Heute schlafen wir recht lang, erst gegen 9 Uhr werden wir wach.
Die Klamotten, die mittlerweile aus drei Teilen bestehende Decke und das Schließen des Vorhanges und damit die totale Abschottung des Alkovens vom Rest des Wohnmobils haben die Temperatur einigermaßen erträglich gehalten, es ist hier oben warm und kuschelig.
Die von Anja gestellten Handywecker werden von mir diskret überhört und aufstehen kann sie nicht allein, da ich im Alkoven vor ihr liege.
Die Nacht war nicht ganz so kalt, wie die vorhergehende, vielleicht durch die dichte Wolkendecke aber vielleicht auch durch unseren Standplatz direkt am Baum ist die Temperatur im Wohnmobil nicht unter 10°C gefallen.
Ich stehe auf und friere mir auf dem Potti trotzdem den letzten Rest Männlichkeit ab.
Obwohl es draußen diese Nacht ein wenig wärmer war, scheint die etwas feuchtere Luft zusätzlich für Kältegefühl zu sorgen.
Im Wohnmobil sind es nur 1,6 Grad mehr, als draußen, wo kommt die kalte Luft nur her?
Ich habe im Alkoven die Wände und die Decke angefasst, die sind gut isoliert und nicht kalt.
Auch die Fenster sind, anders als zuhause trotz Doppelverglasung, überhaupt nicht kalt.
Aber nach dem Aufstehen merkt man es sofort !
Der ganze Boden ist eisekalt! Trotz Teppich und Socken spürt man die Kälte so sehr, als würde man direkt draußen über die feuchte und kalte Wiese laufen.
Die Kälte scheint von unten durch das Holz zu kriechen.
Jetzt verstehe ich, warum so manch einer die Vorzüge eines Doppelbodens zu schätzen weis.
Schade, dass wir für diesen Luxus kein Geld haben.
Naja, die Truma wird es schon richten.
Zuverlässig nimmt sie ihren Dienst auf, ich kann nur hoffen, dass uns hier oben das Gas nicht aus geht.
Wir leben nach wie vor aus der 11kg Flasche, die wir im Rahmen der Erstausrüstung gekauft und vor dem Urlaub abgewogen haben und die nach meiner Rechnung vor dem Urlaub noch etwa 10kg an Gas beinhaltet haben sollte.
Darüber hinaus steht uns als Notreserve eben nur jene eine 5kg Flasche zu Verfügung.
Gas sparen, koste es, was es wolle heißt ab heute die Devise.
Denn gibt die 11er jetzt auf, dann reicht bei unserem aktuellen Verbrauch die 5er für die restlichen 5 Tage keinesfalls aus!
Noch etwa 2 Tage muss die 11er durchhalten, dann könnte es klappen!
Nachdem ich die Truma angeworfen und den Boiler für warmes Wasser ebenfalls eingeschaltet habe, klettere ich wieder in den Alkoven und fordere von Anja meine ehelich und damit vertraglich zugesicherte Körperwärmezufuhr an, die sie mir auch prompt zur Verfügung stellt.
Im Aufbau habe ich zusätzlich wieder alle Lichter eingeschaltet.
Auch hier erhoffe ich mir von den Glühbirnen ein paar Grad, auch wenn das nur was für die Optik ist.
So richtig warm ist es nur unmittelbar um die Glühbirne, aber es ist der Gedanke, der zählt.
Nach etwa einer weiteren Stunde stehen wir auf und machen uns fertig für den Tag.
Die Truma hat den Innenraum auf etwa 16 Grad aufgewärmt.
Man kann es aushalten.
Wir erledigen die Morgentoilette, schalten direkt danach den Warmwasserboiler wieder aus.
Dann geht es vor die Tür, wir wollen mal ein paar Bilder vom Strand machen. Vielleicht haben wir Glück und können sogar ein paar Delfine sehen. Auch das Servicehaus will ich mir gleich mal ansehen, mal sehen, ob sich der unterdurchschnittliche Eindruck von außen vielleicht als Goldperle von innen erweist. Neben der Wohnmobilkatzenwäsche mit dem Waschlappen (wir haben ja keine Dusche im Womo, nur die Außenduschmöglichkeit) wäre mal wieder so eine erquickende Dusche genau das richtige.
Der nächste Morgen, trüb und grau Hier die öffentl. Straße, die die Campingwiese quasi durchschneidet
Hier nochmal unsere Wiese vom Kiesstrand aus Das Servicehaus von außen, liegt direkt an der Straße
Wenigstens hat man direkten Blick auf das Meer Da guckt aber einer schelmisch…
Der Strand selber besteht nur aus großen Steinen Das Wasser wirkt leblos, nur ein paar dunkle Algen treiben herum
Draußen empfangen uns die 10°C, die sich in unserer derzeitigen Lage etwa wie 1°C anfühlen, es ist frisch und die Luft ist feucht.
Nützt aber nichts, muss man durch.
Wie schon erwähnt ist dies bisher der Platz mit dem schlechtesten Preis-/Leistungsverhältnis auf dieser gesamten Reise.
16 Pfund für nichts.
Der Platz selbst hat dennoch wenigstens ein kleines Plus und ist mal abgesehen von der teilenden öffentlichen Durchfahrtsstraße idyllisch gelegen.
Man hat einen schönen Blick auf das Meer und viel Platz um sich herum.
Neben dem Servicehaus steht ein Womo, das ein wenig wie ein „HEKU“ oder ein „Hymer Car“ aussieht, der Kühlergrill sieht aus wie der von einem Ducato / Citroen / Peugeot 280/C25/J 35.
Auf dem Grill ist jedoch ein großes T zu erkennen, der Wagen trägt den Schriftzug Talbot.
Ich denke zuerst an etwas gebasteltes, dann muss ich auch den Wagen auf unserer Wiese als Talbot erkennen.
Talbot sagt mir nichts, aber gut zu wissen, das noch andere das gleiche Modell fahren, wie wir. Wenn auch mit einem anderen Namen als Basisfahrzeug. Wenn ich zuhause bin muss ich mal ein paar Recherchen diesbezüglich anstellen.
Das Servicehaus hat ein Schild am Eingang, auf diesem steht, dass dies keine öffentliche Toilette wäre und nur den Gästen des Campingplatzes vorbehalten sei.
Ich wünschte mir an dieser Stelle es wäre eine öffentliche Toilette, dann könnte man den Zustand wenigstens als versaut bezeichnen, das hier ist leider bedeutend schlimmer.
Ich habe Anja gebeten das Servicehaus nicht zu besuchen und trage darüber hinaus den hier lesenden und dabei eventuell essenden Mitmenschen gegenüber die Verantwortung diese Bilder nicht in aller schonungslosen Härte zu zeigen.
Ich bin sicher, dass derjenige, der diese Zeilen gerade beim Frühstücksbrötchen oder bei der Abendpizza liest mir dies danken wird.
Ich habe die Serviceräume betreten und direkt danach wieder rückwärts verlassen, keine Zähne geputzt, kein Klo benutzt, keine Luft geatmet.
Mir unverständlich, dass man bei so wenigen Gästen das kleine Häuschen nicht sauber halten kann.
Vielleicht liegt es aber auch daran, dass die Besitzer des CP ja auch einfach zu alt sind, um sich dieser Aufgabe noch zu widmen.
Anhand einer Kohlenstoffanalyse der Dreckkruste im Badezimmer sollte es möglich sein die Halbwertzeit der letzten Putzaktion zu ermitteln, wer also eine derartige Ausrüstung im Womo hat, der möge bitte hier mal hin fahren und mir das Ergebnis mitteilen, es interessiert mich aber nur rein Interesse halber, um mich mal vor der Jahreszahl zu gruseln…
Weg von diesem ekeligen Thema zurück zum Frühstück.
Der Frühstückstisch ist schnell gedeckt, die Eier werden heute experimentell im Wasserkocher unter Strom und nicht auf dem Gasherd zubereitet.
Wie gesagt, wir müssen Gas sparen!
Das Brot schneide ich wieder draußen auf der Motorhaube mit einem Brettchen, so haben wir keine Krümel im Wohnmobil.
Wir kochen die Eier im Wasserkocher und schneiden das Brot auf der Motorhaube
Das heute verspeiste Brot schmeckt leider nicht mal annähernd nach dem, was und gestern das Brot in seinem warmen Zustand im Tesco vorgegaukelt hat.
Es sieht selbst heute geschnitten trotzdem sooo lecker aus und enttäuscht dann mit total fadem Geschmack.
Es schmeckt nach gar nichts.
Anja vermutet, dass die Engländer nur Mehl und Wasser verwenden, sonst nichts.
Hauptsache es sieht aus wie ein Brot, den Geschmack kann man sich entweder dazu denken oder eben entsprechend Brotbelag kaufen.
Vielleicht schmeckt deswegen die Butter / Margarine hier etwas kräftiger?
Diese haben wir übrigens auch gekauft, sie schmeckt leicht gesalzen wirklich besser als unsere heimische Margarine.
Unser Frühstückstisch an diesem Morgen
Gegen halb 12 sind wir mit dem Abwasch fertig, das Frühstück hat gut getan.
Ich überwinde meinen Ekel und schaue mal, ob ich wenigstens eine Entsorgungsmöglichkeit hier finde.
Hinter dem Haus ist tatsächlich eine kleine Serviceeinrichtung, wo ich meinen Inhalt des PP ergießen kann.
Ich will ja niemand auf dumme Ideen bringen, aber hier hätte es niemand gemerkt, wenn ich einfach so rechts, äh pardon, ich meine natürlich links an die Wiese ran gefahren wäre und meinen Tank hier einfach so entleert hätte.
Die Toiletten sind zwar verschlossen, aber die Entsorgungsstation und auch die Wasseranschlüsse sind so und damit öffentlich erreichbar.
Und wie gesagt, die Wiese rechts und links, die zum CP gehört, wird durch die öffentliche Straße geteilt, die jeder entlang fahren darf.
Auch der Strom ist so erreichbar.
Wären wir abends oder in der Nacht hier angekommen und gleich am frühen Morgen wieder aufgebrochen, auch das hätte niemand bemerkt.
Normalerweise kommen mir ja nicht solche Gedanken, schließlich bezahle ich für Leistung, aber hier in diesem Fall frage ich mich wirklich, wo denn die Gegenleistung zu den 16 Pfund war…
Hinter dem Servicehaus die Entsorgungseinrichtung Wenigstens das hat hier geklappt, puh… (k)
Egal, passiert uns nicht wieder, hier kommen wir nicht mehr hin.
Ich weiß nicht genau, welchen der beiden Campingplätze im Schottland- Womo Führer für Fortrose erwähnt wird.
Auf jeden Fall ist der regulär ausgeschilderte Platz nun ein Platz, der dem Caravan Club GB angehört, Übernachtungskosten für Nicht- Mitglieder besagte 22,50 Pfund.
Und dieser CP wäre mal abgesehen von der Aussicht für meine Begriffe eigentlich kaum erwähnenswert. Allenfalls als mahnendes Beispiel, wie man es nicht macht und keinesfalls als Empfehlung in einem Reiseführer.
Also wenn sie nach Fortrose rein fahren, folgen sie zunächst der Beschilderung des CP, dann aber im Ort geradeaus und nicht links abbiegen.
Wenn sie doch links abgebogen sind und den CP erreicht haben, dann einfach wieder raus und an der T- Kreuzung rechts.
Danach die zweite wieder rechts. Der Weg führt nach kurzer Zeit direkt wieder ans Wasser.
Der Platz selbst ist schön gelegen, direkt mit Blick auf die Bucht.
Nachts kann man gegenüber die Hafenlichter von Inverness sehen.
Das war aber wie gesagt auch das einzig positive.
Gegen 12 Uhr sind wir endlich abreisebereit, hat heute eben alles etwas länger gedauert, weil wir auch recht lang geschlafen und uns auch mit dem Frühstück Zeit gelassen haben.
In Anbetracht der späten Uhrzeit und dem heutigen Tagesziel fällt die Fährfahrt in Cromarty leider aus. Man kann ja nicht wissen, wir hoch der Andrang heute früh ist. Was ist, wenn dort schon 3,4 oder gar 5 größere Fahrzeuge vor uns warten?
Die Fähre soll ja grad mal groß genug sein, dass ein Wohnmobil oder 2-3 Autos drauf passen. Was ist, wenn wir ne Stunde oder länger auf die Überfahrt warten müssen?
Das Risiko wollen wir nicht eingehen, so führt unsere Route das Stück auf der A 832 zurück bis nach Muckernich und dann weiter auf der A 9 in Richtung Wick, immer weiter nordwärts.
Die Landschaft hat leider einen großen Teil ihrer Reize verloren.
Bitte nicht falsch verstehen, wir sind noch immer angetan von der idyllischen Landschaft jenseits der Straße, aber die Highlands, also die Hügelketten mit Grün, wie man diese aus den Highlander- Filmen, Braveheart oder Rob Roy kennt, sind hier nicht mehr vertreten.
Das ganze ähnelt eher Nordnorwegen, aber man würde die Bilder ansich wohl kaum mit den hoch gelegenen Gegenden von Schottland in Verbindung bringen.
Vielleicht liegt es daran, dass wir für die heutige Etappe die A 9 bis Wick und dann die A 99 bis Lybster und dann bis John O´Groats gewählt haben. Dieser Weg führt uns immer direkt an der Küste entlang, mal etwas höher gelegen, mal ganz nah dran.
Aber definitiv nicht mehr im Hinterland.
Es geht immer weiter die A 9 hinauf, das Wetter meldet geschloßene Wolkendecke, wenigstens bleibt es dabei trocken (k)
Auch einige Überraschungen erleben wir auf unserer Fahrt. Wir passieren in den Dörfchen abseits der größeren Städte auch erste Tankstellen, die für das gute Diesel das „magische Pfund“ haben wollen.
Wir haben bis dahin viele Tankstellen gesehen, die maximal genau 0,999 pro Liter Diesel haben wollten. Natürlich haben wir auch diese links liegen lassen.
Man muss nur manchmal ein bisschen weiter fahren und dann findet man schon wieder eine Tankstelle, die einem den Diesel für 0,96 oder maximal 0,97 verkauft. Heute aber haben wir die erste Tankstelle gesehen, die den Diesel eben für das magische Pfund angeboten hat.
1,009 Pfund wollte der Tankwart einer „Scottish Fuels“ für den Liter Diesel haben. Wahnsinn!
Kaum haben wir diesen Preistreiber passiert, hat auch eine Tankstelle der Marke Gleaner den Diesel zum gleichen Preis im Angebot.
Wie gut, dass bei uns zuhause das Kartellamt über die Spritpreise wacht und gegen Preisabsprachen hart und energisch vorgeht…
Am günstigsten haben wir noch an der Jet und beim Tesco, der Supermarktkette getankt. Besonders beim Supermarkt tanken spart Geld, da es dort fast immer etwas billiger ist.
Steht ein großer Einkauf an? Im Tesco hängen überall Werbeschilder, dass es für jeden Einkauf ab 50 Pfund 5 Pence Rabatt pro Liter Diesel oder Benzin gibt.
Leider haben wir es bisher nicht mal annähernd an die 50 Pfund pro Einkauf geschafft.
Und es sieht nicht auch nicht wirklich danach aus, als würden wir diesen Wert jemals mit etwas Brot und 1-2 Liter frischer Milch erreichen.
Die Fahrt verläuft unspektakulär, kleinere Örtchen wie Tain, Golspie und Brora fliegen vorbei, ohne dass sie uns zum Anhalten bewegen könnten.
Was ich immernoch total schön finde ist das wirklich grüne Grün hier in Schottland. Auch ohne Hügel.
Woran mag es liegen, dass die Pflanzen hier oben grüner wirken, als bei uns zuhause. Ob es das feuchtere Klima ist?
Es grünt so grün… Die A 9 führt dicht an Seen und Flussausläufern entlang
Scottish Fuels, Diesel 1,009 £ Gleaner einen Ort weiter: Diesel 1,009 £…
Toll, ein ganzer Turm nur für ne Uhr… Noch 66 Meilen bis John O´Groats, jiiipiiieee… (alle 6 k)
Ab Golspie führt die A 9 immer dicht an der Küste entlang. (k)
Schade, dass wir noch immer eine geschlossene Wolkendecke haben
Der erste Ort, denn wir auf unserer heutigen Etappe als kurze Pause nutzen, ist Helmsdale.
Hier parken wir nahe am Stadtzentrum, vielleicht 50 Meter von der Restaurantempfehlung des Reiseführers entfernt.
Von außen sieht das ganze wirklich lecker aus. Aber da wir keinen Hunger haben und mit einem Auge auf die Reisekasse schielen müssen, fällt Essen hier heute aus.
Wir könnten uns zwar für eine kleine Portion Fish & Chips begeistern, aber wie gesagt wirklich Hunger haben wir nicht.
Aber irgendwie gefallen uns die Angebote nicht so richtig. Ich kann nicht genau sagen, woran es liegt, vielleicht ist es das Wetter oder der miese Schlafplatz der letzten Nacht.
Wir erreichen Helmsdale und parken (im Rücken des ersten Bildes) gleich auf dem erstbesten Parkplatz kostenlos
Der Ort Helmsdale nebst Restaurant „La Mirage“ wird übrigens auch im Womo- Reiseführer empfohlen.
Auch erwähnt wird das „Timespan“, welches eine tolle Ausstellung beinhalten soll.
Als wir am Timespan ankommen (nur ein paar Schritte runter zum Flussufer vom La Mirage entfernt), wird dort leider gebaut, daher sparen wir uns den Besuch.
Am Ufer des Flusses machen wir trotzdem ein paar schöne Bilder.
Am Flussufer des Flusses Helmsdale, der übrigends genau so wie der Ort heißt.
Eine kleine Post findet sich gleich ein paar Schritte hinter dem Mirage, da uns noch eine Briefmarke fehlt (haben eine Karte mehr geschrieben, als ursprünglich vorgesehen) gehen wir hier kurz rein.
Ist wie eine Zeitreise. Die Türe quitscht beim Öffnen und der Holzfussboden knarzzt unter unseren Schritten.
Es hängen alte Bilder an der Wand und man kann das Karma der vergangenen Postbeamtengenerationen beschnuppern. Hinter dem Schalter verrichtet eine ältere Frau den Dienst, man hat den Eindruck, als sei diese seit März 1962 nicht mehr abgelöst worden. Vielleicht hat sie sogar den legendären englischen Postraub mitgemacht, wer weiß?
Die Dame ist jedoch freundlich, fragt uns was wir wünschen, wartet, bis wir die Briefmarke aufgeklebt haben (ist außer uns aber auch kein anderer da) und nimmt dan sogar die gestern geschriebenen Postkarten entgegen.
Was totaler Unsinn ist: Der Schalter ist hinter einer Glaswand, richtig dick und schwer. Das Problöem dabei: Der Schalter ist an der Seite offen. Das bedeutet jeder kann seitlich hinter das Bord und dann hinter den Schalter gehen. Schottische Logik?
Aber egal, tolles Postamt, ehrfürchtig verlassen wir das Stück antike Postgeschichte, nachdem wir hier alles erledigt haben.
Wir besuchen das alt-ehrwürdige Postamt von Helmsdale, Anja wirft gerade die Post ein, rechts der Schalter, frei zugänglich…
Wir spazieren noch ein wenig durch die Straßen, aber so richtig kann uns der Ort nicht erwärmen.
Das Wetter ist aber auch einfach zu kalt. Ohne Sonne macht es nicht wirklich Spaß.
Aber wir beklagen uns nicht, wir hatten bisher Super- Wetter, das kann man ja nicht immer erwarten.
Und wenn das Wetter nicht so recht mitspielt, dann nutzt man das Womo am besten dafür, wofür es gebaut wurde, nämlich zum Fahren.
Es geht also nach einem kleinen Spaziergang durch Helmsdale gleich weiter in Richtung Lybster und Wick.
Ein letzter Blick auf Helmsdale… …dann geht es auch schon weiter auf der A 9
Die A 9 schlängelt sich wirklich malerisch an der Küste entlang, immer wieder queren wir kleinere Höhenzüge und Täler, wo sich jedes Mal ein neuer Ausblick und ein veränderter Eindruck anbietet.
Schade, dass die Wolkendecke noch immer nicht mitspielt und die Bilder eher grau erscheinen lässt, obwohl das Wetter eigentlich gar nicht so schlimm war. Es blieb die ganze Zeit trocken und mit Seitenwinden hatten wir auch nicht zu kämpfen.
Mal geht die Straße wie ein Strich geradeaus Mal haben wir spitze Kurven…
Bei Berridale dann wird von Fahrer und Maschine die volle Aufmerksamkeit gefordert. Einige Schilder kündigen schon in weiter Entfernung eine gefährliche Kurvenkombi mit Gefälle von 13% an. Zur Sicherheit sind extra Ausweichbuchten für LKW und PKW mit Kiesbefüllung gebaut, falls hier mal was in die Hose geht. Es wird auch per Schild darauf hingeweisen, dass man unbedingt vorher noch seine Bremsen ausprobieren soll. Brauchen wir nicht, alles in Ordnung mit den Dingern…
Anja hat ein ungutes Gefühl bei der Sache und auch mir wird ein wenig mulmig, als ich die ganzen Ausmaße des Gefälles sehe. 13 %, das klingt ja so wenn man es liest oder schreibt nicht viel und wirkt auf den Bildern überhaupt nicht gefährlich (am dritten größeren Bild erkennt man wenigstens rechts am grünen Hügel das Gefälle…), aber wenn man ein Gefälle von 13% herab saust und von hinten der Wohnmobilaufbau gefährlich nachschiebt, dann wird einem schon flau in der Magengegend.
Ich versuche es zuerst mit dem 3ten Gang und allein den Motor ohne Gas bremsen zu lassen. Der 3te reicht hierfür jedoch nicht aus, ich muss runter schalten und in den zweiten Gang. Die Bremskraft will ich mir für eventuell schlimmere Situationen noch aufheben und nicht gleich die Bremsen durch Dauertreten heiß werden lassen. Wer weiß, wie lange das Gefälle dauert.
Kaum trete ich die Kupplung und haue den zweiten rein überkommt mich plötzlich ein eiskalter Schauer!
Die Warnlampe für die Bremse leuchtet plötzlich auf!!!
Meine Hände werden feucht und kalt, ich greife mit beiden schwitzigen Händen das Lenkrad, was nun?
Zögerlich trete ich auf das Bremspedal, was ist, wenn es nun keinen Druck aufbaut und wir ins leere bremsen?
Zu unserem Glück baut die Bremse Druck auf, wir bremsen trotz leuchtender Warnlampe…
Der Motor heult im 2ten Gang auf, dass es mir weh tut, aber es nützt nichts. Mein lieber Rudolph, du musst nun die Hauptarbeit erledigen, wenn die Bremse vielleicht doch noch schlapp macht, dann bist du und die LKW- Ausweichbuchten unsere einzige Rettung!
Ich sage Anja nichts davon, dass die Bremsleuchte leuchtet.
Sie würde dann nur Panik bekommen. So bremse ich uns in Stotterbremse und mit jaulendem Motor bis runter ins Tal.
In die Kiesbuchten mag ich nur wegen einer Lampe nicht fahren, trotzdem halte ich mir die Option offen, falls die Bremse ausfällt, es gibt ja zum Glück mehr wie eine…
Kaum im Tal sicher angekommen geht die Warnlampe wieder aus. Ich bremse nochmals (hinter uns ist alles frei) und habe die gleiche Bremswirkung, wie den Berg runter und die letzten 1000 Kilometer zuvor.
Mit der Bremse scheint technisch alles i.O. zu sein, nur warum leuchtete dann die Lampe?
Ob vielleicht ein Kabel sich irgendwo kurz geschlossen hat? Ist ja auch die gleiche Lampe, wenn man mit angezogener Handbremse los fährt (ist hier beim Duc 280 ein Stromkreis), oder vielleicht ist der Bremsflüssigkeitsanzeiger zum Testen irgendwo lose und hat bei den 13% nun irgendwo Masse bekommen? Die Bremse ist jedenfalls in Ordnung.
Teste die Bremse… 13%, keep in Low Gear und auf dem blauen: Bremsbucht vorraus (k)
Für den Ausblick haben wir kein Auge, es geht abwärts und das buchstäblich… (links die 2te Notbucht mit Kies)
Ein wenig besser vorstellen kann man sich das Gefälle, wenn man sich rechts am abfallenden Grünstreifen orientiert (k)
Gerne hätte ich von der leuchtenden Bremsleuchte ein Bild gemacht, um die Dramatik des Gefälles und unsere Angst zu unterstreichen.
Aber man möge mir verzeihen, dass ich in diesem Moment das Lenkrad lieber krampfhaft mir beiden Händen fest umklammert habe…
Was den Berg runter fährt, das fährt den Berg auch zwangsläufig wieder rauf. Dieses erledigen wir zuerst auch wie runter im dritten, dann im zweiten Gang. Mit 25-30 km/h schlängeln wir uns die 13% wieder rauf. Definitiv nichts für geschätzte 2,5 Tonnen und den vor Stärke strotzenden 75 PS Diesel…
Den Berg rauf teste ich trotz dramatischer Verringerung der Geschwindigkeit erneut das Bremspedal, aber alles in Ordnung, jetzt nur nicht zu langsam werden und fein den Berg rauf…
Ich bzw. der Motor zerrt und zieht am Wohnmobil und so erreichen wir gute 40 km/h, dann endlich ist die Talsohle passiert.
Gleich bei der nächsten Gelegenheit halte ich das Wohnmobil an der ersten Parkbucht an.
Da ich Anja noch immer keine Angst machen will, sage ich ihr ich würde „nur mal so“ die Bremsen kontrollieren wollen, mehr nicht.
Ich fühle die vordere und hintere Radnabe, die Bremse ist nicht heiß oder fest, die Temperatur ist entsprechend einer Berg- und Talfahrt in normalem Zustand. Rein äußerlich ist auch nichts zu erkennen, die Bremsschläuche (soweit man diese sehen kann) sind dicht, auch Tröpfchen auf dem Weg oder unter dem Fahrzeug haben sich nicht gebildet. Es zischt auch nirgends.
Habe ich mir die Bremsleuchte vielleicht nur eingebildet?
Ich mache noch ein paar Bremstests auf dem Parkstreifen, weil ich jedoch dabei nichts ungewöhnliches fest stellen kann, setzen wir unsere Fahrt erstmal fort.
Nu geht es den Berg wieder rauf Auch mit 13% (beide k)
Wir halten an der erstbesten Parkbucht (hier Blick zurück) An der Bremse kann ich allerdings keine Auffälligkeiten entdecken
Die weiteren Kilometer behalte ich penibel genau die Bremsleuchte im Auge und bremse mit „empfindlichen Fuß“ um zu testen, ob das Problem vielleicht erneut auftritt.
Die Bremse bremst jedoch, als wäre nie was gewesen. Ich spiele auch mit der Handbremse, aber auch hier keine Auffälligkeiten, alles in Ordnung. Komisch!
Ab Latheron wird es nun endlich spannend!
Die A 9 geht nun schnurstracks auf dem direkten Weg mitten durch das Land nach Norden, Richtung Thurso.
Wir aber fahren weiter dicht an der Küste vorbei auf der A 99 in Richtung Lybster und Wick.
Erinnern Sie sich noch an die Urkunde an der Wand und die dort hängende Karte aus dem Prolog?
Ein Teil unserer Reise ist ja dafür da zu erkunden, was denn nun wirklich hinter der „Lady of Glencairn“- Geschichte steckt.
Laut dem uns mit der Urkunde übersandten Kartenausschnitt soll das kleine Stückchen Land (1 square foot) gleich bei Lybster kommen. Hab´s Anja mal zu Weihnachten geschenkt.
Nun wird sich also live zeigen, welch blaues Geblüt sich hoch zu Ross, ähh Wohnmobil in die „heimischen“ Gefilden verschlagen hat.
Sprachs und so erreichte die hohe Herrin von Glencairn und ihr tapferer Knappe, Diener und Leibeigener in Personalunion die Gegend um Lybster.
In Latheron teilt sich die A 9 in die A 9 und A 99 auf Gegen kurz vor 3 erreichen wir Lybster
Ein wenig mulmig ist uns schon, als wir so durch Lybster kurven. Wir suchen zunächst irgend einen Hinweis auf unser Land. Vielleicht das Logo der „Scottish Highland Titles“ oder ein Fremdenverkehrsamt / Touristenbüro. Aber wir können keins entdecken. Dafür wirkt die Stadt kalt und abweisend auf uns. Ein paar der Häuser sind alt und verfallen, kein Haus ist wirklich schön. Alles wirkt trist und grau.
Ein paar Passanten schauen uns argwöhnisch an, während wir suchend und orientierungslos durch die Stadt irren.
Was haben wir nur verbrochen?
Auf einem Schild finden wir die Info, dass sich vielleicht am Hafen ein Tourismusbüro befindet.
Also steuern wir den kleinen Hafen an und folgen den Schildern zum Leuchtturm. Am Hafen findet sich dann zwar ein Tourismusbüro, dieses hat jedoch leider geschlossen. Alles in allem sehr merkwürdig und gruselig. Hat was von diesen Teenie-Horror-Filmen.
Man fährt in den Ort, hat ein ungutes Gefühl und sollte eigentlich weiter fahren, aber aus irgend einem dummen Grund macht man es nicht und bleibt. Wir sitzen vor dem Fernseher und wundern uns über so viel Blödheit der Schauspieler, obwohl wir wissen, dass das Drehbuch nunmal vorschreibt, dass man hier bleibt und kurz darauf die Hölle erlebt.
Ob grad jemand auf uns herab schaut und uns zuruft: „Haut besser ab!“ ???
Machen wir nicht, wir leben ja in der Realität.
Wenn ich hier allerdings nichts zu erledigen hätte, dann würde ich den Ort schnellstens wieder verlassen.
Wir erreichen das Zentrum von Lybster: Die breite aber fast vollkommen tote Hauptstraße von Lybster
Am Ende der trostlosen Hauptstrasse fahren wir zum Leuchtturm runter, die Straße wird einspurig
führt über eine Brücke den Hang hinab hin zum kleinen Leuchtturm von Lybster
Nachdem wir im Hafen ja nun auch nichts gefunden haben fahren wir die enge Straße wieder hinauf in den Ort.
Nun heißt es „Alles auf eine Karte“ und genau dort hin, wo sich die meisten Menschen hier im Ort tummlen.
Und dies ist (mit 2 Leuten vor der Tür…) wieder ein Postamt, dass neben dem Postamt auch noch ein kleiner Kiosk und Zeitschriftenladen ist. Ich parke Wohni in etwas Abstand zum PostOffice, muss ja nicht gleich jeder sehen, dass ich aus dem mobilen Zuhause aussteige.
Schon auf dem Weg ins Postamt überlege ich mir, wie ich hier etwas zu dieser Sache heraus bekommen könnte.
Mein Instinkt sagt mir, dass wir hier nicht wirklich willkommen sind und das ich auf keinen Fall mit: „Hello, im Björn from Tschörmani (oder besser Austria?), here is my certificate, please tell me where my country is…“ kommen kann.
Der einzige Ort, wo wenigstens „was los“ ist Das Postamt von Lybster
Folgt nun die Wahrheit über die Scottish Highland Titles? Hier unser Besuchsbericht / Erlebnisbericht:
Die Tür des Postamtes knarrzt, als ich sie öffne. Schwer schleifend fällt sie zurück ins Schloß. Eine ältere Dame steht hinter dem Tresen und verkauft gerade einem Einheimischen mit viel Getratschte eine Zeitung. Ich verstehe kein Wort, von dem was die Dame von sich gibt, also beste Aussichten definitiv als Tourist durchzugehen, wenn ich sie gleich mit meinem perfekten Schulenglisch anquatschen werde.
Ich stelle mich vor (from Germany…) und frage, ob sie vielleicht etwas über diese Landverkaufsgeschichte wissen würde. Aber sie scheint mich nicht hören zu wollen. Ich frage erneut und sie schüttelt mit dem Kopf. Gleichzeitig sagt mir aber mein Instinkt, dass sie ganz genau weiß, wovon ich rede.
Ihre mit Brillinaten besetzten Öhrchen werden nämlich ganz rot…
Ich sehe schon ich muss SOFORT eine Lösung haben, wenn ich auch nur irgendwas heraus bekommen will!
„Well, i´m writing an article for a small german traveller magazine and in Germany we got several reports, that the Scottish Highland Titles where a caper or a knavery, so i´d like to find out more, what´s behind all this. So i can go back to Germany an write the whole story for my scottish interested fellow countrymen“
Heißt soviel wie ich schrieb einen Artikel für ein deutsches Reisemagazin und es gäbe Berichte, dass die ganze Sache eine Gaunerei wäre und die Leute betrogen worden wären. Und um das heraus zu bekommen sei ich nun hier und wolle mir selbst einen Überblick über die Lage verschaffen.
Alles auf eine Karte…
Jetzt nur noch standfest in die Augen schauen und in erwartender Haltung eine Reaktion einfordern, schwitze ich da ein klein wenig unter den Achseln? Mein Mund ist so trocken…
Sichtlich unbeeindruckt hört sich die Dame meine Geschichte an, rückt aber noch immer nicht mit der Sprache raus, sie bleibt starr und stumm und sagt nicht ein Wort.
Dafür habe ich aber an anderer Stelle Glück, denn die Dame ist nicht allein im Laden.
Der Postschalter wird offenbar von einem richtigen Postbeamten betrieben, der meine brühwarm erlogene und aufgetischte Geschichte aus dem Eckchen ebenfalls mitbekommen hat. Er war mir zunächst gar nicht aufgefallen.
Er kommt hinter seinem Schalter hervor nach vorn und fragt, für welches Magazin ich denn schreiben würde.
Ich kombiniere schnell und antworte, dass es eine sehr kleine Zeitschrift mit Namen „Reisezeit“ wäre
(well it´s a small magazin, with about 5.000 Magazins a month print run, called „Traveltime“)…
Die Zeitung sei auf Wohnmobilreisen spezialisiert und daher würden wir im Rahmen eines Reiseabenteuers berichten.
Wenn er mich nun nach einem Probeexemplar fragt, dann ist alles gelaufen…
Die Dame schaut den Postbeamtem mit feurigen Augen an, doch dieser beginnt ganz plötzlich locker und unverblühmt zu erzählen, dass das alles eine Riesenverarsche gewesen wäre.
„A great Ripp-Off“ wie er es nennt.
(Alles, was ich nun schreibe, ist die Auskunft des Postbeamten, dessen Namen ich zwar notieren durfte, aber versprochen habe diesen nicht öffentlich zu nennen. Er war schliesslich offiziell im Dienst.
Für die Richtigkeit seiner Aussage gebe ich weder Gewähr noch eine entsprechende Bewertung ab. Es möge sich die Leserin / der Leser nun selbst ein Bild der Lage machen und urteilen, was an dieser Geschichte dran ist.
Für mich allerdings erscheint dies alles logisch, insbesondere, weil wir uns nach der Auskunft selbst ein Bild der Lage vor Ort gemacht haben und das bestätigt bekamen, was uns nun erzählt wurde)
Ich habe etwas Mühe seinem schnellen Englisch zu folgen, um meine Tarnung nicht auffliegen zu lassen, mache ich mir wichtig wirkend ein paar Notzien auf einem Schmierblöckchen. Ich fühle mich wie „Harry“ aus „Inspektor Derrick“.
Ach Quatsch, ich bin Derrick…
Er geht mit mir ein paar Schirtte zu seinem Schalter, die Oma schaut uns böse hinterher. Ich lächele sie an.
Dann fängt mein „Postmen“ an zu erzählen und berichtet mir von einem Betrug, den ein kleiner Landmann hier mit einem in Edinburgh ansässigen Anwalt zusammen durchgezogen habe.
Dieser Landmann verkauft das Land nicht wirklich, sie verkaufen eigentlich nur eine Art Jahresleasing bzw. eine Reservierung auf das Fleckchen Erde. Dieser Kuhhandel sei durch eine Gesetzeslücke ermöglicht worden.
Offenbar muss innerhalb diesen Jahres eine formale Bestätigung durch eine notarähnliche Institution erfolgen, wird dies nicht bestätigt, fällt das Land automatisch an den ursprünglichen Besitzer zurück. Weiterhin unüblich sei die geringe Größe des Landes. Normalerweise werden Länder nur dann verkauft und bestätigt, wenn diese weitaus größer wären.
Der Landmann habe nach der Reservierung der Kaufrechte jedoch nie den zweiten Schritt getan und den Verkauf offiziell angemeldet, dies hätten wir als Käufer tun müssen. Haben wir aber nicht, weil wir es natürlich nicht wussten.
Und so gehöre das Land nach wie vor dem ursprünglichen Eigentümer. Niemals zu keiner Zeit hat irgend ein Tourist oder angeblicher Käufer wirklich ein Stück hier eben besessen.
Die Urkunde sei nichtmal das Papier wert, auf dem sie gedruckt wurde. Auch die Karte sei nichts wert, die Plot- Numbers seien auch vor Ablauf der Jahresfrist sogar mehrfach vergeben worden, weil der Andrang so groß gewesen wäre.
Weiterhin gebe es keinen rechtlichen Anspruch, da ihm wie gesagt kein Fall bekannt wäre, wo das Land auch wirklich übertragen worden wäre.
Als der Betrug in seiner schonungslosen Härte im Dorf nach und nach bekannt wurde, hätten die Leute im Dorf, die sowieso nicht gut auf den (zumindest theoretischen) Ausverkauf ihrer Heimat zu sprechen gewesen wären, den Mann fort gejagt (mir fällt darauf eigentlich nur bildlich gesehen mittelalterliche Lynchjustiz ein…) und alle Schilder und Hinweise auf diese „Attraktion“ entfernt.
Das Problem seien nach wie vor die Touristen, die jedes Jahr zu Hunderten aus dem naheliegenden Europa, oder auch zum Teil aus USA / Kanada und sogar aus Japan und Fernost anreisen würden, nur um ein Stück Land zu sehen, was ihnen gar nicht gehöre.
Die Leute im Dorf seien es leid den Menschen dann immer und immer wieder die traurige Geschichte zu erzählen, die Wut und die Traurigkeit der Touristen würde sich dann an den Einheimischen entladen, die nichts dafür könnten.
Daher habe man gemeinsam beschlossen das Problem nicht weiter anzusprechen und das ganze Phänomen einfach tot zu schweigen, bis irgendwann einmal keiner mehr davon wüsste und die ganzen Trottel mal da gewesen wären und unverrichteter Dinge wieder abreisen würden.
Für die Stadt selbst hat diese Sache, denen zur ersten Einführung durchaus einige offen gegenüber standen, (Hoteliers und Restaurantbesitzer) keinen Gewinn gebracht.
(Den letzten Teil kann jeder Besucher vor Ort prima nachvollziehen, die Stadt wirkte tot, das örtliche Hotel war geschlossen und bereits halb zerfallen).
Ich fragte daraufhin, wo denn das Land in echt wäre, was dort angeblich verkauft worden sei.
Aber auf diese Frage will mir mein „Informant“ keine so rechte Auskunft geben, er druckst herum.
Ich meinte, ich wolle die Wahrheit, und nur die ganze Wahrheit schonungslos aufdecken und dies notfalls mit einem Bildbeweis untermalen.
Er wollte es mir zunächst nicht sagen, dann aber nahm er nach einigem Zögern eine lokale Karte aus der Auslage und zeichnete mir den Weg unter Abverlangen meines Versprechens die Karte nach dem Einzeichnen auch zu kaufen den Weg tatsächlich in die Karte ein.
Gerne würde ich den entsprechenden Kartenausschnitt hier online bereit stellen, da dies aber gegen das Urheberrecht des Karteninhabers verstößt, kann ich das nicht öffentlich machen. Ich bitte um Verständnis.
7,99 Pfund (das hat die kleine Faltkarte gekostet) war mir der Spass dann aber doch als persönliches Reiseandenken wert!
Nachdem ich nun den Weg zu „unserem Land“ wusste wollte ich meine Tarnung nicht verlieren und stellte noch ein paar (so hoffe ich) presseähnliche allgemeine Fragen.
Insbesondere eine Antwort, nämlich die, ob er hier aus Lybster stamme, beantwortete mir meine eigene Frage, die mich schon die ganze Zeit interessierte, die ich aber nicht offen fragen konnte.
Nämlich, warum er mir das alles erzählt, wenn es, mangels Nennung seines Namens, nicht allein die Aufmerksamkeit wäre.
Die Antwort auf die Frage, ob er aus Lybster sei lautete nämlich, dass er eben nicht von hier sei und er nur hier vertretungsweise Dienst schieben würde.
Mehr nicht. Ihn 2 Wochen sei er wieder woanders, er sei nur Springer.
Ihm wäre das Verhalten der Dorfbewohner eh nicht verständlich, daher hätte er auch kein Problem damit den Leuten die Wahrheit zu sagen. Das Land allerdings, das würde er normalerweise nicht zeigen, dort wäre mittlerweile eine kleine Metallschmiede, die auch keine Touristen mehr sehen wolle. Für mich Deutschen (er fand die WM 2006 in Deutschland super!!) hätte er aber mal eine Ausnahme gemacht. Er bat mich noch die Geschichte auf jeden Fall zu veröffentlichen.
Ich tue es hiermit, wenn auch vielleicht nicht in dem von ihm erhofften Rahmen.
Nachdem ich das Postamt verlassen habe (die Oma hat mich keines Blickes gewürdigt, als ich höflich „Good bye“ gesagt habe) eile ich schleunigst zurück zum Wohnmobil. Ich drehe mich um, hoffentlich werde ich nicht verfolgt…
Aber außer mir ist niemand auf dieser ellenlangen und breiten Hauptstraße.
Anja will natürlich sofort wissen, was ich heraus gefunden habe, ich will aber wenigstens erstmal ein Stück rollen und in Bewegung sein, bevor ich ihr alles erzähle. Noch während ich von meinen Heldentaten berichte und die Wegbeschreibung mit ihr teile, verlassen wir schon Lybster.
Ich folge nun exakt der Wegbeschreibung, die ich im Postamt zusammen mit der Karte erhalten habe. Die Wegbeschreibung ist zum Glück nicht urheberrechtlich geschützt und da sie sehr simpel ist, werde ich diese hier gern wiederholen.
Wenn ich damit den Einheimischen einen kleinen Gefallen tun kann, weil sie nicht mehr (zumindest von den deutsch lesenden Reisenden) gelöchert werden, so erhoffe ich mir eine größere „gute Tat“, als wenn ich das Geheimnis für mich behalten hätte.
Ich möchte ja auch ein Stück weit beweisen, dass alles hier geschriebene wahr ist.
Ach ja, ohne die Karte bzw. eine Wegbeschreibung kann man es ganz vergessen.
Nichts, wirklich nichts deutet heute darauf hin, dass hier jemals irgend etwas von dem „Scottish Highland Titles“ existiert hat.
Im damaligen Willkommensschreiben, dass uns zusammen mit der Urkunde übersandt wurde, stand wenigstens noch drin, dass das Areal ausgeschildert sei und man vor Ort einen Tafel mit den einzelnen Plot Numbers vorfinden würde. Davon war aber nichts aber auch gar nichts mehr zu sehen.
Das einzige, was auffallend genau gestimmt hat, war der eingezeichnete Pfeil auf der von der Scottish Highland Titles übermittelten Karte.
Also zuerst die Wegbeschreibung (der Weg nach Glencairn): Man fährt aus Lybster wieder raus und biegt wieder rechts ab auf die A 99 (die Hauptstraße des Ortes ist eine Querstraße zur A 99), oder bleibt alternativ einfach auf der A 99, wenn man durch Lybster durch fährt.
Nachdem man den Ort verlassen hat, folgt zunächst eine kleine Kreuzung, hier kann man rechts abbiegen oder geradeaus fahren. Man fährt geradeaus.
Dann muss man die Augen aufhalten! Kurz darauf folgt ein Schild zur „D Gow & Son Ltd. Steel Fabrications“. Es geht hier rechts von der Hauptstraße ab (wenn man Richtung Wick fährt).
Unmittelbar nach der Abbiegung kommt auf der rechten Seite eine kleine Metallverarbeitungsfirma und eine leer stehende Villa, links ein kurzer Streifen mit großen Christmas Trees (also Tannen), dahinter ein eingezäuntes Feld. Parken kann man ganz gut auf der kleinen Wiese direkt an der Einfahrt. Der Feldweg zum Feld ist matschig und mit dem Womo eher nicht befahrbar. Dieses eingezäunte Feld links vom Feldweg ist das Areal, welches für die Scottish Highland Titles verwendet wurde.
Wenn man auf der A 99 bleibt und eine Kreuzung erreicht, an der man rechts und links abbiegen kann, dann ist man zu weit gefahren. Ich schreibe dies extra, weil der nette Postbeamte uns gesagt hat, dass wir die Einfahrt verpassen würden und dann auf der Kreuzung wenden sollten. Er hatte Recht behalten, wir haben die Einfahrt verpasst, sie liegt von Lybster aus kommen in einer Innenkurve. Also wenn man die 4er Kreuzung erreicht, dann ist man zu weit gefahren.
So, damit nun alle ebenfalls eventuell Betrogenen und Interessierten sich ein Bild der Lage machen können, habe ich hier ein paar Bilder vom Ort des Geschehens, wir haben unsere Urkunden und die kleine Plastikbesitzerkarte dabei gehabt, damit wir einen Beweis für die Rechtmässigkeit haben. Ist natürlich Quatsch gewesen, sind Sie auch Lady oder Laird von Glencairn? Vielleicht haben Sie ja sogar die gleiche Plotnummer (Plotnumber) wie wir? Unsere lautet: 018931.
Ich habs mal fix gezeichnet, wie es vor Ort grafisch aussieht, die Wegbeschreibung nach Glencairn
Aus Richtung Wick sieht man das Schild besser: hier abbiegen Dann rechts die kleine Fabrik streifen, einfach dem Feldweg folgen…
Die Hauptstraße nun direkt in meinem Rücken. den Feldweg rein, links an den Tannenbäumen vorbei kommt das eingezäunte Areal
Auf dem zweiten Bild den Weg zur Hauptstraße, habs zur besseren Orientierung mal mit aufgenommen.
So, aber jetzt: Wie sieht es denn nun wirklich dort aus?
Was vom Traume übrig blieb… Gleich hinter den Tannenbäumen das eingezäunte Areal mit der Ruine soll „das Land“ sein…
Wenigstens sind wir verkehrstechnisch gut angebunden… Ob es sich noch lohnt unsere Besitzerkarte zu unterschreiben?
(Blick zurück Richtung Womo und Hauptstraße)
Wer sich noch immer nichts unter den Bildern vorstellen kann, dem biete
ich hier ein kleines 10 Sekunden AVI- Video ohne Ton als Mini-Einblick
Anja ist total betrübt, ich sehe ihr an, dass sie deutlich angeschlagen und desillusioniert ist. Sie hatte sich so gefreut über meine liebe Idee und ihre Möglichkeit ein klein wenig anders zu sein und ein wenig Land droben im hohen Schottland zu besitzen.
Wir hatten so viel damit vor. Ein kleines Picknick auf dem eigenen Land machen… OK, wir hätten hierfür die Erlaubnis der Nachbarn gebraucht (macht mal ein Picknick auf 30×30 cm…) aber es wäre schön gewesen.
Wollten ein Bild von ihrem Land mit den Urkunden machen (Hatten die extra den weiten Weg mitgenommen), wollten gucken und überhaupt einfach mal live anfassen. Kann man als Haus- und Hofbesitzer nicht nachvollziehen. Aber wenn man sonst nur mobile Dinge hat und zur Miete wohnt, da kann so ein kleines Stück EIGENES Land im hohen Norden schon ganz schön was an positivem Gefühl mitbringen…
Nun haben wir nichts! Und wir sehen nichts, was wenigstens ansatzweise nach einem zuordnungsfähigen Plot aussieht. Nur dieses eingezäunte Stückchen Land, welches wir wahrscheinlich mit Mei-Ling, John und Oleg teilen müssen.
Mir fehlen die Worte und zum ersten Mal spüre ich sogar ein wenig Wut im Bauch. Ich kann die Einheimischen nun ganz gut verstehen, wenn sie keine Lust haben den Frust der Leute mit anzusehen.
Aber es hilft ja nichts.
Betrübt gehen wir zurück zum Wohnmobil. Ich nehme Anjas Hand und versuche sie ein wenig zu trösten.
Es tut mir so leid für sie, sie hat sich so sehr gefreut.
Wir sitzen noch eine Weile in unserem auf der Wiese parkenden Wohnmobil.
Reden etwas über die Situation und wie gemein und gleichzeitig schade das alles ist.
Nepper, Schlepper, Bauernfänger, das wäre was für Eduard Zimmermann und die beliebte ZDF- Serie gewesen…
Anja packt die Urkunden weg, mal sehen, was wir jetzt damit machen.
Irgendwann gegen kurz vor 4 fahren wir dann weiter auf der A 99 in Richtung Wick.
Das hier war eine Pleite, hier ist wirklich nichts zu holen oder gewinnen. Hier weiter stehen gißt nur noch mehr Öl ins Feuer, legt den Finger in die Wunde.
Jetzt heißt es nur noch nach vorne schauen und sich auf die letzten Attraktionen der Reise freuen. John O´Groats, das letzte Haus, die Rosslyn Chapel, Scone Palace, die King of Scandinavia und was sonst noch so kommt.
Für uns kommt als nächstes aber erstmal Wick.
Weiter auf der A 99 Wir erreichen Wick
An der Ortseinfahrt von Wick finden wir plötzlich ein Stück Deutschland, einen LiDL !
Hier halten wir erst mal an.
Ähnlich wie im Lidl in Griechenland gibt es eine geringe Auswahl an einheimischen Produkten, die meisten Sachen allerdings sind deutscher Herkunft.
Man hat zwar zum Teil die englische Verpackung, aber man erkennt recht schnell den deutschen Ursprung der Produkte. Spätestens am DE- Siegel für Frischprodukte oder an der auf der Verpackung aufgedruckten Adresse können wir die deutsche Herkunft ausmachen.
Also kaufen wir hier erst mal etwas ein, die Preise sind gut und die Ware bekannt. Man braucht kein Etikett zu lesen und kann sich an den „Hausfarben“ von zuhause orientieren. Supi.
Fast wie zuhause… Wir stehen bei LiDL…
Sieht auch von innen fast so aus wie zuhause Naja zumindest fast…
Im Reiseführer „Schottland mit dem Wohnmobil“ steht drin, dass Wick sehr Womo- unfreundlich sein soll.
Also probieren wir es erst gar nicht selbst aus und rauschen durch Wick nur durch.
Wenn andere Womo- Fahrer hier schlechte Erfahrungen gemacht haben (und dies als Reisebuchautoren wohl mehr als einmal) und daher von einem Besuch eher abraten, dann folgen wir in diesem Fall dieser Bitte.
Vielleicht halten Sie es auch so?
Ein paar Bilder von Wick während der Durchfahrt machen wir dann doch. Das Städtchen sieht ja eigentlich ganz nett aus, aber selbst wenn wir Lust zum Anhalten gehabt hätten, wäre das so kurz vor Erreichen von „Land´s End“ in John O´Groats eher kontraproduktiv gewesen. Wir wollten jetzt und heute oben ankommen. Also Augen zu und durch.
Ein paar Eindrücke von Wick Ein kleiner Stau auf der Gegenspur
Fishermans Festival und Highland 2007
Am Ortsausgang von Wick passieren wir ein relativ neu errichtetes Einkaufszentrum. Als Zentrum dieser Einkaufsgalaxies, wie sollte es auch anders sein, dient natürlich ein riesiger Tesco. Glück für uns…
Denn im Gegenzug zu dem Lidl- Einkaufszentrum an der Ortseinfahrt, verfügt das Tesco- Einkaufszentrum an der Ortsausfahrt wieder über eine supermarkteigene Tankstelle.
Klar, dass wir den Dieseltank für 0,969 £ / Liter randvoll machen. Ich schätze mal günstiger kann es von nun an auf keinen Fall mehr werden.
Eingekauft haben wir im Tesco übrigens nicht. Wir haben ja alles notwendige im Lidl geholt. Also nur tanken und weiter gehts.
Ortsausfahrt: Noch 16 Meilen bis John O´Groats rechts kommt wieder ein Tesco- Tempel
Da halten wir an und tanken Luke voll für 0,969£ pro Liter
Die letzten 16 Meilen sind recht schnell absolviert, es geht noch ein wenig über Land, viel Verkehr ist allerdings seit Wick nicht mehr, wir haben die Landstraße mittlerweile fast für uns.
Sieht wirklich ein wenig aus, als würde gleich irgendwo das Ende der Welt kommen. Na hoffentlich hatten die großen Entdecker Magellan, Columbus und Marco Polo wirklich recht damit, dass die Erde rund ist. Wenn nicht, muss hier definitiv der Ort sein, wo die Scheibe endet und wir herunter fallen.
Hier oben ist wirklich nichts mehr.
Die letzten Meter bis zum Ende der Welt (bzw. der brit. Insel) Sogar das Licht und die Wolken wirken zeitweise komisch
Wir passieren noch ein paar kleine Örtchen und ein paar Weiden mit Schafen
Kurz vor knapp: Wir passieren die Ortsgrenze Hier ist wirklich „das Ende der Route“, wir sind da, ganz oben
Am Ende der Welt kommt, wie sollte es auch anders sein, natürlich keine tiefe Schlucht in die man hinein fällt, sondern ein ganz schnöder Parkplatz.
Auch hier wieder mit extra Buchten für Wohnmobile, Trailer und Gespanne. 🙂
Aber auch hier: No Overnight Parking! 🙁
Wir halten an und steigen erstmal aus. Das wollen wir uns näher ansehen.
Ich komme auf dem Parkplatz ganz unvermittelt mit ein paar Engländern ins Gespräch. Sie hätten uns vorhin irgendwo bei Wick überholt und gleich gesehen, dass wir Deutsche wären.
Oh- oh, was kommt jetzt?
Ich kann mich gar nicht daran erinnern, dass uns genau dieser VW Caddy überholt haben soll. Wir wurden so oft überholt….
Haben wir wo was falsch gemacht? Vielleicht keinen Platz gemacht? Anja hat nichts gesagt und ihre Hemmschwelle ist sonst recht niedrig, wenn ich auf der Straße ein wenig „Streit suche“…
Ob die vielleicht Streit suchen? Ich gehe einen Schritt zurück in Abwehrhaltung…
Die zwei sind aber ganz harmlos. Ebenfalls Camper, sie pennen aber in ihrem VW Caddy.
Ganz klar Hardcore-Camper ohne jeglichen Luxus… Ein wenig „riecht“ man es auch. Moderne Vagabunden oder sowas.
Wollen nur von uns wissen, wo wir her kämen, wo wir hin wollten und wie wir Schottland fänden.
Sie fänden jedenfalls die WM 2006 in Deutschland ganz toll gelungen und überhaupt hätten wir mit den tempolimitlosen Straßen in Deutschland ja die schönsten Autofahrerschnellfahrmöglichkeiten in Europa.
Sie wären schon oft in Deutschland gewesen, aber sie würden sich jedesmal, wenn sie gerade neu „bei uns“ wären über den pulsierenden Fahrstil der Deutschen wundern. Man könne 1000 Kilometer „in the UK“ auf dem Motorway fahren ohne nur einmal Probleme zu bekommen, aber kaum würde man Germany nur einmal kurz auf der linken Spur fahren, würde man schon von hinten angeblinkt…
Ich muss grinsen… Gerade „Nicht-Deutsche“ (die ja dann keine Zivilbullen sein können) blinke ich besonders gern (mit dem Bravo 16V natürlich) von hinten auf der linken gern mal an…
Während ich so ein wenig mit den beiden Insulanern quatsche (über Rapsöl, das Wohnmobil, ob wir es verkaufen wollten, was es wohl noch wert wäre, wie das links fahren mit einem Rechtslenker ist, ob das britische Essen schmeckt, wo die beiden her kommen, wo sie hin wollten, ob Campen im Caddy nicht unbequem wäre, usw usw usw) erledigt Anja schonmal die erste Erkundungsrunde. Schaut, was noch offen ist und besichtigt werden kann und natürlich wo das „Letzte Haus“ ist.
Am Ende der Welt: Ein einfacher Parkplatz Ich im Gespräch mit den beiden Engländern (rechts ihr Caddy)
Nachdem Anja zurück keht und wir uns höflich von den beiden Campern verabschiedet haben, erkunden auch wir ein wenig das Dörfchen. Ich habe es mir aber ehrlich gesagt etwas anders vorgestellt.
Es ist kalt und uselig hier oben, der so häufig im Internet bewunderte Wegweiser ist leider nur ein weißer quadratischer Stumpf, von ihm hat man alle Wegweiser entfernt. Es gibt ein Hinweisblättchen am Wegweiser, dass der örtliche Fotograf angerufen werden kann. Der würde dann die Wegweiser mitbringen und einstecken. Ganz toll!
Ich erwarte ja nicht, dass das Teil hier kostenlos meine Heimatstadt Kerpen anzeigt, aber wenigstens ein paar Allerweltsstädte wie Köln, Berlin, Paris, London, New York oder Tokio hätten ja mit der korrekten Entfernung oder wenigstens mit der Richtung drauf stehen können.
Dann eben nicht, wir machen ein paar Bilder von einem traurigen löcherigen quadratischen Balken und verkrümeln uns wieder.
Der Wind frischt auf.
Gerade noch rechtzeititg vor der nächsten Böe können wir uns in das „letzte Haus“ retten. Leider auch nur eine Touristensouvenirbude, aber wenigstens ist es warm hier drin. Und der Eintritt war kostenlos!!
Wir stöbern ein wenig, was es hier oben so an möglichen Souvenirs zu entdecken gibt.
Ne Packung Kekse für 8 Pfund. Unglaublich…
Das der Eintritt kostenlos war, ist auf den ersten Blick zwar schön, aber nicht wirklich rühmlich, denn außer den Souvenirs gibt es hier nichts zu entdecken. Und genauso enttäuscht, wie ich vom letzten Haus bin, genauso enttäuscht bin ich auch von John O´Groats.
Ich muss vielleicht so fair sein und dazu sagen, dass ich mich ziemlich abgespannt und ausgepowert fühle. Vielleicht ist John O´Groats schöner, als es sich mir im Augenblick erschließt, aber in diesem Moment habe ich keine Lust hier nur umher zu irren, in diesem Moment möchte ich irgendwo ankommen.
Wir haben diese weite Reise gemacht, um einen Punkt zu erreichen, von dem aus es nicht mehr weiter geht. Und das haben wir, wir sind da.
Wie schon bei einigen Reisen zuvor. Nordkapp und südlichster Punkt von Europa, nun der nordöstlichste Punkt des britischen Festlandes und der Ort wo aus Süden kommend „das letzte Haus“ und von Norden kommend (zum Beispiel mit der Fähre) das „erste Haus“ steht. So steht es auch beschildert: The last House in Scottland.
Und trotzdem ist es nur ein Haus. Und so ganz sicher, welches Haus es nun wirklich ist, das wissen wir auch nicht.
Laut Reiseführer ist es das weiße Haus, aber: das kleine Holzhaus am Fähranleger, das sich treffend „The First and Last“ nennt, steht aber meiner Meinung nach etwas näher zum Wasser hin. Aber es heißt eben nur „The First & Last“ und nicht „House“.
Ja was für ein Unsinn.
Könnte mir bitte jemand erklären, welches nun das echte letzte Haus ist?
Ein Blick in den Reiseführer bestätigt unseren Verdacht, dass das weiße Haus das richtige Haus sei. Aber ob das stimmt?
Ja ich gebe zu ich bin enttäuscht, ich habe mir deutlich mehr darunter vorgestellt. Und ja, wer sich gerade wundert, ich mache es mir selbst gerade mies.
Hier oben ist doch gar nichts !!! Alle folgenden Bilder stellen locker 80-85 % der im Ort vorfindbaren Infrastruktur dar!
Last House Museum und Souvenir Shop The Last House of Scottland Gift Shop
First & Last „irgendwas“ in Scottland am Fähranleger Bild von oberhalb: The „First & Last“ Links, the „last House“ rechts
Das „Groats Inn“ halb zerfallen mit Blick auf den Strandmodder…
Und natürlich der berühmte Wegweiser ohne Wegweiser… und das bezahlen natürlich nicht vergessen *zähneknirsch*
Ach ja, auch in John O´Groats finden sich übrigens nirgendwo Hinweise oder Beschilderungen auf die Highland Titles, obwohl laut der Urkunde bzw. gemäß der Karte auch direkt hier in John O´Groats Landpäckchen verkauft worden sein sollten.
Macht aber auch nichts, ich habe nach unserer Glencairn- Erkenntnis nichts anderes erwartet.
Nachdem wir eine Runde gedreht haben, kehren wir schon zum Wohnmobil zurück. Es ist kalt im Womo, die Sonne hat es an diesem Tag versäumt mangels Durchschlagskraft gegen die Wolken den Aufbau aufzuwärmen. Ich mag auch nicht mehr. Am liebsten würde ich mich jetzt nach Hause auf den Fernsehsessel und auf die Fussbodenheizung beamen.
Aber beamen geht noch nicht und wir müssen nehmen, was wir hier oben bekommen können.
Der örtliche Campingplatz befindet sich übrigens schräg rechts direkt hinter dem letzten Haus, man kann ihn nicht verfehlen.
Wir steuern mit dem Wohnmobil auf die Rezeption zu und checken für die Nacht ein, es ist etwa 18 Uhr Ortszeit.
Die Dame ist etwas unfreundlich und wirsch, aber bei dem Wetter, was die hier oben haben, kann ich es ihr nichtmal verdenken. Sie fragt als aller erstes, ob wir hier pennen wollten.
„Nein“ denk ich mir, „ich will nen Kühlschrank kaufen…“ flüster ich mir selbst in den Bart…
„Pardon?“
Ohne viel Palaver um das Wetter oder sonst irgend einen Small Talk bekommen wir für 12 Pfund einen Platz mit Strom für die Nacht und einen Schlüssel an einem schwarzen gammeligen Bändchen (das war, so schätze ich vorsichtig, irgendwann zwischen 1716 und 1859 bestimmt mal weiß gewesen…) für die Toilettenhäuschen. Ja genau: Ein Schlüssel für 2 Personen, bedeutet wir gehen dann abwechselnd aufs Klo oder einer schließt dem anderen auf.
Wir bekommen mitgeteilt, dass nur eine Reihe mit den Aschplätzen hier oben im Moment Strom habe, alle Wiesenplätze seien abgeschaltet.
Macht auch nichts, der Aschplatz ist schon in Ordnung.
Außer uns steht noch ein alter aber äußerst gut erhaltener VW- Bully beim Servicehaus, in geringer Entfernung zum Bully ein paar Hardcore-Camper mit Opel-Combo Kastenwagen und Zelt.
Auf dem Aschplatz selbst steht ein Ford Transit mit Hochdach. Insgesamt sind wir Wagen Nummer 4 an diesem Abend und ohne überheblich zu klingen und in den Transit hinein geschaut zu haben, haben wir heute Abend möglicherweise das luxuriöseste Fahrzeug hier oben. Und das mit nem 1984er Dethleffs…
Wir parken rückwärts mit Blick auf die See. Was mir sofort auffällt: Die Luft ist hier oben noch richtig salzig.
So wie es früher mal an der Nordsee war.
Als ich klein war habe ich das Salz auf der Insel Borkum auf den Lippen geschmeckt, heute habe ich das nicht mehr, egal welche Küste wir bereisen. Vielleicht sind meine Sinne nicht mehr „geschärft“ genung, wer weiß?
Hier oben jedenfalls ist die Luft so salzig, dass ich es wieder schmecken kann.
Ein gutes hat der auffrischende Wind dann doch gehabt. Auf einmal haben wir ein riesiges Wolkenloch über uns, dahinter scheint uns aus dem Rücken die Sonne zu, es ist klar und kalt. Das ganze hat nichtmal 15 Minuten gedauert, dann hatte sich die Abendsonne durchgesetzt.
Eigentlich perfektes Wetter für Schottland…
Wir stehen als letzter in unserer Reihe mit Blick auf die Bucht und das Meer (k)
Panoramabildversuch der Bucht von John O´Groats, die Sonne hat sich durchgesetzt, die Wolkendecke über uns ist endlich aufgerissen
Nachdem wir uns häuslich eingerichtet haben (die Heizung bleibt aus, wir müssen Gas sparen…) machen wir uns an ein wenig Wäsche zu waschen.
Das Servicehaus hält hierfür glücklicherweise alle erforderlichen Waschmöglichkeiten bereit.
Das Waschen der Wäsche kostet 2 Pfund, ein weiteres Pfund ist für den Trockner fällig, Waschmittel natürlich nicht enthalten.
Wo wir grad beim Thema Geld sind: Mittlerweile haben wir 3 verschiedene 10-Pfund- Scheine im Portemonaie. Einen „echten“ 10-Pfund, Bank of England, dann einen 10-Pfund Bank of Clysdale (schon wieder!) und einen authentischen 10-Pfund Bank of Scottland- Schein. Wer soll da denn noch durchblicken? Alle scheinen hier oben gültiges Zahlungsmittel zu sein, wurden bisher überall problemlos akzeptiert.
10 Pfund, 3 Scheine, was für eine Artenvielfalt…
Das Servicehaus bietet neben Duschen & Toiletten noch Wasch- und Spülgelegenheiten
Während die erste Wäsche fröhlich vor sich hin wäscht, entscheiden wir für uns das Abendessen.
Wir wollen es einfach halten und schauen, was unsere bescheidene Bordküche denn so hergeben kann.
Die Wahl fällt auf ein deutsches Glas Chili con Carne vom Aldi und ein paar niederländische Knax- Würstchen von Unox als Fleischunterstützung.
Diese sind mit Käse gefüllt, es schmeckt anders, als zunächst erwartet, sind aber durchaus ganz brauchbar.
Besser als nichts. Und es ist schnell warm gemacht ohne dabei viel Gas zu verbrauchen. Dazu gibt es schottisches Brot mit Margarine und Cola.
Schnell warm und fertig: Chili con Carne mit ner „Extrawurst“
Nach dem Abendessen wird der Spül im Servicehaus abgewaschen und die Wäsche aus der Waschmaschine in den Trockner geworfen. Mit dem Trockner sind wir allerdigs skeptisch, das Ding macht einen Riesenkrach und scheppert so laut, als wäre die Trommel komplett ausgeschlagen und nun im Metalkasten irgendwie frei rotierend.
Na wir sind mal gespannt, ob mit dem Ding unsere Wäsche wirklich trocken wird?
Betrugstrockner!
Nachdem wir die Wäsche dem Trockner übergeben haben, sind wir zurück zum Womo.
Es ist knackig kalt geworden, das Loch im Himmel über uns scheint irgendwie die Kälte aus dem Weltraum direkt zu uns herab zu lassen.
Ich fange nun an ein wenig am Reisebericht zu tippen, Anja räumt ein wenig auf und hält die Bude in Schuss.
Nach etwa 1 Stunder geht Anja dann mal nach der Wäsche schauen:
Wir haben ja für die erste Runde 1 Pfund bezahlt, aber nach der ersten Runde war die Wäsche noch immer nass und so hat Anja für weitere 30 Minuten Trockner noch mal ein Pfund locker gemacht.
Nun kommt sie völlig enttäuscht mit den Worten „Betrugstrockner!“ vom Wäsche holen zurück.
Die Handtücher sind noch genau so nass, wie wir die Klamotten aus der Waschmaschine geholt haben.
Die 2 für den Trockner ausgegebenen Pfund kann man sich wirklich sparen, schauen sie mal oben auf das Bild, wenn Sie bei ihrem eigenen Besuch noch immer den gleichen Trockner vorfinden, dann würden wir eher von einer Benutzung dringend abraten…
Es ist knackig kalt an diesem Abend, der Mond ist schon aufgegangen, die Wolken sind inzwischen komplett verschwunden
Die Sonne ist mittlerweile endgültig untergegangen, es ist 22 Uhr durch.
Draußen ist es stockdunkel.
Das Wohnmobil gleicht nun einem fahrenden und gleichzeitig stehenden Waschsalon, es trocknet nun um uns und über uns die Wäsche, die der Trockner nicht trocknen wollte. Die Luft ist feucht und kalt.
Draußen sind es sind nur noch 6°C, drinnen mangels Heizung noch knapp 13°C.
Das wird eine kalte Nacht, soviel steht schon mal fest.
Zum Glück können wir jedoch den Alkoven durch den Vorhang recht gut gegen den Rest des Wohnmobils abschotten und so hoffentlich einigermaßen gut schlafen, ohne das sich dabei durch die kalt-feuchte Luft Fische oder Algen in der Lunge bilden…
Zitat des Tages:
„Iß dein Teller leer“
„Ist aber sehr scharf!“
„Na und? Scharf ist gesund!“
„Wer hat dir denn den Quatsch erzählt?“
„Na, ist doch bekannt, das regt die Verdauung an!“
„Ja, tolle Verdauung, wenn ich gleich Durchfall bekomme…“
KM- Stand bei Abfahrt: 177.311
KM- Stand bei Ankunft: 177.517
gefahrene Kilometer: 206
Interessanter und humorvoller Bericht.
Irgendwie habe ich mir Schottland anders vorgestellt!
Danke für die Beschreibungen und Bilder.
LG
Gerrit Pagels