Heute ist ein Jokertag! Bedeutet wir können etwas unternehmen, müssen aber nicht! Vielleicht machen wir klar Schiff im Camper. Vielleicht waschen wir Wäsche. Vielleicht machen wir aber auch einen Ausflug. Oder wir machen nichts und gammeln einfach nur auf dem Campingplatz herum! Jokertage sind etwas Herrliches! Weil man morgens beim Frühstück noch nicht weiß, was einen heute erwarten wird. Nur eines ist sicher: Der Wohnwagen bleibt heute stehen.
Unser Jokertag beginnt damit, dass wir lange schlafen! Die Jungs waren gestern Abend noch lange wach. Anja war auch noch lange wach und ich war am längsten wach, da ich etwa bis halb 2 in der Nacht am Reisebericht geschrieben habe. Da hab ich mir was aufgehalst! Aber die letzten Tage bin ich textmäßig gut bei gekommen und es wäre echt schade, wenn ich jetzt nachgeben würde. Also setze ich mich wie früher hin immer stets am Abend hin und schreibe und tippe und schreibe und tippe. Und liege am nächsten Tag entsprechend lang in den Federn. Erst gegen 20 nach 9 stehe ich auf. Viel kürzer hat der Rest der Familie aber auch nicht geschlafen und so kommen wir alle gemeinsam in den Tag.
- Der nächste Morgen. Noch etwas grau der Himmel…
- …hält die Kids aber nicht von einer frühen Trampolinrunde ab.
Da die Sonne noch immer auf sich warten lässt und einige dichte Wolkenfelder durchziehen, hält sich die Nachtkälte selbst nach 9 Uhr noch hartnäckig. Zu frisch für ein Frühstück draußen.
Ob die Brötchen hier vom Lökken Klit Camping gut schmecken, können wir euch übrigens auch erst morgen sagen. Wir haben nämlich vom Einkauf im Dagli Brugsen gestern noch das Brot übrig, welches nun die Grundlage für den heutigen Start in den Tag bietet. Gemeinsam überlegen wir dann, wie wir den Jokertag heute gestalten wollen. Die geographische Nähe gibt den Ausschlag! Vom Lökken Klit Camping sind es nämlich nur wenige Kilometer zu einem erklärten Ziel unserer Reise, dem versandeten Leuchtturm von Rubjerg Knude! Etwa 17 Kilometer und gute 20 Minuten Fahrtzeit von hier ist er nur entfernt! Ich hatte die Strecke vom Campingplatz aus irgendwie länger in Erinnerung…
Hmm, vielleicht täuscht mich aber auch mein Gedächtnis. Die Tour damals ist lange her!
Es kann aber auch sein, dass der Leuchtturm jetzt einfach näher am Campingplatz liegt! Ja, kein Witz! Denn vor einigen Jahren hat man die damals vom Absturz bedrohte Leuchtturm- Ruine in einer logistischen Meisterleistung von der Abbruchkante weggezogen und weiter im Landesinneren platziert!
Das wird also muss der Grund sein! Gut, weit ist er jetzt nicht gekommen der Leuchtturm. Gerade mal 80 Meter! Aber offenbar genügen meinem inneren Orientierungssinn nun diese 80 Meter, dass ich den Leuchtturm gefühlt deutlich näher zum Campingplatz verorte, also noch vor ungefähr 10 Jahren zu unserem letzten Besuch…😉
Gegen halb 1, nachdem wir einen unglaublich dicken und uns völlig unbekannten Brummer behutsam von der Frontscheibe unseres Autos in einen angrenzenden Busch versetzt haben, machen wir uns auf den Weg.
- Sitzt auf der Scheine und lutscht daran?!
- Was zum Henker ist das für ein Viech?!
Heute haben wir übrigens keinen Wohnwagen am Haken. Ist aber mit Sicherheit auch gut so! Aus der Erinnerung wissen wir nämlich auch um eine äußerst schmale Zufahrtsstraße, einen versandeten Bereich zum Wenden und kaum Platz für unser damaliges Wohnmobil zum Parken. Obwohl unser alter Wohni damals unter 6 Metern lang war. Für ein komplettes Wohnwagen- Gespann, wäre weder auf der Zufahrtsstraße, noch auf dem Wende- Areal am Leuchtturm auch nur der Hauch einer Chance zum Abstellen eines Campinggespanns gewesen! Wir sind gespannt, wie es heute dort aussieht.
Die neu gewonnene Freiheit ohne „Anhängsel“ unterwegs zu sein nutze ich sofort aus. Noch in Lökken halten wir bei Ingo und bitten ihn um etwas Kraftstoff. Ingo entstammt offenbar einer alten Kaufmannsgilde. Während seine Altvorderen noch mit stinkigem Tran und Walfett als Brennstoff einen bescheidenen Reichtum angehäuft haben, hat er aus dem Ertrag ein kleines Tankstellennetz ausgebaut und verdingt sich heute mit den Verkauf von Kraftstoffen. Auch für uns hat er 60 Liter für knapp 600 Kronen im Angebot. Macht einen Literpreis von etwa 1,40 Euro, ohne das Ingo oder wir am Hungertuch nagen müssen. Geht.
- Tanken bei Ingo.
- Knapp 60 Liter für 600 Kronen
- Zufahrtsstraße zum Leuchtturm
Nach dem Tanken fahren wir bei inzwischen deutlich aufgeklartem Himmel und Sonnenschein die 55, den Lökkensvej, für etwa 10km in nördlicher Richtung und biegen dann links Richtung Küste ab. Was wir kurz darauf entdecken, hat mit dem verträumten Leuchtturm und seinem Mini- Parkplätzchen am Ende eines sandigen und nur einspurig befahrbaren Feldwegs absolut nichts mehr gemeinsam!
Spontan fällt mir Magnus Enzensberger mit seinem bereits Ende der fünfziger Jahre getätigten Spruch ein, der bis heute mehr als wuchtig nachwirkt und keinen Tag gealtert ist. Im Gegenteil! „Der Tourismus zerstört das, was er sucht, indem er es findet“!
Ja, auch bei unserem letzten Besuch war der versandete Leuchtturm natürlich als Sehenswürdigkeit hier in Dänemark bekannt. Er schmückte, wenn ich mich recht erinnere, sogar das Titelbild unseres damaligen Reiseführers Dänemark mit dem Wohnmobil aus dem WOMO- Verlag. Absolut gute Bücher übrigens, mit denen wir damals mehr wie erfolgreich durch halb Europa getourt sind, lange bevor es Navis, mobiles Internet und Google Maps gab. Und ja, auch wir haben natürlich seinerzeit über den Besuch berichtet. Gut, wir sind nicht Magnus Enzensberger. Und auch für eine Autorenstelle beim WOMO- Verlag hat es nie gereicht. Dennoch können wir uns ja nicht davon freisprechen, dass wir nicht auch den ein oder anderen allein durch unseren Reisebericht zu einer Reise hierhin inspiriert haben könnten! Wer weiß, vielleicht ist sogar einer der Gäste hier und heute nur hier, weil er unsere Zeilen gelesen und sich hierin auf den Weg gemacht hat?!
„Nimm uns mal nicht so wichtig“ zwinkert Anja, als ich mit offenem Mund an der mehrspurigen (!) Einfahrt zu einem Parkplatz stehe, der von der Größe her kaum einen Parkareal eines amerikanischen Superstores nachstehen muss! Schon von weitem erkenne ich natürlich auch die Kassenhäuschen, die scheinbar für das Entrichten der Parkgebühr aufgestellt wurden. Mal eben wie früher verträumt in der Wildnis parken ist wohl nicht mehr…
Um die Parkgebühr mag ich mich aber dennoch gerne drücken. Also steuern wir einen kleineren vorgelagerten Wanderparkplatz an, der von der Zufahrtstraße etwa 100m vor dem Parkplatz zur Seite abgeht. Dort war kein Automat und das kleine Stück ist nicht so weit. Dieser länglich angelegte Parkplatz hier am Rubjerg Knude Fyrvej wäre übrigens der einzige Parkplatz, den ich bedingt für Wohnwagen und Wohnmobile empfehlen würde! Lang genug, um gerade rein und auf der anderen Seite auch wieder gerade rauszufahren wäre er! Aber: Er wird von den PKW natürlich nicht längs, sondern quer zur Fahrtrichtung über den Parkplatz genutzt! Auch, wenn diese Parkordnung nicht zwingend vorgeschrieben ist, wird sie dennoch instinktiv genau so gelebt! Wer also mit dem Wohnwagen- Gespann bzw. mit dem (langen) Wohnmobil hier zum Leuchtturm hinkommen möchte, sollte entweder sehr früh am Tage oder an einem Tag mit vermutlich weniger Besucherandrang vorbei schauen! An einem Ferientag wie heute bei schönstem Sonnenschein und bestem Wetter ist der Platz natürlich bereits jetzt gut gebucht und nur mit Mühe hätte wir im hinteren Bereich mit dem Gespann parken können. Aber: Es wäre vermutlich gegangen. Auslassen nur aus Not keinen Parkplatz zu bekommen würde ich dieses Highlight einer jeden Dänemark- Rundreise nicht! Auf der Zufahrtstraße selbst herrscht an beiden Seiten übrigens absolutes Halteverbot! Sich einfach hier mitten hinstellen wird also nicht funktionieren, ohne dafür mit Pech eine Knolle bezahlen zu müssen.
- Der offizielle Parkplatz ist gut gefüllt
- Der alte Schleichweg nach vorne inzwischen gesperrt!
- Wir parken etwas abseits. Hier ist noch Platz
- Dann geht es zu Fuß weiter
Bezahlen ist übrigens ein gutes Stichwort! Nachdem wir die etwa 100m zum offiziellen Parkplatz zurückgelegt haben, entpuppen sich die vermeintlichen Kassenhäuschen für vermutete Parkscheinautomaten auf dem Parkareal als Toilettenhäuschen! Das Parken selbst kostet hier auf dem Parkplatz vor dem Rubjerg Knude Fyr Leuchtturm gar kein Geld! Wir sind die 100m ganz umsonst gelaufen!
Selbstredend, dass ich von meiner Reisegruppe gleich ein paar sarkastische Kommentare über die unnötig zu Fuß gelaufene Strecke einfange, brauche ich glaube ich nicht weiter ausführen. Das ich meine darauf gegebene Antwort mit „Etwas Bewegung schadet euch nicht!“ gleich noch bereuen würde, kann ich jetzt noch nicht wissen. Hätte ich doch bloß den Mund gehalten… 😉
Info- Box Leuchtturm Rubjerg Knude Fyr
Im Jahr 1900 wurde dieser viereckige Leuchtturm, den viele Reiseführer und Flyer von Dänemark zieren, das erste Mal in Betrieb genommen. Ein paar Nebengebäude und Einrichtungen standen zusammen mit dem Leuchtturm auf etwa 2 bis 3 Metern Höhe. Sein Licht reichte bis zu 40km weit! Eine stattliche Leistung, aber nicht unbedingt so außergewöhnlich, dass dieser Turm heute weltberühmt ist. Das macht erst seine besondere Lage auf der Düne selbst. Etwa ab 1910 ist verbrieft, dass der Wind den Sand stetig an und um den Leuchtturm getragen hat. Er drang in die Häuser ein, sammelte sich im Treppenhaus des Leuchtturms und machte sogar den kleinen Garten des Leuchtturmwärters unbrauchbar! Aber ein Leuchtturmwärter ist ein raubeiniger Geselle! Der den Gezeiten trotzt! Also stemmte er sich gemeinsam mit örtlichen Fuhrunternehmern gegen den Sand. Fuhrenweise wurde dieser in den kommenden Jahren weggeschippt und davon gekarrt.
Mutter Natur oder eben Poseidon oder wem auch immer gefiel offenbar die trotzige Kühnheit des Leuchtturmwärters und seiner Getreuen. Das Kräftemessen begann und so legte die Natur Sand nach. Immer mehr und mehr, das es sogar die Düne unter (!) dem Leuchtturm anwachsen ließ wie einen Wellenkamm bei schwerer See! Aus den ursprünglichen 2 bis 3 Metern über der Brandung wurden schließlich bis zu 50 Meter!
Die Menschen mussten einsehen, dass man das Kräftemessen mit der Natur an dieser Stelle nicht gewinnen kann. Sie erfanden stattdessen die moderne Navigationstechnik, die diesen Leuchtturm und die damit verbundene Plackerei des Freischaufelns überflüssig machte. Man gab den Betrieb des Leuchtturms im Sommer 1968 auf. Er war zu diesem Zeitpunkt aufgrund der um ihn herum angewachsenen Düne sowieso nicht mehr zu sehen. Der Leuchtturm versandete derweil und drohte komplett in der Düne zu verschwinden! Da die zum Leuchtturm gehörigen Häuser die enormen Lasten des Sandes darüber hinaus nicht mehr tragen konnten, wurden die Dächer in den 90er und 00er Jahren sogar abgetragen. Die Häuser wurden buchstäblich vom Sand verschluckt.
Nachdem die Natur also eindeutig gewonnen hatte, zog sie in Form der Düne auf der Suche nach einem neuen Ziel weiter in Richtung Inland und gab Anfang der 2010er Jahre die ersten Gebäude wieder frei. Allerdings war auch jetzt schon klar, dass die Düne eben auch die Steilküste mitnehmen würde und spätestens Anfang der 2020er Jahre wäre der Turm vermutlich ins Meer gestürzt! 2017 wurde daher, die Steilküste war nur noch etwa 8 Meter vom Leuchtturm entfernt, damit begonnen den gesamten Leuchtturm zu verschieben. 5 Millionen Kronen gaben die Dänen dafür aus, den gesamten Turm ca. 70-80 Meter ins Inland zu verschieben. Bis 2040 soll das angeblich reichen. Wenn die Natur keinen Strich durch die Rechnung macht… 😉
Offizielle Webseite: Rubjerg Knude Fyr Leuchtturm
Position auf: Google mapsParken und Eintritt war übrigens bei unserem Besuch komplett frei!
Parken mit Gespann / Wohnmobil auf dem offiziellen Parkplatz (Rondell) schwierig! Wenn möglich auf den Wanderparkplatz ausweichen, oder auf dem Feldareal links von der Parkplatzeinfahrt ausweichen. Wird im Sommer auch gemäht und es ist wohl geduldet, dort mit dem Camper für einen Tagesbesuch (aber nicht über Nacht!) zu stehen.
Der Marsch über den Feldweg, den wir seinerzeit noch elegant mit dem eigenen Wohnmobil entlang fahren durften, zieht sich nun zu Fuß ordentlich! Daran ändert auch der immer näher kommende Leuchtturm, der zwischen den Hügeln immer mal wieder auftaucht und zwischen den üppigen Touristenströmen hervor lugt, auch nichts. Schon nach knapp 15 Minuten Marsch über den sandigen Boden bereue ich es, dass ich nicht die paar Euro für den Traktor- Shuttlebus ausgegeben habe! Aber da müssen wir jetzt durch! Denn unterwegs hält der Bus für diejenigen, die ihre Entscheidung bereuen am falschen Ende gespart zu haben, quasi als doppelte Bestrafung einfach nicht an.
- Der Weg zur Klippe am Horizont ist lang und weit…
- Ach hät‘ ich doch das Geld nicht gespart für den Traktor! 🙁
- Egal, wir müssen weiter.
- Da ganz hinten in der Ferne ist der Leuchtturm schon zu sehen!
Nach etwa 25 Minuten Fußweg erreichen wir die ersten sandigen Dünen. Vorläufer der Wanderdüne, die den Leuchtturm umgibt und die auch jetzt in diesem Moment auf dem Weg vom Meer ins Landesinnere ist. Sie ist langsam, ja, aber wenn man den dänischen Experten glauben darf, wird dem Leuchtturm in etwa 40 Jahren buchstäblich ein weiteres Mal der Boden unter den Füßen weggezogen werden. Schade, dass dieses Ereignis noch so lange in der Zukunft liegt! Ob wir das erleben werden darf man inzwischen vorsichtig anzweifeln. Aber unsere Jungs Nils und Tim müssten ganz gute Karten haben! Die können ihren Kindern dann berichten, dass sie den Leuchtturm noch am alten Platz besucht haben und ihre Großeltern noch am Platz davor. Schönes Gefühl irgendwie!
Als wir die erste sandige Düne mühsam empor klettern, würde ich mich am liebsten einfach in den Sand setzen und darauf warten, dass der Leuchtturm zu uns kommt. 😉
- Bald da! Der Strom an Touristen ist nicht zu übersehen.
- So, jetzt nur noch die Düne rauf! 😉
- Geschafft! Oben angekommen haben wir freien Blick auf den Leuchtturm
- Blick über die Klippe auf die Nordsee
Es nützt alles nichts, wir müssen da rauf! Trotz sengender Mittagssonne, trotz weichem und extrem nachgebenden Sand unter unseren Füßen bei jedem Schritt. Der Aufstieg, der einem Sahara- Adventure- Paket von Jochen Schweitzer gleicht, wird aber wenigstens mit einem tollen Ausblick vom Dünenkamm aus belohnt! Surreal steht der Leuchtturm an seinem neuen Platz und bietet eine tolle Fotokulisse sowohl allein, als auch für die Kids mit dem berühmten „Turm von Pisa“- Effekt.
- Darf in keinem Familienalbum fehlen! Der „Kampf um den Leuchtturm“, koloriert – unbekannter Künstler 😉
Genug vom Leuchtturm aus der Ferne! Wir haben jetzt den weiten Weg hierher gemacht, jetzt wollen wir das gute Stück aber auch endlich von innen sehen, besteigen und den Ausblick von oben genießen! Überfällig ist das übrigens! Bei unserem ersten Besuch hier am Leuchtturm war selbiger wegen Baufälligkeit noch gesperrt und konnte nicht erklommen werden. Das ist jetzt anders, der Umzug den neuen Standort hat offenbar auch für mehr Standfestigkeit gesorgt. Wir entdecken ein paar Schritte vom Standort des Leuchtturms entfernt einen alten Mauerrest, was vielleicht mal das alte Fundament des Leuchtturms, oder wahrscheinlicher von einem der Nebengebäude des Leuchtturms war. Diese kleine Steinmauer steht wirklich unmittelbar am Abgrund zur etwa 50 Meter unter uns tosenden Nordsee und man kann schon verstehen, warum sie den Turm versetzt haben. Stünde er noch hier, der sandige Boden gäbe garantiert unter seinem Gewicht nach und hätte das gute Stück bereits ins Meer stürzen lassen.
- Der neue Standort gibt wieder ein paar Jahre Zeit
- am alten Standort an der Klippe steht nur noch die Grundmauer.
Gleich nachdem wir den Eingangsbereich betreten haben, können wir für alle nicht schwindelfreien Gäste nur eine Warnung aussprechen! Es ist eine mentale Aufgabe den Leuchtturm zu besteigen! Das „Treppenhaus“ besteht hier nicht aus festen, steinernen Stufen wie man es sonst von Leuchttürmen in Dänemark kennt, sondern aus einem Gerüst von Lochblechen! LOCHBLECHEN! Das heißt es schwingt und knirscht nicht nur beim Begehen, man kann auch von unten nach oben, aber eben auch mit zunehmenden Stockwerk von oben nach unten durch die Löcher durchgucken! Das dünne Blech wird mit jedem Schritt gefühlt dünner und es hallt! Es dauert einen Moment, bis ich den Vergleich im Kopf hinbekomme, dann aber macht es „klick“! Und erklärt, warum es einem nicht nur von der Höhe her Angst und Bang wird.
- So, die ersten Stufen! Es geht nach oben!
- Die Stufen bilden diese dünnen Bleche
- Man kann komplett hindurch sehen! Es fühlt sich sehr wackelig an!
- Ausblick aus dem Fenster. Weiter aufwärts!
Das hier erinnert schwer an ein Videospiel meiner Kindheit, einem Meilenstein in den 90er Jahren, welches auf der Playstation wahre Erfolge feierte und ich dem ich mich stundenlang gewidmet habe: Silent Hill!
In diesem allerersten Teil der Serie, das sei mir bitte kurz zugestanden als Erklärung, spielt man einen Vater auf der Suche nach seiner Tochter. Diese ist in einem von einem Dämon besessenen Geisterdorf verschwunden. Der Vater wechselt dabei immer wieder zwischen zwei verschiedenen Realitäten in diesem Spiel! Die eine ist eher mild, hell aber neblig und es schneit. Die zweite ist dunkel, kalt, es regnet und sämtliche Kulisse ist durchzogen von Metallblechen! Wände? Metall! Treppen? Metall! Seinerzeit wurde das gemacht, weil die Playstation grafisch noch keine unendlichen Welten darstellen konnte und man mit diesem Trick den sichtbaren Bereich um einen herum so eingrenzen konnte, dass das Spiel dennoch flüssig lief.
Nun holt mich diese Erfahrung und mancher nächtlicher Schockmoment mit jedem Schritt und jedem metallischen Ächzen unter mir wieder ein, den ich hier im Treppenhaus nach oben zurücklege! Ich glaube die Silent Hill Reihe ist inzwischen in mehreren Teilen erhältlich und auch Filme wurde darüber gedreht. Gesehen habe ich sie nicht, das Thema verlief sich dann irgendwann mit dem Erwachsenwerden. Sollte aber im Film zum Beispiel das Treppenhaus dieses Leuchtturms als Kulisse gedient haben, würde es mich absolut nicht wundern!
Aber auch ohne die Analogie zum Film bleibt das Erlebnis des Leuchtturms surreal! Es ist, als würde man nicht in einem alten erhabenen Leuchtturm den Spuren früherer Leuchtturmwärter folgen, sondern sei in einem toten und von innen bereits komplett bis auf das Gerippte verwesten Wals unterwegs! Jeder Schritt ist dabei wie Entehrung und Fledderei des toten Tieres, welches seinen Lebenshauch und seine Seele schon vor vielen Jahrhunderten ausgezerrt hat. Ich bin ehrlich: Nachdem wir die kleine Luke zur Aussichtsplattform durchschreiten und hier oben wider Erwarten auf festem, steinernen Boden und an der frischen Luft stehen, fällt die beklemmende Stimmung von einem ab. Der Kloß im Hals lässt sich runterschlucken und man kann die Aussicht besonders in Richtung Nord / Lönstrup genießen!
- Ausblick in Richtung Lönstrup und auf die Weite des Ozeans. Schon beeindruckend die Fernsicht. Und kräftig windig ist es!
Wir bleiben nicht lang. Kaum länger, als der Aufstieg selbst gedauert hat! Es ist einfach zu windig, ja beinahe stürmisch hier oben! Wir erleben fast am eigenen Leib wie der Wind unbarmherzig an der Substanz des Leuchtturms nagt. Auch hat man das Gefühl, dass der Leuchtturm in den Windböen schwankt! Wahrscheinlich stimmt das nicht und es sind eher wir, die hier schwanken! Aber bevor der alte Leuchtturm am Ende noch genau in dem Moment doch umfällt, wenn wir auf ihm stehen, schaue ich mir das Schauspiel lieber von unten in sicherer Entfernung an! Es bleibt einfach ein absolut mulmiges Gefühl mit dem von innen ausgehöhlten und nur noch aus einem Metallgerippe bestehenden Leuchtturm. Rational wahrscheinlich nicht erklärbar, aber vorhanden. Gehen wir lieber wieder runter.
Wir machen noch ein paar Bilder, dann spazieren wir gegen halb 3 zurück in Richtung Parkplatz. Zuerst gelingt es den Jungs dabei sogar fast, uns zur Fahrt mit dem Treckershuttle zu überreden. Aber schon nach wenigen Schritten in Richtung Sammelpunkt zum Trecker fällt uns auf, dass der tosende Wind nicht nur stetig am Leuchtturm drückt, sondern nun auch uns anschiebt, statt uns den feinen Sandstrand wie auf dem Hinweg ins Gesicht und in die Augen zu blasen. Man könnte fast die Jacke aufspannen und sich vom Wind zurück zum Parkplatz in einem Gleitflug treiben lassen! Das schlage ich den Jungs vor, sie probieren es und schon sind die mit dem Rückweg zum Parkplatz als Startbahn für ihre Flugversuche beschäftigt. Geht doch! 😉
- Den Trecker- Shuttle brauchen wir nicht.
- Dank Rüclkenwind sind wir schnell wieder am Parkplatz
Der Rückweg dauert erwartungsgemäß nur halb so lang, wie der Weg zum Leuchtturm. Mit Rückenwind geht eben alles etwas schneller, auch wenn selbiger relativ schnell nachgelassen hat, nachdem wir die Sanddüne gegen den bewachsenen Teil des Weges verlassen haben. Zurück am Auto überlegen wir, noch einen Ausflug nach Lökken zu machen. Es liegt eh auf dem Rückweg zum Campingplatz und da die Sonne schön scheint, passt das als kleiner Ausgleich dafür, dass man am Leuchtturm außer Sand nichts zwischen die Zähne bekommt! Ein Eis ist jetzt gerne gesehen, um diesem Umstand entgegen zu wirken.
Wir finden einen kleinen Parkplatz ganz in der Nähe der Fußgängerzone und lassen uns dann auf der Flaniermeile des Örtchens treiben. Neben dem recht schnell gefundenen Softeis entdecken wir dabei auch allerlei gastronomisches Angebot vom Buffet über Pizza bis Döner. Besonders das für 249 Kronen beworbene American Barbecue Buffet sieht verlockend aus! Problem nur, dass 249 Kronen so unfassbar schwer in Euro umzurechnen ist und für sich allein schon recht teuer klingt! Besonders wenn der Preis für 4 Personen gerechnet werden muss und die Getränke selbstverständlich noch dazu kommen! Ich verspreche daher meiner Reisegruppe das wohl beste American Barbecue, was man für Liebe kaufen kann und sage zu, gleich im Super Brugsen alles für einen netten Grillabend am Wohnwagen zu kaufen und dann den kleinen aber flotten Son of Hibachi Kohlegrill anzuwerfen! Das wird heute Abend ein Fest!
- Spaziergang durchs kleine Dörfchen
- Zahlreiche gastronomische Betriebe laden ein
- Die Geschäfte und Läden sind gut besucht
- Die Läden werben mit kulinarischen Angeboten
- Das wäre was! Barbecue Buffet! Aber…
- …es gibt nur ein Eis. Barbecue machen wir gleich selber. 🙂
Wir spazieren die Flaniermeile, also die Norregade und Sondegade von Lökken, einmal der Länge nach rauf und wieder runter. Ein paar Souvenirs schauen wir uns dabei an und stöbern einmal durch einen Spielzeugladen, um die Preise für Lego- Sets hier in Dänemark zu checken. Auch ein Eis darf es sein, besonders diese „Bubble Waffels“, also Waffeln mit Blasen die aussehen, wie futuristische Weltraumnahrung, ziehen hier eine lange Schlange an Einheimischen und Touristen an. Wir stellen uns an und lassen uns ebenfalls eine leckere Waffel mit allerlei Eis und Toppings befüllen. Nicht ganz billig, aber lecker.
Bevor wir zurück zum Campingplatz fahren, halten wir gegen kurz nach 4 noch am Super Brugsen Megastore, wo wir auch schon gestern mit dem Wohnwagen kurz gestanden und die HotDogs fürs Abendessen eingekauft hatten. Schon gestern waren mir dabei die Spareribs aufgefallen, heute müssen sie dann in den Einkaufswagen für das Barbecue später. Ein Glück, dass wir heute nicht mit dem Wohnwagen am Haken hier sind! Es ist hier nochmals deutlich voller, als es noch gestern Nachmittag der Fall war. Wo kommen die Leute nur alle her? Die letzten 100, 150km entlang der Küste waren eigentlich von Einsamkeit geprägt! Einen solchen Menschenauflauf aber haben wir seit Blavand nicht mehr gesehen. Hier in Lökken scheint sich wirklich alles im Umkreis von 50km zu konzentrieren. Ich bin ehrlich gesagt nicht traurig darüber, dass wir morgen weiterfahren.
- Bester Supermarkt in Dänemark: Super Brugsen!
- Hier gibt es alles, was das Herz begehrt
- für Touristen gibt es deutsche Zeitschriften!
- Und für mich lecker Pepsi mit Limonengeschmack! Sehr lecker!
- Ziel des Einkaufs ist aber diese Truhe…
- …hier gibt es die leckersten marinierten Spareribs! 🙂
Zurück am Campingplatz huschen wir noch für eine schnelle Runde in den Pool! Die Sonne hat deutlich an Intensität zugenommen und vom Wind, der uns vorhin noch vom Leuchtturm weggefegt hat, ist fast nichts mehr übrig. Da bietet sich gerne eine kleine Erfrischung in den Poolbecken des Campingplatzes an. Ist ja eine 5 Sterne Anlage! Besonderes Interesse finden zweifelsohne die beiden Rutschen, mit denen ich auch mehr oder minder widerwillig mitrutsche. Die erste, eine lang gezogene Gerade mit Gummibahnen, lässt einen sehr schnell beschleunigen und dann mit tosendem Geklatsche ins Wasser plumpsen. Die hat schon Feuer! Was aber richtig reinhaut, ist die Röhrenrutsche! Die absolut dunkle und blickdichte Röhre beschleunigt einen und spuckt einen dann etwa auf halber Höhe zwischen Rutschenturm und Pool aus! Dann fliegt man ungefähr einen Meter durch die Luft und landet auf einer gespannten Gummimatte, die einen hochschnippen lässt wie bei einem Sprungtuch bei der Feuerwehr! Dann rutscht man auf der Gummimatte in einer in der Regel unvorteilhaften Haltung durch den unsanften Aufprall unweigerlich weiter, bis man ins Wasser eintaucht.
Ein Heidenspaß für Kinder, die in dem kurzen Stück freien Falls natürlich das ein oder andere Kunststück probieren! Für mich aber als gestandener Mitvierziger, der völlig orientierungslos aus der dunklen Röhre geschossen wird, im freien Flug eine Figur dem „sterbenden Schwan gleich“ nachstellt und dann auf die unerbittlich gespannte Gummimatte knallt, ist das nichts!
Erklärt aber auch, warum ich auf der Treppe des Rutschenturms so ziemlich der einzige Erwachsene war, der dort rauf gestiefelt ist… Selber schuld! Normalerweise bin ich mir ja für abenteuerliche Rutschen nicht zu schad! Aber die hier probiere ich definitiv kein zweites Mal aus… 😉
- Zurück am Campingplatz…
- …erstmal eine Runde in den Pool!
- Die Rutsche ist schnell und das Auffangbecken SEHR klein… 😮
- Aber der Ausblick über den Platz von hier oben ist nett.
Während die Kinder noch eine Weile im Pool planschen, schnappe ich mir ein Handtuch und spaziere zurück zum Wohnwagen. Schonmal den Grill anheizen, damit es gleich leckere Spareribs zum Abendessen gibt! Mjam!
- Wir stehen hier wirklich sehr idyllisch und fast für uns alleine. Ein herrliches Plätzchen zum Campen!
Der Son of Hibachi Kohlegrill begleitet uns nun schon seit über 10 Jahren durch sämtliche Campingabenteuer! Inzwischen sogar in der zweiten Generation. Mir ist kein anderer Kohlegrill bekannt, der durch sein patentiertes System so schnell heiß wird und bestes Grillvergnügen ermöglicht. Und auch um das Saubermachen braucht man sich kaum kümmern, denn nach dem Grillen klappt man ihn einfach ein zweites Mal zu und lässt ihn nochmals so RICHTIG heiß werden, damit alles organische und insbesondere die Fettreste an den schweren gusseisernen Rosten regelrecht verbrennen!
Der Grill zieht dann immer eine „blaue“ Rauchfahne dass man meint, eine Dampflok mit kaputter Zylinderkopfdichtung würde gleich fauchend hinter der nächsten Campingplatzhecke hervor stieben! 😉
Heute wird das Abendessen übrigens besonders lecker! Nicht nur wegen des guten Grills, sondern weil die Spareribs ein herrliches Raucharoma umgibt und zum zweiten, weil das Fleisch selbst schon herrlich vorbereitet und mariniert ist! Dazu ist es von ausgezeichneter Qualität (wie so vieles hier in Dänemark!), wir lassen nichts übrig! Ein perfekter Ausklang für einen perfekten Tag!
- Der „Son of Hibachi“ ist der perfekte Campinggrill!
- …während der Tisch gedeckt wird…
- …zaubert er ein leckeres und schnelles Barbecue!
- So herrlich wird unser Haufen Spareribs! Mjam! 😀
Fazit des Tages:
Am Leuchtturm war es voll! Aber wenn man mit etwas Abstand geparkt hätte, wäre auch ein Wohnmobil oder Wohnwagen- Gespann dort untergekommen. Sogar jetzt in der absoluten Hauptsaison! Wenn nicht am Wanderparkplatz, dann vielleicht auf der gemähten und abgesteckten Wiese gegenüber des Hauptparkplatzes. Nun, für uns war das heute kein Problem, denn an diesem Jokertag waren wir nur mit dem Auto und ohne Wohnwagen am Haken unterwegs. Das wird sich morgen wieder ändern, dann geht es mit dem Camper am Haken weiter zum nächsten Abenteuer.