche einen Toten zur Schau zu stellen ist nicht meine Verantwortlichkeit, aber im unserem Reisetagebuch finde ich das geschmacklos.
Daher gibt’s hier keine Bilder des grotesken Toten, wer ihn sehen mag, muss schon selber hinfahren 😉

Ganz wohl ist mir nach wie vor nicht mit der Mumie im Glaskasten.
Ich kann es nicht wirklich glauben und gehe tatsächlich nochmals zum Glassarg, um mich auch wirklich zu überzeugen.
Ist das wirklich ne tote Leiche? 😮

(Anmerkung vom 23.07.09: Anja muss das natürlich auf Bild festhalten, also hab ich mich entschlossen diesen Moment des Schreckens doch zu zeigen, hab die Leiche aber mit einem weißen Balken „Zensiert“…)

Ja, es ist ne TOTE LEICHE!
Und so verlassen wir, auf mein Drängen hin, die kalte und gruslige Kirche eiligst, um uns kurz darauf erneut der warmen Sonne und vor allem dem LEBEN in der Toskana zu erfreuen.
Nur zu gerne hätte ich in der Kirche vielleicht nach möglichen Verstecken oder Hinweisen auf den heiligen Gral gesucht.
Stoff genug hätte die Kirche hierfür geboten. Besonders am Altar fand sich „DaVincis Abendmahl“ gewebt als Teppich oder sowas, das hätte man sich schon näher anschauen können.
Aber mit einem Toten als Nachbarn?
Nee Leute, wenn ein Toter im Glassarg den Gral bewacht, dann könnt ihr ihn (also den Gral und auch den Toten!) behalten…

         
Sommeridylle im Frühling unter Palmen…                           …die Anlage gehört zur Kirche von Barberino!

         
Blick zum Altar: Nanu? DaVincis Abendmahl?                    Blick ins Eck: Reich verzierter Opferstock

         
Ich kann es kaum glauben! Ne tote Leiche?   … …  JA!   Gral? Egal! MIT Leiche OHNE mich!  Da hinten ist die Tür!!!

Ah, die Sonne tut richtig gut!
Wir spazieren die kleine Straße rauf und sind froh wieder unter den Lebendigen zu sein.
Anja hat im Nachhinein wohl ähnliche Gedanken wie ich gehabt und meint nachdenklich zu mir, dass sie später im Tode niemals so aufgebahrt und zur Schau gestellt werden möchte.
Ich stimme ihr zu und je mehr ich darüber nachdenke, finde ich es sogar abstoßend.
Aber wie gesagt, wir vergessen dieses merkwürdige Erlebnis ganz schnell wieder, wir sind jetzt wieder fröhlich.

         
Wieder an der frischen Luft!                                               Wir schlendern weiter durch die Gassen der Altstadt

Wir schlendern die kleine Straße weiter rauf und riechen plötzlich den Duft von frischem Backwerk!
Mjam, das riecht gut! Ich meine frisches Backwerk riecht immer gut, keine Frage, aber das hier riecht wirklich RICHTIG gut!!
Wir folgen der Nase und hoffen, dass wir die Bäckerei finden, von der dieser liebliche und warme Geruch ausgeht.

Und tatsächlich, ein paar Meter weiter finden wir eine total unscheinbar wirkende Backstube mit gegenüberliegenden kleinen Verkauf.
Wir gehen in die Backstube, eine nette ältere Dame begrüßt uns freundlich und fragt, was wir denn wünschen.
Wir versuchen auf deutienisch (das ist eine Mischung aus Deutsch und Italienisch 😉 zu erklären, dass wir uns nur hier eingefunden hätten, weil es draußen in den Gassen so herrlich nach frischem Backwerk geduftet habe und wir unbedingt wissen wollten, was denn da so gut riecht!
Die Frau muss lachen und reicht uns beiden zum kostenlosen Probieren die Spezialität des Hauses: Eine Art kleines Brot mit Nüssen drin!
Beide nehmen wir zögerlich ein kleines Stück und knabbern daran herum.
So etwas haben wir bislang auch noch nicht gegessen, aber es schmeckt sehr lecker.
Wir ordern gleich mal eine ganze Tüte von dem Brot und suchen uns darüber hinaus einige süße Rosinenbrötchen aus der Auslage zum zweiten Frühstück aus.

         
Immer der Nase nach: Wir erreichen diese unscheinbare Backstube und schlagen zu! Mjam, lecker Nussbrot oder sowas 🙂

Die Dame ist total lieb und nett und erzählt uns, während wir mittlerweile auf dem zweiten Stück Probierbrot herum kauen, dass ihr Sohn die Backstube gegenüber betreibe und das Brot ganz frisch heute morgen zubereitet hätte.
Und das um 5 Uhr!
OK, Bäcker müssen natürlich früh aufstehen, das ist nichts besonders, aber das die Dame uns davon erzählt, finden wir einfach ganz toll.
Wir haben nur ein paar Worte auf italienisch gesprochen und der Dame gesagt, was wir wünschen, wie viele wir von den Brotstückchen haben wollen und das wir auch so ein süßes Rosinenbrötchen haben möchten und sie plappert gleich drauf los.
Es stimmt wohl, kaum erkennen die Italiener Touristen UND kaum erkennen sie, dass sich die Touristen Mühe geben mit der italienischen Sprache, dann sind gleich happy und erzählen einem von Gott und der Welt.
Man fühlt sich gleich dazugehörig, als würde man schon selbst seit Jahren in diesem Dorf wohnen.
Wie unglaublich gastfreundlich!

Nach unserem Besuch spazieren wir kauend weiter durch die Gassen.
Leider ist das Städtchen Barberino dann auch schon fast zu Ende, wir stehen nach einer weiteren Biegung wieder vorn am Eingang.
Aber für einen gelungenen Tagesauftakt hätte es kaum besser laufen können!
Fröhlich gestimmt spazieren wir den Weg zurück zu unserem Wohnmobil, um unsere Reise durch die Toskana fortzusetzen.

         
Ende der Altstadt: Durch das Tor geht´s zur Hauptstraße   Wenig später erreichen wir wieder den Parkplatz

Schon heute früh zum Frühstück haben wir die Reiseführer konsultiert und uns für den Besuch eines weiteren „touristisch orientierten“ Städtchens entschieden.
Gruppenzwang vielleicht oder die Einstellung „Wenn alle dorthin fahren, dann fahren wir auch dahin“ ist hier vielleicht als Entscheidungshilfe verantwortlich, wer weiß.
Aber es gibt einen weiteren ganz einfachen Grund, warum wir San Gimigiano besuchen werden. Denn dort gibt es, so verraten es uns einstimmig die Reiseführer, ein weltmeisterliches Schokoladeneis!
Und das ist nicht die Meinung oder das Empfinden mehrerer Reisebuchautoren, nein nein!
Die in San Gimigiano angesiedelte Eisdiele des Herrn Sergio Dondoli, die „Gelateria di Piazza“, hat bereits mehrfach Auszeichnungen für deren Eisspezialitäten erhalten, regelmäßig hagelt es Preise und sogar ein Weltmeistertitel in 2006 war z.B. fürs Schokoladeneis schon dabei.
Und bei unseren aktuellen Wetterverhältnissen mit Sonne und Frühling wäre ein Weltmeistereis eine perfekte Abrundung des derzeitigen „Dolce Vita“, oder?

Und so setzen wir unsere Reise fort.
Wir verlassen gegen 13 Uhr Barberino in Richtung des nur knapp 20 Kilometer entfernten San Gimigiano.

Erneut führt uns der Weg über viele Hügel und Felder der toskanischen Landschaft. Heute wirkt das Grün noch grüner und die Luft noch frischer. Die Sonne tut ihr bestes, putzt die Farben um uns herum förmlich heraus.

     Typisch Toskana, oder?
Nur eines von locker hundert Bildern! So traumhaft offenbart sich uns die Toskana heute!

San Gimigiano erreichen wir nach einer spannenden Fahrt gegen halb 2.
Gleich als erstes fallen uns die doch immensen Touristenströme auf. Primär merkt man dies natürlich an den Reisebussen, aber auch von Wohnmobilen wird der Ort schon fast „heimgesucht“.
Überall kurven sie herum auf der Suche nach einem möglichen Parkplatz und auch hier wird die mittelalterliche Lage der Stadt den meisten Wohnmobilfahrern zum Verhältnis.
Denn wie in den anderen bisherigen Städten zuvor, befindet sich das Stadtzentrum in einer für das Mittelalter strategisch günstigen erhöhten Position auf einem Hügel oder einem Berg.
Naturgemäß finden sich nun um den Berg in der Schräge wenig Parkmöglichkeiten und wenn dann so wie hier auch noch alle Besucher gleichzeitig in den Ort wollen, dann sind die wenigen Parkmöglichkeiten schnell verbraucht.

         
Wir erreichen San Gimignano                                             Schnell wird klar: HIER wird es eng und voll werden!

Wir versuchen es zunächst mit dem Geheimtipp aus dem WOMO- Reiseführer, müssen aber schon an der Einfahrtsstraße ein Wohnmobil- Verbotsschild ausmachen, das uns die Durchfahrt verbietet.
Einige wenige Parkplätze rund um den Zugang zur Stadt sind darüber hinaus für PKW reserviert, entsprechend beschildert oder mit der „Teppichstange“ ausgerüstet.

Nun ist guter Rat teuer!
Ich bin schon im Vorfeld geneigt, einfach weiter zu fahren und uns stattdessen wieder eines der „verschlafenen Dörfchen“ zu suchen.
„Scheiß aufs Eis!“
Aber Anja mag das Eis probieren und so suchen wir halt doch einen Parkplatz.
Problem hierbei: Kaum ist man „drin“ in San Gimigiano, ist man auch schon wieder draußen!
Zumindest dann, wenn man so wie wir der Hauptstraße in der Hoffnung weiter folgt, dass man vielleicht doch noch einen Parkplatz ergattert.
Wir überlegen zu drehen und einen neuen Anlauf zu versuchen, bevor wir uns endgültig in unser Schicksal ergeben und den bereits im Wohnmobilführer und auch im Wohnmobilforum als äußerst unattraktiv beschriebenen Stellplatz aufsuchen würden (der liegt nämlich ganz unten im Tal und kostet darüber hinaus teuer Geld…).
Zum Glück finden wir genau hier an der Ausfallstraße knapp hinter dem Ortseingangsschild eine etwas größere Parkmöglichkeit am rechten Bankett, an der wir zunächst in fast voller Fahrt vorbei rauschen.
Wir drehen kurz um (mitten auf der kurvigen Hauptstraße wenden kostet übrigens mit einem 2-Tonnen schweren Wohnmobil knapp 40 Sekunden Angst 😉 und erreichen dann die provisorische Parkbucht.
Ein anderes italienisches Wohnmobil hat sich hier bereits eingefunden, die Familie dort speist gerade zu Tisch.

Wir parken unser Wohnmobil hinter den Italienern und sind froh, dass wir wenigstens nicht den ganzen Berg hinauf laufen müssen, was wir bei einem Besuch des offiziellen Stellplatzes wohl mit Sicherheit gemusst hätten.
Von hier aus sind es aber zum Glück nur wenige hundert Meter, bis wir den Zugang zur Stadt erreichen.

         
Kurz nach der Ortsausfahrt finden wir einen Platz im Bankett   Nun müssen wir nur noch zu Fuss zurück in die Stadt laufen

         
San Gimigiano zum zweiten…                                              Wir erreichen die Stadt

         
Parkplatzsituation kurios: Das wär mir zu „schräg“…       Wie haben die nur ihr Fahrzeug verlassen? Mit einer Leiter?

Bevor wir aber nun San Gimigiano erreichen, will ich kurz was zur Geschichte des Ortes erwähnen und versuche gleichzeitig in der Geschichte eine Lösung zu sehen, warum ausgerechnet hier so viele Touristen hinströmen, wie man es sonst von Florenz oder Pisa erwarten würde:

„Wer hat den Längsten?“
Dieser Leitsatz soll hierbei nicht erneut auf mächtige Gemächte irgendwelcher Statuen zielen, wie ich es vor wenigen Tagen noch in Florenz mit den Pullermännern getan habe.
Hier geht es gleich richtig zur Sache, hier dimensionieren wir uns gleich ganz anders.
Ganze Türme müssen es sein!
Keine Ahnung, welcher Teufel die damalige wohlhabende Stadtbevölkerung geritten hat, aber hier in San Gimigiano war derjenige der Obermotz, der den höchsten Turm gebaut hatte.
So ein Turm mag ja nach außen hin einiges hermachen, aber wie um alles in der Welt haben die denn in den Türmen gelebt?
Von einer vernünftigen Raumaufteilung oder gar einer Feng-Shui- Einrichtung kann man in diesem Fall doch nun wirklich nicht ausgehen, oder?
Was treibt die Leute dann an, dass sie ihren Reichturm in unbewohnbaren Türmen investieren?
So ein Ding kann man ja auch im Winter verdammt schlecht heizen.
Also dies wird eine der Fragen sein, die wir hier und heute versuchen werden zu klären.

Gegen kurz nach 2 erreichen wir nach einigen Seitenstraßen die Stadt.
Der erste Eindruck: Touristenverseucht!
Und irgendwie gefällt es mir hier nicht.
„Kitsch as Kitsch can“ finden sich in fast allen Geschäften nur Tinnef und Souvenirs, noch bevor wir überhaupt das Zentrum der Stadt erreicht haben. Normalerweise stöbere ich ja gern in Souvenirläden, aber hier ist das Überangebot einfach grotesk.

         
Oha! Das weiß man gleich, wo man dran ist…           durch das Tor rechts geht es in die Altstadt von San Gimigiano

         
Der erste Eindruck                                                              Nummer 1 von 1.742.554 Souvenirshops… 😉

Wir spazieren durch die Straßen und finden gleich zu Anfang das Foltermuseum.
Da mich dies dann doch interessieren könnte, überrede ich Anja dort mal einen kleinen Abstecher hin zu unternehmen.
10,- € kostet der Eintritt pro Person, was ganz schön happig ist. Früher im Mittelalter gab es Folter doch auch kostenlos!
Aber der Trennungsschmerz unseres sauer verdienten Geldes wird wenigstens ein wenig dadurch abgemildert, dass der Eintrittspreis für ein weiteres Foltermuseum gilt, welches sich ebenfalls hier im Ort befindet.
Aber kommen wir nun zum ersten Foltermuseum gleich hier am Eingang zur Stadt auf der rechten Seite.
Die Ausstellung ist zwar schon ein wenig gruselig, aber so richtig reißerisch ist diese dann auch nicht.
Zum Glück sind wir ganz allein hier und können uns alles in Ruhe ansehen.
Hier finden sich spanische Jungfrauen, Keuschheitsgürtel, Schandmasken, Analbirnen, Wasserstühle oder auch ganz einfache Dinge wie Skalpelle, Messer und Daumenschrauben.
Kurzum, alles was, was im Mittelalter zur Hexenverbrennung, Teufelsaustreibung, Läuterung oder als Strafmaßnahme zur Verfügung stand.

         
Das Foltrmuseum gleich am Eingang der Stadt rechts        Mal ein paar „harmlose“ Eindrücke von innen

         
Anja schaut genau hin und kann es kaum fassen…            …sogar ein Keuschheitsgürtel ist dabei   😉

         
Bitte Platz zu nehmen…                                                      wofür mag das wohl „gut“ gewesen sein?

Wir sind mit der Ausstellung in der ersten Etage gerade fertig, da kommt eine Gruppe Jugendlicher hinzu und es wird lauter.
Im richtigen Moment verlassen wir das Haus also wieder.

Wir gehen die Straße weiter rauf und finden nach weiteren (vielen weiteren!) Souvenirläden auch recht schnell das zweite von mindestens drei Foltermuseen, bevor wir überhaupt den Innenstadtkern erreicht haben.
Dieses zweite Museum wirkt schon grotesker, so ist doch auf dem Weg in den Keller die ganze Decke mit (unechten hoffe ich…) Totenköpfen übersäht.
Vorsichtig geschätzt so an die 100?
Jedenfalls ist dies schon etwas dramatischer und mehr in Szene gesetzt, als das erste Museum.
Die Folterwerkzeuge werden durch den Einsatz von Wachsfiguren und Puppen deutlich lebendiger und erzählen die Geschichte nun auch plastisch.
Es finden sich nachgestellte Szenen von Tötungen, Verstümmelungen, Köpfungen und ganz abstruse Foltermethoden wie zum Beispiel das Abziehen der Haut an einem Oberschenkel auf der gesamten Fläche bei lebendigem Leib.
Mjam… :-/

Eine Folterkammer nötigt mir dann sogar doch ein wenig Respekt ab.
Man könnte auch schreiben, mir läuft ein kalter Schauer über den Rücken, aber das wäre einem Mann unwürdig 😉
Warum man sich gruseln kann: Dort steht ein Henker an einem Galgen!
Das alleine ist natürlich nicht schlimm, aber: Ich kann mich irren und tue es wahrscheinlich auch, aber es könnte sein, dass der Henker eventuell sogar „lebendig“ ist.
Ich mag das nicht!
Diese Typen im Kostüm, die sich unter die Ausstellungspuppen mischen und im richtigen Moment die Leute zu Tode erschrecken, indem sie zum blitzschnell nach ihnen greifen.
Ich starre die Figur mit der schwarzen Kapuze lange an.
Blöd, dass man das Gesicht nicht sehen kann, ein Blick in die Augen verrät eigentlich alles.
Ich versuche auf verräterische Bewegungen zu achten. Minimales Heben und Senken der Kapuze durch Atmung oder auch kleinste Bewegungen oder ein Zittern oder sowas.
Aber nichts dergleichen passiert.
Wir werfen nur einen kurzen Blick in den Raum, dann gehen wir wieder.
Ist uns einfach zu unheimlich…
Vom zweiten Museum gibt es von drinnen übrigens keine Bilder, da hier das Fotografieren per Schild verboten ist!

         
Der Zugang zum zweiten Foltermuseum                      makaber: Totenköpfe neben und über uns säumen den Weg

Nach dem Besuch des Museums sind wir erstaunt, wie sehr sich mittlerweile die Stadt mit weiteren Touristen gefüllt hat. Wahnsinn aus welchen Löchern die überall hervor gekrochen kommen!
Vor allem sind es sehr viele Deutsche.
Nur die Japaner (oder Chinesen, Koreaner?) sind, wenn sie in Gruppen auftauchen (und das tun sie eigentlich immer), uns zahlenmäßig überlegen.
Spiegelt sich übrigens auch auf den Kennzeichen wieder.
Die meisten Fahrzeuge draußen auf den kostenpflichtigen Parkplätzen haben deutsche Kennzeichen, danach kommen die Österreicher und die Schweizer.
Ganz selten sind Spanier oder mal ein Engländer dabei.
Die Asiaten dagegen werden wohl in Bussen durch das Land gekarrt.
Wenn wir Reisebusse sehen, und diese sind nicht mit 4000 Jahren gemeinsamer Lebenserfahrung bei knapp 40 Insassen gesegnet, dann sind es Asiaten.
Dies würde dann auch ihr „Gruppenverhalten“ und der Auflauf im Rudel erklären.
Wie schon gesagt, ich mag das nicht.
Natürlich hat jeder sein Recht hier zu sein, jeder soll und darf natürlich die Schönheit der Städte bewundern.
Und so wundert es auch nicht, dass diese Stadt wohl jedes Jahr von Millionen von Touristen schon beinahe wie von einer Plage „heimgesucht“ wird, so jedenfalls ist es einem unserer Reiseführer zu entnehmen.
Aber ich erlaube mir zu sagen, dass der ganze Flair, den die Stadt sicherlich zu verströmen und zu verschenken hätte, durch die Touristenmassen aufgesaugt und leer gelutscht wird.
Da bleibt nichts mehr übrig.

Ganz schlimm finde ich die Restaurants und Trattorien, die versuchen mit dem typischen „Menu Touristico“ die Leute in die Lokale zu bekommen.
15-25,- € kostet das Menü, liest sich lecker und klingt anhand der Beschreibung erstmal nicht schlecht.
Aber ich will mir gar nicht ausmalen, was genau ein „Menu Touristico“ eigentlich ist…
Denn wenn die lokale Gastronomie sich nur noch dem Tourismus verschrieben hat, dann ist es mit der Küche meist nicht sehr weit her.
Ein „Menü Touristico“ ist dann der finale Beweis, die Metamorphose abgeschlossen, der Tourist „abgefertigt“ und um seine Reisekasse erleichtert.

Auch mit dem „Bilder machen“ ist nicht ganz so einfach. Hin und wieder muss man schon etwas warten, bis der Raum um einen herum einigermaßen frei ist und man das ein oder andere Bild möglichst ohne andere Menschen in Portraitaufnahme machen kann. Natürlich wollen wir versuchen auch ein paar Eindrücke der Stadt festzuhalten.
Anja bemerkt immer wieder, dass es mit den engen Gassen und Winkeln ein wenig wie in Siena zugeht. Nur die Touristen hier wären nicht so schlimm.
Nicht so schlimm???
Na die hat Nerven!

         
Wir stöbern weiter durch die recht enge Gasse                  Foto und Guckstop

         
Zugegeben: Das Angebot ist wirklich reichhaltig: Keramik   Wein, Tischdecken, Taschen, Andenken…

         
Manchmal sind die Lädchen auch versteckt wie hier…         …oder hier in einer Ecke

         
Hier gibt es zum Beispiel Postkarten, Regenschirme, Tabak und hier gibt es Spielzeugfiguren, ganze Armeen sind möglich

         
und dann wieder Keramik…                                               Mal was anderes: Waffen, Messer, Schwerter, Pistolen  :-/

Wir erreichen nach einem mehrfachen Ausweichmanöver als „Touristenzusammenprallschutzmaßnahme“ schlussendlich den Dorfplatz.
Hier soll es laut Womo- Reiseführer eben auch das weltmeisterprämierte Schokoladeneis geben.
Recht schnell finden wir auch die Gelateria.
Dies muss wirklich ein gutes Eis sein, denn nach den aufgehängten Werbemitteln brüstet man sich hier mit tatsächlich mit dem Weltmeistertitel und dies sogar 2 Jahre in Folge.
Wir kaufen 2 Eis mit jeweils 2 kleinen „Kugeln“ (das Eis wird hier mit einer Art Schieber in das Hörnchen bugsiert und nicht mit einem Eislöffel) und zahlen für das Weltmeistereis weltmeisterliche 5,60 €
Na was soll´s, wir sind in Urlaub…
Anja ist nach der ersten Geschmacksprobe sehr zufrieden mit dem Eis, hat hinterher sogar eine süße Schokoschnute.
Ich dagegen habe mir etwas mehr erwartet.
OK, es ist natürlich auch „nur“ ein Eis, aber ganz ehrlich und rein subjektiv hat mir das Eis in Florenz deutlich besser geschmeckt, als dieses hier.
Trotzdem schlecken wir wir genüsslich unser Eis sitzend am Brunnen und genießen dabei den Ausblick auf einige der um uns liegenden Türme, die majestetisch in den Himmel ragen. Da sind sie dann also, die „Potenzprotzer“ der reichen Familien, wie die Reiseführer sie einstimmig erwähnt hatten…   😉

         
Es wird voller und dichter…                                                  Wir erreichen den zentralen Marktplatz: Wo ist das EIS?

         
Eisdiele 1: leer und kein Weltmeister…                               Gleich gegenüber Eisdiele 2: Weltmeistereis und „voll“…

         
Lohn der Mühen und des Anstehens: Weltmeister- Schoko-Eis Mit dem Eis machen wir Pause am Brunnen und staunen…

         
….auf die Türme der reichen Leute: Wer hat den längsten?   Die hier vielleicht?

         
Da ist noch einer…                                                          in den kann man sogar rein, man muss nur „etwas“ warten…

Ich teile meine Eindrücke mit Anja und erkläre ihr, wie schrecklich ich dieses Dörfchen finde, weil mir das mit den vielen Menschen um uns herum einfach zu viel ist.
Anja sieht das allerdings komplett anders. Für sie scheinen die in die Stadt einbrechenden Touristenströme unsichtbar zu sein.
Sie übersieht die immergleichen Auslagen, die Preisschilder und die Menü Touristicos gekonnt oder gewollt und erfreut sich stattdessen an der Artenvielfalt, die die Souvenirgeschäfte hier zu bieten haben.
Ich gönne es ihr natürlich.
Aber würde es nur nach mir gehen, würde ich eher jetzt als gleich diese Stadt fluchtartig verlassen.
Wenn ich mir erst vorstelle, wie schlimm es da in Siena gewesen sein muss!!

Wir gehen noch ein paar weitere Gassen ab, kaufen ein paar Postkarten und drehen dann um.
Viel zu sehen gibt es außer einem dritten Foltermuseum und den immergleichen Souvenirgeschäften mit mittelalterlichen Waffen, Töpfen oder Kitsch oder den Eisdielen und Restaurants nichts.
Die wenigen für Besucher geöffneten Türme, von denen der Reiseführer noch so vollmundig berichtet, beherbergen lange Schlangen und kosten darüber hinaus Geld für den Eintritt.
Steht man darüber hinaus auch, so wie wir, direkt davor, kann man wirklich nur mit dem Kopf schütteln, was die Leute angetrieben hatte diesen Turmbauwahnsinn als Zeichen von Reichtum und Anerkennung anzustoßen oder mitzumachen.
Im direkten Blick wirken die Türme deutlich kleiner und gedrungener, was aber auch davon resultieren kann, dass sich eben die Touristen davor drängen.

Auf dem Weg zurück kommen wir noch an einem kleinen Aussichtspunkt vorbei.
Uns bietet sich ein wunderschöner Blick über die Toskana, auch die Sonne schaut im richtigen Moment wieder aus den Wolken.
So gelingen uns mit viel Geduld (warten auf ein Platz an der Mauer, warten dass keiner durchs Bild läuft, warten das ein anderer sein Bild gemacht hat, usw…) auch ein paar schöne Bilder der Stadt und der stetig grüner werdenden Landschaft.
Trotzdem bin ich natürlich dankbar, dass wir gegen 16 Uhr San Gimigiano wieder verlassen.

         
Wie spazieren eine etwas abseits gelegene Gasse entlang Man ahnt es bereits: Gleich kommt ein toller Aussichtspunkt!

         
Der Frühling ist da!                                                             Spiegelbild: Anja und ich beim Foto machen

     Ausblick in die Toskana von San Gimigiano
Ah, das haben wir doch gesucht! Wieder einmal ein toller Ausblick mitten in das Grün und in die Natur der Toskana!

          
Anja vor der Toskana…                                                       …ich vor der Toskana  😉

Der Ort hat mir irgendwie an Energie mehr genommen, als er mir an Lebensfreude hat geben können.
Auf dem Rückweg zum Wohnmobil gehen wir noch beim Coop rein, denn morgen ist Feiertag (Karfreitag) und es könnte sein, dass wir keinen Supermarkt finden, der morgen auf hat. Immerhin ist Italien das erzkatholische Land, welches ich mir, neben Bayern, vorstellen kann.
Wir kaufen neben den üblichen Verdächtigen auch etwas länger haltbares Brot und ein Paket frische Bratwurst.
Das könnte für heute oder morgen ein nettes Abendessen darstellen.

           
Kurzer Shop-Stop beim coop                 Ostergeschäft in vollem Gange…        Toskanischer Schinken am Stück!

Nach dem Einkauf schlendern wir die Hauptstraße entlang und erreichen wenig später das Wohnmobil.
Es steht noch genau so dar, wie wir es verlassen haben.
Wir „boarden“ unser Womo und erledigen erstmal ein paar dringende menschliche Geschäfte, dann geht es weiter mit der Tourenplanung und der Route.
Ich habe oben ein Schild gesehen, dass man die Straße weiter fahren soll, bis man einen Womo- Parkplatz erreicht.
Da wir eh in diese Richtung müssen, fahren wir die Straße weiter entlang und den Berg hinab.
So kommen wir wenigstens dazu mal die Örtlichkeiten für Wohnmobilfahrer vor Ort in San Gimigiano nebst Stellplatz zu zeigen, damit man sich gleich mal ein Bild der Dinge vor Ort machen kann.

         
Tschüß San Gimigiano! Anja hat es gut gefallen…           Da steht er und wartet auf uns, unser getreuer Wohni   🙂

Zuerst kommen wir bei N 43.45504° und E 11.03600° an einen Busparkplatz.
Kaum stehen wir drauf kommt auch schon der erste offizielle und versucht uns vom Platz zu scheuchen.
Er wird dabei richtig frech, aber das kann ich auch:

Er: „Sorry, only Busses“
Ich: „Yes, i know, just checking my Navi, please give me one second“
Er: „Only Busses!
Ich: „YES!“
Er: „LEAVE NOW, only Busses!“
Ich: „I KNOW! I KNOW, just one Second!“

Ich kurbele nach meiner letzten Antwort das Fenster einfach rauf uns quittiere ihm und mir diese absolut unfreundliche aber vor allem unnötige Aktion mit einem Grinsen, der Typ bleibt trotzdem unverändert stehen und guckt weiterhin finster und richtig böse.
Ich notiere mir wie gesagt noch kurz die Koordinaten, dann fahren wir wieder vom Platz.
Was anderes wollte ich sowieso nicht.
Nicht das wir irgendwen blockiert hätten oder auch sonst im Weg gestanden wären (der Platz war etwa zur Hälfte voll), aber die Unfreundlichkeit fand ich wirklich nicht ok!

2 Kurven später und einige Höhenmeter tiefer erreichen wir dann bei N 43.45572° und E 11.03456° dann wohl den offiziellen den Wohnmobilstellplatz von San Gimigiano.
Ich glaube unattraktiver kann dieser nicht mehr liegen!

         
Die Schilder sind eindeutig: Für Womos und CO immer den Berg runter und dann bitte auf diesem unattraktiven Platz stehen!

Es soll wohl von hier aus auch ein Shuttlebus gehen, die Schilder deuten so etwas an und auch im Reiseführer war hierzu eine Info zu entnehmen.
Ich kann es nur hoffen! Gesehen haben wir diesen aber weder beim Auf- noch beim Abstieg, geschweige denn in der Stadt oder hier auf dem Stellplatz.
Gleich nebenan gibt es aber einen Fahrrad- und Scooterverleih. Ich habe zwar keine Preise im Kopf, aber besonders für den Scooter kann ich mir vorstellen, dass das Geschäft gut laufen dürfte.
Apropos Laufen, die letzte Alternative wäre nun natürlich noch „zu Fuß in die Stadt“.
Der Aufstieg wäre jedoch alles andere als attraktiv.
Der Weg ist steil und führt mangels Bürgersteig direkt an der durch dicke Fernreisebusse und stinkende LKW stark befahrenen Hauptstraße entlang.
Einen möglichen alternativen Wanderweg nach oben ohne Verkehr haben wir leider keinen gesehen.
Und dieser Platz soll sogar richtig Geld kosten, 20,- € haben wir auf einigen Schildern gesehen.
Wahnsinn!
Nur weg hier…

Einige Kurven später sind die Strapazen dieser unschönen Stadt schon vergessen.
Wir konzentrieren uns nun auf das nächste Ziel: Voltera.

Aber zunächst geht es wieder durch wunderschöne Landschaften, sanfte Hügelketten, mondäne Landhäuser und immer grüner werdende Felder, die durch die rötliche Abendsonne in ein tolles Farbenspiel getaucht werden.
Wir machen so gut es geht Fotos und freuen uns darüber, dass wir gut voran kommen.
OK, natürlich werden wir des Öfteren überholt, aber wirklich langsam sind wir nicht.
Meine Befürchtungen die toskanischen Berge mit unserem „75-PS-Sportmobil“ rauf schleichen zu müssen erweisen sich als völlig unbegründet.
Wir müssen nur selten in den 3ten Gang runter und meist nur, um einen besonders steilen Berg zu besteigen.
Ich muss mich zwar stark auf die kurvenreiche Straßen konzentrieren, aber auch mir bleiben ein paar Momente, um das Panorama in mich aufzusaugen.
An einigen besonders schönen Stellen halten wir dann an und machen weitere Bilder.

         
Wieder unterwegs in der Toskana                                       Tolle steinerne Gutshäuser vor toller Kulisse

         
Fotostop am Wegesrand                                                      Komisch! Hier sieht es echt aus wie in Schottland!

         
Die Sonne bereitet uns einen schönen Abend                    Guck-Guck! Da oben guckt die Minki aus dem Alkoven!

Ein wenig ist es schon verwunderlich.
Die wirklich grünen Wiesen, die Hügel, die Wälder.
Wenn hier nun noch ein paar charakteristische Steinmauern und Schafe die Landschaft prägen würden, dann würde ich darauf schwören, dass wir in Schottland unterwegs sind.
Schon komisch.
In Schottland sah es oft aus wie in Norwegen und Schweden.
Nun in der Toskana habe ich den Eindruck wieder in Schottland zu sein.
Aber vielleicht bin ich auch nur ein einziger Banause und kann die Landschaften mit ihrer zugehörigen Flora einfach nur nicht anständig auseinander halten. 😉

Unterwegs passieren wir dann den ersten Wegweiser auf eines der weiteren Highlights unserer Reise.
Denn wir verlassen die Provinz Siena und sind ab sofort in der Region Pisa unterwegs.

         
Wieder ein kurzer Stop am Wegesrand, ich muss Foto machen! Der Beweis: Tschö Siena, welcome Pisa!

Volterra erreichen wir relativ spät gegen halb 6, die Sonne ist beinahe untergegangen und es ist ohne Sonne aber auch wegen der Höhenlage der Stadt empfindlich kalt geworden.
Als erstes rauschen wir an eine Tankstelle an der Ortseinfahrt.
1,35 € sind teuer für den Liter Diesel, aber wir haben es aber auch schon teurer gesehen.
Und da bei Bergfahrten immer wieder die Lampe anging, entschließe ich mich ein wenig nach zu tanken.
Muss ja nicht voll sein. Was wir an Diesel dabei haben, muss man ja auch die Berge mit rauf schleppen. Muss ja nicht sein.
Anja geht bezahlen und hat auch hier das gleiche Erlebnis, wie wir heute Morgen schon in  Barberino Val d´Elsa hatten.
Kaum verstehen die Italiener von offensichtlich erkennbaren Touristen ein paar Brocken Italienisch, bekommt man gleich wohlwollend eine kleine Geschichte erzählt und die Leute sind freundlich.
In diesem Fall handelt die Geschichte übrigens von einem geschlossenen Campingplatz.
Na bestens!
Aber der gute Mann weiß Rat und empfiehlt uns den Stellplatz unterhalb der Stadtmauer.
Dieser sei kostenlos und von dort aus sei man nach nur 200 Metern in der Stadt.

Zurück im Wohnmobil konsultiert Anja den Womo- Führer.
Für den eigentlich von uns favorisierten aber nun geschlossenen CP muss eine Alternative her!
Es stehen hier verschiedene Stellplatzvarianten zur Auswahl.
Wir probieren es zunächst mit dem Stellplatz etwas außerhalb in „Le Balze“, einer Kirche, die wohl eines Tages das Zeitliche segnen wird, weil sie zu dicht an einem sich ablösenden Abhang gebaut wurde.
Grandiose Bauleistung…
Der Weg dorthin ist hingegen identisch mit dem Anfahrtsweg zum Campingplatz.
Vielleicht irrte sich der Tankwart ja auch und der CP hat doch schon auf?
Vielleicht erst heute aufgemacht oder so?

         
Einfahrt nach Volterra                                                    Jetzt kurven wir herum auf der Suche nach einem Stellplatz

Gegen 17:45 Uhr erreichen wir den CP, leider wird die These des Tankwartes durch eine dicke Eisenkette am Zugangstor zum CP untermauert.
Also doch zu 🙁
Na gut, dann eben der SP Le Balze.
Wir folgen der Beschreibung des Womo-Führers und finden einen Parkplatz, der offenbar nur für PKW zugelassen ist.
Das Schild deutet auf diese Tatsache zumindest hin.
Die vielen hier anzutreffenden Womo- Besatzungen haben jedoch das Schild entweder nicht gesehen oder es ist ihnen scheißegal, denn neben den vornehmlich anzutreffenden italienischen Besatzungen haben sich sogar auch einige deutsche Fahrzeuge eingefunden.

Der Platz ist teilweise gesperrt und so ist zwischen den ganzen Autos nicht mehr viel Platz für uns. Auch ist dieser Platz eigentlich deutlich zu weit von der Altstadt weg, die wir uns ja auch noch ansehen wollen.
Wir drehen also um und wollen den nächsten Platz am Stadion probieren.

          
Die „Kollegen“ parken zwar hier…                                      …aber die Beschilderung rund um den Platz ist eigentlich eindeutig

         
Also wieder den Berg hinunter…                                         …wir sollten uns etwas beeilen, denn die Sonne geht bald unter!

Dieser Stellplatz am „Stadio“ ist zwar endlich als Womo- Parkplatz beschildert, aber auch er ist eigentlich unbrauchbar.
Es stehen auch hier schon 3 Womos, aber auch einige LKW und Baufahrzeuge.
Es ist dazu laut und auch ziemlich eng.
Zumal auch dieser Platz eigentlich schon einen anständigen Fußmarsch zur Stadt voraussetzt.
Nee, dann auch den nehmen wir auch nicht…

         
SP am Stadio von Volterra: Womos zwar erlaubt…                    …aber wenig attraktiv!

Wir wählen also final Stellplatz Nummer 3 (La Docciola, P3), der eigentlich schon vom Tankwart empfohlen wurde, der auch im Womo- Führer steht, als einziger auch offiziell ausgeschildert (Schildern nach P 3 folgen) ist und nur 200 Meter von der Altstadt entfernt liegen soll.
Dieser ist dann auch mit Abstand der größte Platz.
Wir finden ein nettes Eckchen und stellen uns neben einen 290er Hymer aus Deutschland und einem flammneuen Wohnmobil aus Italien.
Der Platz selbst ist wirklich sehr groß, hier passen locker 100 Mobile hin, wenn man ein wenig zusammen steht.
In der Hochsaison könnte es aber trotzdem knapp werden.
Dennoch: Der Platz liegt wirklich schön am Fuße der Altstadt. Nur die 200 Meter zur Altstadt sind ein wenig „geschönt“.
Zwar sind es von hier aus nur 200 Meter bis in die Stadt, aber diese 200 Meter sind keine „Entfernungsmeter“, sondern „Höhenmeter“!
Von hier aus führt eine Treppe mit geschätzten 1.874,51 Stufen hinauf in die Stadt.
Aaaahhhh!

         
Stellplatz „La Docciola“ am Fuße der Altstadt                     Wir parken ganz unauffällig im hinteren Eck

Aber von den vielen Stufen lassen wir uns nicht abschrecken!
Nachdem wir geparkt, die Katzen versorgt, uns von Ballast entledigt und den Innenraum gegen Einbruch gesichert haben, machen wir uns auf die Stadt im Abendlicht zu erkunden.
Gleich gegenüber vom Platz führt wie gesagt durch ein Portal eine Treppe nach oben direkt in die Altstadt.
Durch die vielen Treppenstufen ist hier natürlich nun Muskelkraft gefragt, sonst kommt die Wohnmobilbesatzung und die Altstadt nicht zusammen. 😉
Ach ja, am unteren Ende auf Höhe des Wohnmobilstellplatzes ist ein großes Wasserbassin.
Ich war überrascht hier Fische drin vorzufinden.
Richtig dicke sind dabei.
Wer also eine Angel hat oder sich das Fangen von Fischen mit der Hand zutraut, der kann sich ja mal an diesen Prachtexemplaren versuchen.
Ob es erlaubt ist, dass weiß ich allerdings nicht. 😉

Die Szenerie mit dem alten Gemäuer, das klare Wasser und dem Plätschern erinnert mich irgendwie an „Tomb Raider“, Teil 1 auf der Playstation 1.
Einer der ersten Level…
Ich muss unweigerlich den kleinen Jingle der Titelmelodie vor mich hinsummen und würde mich nicht wundern, wenn meine Videospielikone meiner Jugend gleich aus dem Wasser steigen würde…
Weg mit diesen merkwürdigen Gedanken, wir brauchen nun alle Kraft, um die „Oberstadt“ zu erreichen.
Der Vergleich mit der „Oberstadt“ passt eigentlich ganz gut und so kraxeln wir, nach Luft ringend, die Treppen hinauf, puh!

         
Vom Stellplatz aus müssen wir durch das Tor                     Blick zurück zu unserem Stellplatz P 3 Docciola

         
Das wirkt mittelalterlich!      Unter den Rundbögen…           …ist ein Wasserbassin mit klarem Wasser und Fischen!

         
Ein Stadtplan gibt es auch, nur etwas unübersichtlich        nur die Richtung ist klar, es muss „nach oben“ gehen…

         
Also gut, was sein muss, muss sein! Wir steigen Treppen!  Oh-Weia! Das sind aber viele Treppen!!  🙁

Oben angekommen schnappen wir erstmal nach Luft.
Das war wirklich ein ganz schönes Stück Arbeit!
Aber nun sind wir angekommen und dürfen uns als Lohn der Mühe auf ein hoffentlich herrliches leckeres Abendessen ohne „Menü Touristico“ freuen.

Wir schauen uns zunächst einmal um und schlendern dann einfach ein paar Gassen entlang.
Das blöde dabei ist, dass wir keinen Stadtplan dabei haben und müssen uns so ohne Plan in der Dunkelheit orientieren.
Allenfalls ein am Fuße der Treppe geschossene Bild einer metallischen Infotafel nebst bronzenem Stadtplan könnten wir im Notfall zu Rate ziehen. Dummerweise erkennt man darauf eigentlich gar nichts und auf dem geschossenen Bild erkennt man noch viel weniger. Blöd!
Also spazieren wir einfach drauf los in der Hoffnung, dass wir an der ein oder anderen Stelle was nettes entdecken, wo wir uns noch ein kleines Abendessen gönnen können.
Einige hübsch anzusehende Lokale finden wir auch, allerdings ist die dortige Preisgestaltung weniger hübsch anzusehen.
Und überhaupt brauchen wir kein edles mehrgängiges Menü nach ethruskischer Art, uns ist eher nach etwas bodenständigerem…

         
Gleich haben wir es geschafft!                                             Hurra, wir sind da!

         
Wir streifen durch die hell erleuchteten Gassen                   alles wirkt ein wenig mittelalterlich…

         
…sowie leer und verlassen (hier z.b. der Rathausplatz)     Hat jemand Lust auf etruskische Küche? Nee….

Wir erreichen den Rathausplatz genannt Piazza dei Priori, und auch dieser ist fast wie leergefegt.
Zu unserer Überraschung ist hier weit weniger los, als zum Beispiel in Radda oder in San Gimigiano.

Wohin sollen wir gehen? Der Nase nach? Weiter treiben lassen?
Der Womo- Reiseführer empfiehlt eine Pizzeria, die „Pizzeria da Nanni“.
Lust auf Pizza haben wir schon, aber ob wir diese Pizzeria ohne Stadtplan finden?

Während wir noch ganz allgemein und ohne festes Ziel durch die Straßen stromern, entdecken wir eher zufällig das Straßenschild „Via delle Pigioni“, wo sich die Pizzeria angeblich befinden soll. „Finden wir es heraus“ und da wir eh nichts bessers zu tun haben, spazieren wie die Straße einfach mal entlang. Und tatsächlich stehen wir nur ein paar Schritte später ganz unvermittelt und plötzlich vor der Pizzeria. Supi!
Ehrlich, wir haben weder gezielt danach gesucht noch an irgendwelchen möglichen (aber nicht vorhandenen) Hinweisen orientiert, auch haben wir die Pizzeria nicht beim Universum bestellt… 😉
Einzig die Möglichkeit, dass uns unser Unterbewusstsein irgendwie hier her gelotst haben könnte, wäre möglich, wenn auch wenig wahrscheinlich.

Und so finden wir in der Via delle Prigioni 40 in 56048 Volterra (PI) (abgelesen von der Visitenkarte, die wir hier geschenkt bekommen und eingesteckt haben) die Pizzeria da Nanni.
Von außen macht diese nicht viel her und auch von innen muss man sich auf einfachste beengte Verhältnisse einstellen!
So gibt es nur 3 Tische und sehr sehr enge Holzbänkchen, auf denen man sitzen kann.
Die Bank rechts zur Tür ist so eng, dass ich sogar meinen Bauch einziehen muss, damit ich auf der Bank durchrutschen kann.
Aber der Laden muss gut sein!

          
Gefunden! Dabei haben wir gar nicht richtig danach gesucht…

Nicht nur, dass hier die Einheimischen essen, auch der dicke Pizzabäcker nascht immer wieder von seinen eigenen Kreationen.
Er hat sich selbst eine Pizza gemacht, diese liegt abseits und er macht sich davon immer ein Stück ab und kaut genüsslich darauf herum.
Wenn es doch nur etwas gemütlicher hier drin wäre…
Ich muss noch immer meinen dicken Bauch etwas einziehen, sonst könnte ich hier auf der Bank an der Wand nicht sitzen.

Der Geschmack einer ofenfrischen Würstel- Pizza (die heißt tatsächlich so!), die nach etwa 15 Minuten Wartezeit serviert wird, reißt dann alles wieder raus.
Diese schmeckt gigantisch lecker!
Anja hat eine Salami Speziale, die mir ebenfalls so gierig schmeckt, dass ich mir an einem besonders heißen Stück den Gaumen verbrenne. AUA!
Aber das war es wert!
Gar nicht teuer ist am Ende die Rechnung, 2 Pizzen und 2 große Cola für insgesamt 18,40 €, wir runden auf einen blauen auf und bedanken uns ganz herzlich für das hervorragende Abendessen.
Überhaupt hat es Spaß gemacht kurz am Leben der Italiener Anteil zu haben.
Ständig ging die Tür auf und zu, ständig kamen Einheimische rein und quatschen mit dem Pizzabäcker und seiner Frau.
Ein ewiges „Ciao Come sta, bene, benissimo, Ah, Ciao Bella, Pronto“ und Co erfüllen den beinahe winzigen Gastraum Raum mit Leben und Lust.
Die Sprache ist eh lustig, wir verstanden zwar nur Bruchteile, aber wie neben Akustik mit Händen, Gestik und Mimik kommuniziert wurde, war einfach traumhaft authentisch und wunderschön anzusehen.
Die duftende und herrlich schmackhafte Pizza tat hierzu ihr übriges.
(Wieder zuhause finden wir bei der Nachrecherche für diesen Reisebericht sogar heraus, dass diese Pizzeria in vielen Reiseführern Erwähnung findet, sogar im Lonely Planet steht sie drin!)

         
Frisch aus dem Ofen! Anjas Pizza                                       und meine Pizza!  *mjam*!!!

Nach dem Abendessen gehen wir noch ein paar Schritte durch die Gassen und machen einen Verdauungsspaziergang.
Tut gut die frische Nachtluft, allerdings ist dies auch in Kombination durch die Höhenlage der Stadt (über 500 Meter) ein untrügerisches Zeichen dafür, dass uns eine kalte Nacht bevorstehen wird.

Aber „kalt“ ist uns nicht nur wegen der kühlen Temperaturen, denn auch aus ganz anderen Gründen kann es einem hier in Volterra mitten in der Nacht eiskalt den Rücken runter laufen.
Nachdem wir die Pizzeria verlassen haben, fällt uns als erstes auf, wie leer doch plötzlich die Stadt geworden ist!
Normalerweise würde mich so etwas ja erfreuen und scheinbar haben sich wirklich die ganzen Touristen nach und nach aus der Stadt zurück gezogen, aber nun ist es mir eigentlich schon fast ZU ruhig.
Unwillkürlich dreht man sich beim Schlendern durch die Gassen des öfteren um.
War da hinten ein Schatten? Hat sich da auf dem Hausdach etwas bewegt?

Einige wenige Passanten sind noch unterwegs, teilweise mit langen Mänteln und Hüten oder Mützen, die tief ins Gesicht gezogen sind. Sie huschen vorbei, kreuzen nur kurz unseren Weg.
Das mittelalterliche Ambiente, welches vorhin im Abendrot noch total majestätisch und wuchtig gewirkt hat, wandelt sich nun durch Schatten und Dunkelheit plötzlich zu einer umfangreichen Kulisse für echte Gruselfilme!
Glück hat man, wenn einige der Geschäfte noch geöffnet sind, oder wenigstens das Licht noch brennen haben.
Denn in diesen nach wie vor hell erleuchteten Gassen sind die Lichtverhältnisse durch die baubedingte gedrungene Atmosphäre und durch die wuchtigen und rundherum festen Mauern natürlich beeindruckend.

Spendet aber nur eine einzelne Lampe fales Licht, kommt einem die Szenerie schon ein wenig gespenstisch und weitaus mystischer vor.
Gut, wir haben jetzt nicht wirklich Angst, aber die mittelalterlichen Bauten mit den schmalen Gassen, gepaart mit dem frischen Wind, der durch die wenigen Äste und Bäume streift und die hin und wieder plötzlich auftauchenden geheimnisvollen Gestalten um uns herum können durchaus die Phantasie beflügeln!
So wäre es absolut nicht verwunderlich, wenn uns gleich ein Dämon, ein Geist, ein Schattenelf, ein Werwolf oder gar ein echter Vampir begegnen würde.
Ein wenig hat die Szenerie was von Rollenspielen im Internet oder auf dem PC. Wer mal „Baldurs Gate“ gespielt hat, weiß in etwa, was wir meinen. 😉

Aber nicht nur eine mittelalterliche Feste im dunklen Abend sowie die Erinnerung an ein Computerspiel aus längst vergangenen Zeiten reicht aus, um die Sinne einerseits positiv aufgeregt zu pushen und andererseits auch wirklich und leibhaftig die Sinne zu schärfen. Droht denn echte Gefahr?
Wohl eher nicht.
Spannend ist es aber trotzdem und es ist fast so, als würde man sich wirklich ein echtes Abenteuer mit Figuren aus anderen Dimensionen wünschen.
Nur welche sollten das sein?
Anja und ich tauschen uns darüber aus, interpretieren uns gegenseitig, was wohl am besten in diese Szenerie passen würde.
Besonders die Vampire bilden dabei die wahrscheinlichste Variante!
Wir können es nicht erklären, warum dies so ist, aber die überlegene Erhabenheit der alten Gebäude (die Geschichte der Stadt Volterra geht weit bis ins 4te Jahrhundert zurück!) mit ihrem gotischen kathedralenähnlichen aber auch gleichzeitig gruftigen Baustil wirken total edel und erwecken so gar nicht den Eindruck eines verfallenen oder abgeschmackten Gruselkabinetts, wo sich Dämone, Trolle, Lykaner oder Schattenelfen aufhalten oder besser gesagt „hausen“ würden.
Nein nein, das hier in Volterra ist ganz klar ein anderer, deutlich höherer Level, für den wir einfach nicht die richtigen Worte finden.
Aber nachdem wir uns erstmal ein wenig gegenseitig hochgeschaukelt haben, erwarten wir eigentlich hinter jeder der nächsten Ecken plötzlich einem der edelsten untoten Wesen gegenüber zu stehen, die die Sagen, Mythen und Legenden vergangener Tage hervorzubringen haben: Vampire!
Schnell kommt man sich nun natürlich doch ein wenig dabei beobachtet vor und sofort fallen mir die verschiedensten Handlungsstränge von Vampirfilmen wie zum Beispiel „Interview mit einem Vampir“, „Blade“, „Underworld“ oder einfach nur „Dracula“ ein… 😉
Die Krönung ist dabei ganz besonders der diffus beleuchtete Piazza dei Priori, den wir ein weiteres Mal auf unserem Rundgang durch Volterra passieren und jetzt deutlich zurückhaltender besichtigen.
Nun, in totaler Dunkelheit, stehen wir mutterseelenallein auf dem Platz und wundern uns einmal mehr, warum außer uns keiner die Stadt Volterra bei Nacht erkundet…

         
Mystisch! Ganz allein schleichen wir nun durch die Gassen   Ein Glück, dass noch so viel Licht brennt!

         
ganz allein sind wir hier unterwegs!                                Was ist das? Ein Schatten im hell erleuchteten Turmfenster?

(Anmerkung vom 26.07.09: Unglaublich! Das Buch „Bis(s) zur Mittagsstunde“ aus der Vampir- Buchreihe von Stephanie Meyers beschreibt genau diesen Umstand, nämlich dass Volterra die geheime Stadt der Vampire sein soll!!!
Ich geh mal stark davon aus, dass die Autorin wirklich einmal Volterra bei Nacht besichtigt hat und den gleichen Eindruck hatte, wie wir!  Cool!!)

Letztendlich kehren wir, mehrheitlich durch die reale Kälte und weniger durch die Anwesenheit irgendwelcher Schattenwesen getrieben, dann aber doch zum Wohnmobil zurück.
Komisch, das Herabsteigen der Treppen ist viel einfacher, als das Hinauf steigen 🙂
Und obwohl die Treppen und unser Stellplatz in der „Unterwelt“ viel diffuser beleuchtet sind, als die Gassen der „Oberstadt“, fühlen wir uns mit jedem Schritt, der uns näher zu unserem Wohni bringt, ein Stückchen besser.
Wir können es nicht so recht beschreiben, aber „irgendwas“ war anders in den Gassen von Volterra!
Es ist mystisch, es ist geheimnisvoll, es kann für Gänsehaut sorgen! Aber es ist nicht angsterregend oder gruselig, sondern mehr „aufregend“, ohne genau den Grund dafür zu kennen…
Wir können nur jedem empfehlen einmal selber Volterra bei Nacht zu besichtigen! Es ist wirklich traumhaft!

         
Wir steigen wieder die Treppen hinab zu unserem Stellplatz  Unten angekommen: Das Wasserbassin schön ins Licht gesetzt

Gegen kurz vor 8 sind wir zurück am Wohnmobil.
Alles ist in Ordnung, niemand hat bei uns „reingeschaut“.
Minki und Dori waren auch brav, warten schon im Alkoven auf uns.
Stockfinster ist es mittlerweile draußen geworden, ein bisschen fühle ich mich wie in einem getauchten U-Boot.
Wir laufen auf Batterie…
Wir müssen nun haushalten mit Strom und Energiereserven sowie Wassertank und Lager.
So langsam verstehe ich ansatzweise, warum man sich 2 und mehr Batterien mit fetter Ladekapazität ins Womo packt.
Die Truma läuft und zerrt an unseren Gasreserven, aber ich denke wir werden auf jeden Fall hinkommen.
Wir leben ja noch immer aus unserer 11kg- Flasche, die in 2 Monaten ihren ersten Geburtstag mit uns feiern wird. 😉
Mal sehen, ob es dazu überhaupt kommt, oder ob wir die vorher leer bekommen werden.
Für den Notfall haben wir ja noch immer die komplett gefüllte 5er dabei.
Eigentlich unglaublich.
Dies ist schon die zweite Nacht auf dieser Reise, wo wir uns einfach dahin stellen, wo es schön ist.
Und bezahlen müssen wir auch nichts.
Ob es ein weiteres Mal gut gehen wird???

        
Nächtlicher Blick auf den Stellplatz in Volterra            Blick zurück zum „Stadttor“ zur geheimnisvollen Oberstadt  😉

21:30 Uhr:
Wir sitzen zusammen im verbarikadierten Wohnmobil und suchen uns schonmal die weitere Route für morgen und einen möglichen CP raus, den wir besuchen können.
Wir finden auch einen möglichen Platz im CampingCard- Führer, der für 14,- € die Nacht in der Nähe von Cecina anbietet und der auch geöffnet ist
Perfekt.
Aber erstmal müssen wir die Nacht auf dem Stellplatz überstehen.
Seit unserer Ankunft ist es mir schon aufgefallen, in der Nachbarschaft bzw. in der Ferne bellen die Hunde wie verrückt!
Irgendwann müssen die doch auch mal müde werden?
Oder doch nicht?
Einer ist besonders hartnäckig, setzt nun schon seit über 1,5 Stunden nur zum Luft holen ab und bellt dann unentwegt und unbeeindruckt weiter.
Die Hunde der Nachbarschaft stimmen immer mal wieder mit ein, so höre ich etwa 4 oder 5 verschiedene Hunde heraus.
Erinnert mich ein wenig an das „Bellophon“ aus dem Zeichentrickfilm 101 Dalmatiner.
Na dann…

22:20 Uhr:
Auf einen Schlag haben alle Hunde das Bellen eingestellt.
Wie merkwürdig…
Anja schreibt mittlerweile Postkarten, ich tippe weiter am Tagesbericht.

22:35 Uhr:
Störung am Bellophon wurde offenbar durch einen herbei geeilten Hundetechniker schnell und kompetent behoben!
Alle Hunde bellen endlich wieder auf gewohnter Lautstärke.
Auch der Technikerhund ist nun offenbar als Hund Nummer 5 oder 6 hinzu gekommen, bellt jetzt munter mit.
Ahhh!

Die Temperaturen fallen weiter, draußen sind es noch 8°C, drinnen haben wir dank der Truma noch knappe 18°C und dabei läuft die Truma nur auf 1/3 Stärke.
Scheint so, als würde die totale Abschottung mit Thermomatten und herunter gezogenen Fensterrollos sowie abgedeckten Spalten und Ritzen wirklich etwas bringen.

Unsere beiden Katzen haben wir heute übrigens nicht mehr angeleint.
Beide haben sich wie es zu erwarten war fast nur im Alkoven aufgehalten.
Sie haben offenbar gelernt, dass es dort am wenigsten vom Motor brummt und auch sonst die geringsten Fahrgeräusche gibt.
Dori schläft eigentlich fast den ganzen Tag unter einer Decke oder hinter dem Kissen, Minki schaut meist (auch während der Fahrt) aus dem vorderen Alkovenfenster.
Wie zu erwarten war kann Minki tatsächlich wenigstens etwas von dieser Reise abgewinnen.
Sie schaut gern aus dem Fenster und Auto ist sie dabei auch schon immer gern gefahren.
Sorgen um beide brauchen wir uns nicht zu machen.
Beide haben kapiert, dass das Brummelding spätestens gegen Abend abgestellt wird.
Dann kommen beide recht schnell hervor, freuen sich über eine leckere Portion Thunfisch oder Putenwurst und erledigen die täglichen Geschäfte wie Katzentoilette, Rundgang, Wedel fangen spielen und die Menschen anderweitig ärgern.

23:00 Uhr:
Alle sind versorgt und es wird langsam still um uns herum.
Die letzten Stadtbesucher sind ebenfalls zu uns „herab“ gestiegen und haben sich in ihren Wohnmobilen eingegraben.
Auch die Hunde sind ruhig geworden, nur der lauteste von allen bellt hin und wieder einsam in die Nacht.
Es wird Zeit zu Bett zu gehen.
Hoffentlich bleibt es ruhig in dieser Nacht!
Abgesehen von den „realen“ Bedrohungen wie Einbrechern, Dieben, Strolchen oder klopfenden Versicherungsvertretern ist da noch immer ein Rest des mulmigen surrealen Gefühls, welches wir vorhin in der Stadt gespürt haben.

KM- Stand bei Abfahrt: 180.811
KM- Stand bei Ankunft: 180.872
gefahrene Kilometer: 61

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