Der Tag beginnt mit nahezu strahlend blauem Himmel! Nur einige wenige weiße Wolkentupfer stören das Himmelblau. Ein perfekter Start für eine Stadtbesichtigung von Tintagel, für einen Spaziergang zum Castle und natürlich für das erste Frühstück im Freien!
Während Anja mit Tim den Tisch draußen vor dem Wohnmobil aufbaut und die Stühle ausklappt, spaziere ich mit Nils kurz gegenüber zum SPAR- Supermarkt, um dort ein paar Brötchen und noch etwas Milch zu holen.

Kurze Zeit später stehe ich unschlüssig im Supermarkt. Wie ein Tourist, der den aufgedruckten UV- Faktor auf der Sonnenmilch im Ausland nicht versteht.
Mein Problem: Sind die Brötchen, die hier in der Auslage liegen, nun bereits verzehrfertige Brötchen? Oder müssen die noch fertig gebacken werden? Rein optisch sehen sie so aus, wie bei uns Aufbackbrötchen vom Discounter! Und da die 4 Semmeln auch nicht lose im Brotkörbchen liegen, die wie Baguettes nebenan, sondern in Folie eingeschweißt sind, könnten die wirklich zum Fertigbacken sein!
Aber stört uns das? Nein. Ganz souverän und zufrieden packe ich ein Paket mit 4 „Rolls“ und ein weiteres Paket mit 2 Croissants in mein kleines Einkaufskörbchen. Dass wir die Brötchen gleich noch aufbacken müssen, macht gar nichts! Denn wer kann schon dem unwiderstehlichen Duft frischer Brötchen standhalten, wenn diese im wohnmobileigenen Gasbackofen frisch aufgebacken werden?!

Zurück am Wohnmobil schmeißen wir die Brötchen auch gleich in den Ofen und decken den Tisch draußen im Freien fertig, kaum dass die Brötchen aus dem Ofen kommen. Fast schon fühlen wir uns wie auf einem Campingplatz, nur eben ohne Strom und Servicehaus! Dafür haben wir aber auch nur für 3,50 Pfund die Nacht und 2 Pfund Tagesparkgebühr bezahlt. Und nicht 25-30 Pfund, was wir so im Duschschnitt bisher auf einem Campingplatz hier in Südengland bezahlt haben. Da kann man durchaus zufrieden sein und das sind wir auch!

Wir lassen uns Zeit mit dem Frühstück. Anja und ich schauen gemütlich zu, wie sich die Kinder auf dem weitläufigen Areal mal austoben können, ohne jemanden zu stören.
Viele der benachbarten Wohnmobile sind bereits abgefahren und der Platz ist schätzungsweise nur noch halb voll, eher noch weniger.
Dennoch erstaunlich, was man mit einem Stück Wiese doch noch an Geld verdienen kann, indem man eben 3,50 für die Übernachtung kassiert. Sie könnten aber auch 5 Pfund nehmen und ich würde wetten, dass nicht ein Wohnmobil weniger kommen würde! Vielleicht ist die Konkurrenz schuld an dem günstigen Preis! Ist ja bei weitem nicht der einzige Parkplatz hier in der Stadt, auf dem Wohnmobile stehen dürfen. Wer z.B. nicht auf Gras stehen mag oder den Platz bei Dauer- Beregnung schlichtweg nicht befahren kann, findet im Parkareal nebenan (dem King Arthur Car Park) ebenfalls eine Park- und Übernachtungsmöglichkeit für Wohnmobile. Dort steht man dann aber auf befestigtem Beton, wie ich mich beim Blick über den Zaun zu den Nachbarn vergewissern kann. Wäre die Alternative, wenn jemand nicht auf Gras stehen mag.

Was mir nur komisch vorkommt: Warum haben die hier diese RIESIGEN Parkflächen?! Hier ist doch nix los! OK, ein bisschen „los“ ist natürlich schon. Denn gestern Abend standen ja doch ein gutes Dutzend Wohnmobile hier. Wenn man aber überlegt, dass hier locker 50 Wohnmobile unterkommen können und gleich nebenan für die gleiche Menge Wohnmobile nochmals Platz ist, dann ist das schon komisch.
Jetzt könnte man ja sagen: „In der Saison wird es voller“. Aber es IST Saison! Ich meine „Hallo?“
Es ist Samstag! In den Ferien! Dazu noch bestes Wetter! Wenn es an einem solchen Tag nicht voll wird, bitte wann denn dann?
Nach dem Frühstück räumen wir auf und machen uns stadtfertig! Wäre doch gelacht, wenn wir König Artus, sein Schwert Excalibur und mindestens auch einen Hinweis auf den Verbleib des heiligen Grals nicht hier in Tintagel finden würden!
Gegen 11 Uhr geht es dann los! Zuerst spazieren wir die wirklich malerischen Gassen der Altstadt rauf und runter. Besonders die alte Poststation ist dabei recht sehenswert!
Selten haben wir ein so schiefes wie gleichzeitig robustes Haus gesehen! Da wirkt mancher Neubau bei uns wackeliger und ich mag bezweifeln, dass unsere aktuellen Neubauten im Jahre 2716 noch immer stehen! Denn die Poststation hier stammt aus dem 14. Jahrhundert und ist somit satte 700 Jahre alt!! OK, die Post hat das Gebäude erst im Jahre 1892 von den Vorbesitzern gebraucht besenrein übernommen. Der gute Zustand ist also nicht der Verdienst der britischen Postbehörden, sondern der Baumeisterqualitäten von vor Siebenhundert Jahren! Steht man davor, muss man fast schon ehrfürchtig das Gebäude würdigen! Jeder Stein ist weitaus älter, als man selbst. Und hätte das Haus eine Persönlichkeit, es würde uns wuselnde Menschen vor sich maximal unterbewusst als Wimpernschlag wahrnehmen. Eine beeindruckende Vorstellung!
Die Poststation ist wirklich ein sehenswertes, echtes, authentisches und uriges Cottage! Ihr solltest es unbedingt anschauen gehen, zumal es wirklich fast direkt gegenüber dem Wohnmobilstellplatz zu finden ist. Einfach hin spazieren und jeder Tages- und Nachtzeit ein tolles Foto machen.

Neben der Poststation sind natürlich die anderen Gebäude der Stadt nicht minder sehenswert. Sie mögen nicht ganz so alt wie die Poststation sein, klar, verströmen aber dennoch einen ganz unverwechselbaren Charme, wie es nur ein südenglisches Dörfchen vermitteln kann. Ein bisschen können wir es gestern mit der Ortsdurchfahrt durch Porlock vergleichen. Da war das Gefühl ähnlich.
Fast hat man den Eindruck, das Städtchen Tintagel könne ebenso gut als Siedlung im Auenland zuhause sein! Die Größe der Türen, Fenster, Fluchten, Gänge und Wege sehen zumindest eher danach aus, als seien Frodo, Sam und Peregrin hier zuhause und nur mal eben kurz zum Vulkan einen alten Ring entsorgen.
Und wir? Würden uns als normalgroße Mitteleuropäer, ähnlich wie Gandalf, in den Häusern höchstwahrscheinlich den Kopf gegen den nächsten Querbalken hämmern!
Man müsste eigentlich echt mal klingeln und kurz fragen, ob wir eines dieser urigen Häuser mal von innen bewundern dürfen!

Vom alten Posthaus aus folgen wir der Hauptstraße mal Richtung Castle und gehen ein Schritt weiter und über den Wegweiser hinaus, der an der Straßenecke hinter dem Fisch&Chip- Imbiss kam. Auch dieser Weg lohnt sich! Es tun sich weitere kleine Geschäfte auf, die sowohl Souvenirs wie Kitsch und Tand anbieten. Plastikschwerter, echte Schwerter, Kronen, Tafelrunden, aber auch Fußbälle, Taucherequipment, Flaggen, Schuhe, Schirts. Oder Keramik! Eine alte „Pottery“ bietet an, was der Brennofen hergegeben hat! Um den schönen Schein nicht zu zerstören verzichten wir darauf, die Steingutschalen umzudrehen und nachzuschauen, ob unter dem groß gedruckten „Handmade“ Aufkleber in Schriftgröße 6 der Hinweis „in China“ zugesetzt ist. 😉

Abrupt folgt der Einlass zum berühmten Tintagel Castle!
Das hatten wir nicht erwartet! Eigentlich wollten wir nach dem Frühstück nur eine kleine Orientierungsrunde drehen, die Preise für Souvenirs und Postkarten checken und so. Danach zurück zum Wohnmobil, passende Schuhe und etwas Proviant mitnehmen und dann erst zum Castle losmarschieren.
Aber wo wir jetzt schonmal da sind, können wir ja auch kurz mal ins Visitor Center reinschauen. Mal schauen, was der Eintritt kostet und so. Dann können wir uns vorbereiten.

Infobox Tintagel Castle:
Tintagel Castle heißt auf kornisch (das ist die Sprache, die hier lokal auch in Cornwall gesprochen wird) übrigens Kastel Dintagel. Und das wiederrum kann man mit „Festung des schmalen Zugangs“ am besten übersetzen. Und das stimmt auch, denn die ehemalige Trutzburg verbindet nur eine schmale Landzunge mit dem Festland.
Mir unverständlich, wie man damit früher einen strategischen Vorteil erlangen konnte (als Angreifer einfach Zugang abschlagen, fertig…) aber sei´s drum. Das Castle ist gar nicht so alt, wie man vielleicht vermutet. Jedenfalls ist aus römischer Zeit keine Siedlung an dieser Stelle gesichert. Es gibt zwar einige anderslautende Theorien, die das Kloster mit in Bezug bringen, aber nichts Genaues weiß man nicht. Wie immer.
Die mittelalterliche Burg stammt aus der Mitte des 13. Jahrhunderts. Möglicherweise erfolgte schon damals das Errichten der Burg aus marketingtechnischen Gründen, denn etwa zur Mitte des 12. Jahrhunderts wurde die Artus- Sage populär. Dafür spricht, dass die Burganlage selbst schon damals keinen strategischen Wert hatte. Und Burgen waren teuer! Wer mal ein Haus mit Giebeldach gebaut hat, kann das zumindest ansatzweise bestätigen!
Na jedenfalls war die Burg damals schon das, was man heute im Phantasialand vorfindet! Alles nur Show! Zwar ist die Burg immerhin nicht aus Pappmache wie die (inzwischen ehemalige) Westernstadt in Brühl, aber wissenschaftliche Berechnungen haben ergeben, dass z.B. die Wandstärke der Steine einem Angriff mit für damalige Verhältnisse üblichem Belagerungsgerät niemals standgehalten hätte! Die Burg sei daher, so berichten es die Quellen, eher aus repräsentativen Gründen gebaut worden. Wie wir sagen: Marketing! 😉
Die Halbwertszeit war übrigens ähnlich, wie die Attraktionen im Phantasialand, die keinen Gewinn mehr einbringen. Schon im 15 Jahrhundert galt die Burg nämlich wieder als „verfallen“, was aber nicht davon abhält, dass die Legende um König Artus lebt!
Denn an keinem anderen Ort als hier, soll der König Britanniens, Herrscher über das Schwert Excalibur, Wissender über den Verbleib des heiligen Grals und Vorlage für viele BlutmetzelHelmSpalter- Filme gezeugt worden sein! Genau HIER!

Wir stellen uns am Schalter an und bekommen kurz darauf von einer sehr netten Dame den Rat, doch erstmal vom Aussichtspunkt das verfallene Schloss anzuschauen! Von dort würde man auch schon viel sehen können und davon abgesehen sei der Weg mit einem Kinderwagen (wenn auch ein Buggy) sowieso nur schwer zu meistern! Dennoch könnten wir es natürlich versuchen und den Buggy auch einfach am zweiten im Tal gelegenen Visitor Center stehen lassen.
Wenn wir das Kind tragen, kämen wir auch zum Schloss. Und das Beste: Wir müssten uns nicht jetzt entscheiden, denn im Tal gäbe es auch noch einen Ticketverkauf!
Diese Auskunft ist zwar marketingtechnisch eine Katastrophe, aber ihre Auskunft ist menschlich wie ehrlich und so bedanken wir uns sehr höflich für die ungewohnt ehrliche Hilfe! Wow. Die Dame wird sicherlich nie Mitarbeiterin des Monats werden, gewinnt aber hier und heute unseren ganz persönlichen „transitfrei“- Preis für die ehrlichste und hilfreichste Beratung zu einer Sehenswürdigkeit, die wir jemals empfangen haben! Danke!

Da übrigens auch im Michael- Müller Reiseführer steht, dass man das Schloss ebenso gut aus der Ferne „für ümme“ anschauen kann, folgen wir der Idee. Sei ja eh nur eine Ruine und seine ehemalige Größe wird besonders aus der Distanz eher gewahr, als wenn man zwischen alten Steinen umher turnt. OK, das leuchtet ein.

Jetzt wäre übrigens eigentlich der Punkt, wo wir umkehren, zum Wohnmobil zurückgehen, unsere Sachen holen und dann eben für die richtige Burgbesichtigung losmarschieren würden. Aber jetzt sind wir schon so weit gekommen, da können wir auch noch die letzten Schritte machen. Wenn es zu weit zum Aussichtspunkt wird, können wir ja noch immer umdrehen!
Gesagt, getan, geht es für uns am Infopoint raus und dann weiter den Berg hinab. Denn das ist das Unglückliche an der Sache. Um zum Aussichtspunkt über das Schloss zu gelangen, muss man zunächst runter ins Tal und dann eben auf der anderen Seite wieder hoch! Und der Weg ins Tal ist enorm steil!
Vielleicht weist schon deshalb ein Schild auf einen „Land Rover Service“ hin. Für die Talfahrt benötigt man ihn zweifelsohne nicht (außer man ist mobilitätseingeschränkt und kann eine lange Talwanderung nicht durchführen), aber für den Weg zurück erscheint der Land Rover eine tolle Alternative. Zumal es ein echtes englisches Highlight wäre, wenn wir eine Runde mit einem Landrover durch die Steilklippen fahren würden! Aber dies, wenn überhaupt, erst später wenn es wieder an den Aufstieg gehen wird.

Wir spazieren den Weg hinab und lassen den englisch dreinschauenden LandRover Fahrer weiter englisch dreinschauen. Tatsächlich ist der Weg bis ins Tal wirklich nicht sehr weit, obgleich wir auf halbem Weg dem Wegsweiser zur „Church und Coastal Path“ folgen und nicht, wie ausgeschildert, weiter talwärts in Richtung „Main Entrance“ gehen. Wir hoffen einfach, dass wir diesem Weg folgend, den richtigen Aussichtspunkt entdecken werden.
Wir bereuen den Weg übrigens keine Sekunde!
Denn nur kurz darauf entdecken wir einen kleinen Bach und eine Höhle, die Nils sofort als Versteck für eine Geisterattacke auf uns nutzt. BUAH!

Auch Anja findet diese Felsspalte faszinierend und spricht aus, was ich denke! Wenn König Artus den heiligen Gral wirklich fand und ihn dann versteckt hat, dann könnte dieses Versteck durchaus nicht nur bei seinem Grab in Glastonbury, sondern ebenso gut auch bei seinem Geburtsort hier in Tintagel sein! Ein wenig scheint es jedenfalls so, als strahle die Kraft des Grals auch hier! Selten, dass wir so positiv gelaunt waren und wie junge Bergziegen über die Kletterfelsen des Glebe Cliff kraxeln. Das kann unmöglich nur am guten Wetter, dem Rauschen des Meeres vor uns und den saftgrünen Wiesen mit der guten Luft liegen!

Info- Box König Artus:
Bei einem Spaziergang hier durch die Büsche verfliegt auch jede Skepsis ehrlich gesagt, ob es König Artus überhaupt jemals gegeben hat! Seine Geschichte ist nämlich keinesfalls wissenschaftlich gesichert! Fakt ist wohl nur, dass nach dem Rückzug der Römer aus Großbritannien immer wieder zu Kämpfen zwischen Sachsen, Pikten und der einheimischen Bevölkerung gekommen sein soll. Sachsen wie Pikten zogen brandschatzend über das unverteidigte Land.
Bis sich eine Gruppe Einheimischer den römischen Tugenden bewusst wurde und ein Ambrosius Aurelius über eine mehrere tausend Mann starke Truppe das Kommando übernahm, um sein Heimatland zu verteidigen. Bei einer dieser Schlachten fiel der Gute Ambrosius und ab da wird es mystisch. Denn jetzt übernahm angeblich Artus das Ruder, der durch erfolgreiche Diplomatie wie auch erfolgreiche Schlachten schnell Frieden stiften und Wohlstand sichern konnte. Zu seiner Seite: 12 Ritter, die seine Stadthalter waren und das Land nach diesem Credo durchzogen. So eine Art Bürgerwehr also, aber im Auftrag des Chefs. Die ersten Sherriffs! 😉
Aber ob es sie gab, und ob sie dabei auch, wie es die Legende erzählt, eigentlich auf der Suche nach dem heiligen Gral waren, ist noch viel weniger überliefert!
Bleibt nur die Faszination für eine Sache, die seit Tausend Jahren die Menschen in ihren Bann zieht. Und hier, an der angeblichen Wiege des König Artus, bin ich wieder einmal mehr wie einmal geneigt, diese Legende zu glauben. Was sonst hätten wir für einen schönen Grund, diesen Ort zu besuchen?!

Der Coastal Path führt uns nun wieder höher hinauf und lässt das Tal unter uns zurück. Wir bekommen einen wunderschönen Ausblick auf das, was wohl die Ruine des alten Castle sein dürfte. So zumindest interpretieren wir die Mauerreste, die wir in der Ferne ausmachen können.
Echt zu blöd, dass wir den Platz hier so spontan angesteuert haben und uns jetzt so ziemlich alles fehlt. Nicht nur der Rucksack mit Wegproviant für ein Picknick hier oben, auch das große Objektiv für die Kamera liegt warm und trocken im Wohnmobil. Schade! Damit hätte ich die Mauern noch viel besser heranzoomen können. Aber wenigstens den Felsen können wir euch prima zeigen. Und auch seine strategisch absolut ungünstige Lage für eine Burg…

Zu unserer Überraschung entdecken wir auch hier mitten im Nichts kurz darauf ein Kassenhäuschen, welches Geld von uns verlangt! Das kommt unerwartet! Doch es gibt einen Bypass links davon weiter nach oben, dem wir folgen. Sicherlich werden wir damit das Häuschen nicht umschiffen können, so blöd sind die Engländer nicht, aber wir kommen immerhin auf das hohe Plateau oberhalb des Kassenhäuschens, ohne dafür zahlen zu müssen.

Und der Umweg bzw. Aufstieg eine Etage höher lohnt sich! Die Aussicht wird nochmals schöner, besser, intensiver! Von hier aus kann man das, was vom Tintagel Castle übrig ist, wirklich wunderbar bestaunen! OK, es dürfte einen Tacken näher sein! Wer ein Fernglas hat, darf es ruhig mitnehmen! Das muss aber nicht zwingend Rommels Feldstecher aus dem Afrika- Feldzug sein, es tut wirklich ein ganz normales kleines Taschenfernglas. Selbst so kann man die alten Mauern des Schlosses ja prima erkennen, wenn man sie einmal in den Fokus genommen hat!
Damit ihr die Mauern auch prima erkennen könnt, haben wir euch die Burg mal eingezeichnet. Man erkennt die Überreste sonst nicht sofort

Schön auch zu sehen, dass unser Großer, Nils, mit seinen 4 Jahren richtig Spaß an der Natur und der Kletterei hier hat! Immer wieder eilt er Meter um Meter voraus, um uns dann zur Eile anzutreiben. Sein Ziel, eine hier auf den Klippen erbaute Kirche, die er aufgrund der optischen Erscheinung mit ihren Zinnen für die eigentliche zu besichtigende Burg hält, behält er dabei fest im Blick.
Soll ich es dem Bub jetzt sagen, dass eigentlich die billigen Mauerreste vor uns das eigentliche Schloss und der Grund dafür sind, dass wir hier sind? Ach, das lassen wir. Der springt so motiviert darauf zu, es wäre eine Schande diesen Vorwärtsdrang zu bremsen… 😉

Als wir auf der absolut obersten Stufe ankommen, bietet sich uns ein unglaublich toller Blick über die Landschaft! Vor uns die rauen Felsen und das Meer! Seitlich von uns grüne Wiesen und sanfte Hügel auf den Klippen und im Rücken die Silhouette von Tintagel mit seinen Häuschen! Der Aufstieg war beschwerlich und so machen wir sehr gerne eine kleine Pause im Gras!
Schade, dass wir nicht doch besser gleich einen Rucksack mit Proviant mitgenommen haben, um hier eine richtige schöne Vesper einzulegen! Gäbe es hier ein Kiosk, welches Cola und Sandwich für 16 Euro das Set verkauft, wir würden wahrscheinlich ohne mit der Wimper zu zucken 64 Euro ausgeben, um diesen Augenblick noch ein kleines bisschen gemütlicher zu gestalten! Aber selbst ohne Futter für die Truppe ist die Pause hier oben erholend!

Nach einer kleinen Pause es weiter. Ziel ist, ganz klar, die burgähnliche Kirche voraus! Sie sieht faszinierend aus und zieht unseren Bub wie magisch an! Mal sehen, wie alt die Kirche ist! Ist sie alt genug, käme sie vielleicht auch für den Aufenthaltsort des heiligen Grals ins Spiel! Oder zumindest ein Hinweis könnte sich darin vielleicht finden lassen. Wir sind gespannt!

Als uns der Kirche nähern, läuft einem fast ein kalter Schauer den Rücken runter!
Nicht, weil die Kirche durch ihre tatsächliche burgähnliche Optik eher abschreckend und gar nicht einladend wie ein Gotteshaus wirkt, sondern weil wir abrupt rundherum den angelegten Friedhof entdecken! Er ploppt geradezu ins Bild!
Dieser Friedhof bedient mit seinen wilden Gräsern, seinen windschiefen, teils verwitterten Grabsteinen, vereinzelten Krähen auf selbigen und teilweise keltisch angehauchten Kreuzen hinter einer ruppigen Steinmauer wirklich das ideale Klischee eines Zombiefriedhofs!

Ein Glück, dass wir gerade Tag haben! Wäre es Nacht, eine stürmische noch dazu, man könnte sich fast wie der „Eine“ aus dem Märchen der Gebrüder Grimm fühlen, der „auszog um das Fürchten zu lernen“!
Hier wäre der Platz, an dem es ihm zweifelsohne gelungen wäre!
Hammer! Man braucht einen Moment, bis man den plötzlich auftretenden Schreck überwindet und die Faszination des Reisenden (mit der nötigen Portion Respekt für einen Friedhof versteht sich!) zurückkehrt.
Mir VÖLLIG schleierhaft, warum sich der Reiseführer von Michael Müller zu dieser Kirche nebst Friedhof vollständig ausschweigt!
Vielleicht aus Respekt vor dem Umstand, dass es eben eine Kirche nebst Friedhof ist? Andererseits war auch gerade die Kathedrale von Winchester umfangreich im Reiseführer beschrieben. Daher ist es merkwürdig, dass es dieser viel sehenswertere Friedhof und seine Kirche nicht geschafft hat. Macht aber auch nichts, denn wir haben ihn ja auch so entdeckt.

Klar, dass zu aller Erst ein obligatorischer Besuch der Kirche nicht fehlen darf! Und was im Reiseführer fehlt, wird hier wenigstens kurz mit 3 Sätzen auf einer Info- Tafel erklärt.

Info- Box Pfarrkirche St. Materiana auf den Klippen in Tintagel:
Schon 500 n. Christus wurde die normannische Pfarrkirche St. Materiana auf den Grundmauern eines alten keltischen Oratoriums erbaut. Baumeister waren wahrscheinlich die Mönche eines angrenzenden Klosters in der Nähe von Boscastle.
Hält man dagegen das kleine Cottage und spätere Posthaus in Tintangel, wirkt dieses trotz seiner 70 Jahre nahezu wie ein Neubau! So wird Geschichte lebendig…
Es folgten einige Umbauten der Kirche, zunächst eine Überarbeitung im angelsächsischen Stil, zwischen 1080 und 1150 n. Chr. dann eine Anpassung an die normannischen Herren des Landes, genauer unter dem normannischen Grafen von Cornwall. Ausdrücklich weist die Info- Tafel darauf hin, dass trotz der zahlreichen Veränderungen die Kirche dennoch in ihrer Grundstruktur unverändert sei. Das glaubt man sofort, wenn man sie sieht!
Sie ist vom Innern her genau so erhalten, wie man sich eine Kirche aus dem Mittelalter vorstellt: Kalt, zugig, schlecht beleuchtet. Und schlicht!
Überhaupt nicht ausstaffiert und schon gar keine Spur zum Verbleib des heiligen Grals! Obwohl gerade hier, in einer Kirche gleich neben dem Geburtsort von König Artus, einige Hinweise doch besonders naheliegend wären! Aber hier ist, mit Ausnahme des alten Taufbeckens und der schweren Metallplatte darauf sowie einigen nichtssagenden Bildern, einfach mal nichts dazu zu finden! Gar nichts!! Dafür ist die Kirche wirklich einfach zu schlicht.
Gut, die Geschichte der Kirche weist noch aus, dass ein ortsansässiger Künstler im Jahre 2008 eine moderne Fassung von da Vincis letztem Abendmal hier ausgestellt hat. Wäre man nun Verschwörungstheoretiker, war dieser Künstler auf jeden Fall ein Senneschal und hat in diesem Bild, wie sein Großmeister einige Hundert Jahre zuvor, Hinweise zum Verbleib des Grals eingearbeitet! Da aber das Bild nicht mehr hier hängt, können wir diese Theorie leider nicht mehr nachprüfen.
Der Künstler hieß übrigens Nicholas St John Rosse. Klingelt es da bei euch bei dem Nachnamen auch? Rosse? Rosslyn? Rosenlinie? Na? 😉

Wir stromern nach der ehrfürchtigen Kirchenbesichtigung weiter um das Areal herum und versuchen, einige Innschriften auf den Grabsteinen zu entziffern. Einfach um heraus zu finden, wer hier gelebt hat und wie sie hießen. Viel mehr können wir ja eh nicht mehr heraus bekommen. Was die Menschen dachten, wie sie sich und das Land um sie herum sahen, ob der Alltag beschwerlich war, wie sie angetrieben hat, das alles erzählt kaum ein Grabstein. Es bleiben nur Namen.
Und manchmal ein Hinweis auf Schicksale. Wie das von A. Cole. Er ertrank 1894 beim Baden. Steht so auf dem Grabstein!

Schnell finden wir heraus, dass die der Burg zugewandte Seite wohl den „neueren“ Teil darstellt. Wir finden sogar einen schlichten Grabstein, der sich rein optisch erstaunlich schnell den übrigen angepasst hat. Obwohl er erst 1 Jahr alt ist!
Auf der kargen Seeseite hingegen liegen die alten Steine. Und da sind Schicksale dabei! Man muss sie nur lesen!
Zum Beispiel ein echter Lord. Hier begraben. Zu unserer Überraschung nur 24 Jahre alt geworden!
Oder richtig alte Steine mit einem Alter von über Hundert Jahren, dessen Innschriften man auch heute noch entziffern kann und die auf längst vergessene Namen hindeuten, wie man wohl selbst in England heute kein Kind mehr nennt.
Ganz merkwürdig wird es aber, als wir einen Grabstein entdecken, der mit einem Rettungsring ausstaffiert ist. Ob da ein Schiffsunglück hinter steht?
Glaubt man der Aufschrift auf dem Rettungsring, war das Opfer gerade mal 14 Jahre alt, als es starb!
Und das Datum erschreckt. 1894, neben der Aufschrift „Iota 1893 Napoli“.
Was war die Iota? Das Schiff? Und ist das Unglück 1893 passiert? Oder ist das Schiff von 1893 und das Unglück war deutlich später, näher an unserer Zeit? Wenn das Unglück gemeint ist, dann ist es über 120 Jahre her! Dafür sieht der Rettungsring aber noch erstaunlich gut aus!
Der könnte so durchaus noch auf heutigen Schiffen seine Verwendung finden, was wiederrum dafür spricht, dass eben das Schiff von 1893 war und nicht das Unglück.
Wenn wir wieder ordentliches Internet haben, versuchen wir das mal durch googeln heraus zu finden…

Info- Box „Iota 1893 Napoli“:
Natürlich haben wir im Nachgang zu unserer Reise die Frage zur Herkunft des Kreuzes und zur zugehörigen Geschichte dem Internet gestellt. Bereitwillig, wie das Internet nunmal ist, hat es uns auch die Antwort präsentiert.
Glaubt man der englischsprachigen Wikipedia, sank 1893 vor den Klippen bei Lye Rock die Bark Iota. Die 14 köpfige Crew konnte sich dabei auf den Felsen retten und wurde von 4 einheimischen Seemännern von diesem Felsen gerettet. Nur einer hat es leider nicht geschafft. Der 14 jährige Domenico Catanese.
Was war er für ein Mensch? Mit welchen Wünschen und welchen Träumen? Ein Schicksal, welches wir heute als Zaungäste bestaunen, indem wir sein Grab als das ungewöhnlichste auf dem ganzen Friedhof ausgemacht haben.

Nachdem wir uns an Kirche und verwitterten Grabsteinen satt gesehen haben, spazieren wir von hier aus auf dem vermeintlich direkten Weg zurück Richtung Tintagel, ohne nochmals den Umweg durch das Tal zu gehen.
Zuerst sind wir noch skeptisch, ob dies nicht ein Umweg wird! Immerhin führt der Weg erstmal runter in ein weiteres Tal und von der Stadt weg. Als wir aber den Scheitelpunkt im Tal durchschreiten, wird klar, dass der Weg doch ein gutes Stück kürzer ist!

Wir kommen genau an dem Wegweiser aus, den wir gestern und auch heute so ausführlich an der Hauptstraße fotografiert haben. Lässt man das Postamt links liegen, ist es die erste links am „Cornishman“ rein und dann geht es nur geradeaus. Ist ja nicht so, als hätte auf dem Wegweiser nicht auch „Church“ drauf gestanden! Wir hätten ihn nur mal lesen brauchen, anstelle ihn tausend Mal zu fotografieren. Oh Mann!

Zurück im Örtchen ist zum finalen Abschluss unseres Besuchs nun noch etwas shoppen angesagt!
Souvenirs und Postkarten bestaunen und so. Tatsächlich wird das ganze Dorf, wie sollte es auch anders sein, von König Artus bestimmt. Sein Konterfei (woher wollen die eigentlich wissen, wie er ausgesehen hat, wenn seine Existenz selbst noch nicht einmal gesichert ist?!) findet sich nicht nur auf Gläsern, Bierkrügen oder Aschenbecher, auch sein Schwert kann natürlich als Nachbau erworben werden. Nicht nur aus Metall, sondern auch in verschiedensten Kunststoffausführungen steht es bereit. Eine Version, die es aufgrund eines andersfarbigen Griffs unserem Großen, Nils, besonders angetan hat, bringt uns dazu fast die ganze Flaniermeile ein weiteres Mal abzulaufen! Nur weil es das Schwert nicht so nicht in den vorderen Läden in Höhe des Big Fish Fischimbiss gibt. Also alles zurück, am Wegweiser vorbei und fast bis zur Schloß- Information. Als wir endlich das Schwert in den Händen halten, kommt es einem fast so vor, als hätten wir tatsächlich Excalibur selbst aus dem Korb zahlreicher Excaliburs gezogen! So geschafft, platt und ausgelaugt, gleichzeitig ein endlich wunschlos glücklicher Vierjähriger, der erhaben sein Schwert wie eine Trophäe trägt.
Alles richtig gemacht und das Eis am Schluss gibt es noch oben drauf.
😉

Als wir mit dem Eis in der Hand an unserem Parkplatz um die Ecke biegen, trifft uns fast der Schlag!
Wisst ihr noch, dass wir heute früh zum Frühstück schwadroniert haben, dass der Platz total überdimensioniert ist? STREICHT DAS!
Es ist proppenvoll! So voll, dass jetzt um diese Zeit kein einzig Wohnmobil mehr einen Platz finden würde! Übrigens Wohnmobile ist ein gutes Stichwort! Ich weiß nicht wohin, aber die anderen, die die heute früh noch den Randbereich der Wiese um uns herum belegt haben, haben sich alle verzogen! Stattdessen stehen die großzügigen Parklücken allesamt bis auf den letzten Zentimeter gequetscht mit Autos voll und nur wenige Wohnmobile tupfen hier und da mal eine Parkbucht.
Spontan habe ich Sorge, dass man hier mit dem Wohnmobil gar nicht tagsüber stehen darf und wir jetzt eine fette Parkkralle am Wohnmobil montiert haben!
Nichts davon ist allerdings der Fall. Als wir zum Wohnmobil zurückkehren, steht es unberührt da und wartet auf unsere Rückkehr. Wäre aber auch ungewöhnlich gewesen, falls wirklich eine Knolle gehabt hätten. Immerhin habe ich extra nochmals am Parkautomaten des Mayfair Car Park hier in Tintagel nachgeschaut. Ausdrücklich gilt der Tagestarif (neben dem Nachttarif der sowieso für Wohnmobile gilt) auch für Cars und Campervans, also Autos und Wohnmobile.

Es muss unsere lange Abstinenz vom Wohnmobil sein, die diese Situation zu verantworten hat. Normalerweise haben wir Wohnmobilisten ja ein Radar dafür, wenn ein Platz voll und ungemütlich werden kann. Denn dann zieht es die Echten unter uns nämlich für gewöhnlich frühzeitig weiter!
Hier aber scheint unser Radar versagt zu haben! Wahrscheinlich überschattet von der Aussicht den Gral in den Händen zu halten.  😉
Nun, wir sind zum Glück nicht eingeparkt und kommen durch die Aufbautür auch so gerade in den Wohnmobilaufbau rein. Hier sortieren wir uns erstmal, schnappen uns was Kaltes aus dem Kühlschrank und schnabulieren einen kleinen Mittagssnack dazu.

Nach dem Snack legen wir die weitere Route fest. Es ist jetzt kurz nach eins, der Tag noch frisch. Wir könnten jetzt ein zweites Highlight der Reise ansteuern. St. Ives würde sich anbieten! Auf dem Weg nach Land’s End müssen wir nur zwischen Hayle und Penzance rechts abbiegen und dann ein Stückchen nach Norden einschlagen. Der Umweg wäre keine 20 Kilometer schätze ich. Andererseits wenn wir die 100 km voll machen, durch Penzance durch und weiter Richtung Westen bis Sennen fahren, finden wir mit dem Sennen Cove Camping Platz unseres Camping and Caravanning Club wieder eine Clubanlage, zu wir ja dank des Privilege Scheme des Vermieters auch Zugang haben. Der Platz liegt ideal! Denn von dort aus sind es keine 5km bis zum Land’s End! Dem erklärten Ziel unserer Reise durch Südengland mit dem Wohnmobil! Das wäre perfekt! Heute dort ankommen, noch ein paar Stunden ausruhen, den Kindern noch was Platz zum Spielen geben und dann früh ins Bett! Damit wir morgen eben schon sehr früh wach sind und früh am Freizeitpark ankommen. Mit nur 5km Entfernung vom Übernachtungsplatz wird die Entfernung hierfür jedenfalls kein Hinderungsgrund sein!
Wir entscheiden uns also, heute direkt den Campingplatz anzusteuern. Nach St. Ives können wir noch immer einen Abstecher machen, wenn wir Lands End gesehen haben. Denn von dort aus geht irgendwie jeder Weg zurück nach Osten.

Gesagt, getan. Wir verlassen kurz darauf Tintagel und blicken zufrieden auf das kleine königliche Städtchen zurück! Keine Frage, der Ort wird einen besonderen Platz in unserem Herzen einnehmen. Er war lebendig, offen, ehrlich und mystisch! Naturnah, schroff aber liebenswert. Ein Platz, an den wir vielleicht eines Tages zurückkehren möchten.

Das erste Stück auf der A 39 geht es noch gemächlich vorwärts. Aber spätestens ab Indian Queens ist es fast so, als seien wir wieder auf dem Londoner Autobahnring! Die A 30, die uns mit schnellen Schritten in Richtung Penzance führt, ist zweispurig ausgebaut und überraschend gut befahren!
Gleichzeitig kommen wir aber auch richtig gut durch, was mir natürlich auch gefällt! Denn je früher wir ankommen, desto eher ist Entspannung angesagt.

Der Vorwärtsdrang wird abrupt in Penzance gestoppt. Hier ist es voll und es kommt tatsächlich zu einem Stau am Ortseingang. Offenbar gut besucht! Zum Glück können wir uns recht gut durchmogeln und sind im anschließenden Stadtverkehr recht flott unterwegs! Das muss ich mal sagen, wenn man sich erstmal an das Wohnmobil, seine Ausmaße und seine Leistung gewöhnt hat, fluppt es richtig! Ganz anders, als z.B. mit einem Wohnwagen zu fahren! Ich hatte das gute Gefühl der besseren Rundumsicht von oben fast vergessen. Dazu die traumhafte Leistung von über 100 PS, was will man mehr?!

Am Ortsausgang entdecken wir eine Reihe von Supermärkten. Ein Tesco wäre uns zwar grundsätzlich lieber, aber eine nicht minder große Super- Mega- Marktauswahl mit Sainsbury kreuzt quasi fast schon unseren Weg! Und da wir hier eine äußerst günstige Tankstelle entdecken, machen wir auch gleich mal die Lucke voll!
Ist übrigens das erste Mal auf dieser Reise, dass wir nachtanken müssen! 72 Pfund, knapp 90 Euro, hauen wir durch den Zapfrüssel. Das klingt zwar erstmal viel, aber wenn man überlegt, dass wir das Wohnmobil ja in London übernommen haben und erst hier, kurz vor dem Wendepunkt unserer Südengland- Reise, das erste Mal wirklich nachtanken müssen, ist das nicht wirklich ein hoher Verbrauch, im Gegenteil! Zufrieden klopfe ich dem Wohnmobil auf die Motorhaube. Hast du gut gemacht kleiner Wohni!
🙂

Nach dem Tanken bleiben wir natürlich auch gleich hier und kaufen ein. Wird Zeit! Besonders das Lammfleisch hat es Anja angetan. Es ist so zart und schmackhaft, besonders in Kombination mit der herrlichen Back- Kartoffel aus dem Wohnmobilofen!
Kaufen müssen wir dieses leckere Menüchen auf jeden Fall, obgleich ich für heute Abend lieber den Grill anwerfen möchte! Zwar hat unser Wohnmobil zu unserer Überraschung keinen Grill an Bord (er war allerdings auch in der Ausrüstungsbeschreibung nicht enthalten, dies sei der Fairness halber erwähnt), aber wir haben unseren kleinen 15 Euro 3-Bein- Grill von zuhause dabei. Damit würde es gehen! Als ich aber entdecke, dass sie hier vorgefüllte Feuerschalen gerade im Angebot verkaufen und diese fast das gleiche kostet, wie ein Sack Kohle (Grillanzünder noch gar nicht eingerechnet), bin ich sofort Feuer und Flamme für die Einweg- Feuerschale! Immerhin entfallen der lästige Zusammenbau, die umständliche Reinigung nach dem Grillen und das Einpacken nach dem Grillen. Die Schale wird einfach als Restmetall im Recycling des nächsten Platzes entsorgt und gut!
Perfekt!
Das passende Fleisch, 2 Buletten und 3 herzhaft fingerdicke Steaks mit einem saftigen Fettrand, liegen auch recht schnell neben zahlreichen anderen leckeren Dingen im Einkaufswagen! Ach, wir lieben das Einkaufen hier!

Es gibt alles, alles ist ungewohnt, alles sieht so lecker aus! Fast schon hätten wir uns aus der heißen Theke bedient! Wäre sie nicht heiß, meine zwei Jungs und ich würden uns wohl an der Scheibe die Nase platt drücken! Die Versuchung ist groß, aber wir widerstehen!
Heute Abend wird selbst gegrillt!

Der Einkauf dauert lang. Kein Wunder, so sind wir doch im Sainsburys wirklich durch jeden Gang spaziert und haben uns alles genau angesehen. Vom englischen Dreierstecker über Literatur bis hin zu Gartenmöbeln.
Ja und kulinarisch natürlich haben wir auch wieder Ausschau gehalten.
Besonders Anja ist fasziniert von der unglaublichen Auswahl an Motivkuchen hier! Mit diesen Kuchen wären wir bei jedem Kindergeburtstag der Hit! So ganz anders, als die immergleiche und schnöde „Benjamin- Blümchen- Torte“ vom Bofrost- Fahrer.
Nein, hier gibt es alles! Minions- Kuchen. Cars- Kuchen. Batman und Superman. Prinzessin Irgendwas, Power Rangers, Peppa Wutz, Ninja Turtels! Alles da. Oder Disneys aktueller Hit „Frozen – die Eiskönigin“ oder „Findet Dory“ Hier als Motivtorte für jeweils  ab 7 bis 10 Pfund! Kein Schnäppchen, klar, aber finde eine solche Tortenauswahl mal bei uns! Da würden einfache Hausfrauen bei uns im Kindergarten für töten!
😉

Mangels Lager- aber auch besonders Transportmöglichkeit in großen Massen lassen wir die Kindergeburtstagskuchen ungekauft zurück.
Unser Einkaufswagen ist auch so schon richtig voll geworden und es fährt sich nach dem Einkauf mit vollen Schränken und vollem Tank doch wieder merklich schwerer, als noch vorhin.
Kann aber auch daran liegen, dass nach Penzance die Straße nicht nur wieder mal deutlich schmaler wird, sondern auch bergauf führt…

Was uns als erstes auffällt, als wir Penzance verlassen, ist die abrupte ungewöhnlich hohe Dichte an Wohnmobilen und Wohnwagen hier! Gefühlt 1:2 zum normalen Straßenverkehr! Nach 2 PKW im Gegenverkehr kommt also entweder ein Wohnmobil oder ein Gespann des Weges! Auch in Penzance selbst war es uns aufgefallen. Etwas abseits vom großen Sainsbury entdeckten wir eine Wiese mitten neben der Hauptstraße etwas abschüssig, die voll mit Zelten stand! Wie ein Campinglatz sah es noch nicht einmal aus! Mehr wie eine Zeltausstellung! Als aber Gäste da herum wuselten, war uns klar, dass dies eine Art Zusatz- Campingwiese war, die zu einem größeren Ferienlager gehörte. Bis auf den letzten Platz belegt!
Hmm. Kein gutes Zeichen! Vielleicht hätte ich doch besser nicht einfach auf Verdacht von Tintagel aus Richtung Penzance und zum Wunsch- Campingplatz fahren sollen, ohne dort wenigstens vorher mal anzurufen!
Und als ich kurz darauf an der schmalen Kreuzung, die zum Campingplatz abgeht, ein uns entgegenkommendes Wohnmobil mit einer sichtlich genervten Besatzung hinterm Steuer aus der Richtung entgegen kommt, in der wir in 100 Metern voraus den Campingplatz erkennen können, ahne ich Böses! Es sieht nicht danach aus, als wären die gerade freiwillig jetzt auf der Straße unterwegs. So spät am Nachmittag checkt doch keiner mehr aus und fährt rüber nach Land´s End! Oder doch?
Nicht, dass die eben auch auf dem Campingplatz waren und abgewiesen wurden! Aber vielleicht waren die ja auch keine Club- Member so wie wir. Ich glaub für Member hält man immer einen Platz mehr frei. Muss ja. Ist ja Privilege Scheme…

Als wir auf dem Clubplatz Sennen Cove ankommen, begrüßt mich bereits der Platzbetreiber mit einem skeptischen Gesicht. Ein sehr skeptisches Gesicht!
Und tatsächlich erklären er und seine Frau mir kurz darauf, dass tatsächlich nicht das kleinste Fleckchen ohne Reservierung frei sei!
„Es sei halt Hauptsaison“ erklären sie mir in einem Tonfall, als würden sie einem Wikinger vermitteln, dass die Erde rund ist.
Aber wir haben ja noch einen Joker! Immerhin erklärt ja der Club, dass seine Clubplätze alles dafür tun, dass Gäste unterkommen können. Notfalls auf Ausweichwiesen! Solange es nicht die Wiese in Penzance an der Hauptstraße ist, wäre das für uns kein Problem!
Ich frage also gezielt nach einem Ausweichplatz und verweise auf unseren „VIP Member Status“, den wir dank des Fahrzeugvermieters und dem damit verbundenen Rahmenabkommen haben.
Jetzt aber!
Dies funktioniert dann sogar in etwa so aus, als würden wir über unseren Sindorfer Videothekenausweis eine Berechtigung ableiten, bei der Oscar- Verleihung in Hollywood teilnehmen zu dürfen.
Nämlich gar nicht!
Der Platz ist voll, Ende, aus! Verstehen Sie das bitte! Wir haben nichts! Der Engländer wird höflich- hart und recht markig.
Seine Frau betet mir nochmals wie bei den Fürbitten in der Kirche runter, dass halt Ferien seien.  Ohne Reservierung ginge da nunmal gar nichts.

Hatte ich bis eben (vielleicht etwas zu sorglos) noch gedacht, dass der Club für solche Fälle eben doch ein oder zwei Pitches frei hält, oder im ärgsten Belegungsfall für seine Certified Member Ausweichplätze auf Farmen und Höfen bereit hält, wo man notfalls unterschlupfen kann, bekommen wir zumindest hier und heute nichts davon mit.

Selten, dass so etwas passiert! Italien, Gardasee, Ostern vor einigen Jahren. Bikertreffen. Und obwohl alles voll war, hat der Betreiber sich bemüht, uns an einen anderen Platz zu verweisen. Und auch in Schottland haben wir mal das Glück gehabt, dass uns die Betreiber ohne etwas dafür zu bekommen, einen anderen Platz vermittelt hat, als auf seinem Platz eine horrende Strafgebühr für Nicht- Mitglieder fällig geworden wäre.
Aber hier nicht. Ratlos dürfen wir immerhin hinter der Schranke drehen, um dann wieder zu fahren. SUuuuper.  Nicht.

Naja. Gut. Wir sind selber schuld. Das konnte passieren, es war wahrscheinlich, dass uns dies auch passieren würde und nun ist es eben passiert!
Wir haben am Nachmittag diesen Tages keinen Übernachtungsplatz! Fühlt sich komisch an! Als hätten wir die einzige innerhalb einer Woche fahrenden Fähre zurück auf europäische Festland verpasst.
Die Frage ist nun, wie weit wir zurück müssen, um einen Ausweichplatz zu finden.
Um Kriegsrat zu halten, fahren ein paar Meter zurück in Richtung Penzace, bis wir eine Feldeinfahrt rechts am Straßenrand für groß genug zum Halten erachten.
Noch immer ärgert mich, dass die beiden am Clubplatz so gar nichts für uns tun wollten. Es fühlte sich so an, als wollten sie uns eine Lektion erteilen! Eine Art „Botschaft“ vermitteln, dass man das eben nicht macht! Unangemeldet irgendwo auftauchen.
Wir hätten besser mal vorher angerufen! Fast glaube ich, dass sie DANN einen Platz frei gehabt hätten! Nur einfach vorbei fahren, das mögen die Engländer offenbar gar nicht! Eins ist mal klar. Ab sofort fahren wir nur auf Verdacht auf keinen Platz mehr! Wir rufen jetzt spätestens mittags bei den möglichen Plätzen an und reservieren vor. Nötig scheint es zumindest jetzt in der Hauptsaison zu sein.

Nun gut, wir müssen ja nun auch etwas tun. Ich schaue in unsere App „Kampercontact“, die uns schon den schönen Stellplatz in Winchester und Tintagel empfohlen hat.
Aber hier ist nichts in der Nähe. Der nächste gelistete Stellplatz für Wohnmobile ist knapp 50km entfernt!
Und die Campingplätze, die gelistet sind, wollen nicht so recht angezeigt werden. Die Offline- Karte des Systems funktioniert nicht wirklich gut in der App und bevor ich die App das zweite Mal neu starte, schmeißen wir lieber den Laptop an.
Da ist immerhin noch der ACSI Campingführer drauf installiert. Zwar die 2014er Version (die letzten beiden Jahre haben wir dank Dauerstellplatz für unseren Wohnwagen halt keinen Campingführer für unterwegs gebraucht), aber SO viel wird sich in 2 Jahren jetzt auch nicht getan haben.

Zuversichtlich rufe ich den nächsten Platz an. Es handelt sich um eine Empfehlung eines Users aus dem Wohnmobilforum. Wir hatten ja keine 48 Stunden vor Abfahrt einige Tipps für unsere Blitzreise ein Thema im Forum gestartet und dort den Tipp mit dem Platz bekommen. Entfernungstechnisch liegt der zwar ein gutes Stück außerhalb und wir müssten bestimmt Hin und Zurück 50km Strecke einrechnen, aber nützt ja nichts! Also Telefon geschnappt und angerufen.
Was soll ich sagen. VOLL!
Waren wir wirklich so blauäugig? OK, hier ist ein Freizeitpark, es sind Ferien. Es ist Samstagabend. Selbst wer nur zum Wochenende raus konnte, ist bestimmt schon seit Freitag da! Und hat den letzten Platz belegt.
DAS ist der befürchtete Super- GAU! Wir sind buchstäblich am Ende der Welt und bekommen keinen Platz mehr! Wir können das Ziel auch nicht umkreisen, denn um uns herum ist ja nur Wasser! Wir können eigentlich nur in die Richtung zurück fahren, aus der wir gekommen sind! Vielleicht sogar bis St. Ives, welches wir ja auslassen mussten. Oder noch weiter!! Bis wir einen Platz finden!

Bevor wir aber das Feld von hinten aufrollen, telefonieren wir jetzt unabhängig einer Empfehlung einfach die Liste der Plätze ab, die von hier aus am nächsten gelegen sind. So lange in der Reihenfolge der Entfernung aufsteigend, bis ein Platz ein Pitch für die Nacht frei hat!
Den Anfang macht der Campingplatz Lower Treave, der laut ACSI Campingführer immerhin 3 Sterne aufweisen kann.
Und siehe da: Es ist noch genau EIN Platz frei! Aber: Er hält den Platz nicht stundenlang frei. Wenn wir ihn wollen, müssen wir sofort kommen.
OK, das ist leicht! Ohne genau die Entfernung zu wissen, schätze ich in weniger als 15min da zu sein. Mehr als 10km kann er nicht weg sein, auch wenn das Kartenverhältnis nicht optimal auf dem Laptop angezeigt wird und ich widerrum auch nicht 100%ig weiß, auf welchem Längen- und Breitengrad wir uns auf die Sekunde genau befinden. Der Mann am Telefon fragt noch ab, mit welchem Fahrzeug wir kommen. Meine Antwort es sei ein teilintegriertes Wohnmobil unter 6 Metern Länge ist er zufrieden. Er hält uns den Platz eine halbe Stunde frei. Aber nicht mehr! OK, also ran!

Dass wir weder die freigehaltene halbe Stunde, noch die von mir grob geschätzten 15 Minuten brauchen würden, das überrascht!
Laut Navi ist der Platz nämlich nur 1,8km von unserem aktuellen Standort entfernt!
Das ist hinter der nächsten Häuserreihe, wir stehen praktisch fast in der Einfahrt! Na da ist ja ein Ding! Wenn Gott eine Türe zuschlägt, macht er mindestens das Scheunentor dafür auf.
PERFEKT für morgen! Die Landzunge Land´s End ist keine 5km entfernt. Das könnte man, wenn es hier Wege neben der Straße geben würde, sogar notfalls zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurücklegen und das Wohnmobil gleich für die zweite Nacht auf dem Campingplatz stehen lassen…

Nach 1,8km durchfahren wir das Dörfchen Crows-an-Wra. Wobei Dörfchen noch zuviel gesagt wäre. In Deutschland sagt man vielleicht „Weiler“ zu so einer besseren Hofsiedlung und ich mag bezweifeln, ob man hierfür bei uns überhaupt eines dieser „grünen Ortsschilder“ https://de.wikipedia.org/wiki/Ortstafel_(Deutschland)#Ortshinweistafeln_und_Ortsteiltafeln  aufstellen würde.
Der Ort verfügt nur über 2 Feldwege, die von der Hauptstraße abgehen. Einer davon muss die Einfahrt zum Campingplatz sein.
Und obwohl wir langsam durch das Örtchen tuckern und die Augen gezielt nach der Einfahrt aufhalten, gelingt es uns dennoch, die Einfahrt trotz Beschilderung zu verpassen. So unscheinbar ist diese! Blöd! Aber das wäre wahrscheinlich auch einem Raketentechniker passiert, die Einfahrt kommt wirklich abrupt.
Wir drehen kurz darauf auf der Landstraße in einer Bucht, die eigentlich nur als Ausweichbucht für den Gegenverkehr geeignet ist. Zum Glück kenne ich die Abmessungen des Fahrzeugs inzwischen recht gut, sodass wir das Wenden in weniger als 36 Zügen hinbekommen! Garantiert aber nicht mehr als 30 Züge, bestimmt!
😉

Wir tasten uns regelrecht zurück und treffen nun beim zweiten Anlauf die Einfahrt. Kurz darauf kommen wir an der Rezeption zum Stehen.
Ein hagerer gegerbter Mann mit markigen Gesichtszügen empfängt uns. Hat was von einem Seebär, nur auf dem Land! Mich würde es jedenfalls nicht wundern, wenn er die lokalen Frettchen mit bloßer Hand erlegt, falls diese hier unerlaubt an die Mülltonnen gehen!

Etwas verschroben verläuft auch das Einchecken mit dem Eremiten und weil ich die ganze Zeit über nicht sicher bin, ob wir wirklich hier bleiben dürfen, erlaube ich Nils sogar spontan eine völlig überteuerte und ebenso alt aussehende Packung Toffee- Popcorn im campingplatzeigenen Shop zu kaufen, auf die Nils etwas eingeschüchtert wie wortlos auf diese zeigt.
Der Alte nimmt unsere Kaufabsicht zur Kenntnis und reicht die kleine 80 Gramm Tüte meinem Sohn ebenso wortlos wie mit ernstem Gesicht! Unter allen anderen Umständen würde ich spontan auf das Haltbarkeitsdatum der Tüte schauen wollen! Wäre durchaus denkbar, dass diese Tüte Toffee- Popcorn von William Wallace höchstpersönlich verpackt wurde!
Aber jetzt muss ich abwägen! Übernachtungsplatz gegen möglichen Durchfall meines Sohnes auf dem Klo…

Ich habe übrigens fast den Eindruck, dass der alte Kauz nicht damit gerechnet hat, dass wir zu viert aus dem kleinen Wohnmobil steigen!
Er fragte aber am Telefon auch nicht nach unserer Personenzahl, sonst hätte ich diese wahrheitsgemäß angegeben, sondern er fragte wirklich nur nach dem Fahrzeug! Und das ist nunmal korrekt von mir angegeben ein schmales, kompaktes teilintegriertes Wohnmobil von unter 6 Metern Länge!
Klar dass er vielleicht angenommen hat, dass wir daher nur zu zweit sind…
Jetzt haben wir plötzlich 2 Kinder, die ihn wohl überraschen und wie ein Kautabak kauender Cowboy am Gatter seiner Ranch grübelt er nun scheinbar, ob er uns einzigen freien Pitch im Umkreis von bestimmt 30 Meilen geben soll, oder nicht.
Nun, nach einer für einen kautabakkauenden Cowboy angemessenen Gedankenpause haben wir tatsächlich einchecken dürfen! Wow!
Neben gratis Warmwasser gibt es sogar Gratis- WLAN! Allerdings nur im Bereich der Rezeption und unser Pitch, der Stellplatz Nummer 7, liegt am anderen Ende des zugegeben recht überschaubaren Campingplatzes. Aber ob überschaubar oder nicht, das WLAN reicht auf keinen Fall bis dorthin, so erklärt es uns der britische Alm-Öhi.
Egal! Hauptsache ein sicherer Platz für die Nacht und sogar nicht viel weiter weg vom Land’s End, als der Clubplatz Sennen Cove! Unser Plan morgen nach dem Frühstück eben rüber zu hüfen und somit früh da zu sein, wird auf jeden Fall funktionieren!

Der Platz Nummer 7 ist übrigens der Hammer! Ein richtiges Kleinod! Sofort fällt uns die abnorm große Blätterpflanze auf, die garantiert älter ist, als wir alle zusammen!
Die Stengel sind armdick und die Blätter so groß, dass wir Nils damit komplett zudecken könnten! Als Nils sich der Pflanze nähert, muss ich spontan an meine kleine Venus- Fliegenfalle denken, die ich vor bestimmt 20 Jahren mal besessen habe. Der hab ich schonmal gelegentlich eine Fliege zu futtern gegeben. Wenn ich mir jetzt diese Pflanze hier so anschaue und die Proportionen der Pflanze im Gegensatz zur Größe meines Vierjährigen setze, dann passt das in etwa wieder!
Ich hoffe meine Botanik- Kenntnisse reichen aus und ich schätze die Pflanze korrekt als harmlos ein. Falls nicht muss halt das Brotmesser zum Einsatz kommen. Wo liegt das doch gleich?!
Hammer!
Mehr noch, die Pflanze wächst aus einem mulchartigen Loch, welches kein Ende zu nehmen scheint!
Anja fällt spontan ein, dass hier und nur hier der Eingang zu „Alice´s Wunderland“ sein muss! Gleich hüpft ganz bestimmt ein Kaninchen vorbei und schaut dabei hektisch auf die Uhr! Wir müssten uns nur gespannt vor diesem Loch aufbauen und garantiert nicht besonders lange warten!

Wir schließen Strom an und sortieren kurz unser Wohnmobil. Gleich darauf schauen wir, dass wir den Grill an den Start bekommen. Aber entweder ist der Grill shice, oder der Wind zu stark. Oder beides. Das Feuer im Grill wird ärgerlicherweise immer wieder ausgeblasen und ich brauche locker 20 Minuten, bis ich, mit dem Stabfeuerzeug immer wieder nachzündend, ein erstes kleines Glutnest hinbekomme. Das reicht vielleicht für eine Nürnberger Minibratwurst!
Aber ich bleibe tapfer dran und zündele immer weiter im Grill, bis der einsetzende Regen mich rettet und ich endlich den jämmerlichen Grillversuch abbrechen darf!
Ach, uns fehlt einfach alles in diesem Wohnmobil und einmal mehr unsere komplette Campingausrüstung, die in Holland in unserem Wohnwagen vor sich hin oxidiert!

Wir improvisieren kurzerhand und das halb rohe, halb gare Kotelett wechselt vom inzwischen vom Regen unterspülten Grill in die Pfanne. Auch die Buletten packen wir dazu und zaubern daraus unter Zugabe ein paar Pilzen und dem herrlichen softigen Brötchen eines unserer leckeren Frikadellen- Pilze- Sandwiches, welche wir normalerweise nur in Holland essen. Zwar ist die Frikadelle nicht aus Hack selbst gemacht, aber das tut dem Geschmack keinen Abbruch. Im Gegenteil!

Wir lassen uns Frikadellensandwich und Kotelett gut zum Abendessen schmecken. Danach räumen wir die ganze Sauerei auf und wischen die Küche. Puh! Wir wissen schon, warum wir eigentlich lieber draußen kochen!
Mit meinem kleinen Campinggaz Bistro wäre das ja auch unter der Markise des Wohnmobils hervorragend gegangen, aber wie gesagt, liegt alles in Holland…

Nach dem Aufräumen machen wir die Kinder bettfertig. Sie schlafen recht schnell ein.
Im Anschluss gehen Anja und ich abwechselnd duschen, damit immer einer bei den Kids ist. Als ich mit meiner Duschrunde dran bin, drehe ich vorher noch eine große Runde über den Platz. Einfach ein paar Bilder machen, um euch den Platz zu zeigen. Wer weiß, ob wir morgen dazu kommen werden! Noch während ich zur Dusche marschiere, erlebe ich einen Aha- Effekt zu England, der seinesgleichen sucht.
Und ich meine damit noch nicht einmal die Tatsache, dass es auch hier WIEDER keine Wassermischmöglichkeit gibt, sondern man am Hahn 1 entweder kaltes Wasser, oder am Hahn 2 heißes Wasser zum Händewaschen entnehmen kann. Das Wasser für „warm“ mischen? Warum denn? Auch die Dusche bietet wieder einmal nur einen Taster und man muss die Temperatur nehmen, die das Wasser aus dem Duschkopf über mir bietet. Doch auch das ist es nicht!
Es ist viel mehr das plötzlich einsetzende englische Wetter, welches mich die Augenbrauen hochziehen lässt!

Ja, dass das Wetter hier schnell wechseln kann, haben wir schon gelernt. Auch heute in Tintagel hat es sich mal kurz richtig schnell zugezogen, um kurz darauf wieder komplett aufzuklaren, aber dass wir mitten im Sommer plötzlich eine solche Brühe ans Wetter erleben, damit rechnet doch keiner!
Es nieselt leicht und ein erbsensuppenartiger bleierner Schleier aus Gischt und Nebel liegt auf den Wiesen. Der Himmel ist einfach nur grau in grau und die Luft scheint zu wabern! Total ungewöhnlich! Für richtigen Nebel, wie wir ihn kennen, ist die Luft eigentlich zu klar. Aber auch schwer! Echt schwierig zu beschreiben und die Bilder, die ich kurz darauf schieße, können die Szenerie nur ansatzweise wiedergeben!
Dieser englische Nebel! Wo liegt eigentlich Baskerville? So ganz spontan würde ich das echt gerne wissen. Fast könnte man Angst bekommen, dass zusammen mit dem Nebel auch besagter Hund gleich um die Ecke…

Natürlich möchten wir euch auch noch die rustiklen Wasch- und Duschgelegenheiten zeigen. Abgesehen von der wieder einmal fehlenden Wassermischmöglichkeit sind die Duschen und Waschgelegenheiten wie auch die Toiletten definitiv aus einem Jahrhundert, als Campen mit dem Zelt populär war. Gegen diese Urform des Campings und ihren Auswirkungen (als die „Toilette“ noch aus einem Klappspaten und einem Eimer mit Sand bestand) natürlich eine deutliche Verbesserung, für die heutige Zeit aber wahrhaftig nicht mehr zeitgemäß!

Macht aber nichts! Denn nach wie vor ist der Standortvorteil hier ALLES, was zählt! Morgen sind wir ratz-fatz am Land´s End und es wäre ja nicht so, als könnten wir alternativ nicht auch einfach unsere Möglichkeiten im Wohnmobil nutzen, wenn es denn unannehmbar wäre. Davon sind wir weit entfernt. Vielmehr muss man die sanitären Einrichtungen ebenso mit dem Charme des Oldskool- Campings annehmen, wie auch die übrige bereitgestellte Camperanimation. Da wäre z.B. der kleine Informationsraum! Es stinkt nach Mottenfraß und Muff! Etwas pilzig- schimmeliges nach altem Holz liegt auch in der Luft und man muss sich überwinden, um die Luft überhaupt wenigstens flach zu atmen. Und dennoch versprüht das Gebäude Charme! Mit dem alten klapprigen Drehstuhl zum Beispiel, oder dem schweren hölzernen Prospektständer! Oder das Bügeleisen an der Wand!
Wenn man es so anschaut, könnte man fast meinen William Wallace oder besser King Arthur höchstpersönlich hat mit diesem Teil sein Kettenhemd wieder flauschig gebügelt! 20 pence kostet ein Bügelabenteuer und ich überlege ernsthaft, ob ich mir diese wilde Fahrt einmal antun soll! 😉

Während ich so unter der Dusche stehe, erinnert mich der Abend an das Nordkap zurück. Oder der Abend in Norwegen, nachdem wir den Preikestolen bestiegen hatten und wieder am Wohnmobil angekommen waren. Da war so ein ähnliches Wetter. Zwar nicht ganz so britisch, aber immerhin. So richtiges „Truma“- Wetter!
Ich erinnere mich gut daran, wie uns nach einem nasskalten Tag und etwas fröstelnden Knochen eine wohlige Wärme der Truma- Heizung im Wohnmobil gut gefallen hat! Truma sollte eigentlich genau hier her kommen und ein Bild hiervon machen. Wie trotz dieses englischen Wetters eine wohlige Heimeligkeit entstehen kann.

Nur eine Sache passt nicht so recht dazu. Es ist nicht wirklich kalt!
Nicht nur ich laufe, trotz dieser fauligen Nebelschwaden und des feuchten Nieselregens, in kurzer Hose und T- Shirt herum! Statt frösteln ist eher schwitzen angesagt! Denn der Nebel bringt eine merkwürdige Schwüle mit sich, die nun wirklich daran erinnert, wie wenn man seinen Kopf in den Dampf eines übergroßen Topfs gefüllt mit warmer Erbsensuppe steckt! Spontan fühle ich mich wie kleines Wiener Würstchen, welches in der Suppe wabert…
Verrücktes England! Und dennoch danke für diese Erfahrung! Denn bislang war ich immer davon ausgegangen, dass wenn der Engländer „Pea Soup“ zum Wetter sagt, er nasskaltes Herbstwetter mit Nebelschwaden meint. Obgleich ja „nasskalt“ noch nie wirklich zu einem Teller leckerer heißer Erbsensuppe gepasst hat!
Nun wissen wir, dass das englische Wetter, genannt Erbsensuppe, durchaus etwas von Erbsensuppe hat. Warm, cremig und dick!
Eins ist mal sicher: Wenn das Wetter so bleibt (was es aber nicht wird denke ich, Wetterwechsel gehen hier echt verdammt schnell!), dann lassen wir morgen auch Land’s End aus! Bei DEM Wetter sieht man vom westlichen Ende der britischen Insel sowieso nichts. Selbst dann nicht, wenn man unmittelbar am Abgrund stehen würde…

Der heutige Tag hat uns ein wunderschönes Tintagel präsentiert! Als „Ausgleich“ dafür gab es ein paar bange Minuten am Abend, weil wir plötzlich ohne Übernachtungsplatz da standen! Zum Glück konnten wir beim Einsiedler in Sennen Cove einchecken und müssen nun nur noch 1x schlafen, bis wir morgen dem großen Showdown dieser Reise entgegen steuern! LAND’S END! Wir sind gespannt!
Hat euch der Reisetag gefallen? Wir freuen uns über euere Rückmeldung! Auf Facebook, Twitter oder als Kommentar ist viel Platz für eure Meinung!

2 Kommentare

  1. Hallo Björn, hallo Anja, hallo Jungs!

    Bei der Riesenpflanze handelt es sich um Riesenrhabarber. Wächst u.a. im Süden Englands und auch in Irland.

    Zu den Waschtischen mit den beiden Wasserhähnen: das kommt noch aus der Zeit, wo es nur Waschschüsseln in England gab, in der man sich wusch. So wird und wurde das auch mit den Waschbecken gemacht. Stöpsel rein (wenn vorhanden) und dann waschen. Hat den schönen Nebeneffekt, dass man Wasser spart.

    • Hallo Florian,
      vielen Dank für die Ergänzung! Riesenrhabarber also! Bist du zufällig Profi in Sachen Flora? Mich würde natürlich gerne besonders das Alter dieser großen Pflanze interessieren, zumindest grob geschätzt. Hast du da vielleicht eine Idee?
      Ja und das die getrennten Wasserhähne historisch bedingt sind, das war mitunter deutlich zu erkennen! 😉
      Gruß
      Björn

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