Regen, Regen, Regen!
Nichts als Regen!
Wer jetzt denkt, wir hätten wir die Einleitung des gestrigen Tages versehentlich in diesen Tag einkopiert, der schaut nicht mit uns aus dem Vorzeltfenster!
Wieder einmal hat es eigentlich die ganze Nacht hindurch geregnet und anders als gestern hört der Regen auch nicht auf, als der Tag anbricht und es so langsam hell wird.
Mal mehr, mal weniger gleichmäßig klopft es auf unser Wohnwagendächlein und lässt uns keine Sekunde daran zweifeln, dass auch der heutige Urlaubstag buchstäblich ins Wasser fallen wird.

Versuchen wir dennoch, das Beste aus der Situation zu machen und freuen uns lieber darüber, dass wir nicht draußen sitzen müssen.
Denn auch, wenn das Vorzelt inzwischen als Bastion vor dem Regen gebrochen ist und im Vorzelt wieder „2 Fuß Wasser in der Bilge Herr Kaleu´n!“ gemeldet werden, sind wir vor einer Überflutung dank unserem „Bergfried“ (genannt Hector der tapfere Wohnwagen 😉 sicher.
Hektor steht ja dank Achse und Stützen (zumindest noch 😉 über den Dingen wie Wasserseen auf dem Platz und bietet uns, nicht zuletzt auch dank der tapferen kleinen Truma- Heizung, ein geschütztes trockenes und bei Bedarf auch warmes Zuhause.
Tja, somit sieht es heute ganz nach einem Tag im Wohnwagen aus und wir beschließen schon beim Aufstehen, dass wir heute das Bett der Bugsitzgruppe zum ersten Mal in diesem Urlaub komplett zurückbauen und die Sitzgruppe wieder aufbauen werden.
Nur so lässt kann man dann auch den Tag im Wohnwagen aushalten, wenn wir nicht wie die Römer den halben Tag „zu Tische liegen“ wollen.
Geht ja nicht, wir mögen nunmal beide keine Brötchenkrümel im Bett! 😉
Raus aus dem Wohnwagen müssen wir natürlich trotzdem, der obligatorische Gang zur Morgendusche sowie zum kleinen Campingladen für Frühstückssemmeln ist unvermeidbar.

         
     Der nächste Morgen: Das Wasser im Vorzelt steht -trotz Schutzdach drüber- locker 2 Fuß in der Bilge. Alles matschig!

         
     Auch auf dem Platz sieht es nicht besser aus, überall Pfützen     Und der Blick über uns? Trist und grau sieht es aus!

         
     Ohne Zelt wäre es indes noch schlimmer! Die direkt bewässerten Wiesen gleichen einem kleinen Teich mit Seerosen

         
Auch das Panorama mit Blick nach Kössen ist sehr grau        Und die Berggipfel schräg von uns sind im Nebel verschwunden

Mit Schirm und sogar einer Jacke bewaffnet (es ist inzwischen auch noch kalt und frisch geworden!), spaziere ich gegen kurz vor 9 rüber in Richtung Campingladen und Servicehaus.
Dort angekommen kaufe ich zunächst mal fix unsere Brötchen ein, damit ich diese schonmal sicher habe. Wer weiß, wie lange es noch welche geben wird, zumal der kleine Laden ja in weniger als einer Stunde schließt.
Aber auch an die Beschäftigung während unserer Zwangspause denke ich! Was soll man im Wohnwagen an einem Regentag auch sonst machen, wenn man nicht raus kann und in der Glotze nichts läuft? Genau! Zeitung lesen!
Zielsicher schnappe ich mir also Axel Springers „BILD“ und spaziere damit zur Kasse.
„Für das schlechte Wetter“ gebe ich der netten Dame zur Erklärung, als sie mich schon etwas verdutzt anschaut, welche Zeitung ich da aus dem Regal gegriffen habe.
„Ach, wenn sie BILD mögen, probieren sie doch auch mal den „Kurier“! Ich kann mit diesem Sensationsjournalismus zwar nichts anfangen, aber wenn Sie Bild mögen, werden Sie den Kurier lieben!“
Oh, das ist mal nett! Also greife ich mir aus dem Zeitungsregal gleich mal eine frische Ausgabe des Kuriers und bin schon sehr gespannt, wie Österreich, Deutschland, Europa und die Welt aus Sicht der österreichischen „Gassenpresse“ dargestellt wird. Zeit fürs Lesen werden wir heute wohl genug haben!
Dann geht´s natürlich noch fix abduschen und danach gleich wieder zurück zum Wohnwagen, wo wir „Wachwechsel“ spielen und Anja sich nun zu den Duschen aufmacht.
Ich hingegen bleibe zurück und versuche einerseits Nils zu bespaßen und andererseits den Wohnwagen wieder in einen wohnlichen Zustand zu versetzen.
Und das ist gar nicht so einfach! Nils kann ich immerhin für ein paar Minuten damit abspeisen, dass er im Kinderwagen sitzend wieder den Regentropfen am Vorzeltfenster hinterher schauen kann. Dazu bekommt er Gesellschaft von seinem „Fuchsi“, einem Stoff- Fuchs vom Ikea mit Spieluhr drin.
Den Wohnwagen wieder wohnlich zu bekommen ist hingegen schon schwieriger! Denn zunächst mal muss ALLES raus, damit ich überhaupt an die Staumöglichkeiten in Sitztruhe und Bettkasten drankommen kann. Und das ist deswegen schon blöd, weil man ja mit Ausnahme der Kissen auf den Campingstühlen nichts in Vorzelt auslagern kann. Ist ja alles „unter Wasser“!
Aber mit einem logistischen Gesamtkonzept, welches ich mir zweifelsohne beim jahrelangen Game- Boy Spiel „Tetris“ angeeignet habe, gelingt es mir mit pfeifender Melodie des Videospiels den Wohnwagen wieder wohnlich herzurichten.
Die Bettwäsche verschwindet aus dem Blickfeld, die Matratze wird eingerollt im Sitzkasten verstaut und auch die zahlreich umherfliegenden Klamotten finden auf wundersame Weise alle irgendwo einen Platz.
Geht doch!

         
     Nils versteckt sich im Kinderwagen, weil ich „Tetris“ spiele        Geschafft! Der Wohnwagen ist kein „Liegewagen“ mehr! 😉

Für mein Empfinden viel zu früh kehrt Anja von den Duschen zurück.
Schon etwas verwunderlich! Ich hab ja noch nicht einmal den Kaffee fertig!
Als ich Anja aber näher betrachte wird schnell klar, dass etwas nicht stimmt.
Tatsächlich geht es ihr gar nicht so gut, sie hat nach dem Duschen ein paar Probleme mit dem Kreislauf bekommen und sich mehr oder weniger zurück zum Wohnwagen geschleppt.
Nun ist sie ein wenig zittrig und ich überlege, ob wir uns Sorgen machen müssen.
Liegt es am Wetterumschwung? Oder weil wir noch nichts gegessen haben?
„Erstmal kurz ausruhen und eine Pause machen“ meint Anja und lässt sich kraftlos in den Campingstuhl plumpsen.
Ich decke derweil den Frühstückstisch flugs zu Ende und gemeinsam frühstücken wir etwas, wobei Anja eher lustlos auf ihrem Leberwurstbrötchen herum kaut. Offenbar geht es ihr wirklich nicht so gut, sodass sie sich gleich nach dem Frühstück noch ein wenig hinlegen möchte.
Blöd, dass wir jetzt das Bett schon zurückgebaut haben, aber auf dem Sofa der Rundsitzgruppe kann man es ja auch aushalten. Kaum habe ich also die Frühstücksutensilien weggeräumt und kurz den Tisch gewischt, baue ich Anja aus Decke und Kissen ein kuscheliges Lager.
Auch Nils kommt dazu, er bezieht in seinem Kinderwageneinsatz zusammen mit Decke und kleinem Babykissen Position, denn auch er hat nach seinem Frühstück bei Mama wieder die kleinen Äugelein zu.
Und ich? Ich halte einsam und allein Wache. Zuerst im Wohnwagen, dann später doch im Vorzelt.
Denn selbst das leise Tippen des Reiseberichts in den Laptop klingt im Moment der Ruhe wie ein Hämmern mit dem Presslusfthammer, sodass ich mich freiwillig mit Jacke und Gummischuhen raus in unser ganz privates Feuchtbiotop im Vorzelt setze.
Dort kann ich dann nach Herzenslust dem Reisebericht frönen und gleichzeitig meine Hasstriaden den bösen Regenwolken entgegen werfen, die sich völlig unbeeindruckt von meinen Flüchen nach wie vor mit geschlossener grauer Wolkendecke über uns festgesetzt haben.
Na das wird ein toller Urlaubstag werden!

Etwa 2 Stündchen dauert es, dann regt sich wieder Leben bei Anja und Nils.
Gerade noch rechtzeitig, bevor mir erste Eiszapfen an der Nase gewachsen wären.
Ist wirklich sehr SEHR trist im Moment und der Lagerkoller ist nahe.
Da kommt es mir schon gelegen, dass wir jetzt mal ein bisschen Leben in die Bude bringen.
Und so tobe ich ein wenig mit meinem Jungen, spiele Flieger und lasse ihn mit einem Becher spielen.
Auch an der Zeitung findet er erstaunliches Interesse und hat sich, bei der Wahl zwischen „BILD“ und dem „KURIER“ ganz klar für das österreichische Sensationsblatt entschieden!
Ich kann es schon verstehen, denn der Kurier bietet deutlich mehr Inhalt zum Lesen und kann durchaus einen verregneten Nachmittag überbrücken.

         
     Der „Nachmittagsüberbrücker“: Bild- Zeitung und…                   …das österreichische Pendant, der „Kurier“.

         
„Papa, was hast du da???“ Nils mag offenbar auch Zeitung „lesen“ und entscheidet sich schnell für den „Kurier“. Naja. 😉

Gegen 15 Uhr fällt mir endgültig die Decke auf den Kopf!
Ich nutze eine kurze Regenpause, packe den kleinen Mann in den Kinderwagen, stecke einen großen Regenschirm ein und breche zu einer kleinen Wanderung einmal rund um den Campingplatz auf.
Einfach mal raus und ein bisschen frische Luft schnappen. Ich spaziere an der Rezeption entlang und bin an der Ausfahrt zunächst unschlüssig, ob ich rechts oder links abbiegen soll.
Ich würde sehr gerne mal eine etwas höhere Position finden, von wo aus man einen tollen Ausblick auf den Campingplatz und das umliegende Kössener Tal hat.
Man könnte es „rechts“ versuchen, also den Weg nehmen, den ich schon am ersten Urlaubstag nach dem Frühstück probiert habe.
Allerdings kann ich mich erinnern, dass die Wanderwege bzw. der Wegweiser nicht gerade darauf hingedeutet hat, dass man einen Aussichtspunkt erreichen kann.
Anbieten würde sich aber der Berg direkt vor uns, von wo aus die Gleitschirmflieger starten.
Wir gucken ja oft genug hinauf auf den Berg, da muss man von oben ja wohl auch einen tollen Ausblick nach unten haben!
War da nicht eine Seilbahn gleich hier? Ja klar!
Schon ein paar Mal sind wir am entsprechenden Schild vorbei gefahren.
Also biege ich links ab und will mal schauen, ob ich die Talstation der Seilbahn entdecken kann. Meist gehen von dort ja auch die Wanderwege auf die Berge rauf ab, vielleicht habe ich ja Glück.

         
     Endlich mal ein paar blaue Tupfer im grauen Himmel…             …da spaziere ich mal eine kleine Runde mit Nils

Den Weg muss ich mir ein wenig zusammen suchen, denn die erste Alternative mit offizieller Beschilderung zur Talstation der Seilbahn sieht nach dem Dauerregen bestenfalls aus wie ein Abenteuerpfad, alternativ könnte die Bundeswehr hier sicherlich auch Feldübungen abhalten!
Selbst, wenn ich alleine unterwegs wäre, würde ich da nicht lang spazieren und mit Kinderwagen geht ohne Vierradantrieb sowieso gar nix! 😉

         
     Ah, der Fußweg zur Seilbahn, eine Abkürzung?                         Naja, hier kann eher die Armee ein Manöver abhalten… :-/

Ich spaziere den geteerten Weg daher weiter hinab und suche mir einen kleinen Geheimweg zwischen einigen Häusern hindurch. Hab Glück mit dem Weg, denn kurz darauf entdecke ich tatsächlich die Talstation der Seilbahn.
Schade, dass hier heute so wenig los ist. Genauer ist gar nix los, eher verlassen wirkt die Hochkössenbahn und keine Menschenseele ist weit und breit.
Ich ahne es bereits, hier ist heute zu!
Die Bestätigung für meine Vermutung liefert ausgerechnet das „Panorama- TV“, welches man Sonntags in der Frühe bei 3Sat im TV bestaunen kann. Da zeigen sie immer aus allen Bergregionen in Deutschland und Österreich Panoramabilder einer sich drehenden Kamera, kennt bestimmt der ein oder andere von euch, oder?
Na jedenfalls wird das Bild von der Bergstation der Hochkössenbahn auch hier unten auf einem Fernseher quasi live dargestellt und dort findet sich in der LIVE- Bildunterschrift der Hinweis, dass die Hochkössenbahn heute wegen Schlechtwetter geschlossen ist.
Na Super!
Naja, ich hätte ja eh nicht der Bahn fahren wollen, zumindest nicht alleine. Auch hat Anja mal gemeint, dass Seilbahnfahren für Babys sowieso nicht so gut sei, weil der Höhenunterschied zu schnell ablaufen würde. Schon von daher könnte ich sowieso nicht auf den Berg auffahren, selbst wenn ich denn wollte.
Dennoch nehme ich mir einen Moment, ein paar Bilder der Seilbahn und Umgebung zu machen:

         
     Man ahnt es schon von weitem: Hier ist heute nix los.               Die Bestätigung im „Fernseher“, heute geschlossen.

         
     Auch die Einrichtungen rundherum sind geschlossen.                 Die Gondeln stehen eher lustlos herum. Schade.

Meine Vermutung mit dem Start der Wanderwege auf die Alm über uns war übrigens richtig.
Die Wanderwegbeschilderung weist nämlich den Weg zum „Unterberghorn“ aus, die Wanderzeit wird mit sportlichen 3 ½ Stunden ausgewiesen. Na, das ist doch mal eine Herausforderung! Besonders jetzt, mit kurzer Hose, Kinderwagen und Baby darin, dazu noch komplett ohne Vorräte wie Essen und trinken weder für mich, noch für Nils.
Geht gar nicht.
Dennoch war der Weg hierher keinesfalls umsonst! Denn dank der Hochkössen- Bahn sowie dem Wegweiser auf die Alm habe ich endlich herausbekommen, wie der Berg heißt, auf den wir schon so manches Mal beim Frühstück geschaut haben und von wo aus die Paraglider und Gleitschirmflieger starten. Das ist also das „Unterberghorn“, welches laut Panoramakarte an der Talstation der Seilbahn mit einer Höhe von etwa 1.800 Metern aufwarten kann. Zwar kein „Zweitausender“, aber immerhin!
Ich nehme mir fest vor, doch einmal den Aufstieg nach oben zu wagen. Entweder zu Fuß mit Nils, oder eben alleine mit der Bergbahn. Zu schön erscheint mir die Aussicht von oben auf das Tiroler Umland, als dass ich mir diese Chance entgehen lassen werde…

         
     Hier links beginnt (also rein theoretisch) der Wanderweg           Aber dreieinhalb Stunden für den Aufstieg? Zu weit für heute

Ich schaue mich noch ein wenig an der Talstation um und entdecke eine kleine Kapelle, etwas versteckt hinter einem anderen Häuschen.
Neugierig wie ich bin schaue ich mir diese näher an, auch wenn sich hier in dieser kleinen Kapelle wohl kaum Hinweise auf den heiligen Gral finden lassen – meine heimliche Kirchenleidenschaft!
Zu meiner Überraschung ist das kleine Kapellchen nicht verschlossen und kann den kleinen Raum mit seinen 8 auf 10 Sitzplätzen und einem Altar hinter Gitter betreten.
Und kaum stehe ich drin, werde ich doch wieder unfreiwillig an die wohl beste Gralssuche im Actionthriller- Format erinnert, die jemals als Buch und Film erschienen ist. Die Rede ist natürlich von Dan Brown´s „Sakrileg„, in der die Gralssuche mit der Suche der Nachfahren von Maria Magdalena dargestellt wird.
Ausschlaggebend hierfür ist das Dach der kleinen Kappelle, was mir unfreiwillig einen Wegweiser zum heiligen Gral aus dem Buch vor Augen führt. „Zuletzt sie ruht unter dem Schutz der Sterne Zelt!“
Und was entdecke ich an der Kapellendecke? Schaut selbst:

         
     Eine kleine Kapelle am Eingang des Wandertrails.                     Eine schwere alte Holztüre… …überraschend offen!

         
Blick in das Innere der kleinen Kapelle.                                    „Zuletzt sie ruht unter dem Schutz der Sterne Zelt“ Oha! 😉

Natürlich reiner Zufall und in keinem Fall werde ich jetzt hier anfangen, nach irgendwelchen losen Bodenplatten zu suchen! Da könnte der heilige Gral wirklich unmittelbar einen Meter unter mir liegen! Stattdessen staune ich über die zahlreichen Informationen, die die kleine Kapelle zu bieten hat.
Da wären zum Beispiel die Baumeister, Simon und Ursula Widbauer, die die Kapelle im Jahr 1910 entweder errichtet haben, oder sie zumindest errichten ließen.
Oder die Gefallen aus den beiden Weltkriegen, die offenbar hier bzw. in einem früher hier stehenden Dörfchen genannt „Durnbichel“ gelebt haben! Auch diese haben hier eine Gedenktafel erhalten und stehen mit Namen und Datum in Stein gehauen.
Weitere Opfer sind ebenfalls benannt, dieses Mal die Opfer aus Kössen, gezeigt mit Bild und einer Unterschrift unter dem Bild, die mich doch ein wenig erstaunt. Dort steht „Wir wurden gerufen, wir haben unsere Pflicht getan!“
In einem einzigen Satz kann man schon eine Menge offene Wahrheit packen.

Wieder draußen vor der Kapelle schnappe ich mit den Kinderwagen mit dem schlafenden Nils darin und spaziere zurück in Richtung Campingplatz. Dieses Mal nehme ich übrigens den „langen“ Weg einmal an der kleinen Straße bis zur Y- Kreuzung entlang, ohne die Abkürzung durch die Häusergassen zu probieren. Allerdings nicht ganz freiwillig, denn irgendwie finde ich den Eingang nicht wieder und mag ungern in einer Sackgasse oder einer privaten Hofeinfahrt enden.
Dies hat allerdings den Vorteil, dass ich einen recht guten Ausblick auf das Gebirge in unserem Rücken bekomme. Also genau den Bereich, von wo aus für gewöhnlich die Regenwolken zu uns herüber ziehen.
Und zu meiner großen Freude zeigen sich dort zum ersten Mal an diesem Tag doch tatsächlich auch hellere und freundlichere Abschnitte, sogar der blaue Himmel setzt sich mehr und mehr gegen die Wolken durch.
Sollten wir heute also doch noch etwas machen können?

     Ausblick ins Tiroler Land
     Unterwegs zurück zum Campingplatz: Schöne Aussichten auf Berge und Tal um uns herum.

Ich stoße mit meiner Idee einer kleinen Unternehmung bei Anja auf offene Türen, auch sie hat die sich durchsetzenden Sonnenstrahlen bereits bemerkt und ist in Entdeckerlaune, scheinbar geht es ihr nach der langen Pause nun doch etwas besser.
Nur die fortgeschrittene Uhrzeit des Tages verhindert wohl, dass wir eine weitere Tour machen, wenn wir später nicht im Dunkeln nach Hause kommen wollen.
Aber das macht ja auch gar nichts, denn so richtig haben wir uns unseren Urlaubsort Kössen ja auch noch gar nicht besichtigt.
Anja gefällt die Idee, also packen wir Nils aus dem Kinderwagen fast gleich in die Babyschale und boarden unser Auto. Zwar könnten wir (wie unsere sportlichen neuen Nachbarn) auch zu Fuß in den Ort spazieren, aber uns kommt die Ausrede mit dem jederzeit möglichen Wechsel der Wetterverhältnisse mehr wie gelegen. 😉

         
     Wir fahren runter nach Kössen. Ja, FAHREN! Weil man bei DEM Wetter nicht sicher sein kann, ob es sonnig bleibt…

Gegen 16 Uhr erreichen wir einen größeren Parkplatz gleich bei der Raiffeisenbank, wo wir unseren Wagen abstellen können. Auch hier in Kössen ist das mit dem Parken gar nicht so einfach, da auch hier (wie auch schon in Walchsee oder in Reit im Winkl) viele Parkmöglichkeiten und Parkbuchten vor Gebäuden oft als Privatparkplätze für Anwohner oder Gäste des jeweiligen Betriebs ausgeschildert sind. Die Grenze von diesen Privatparkplätzen hin zu einem möglichen öffentlichen Parkplatz ist allerdings nicht immer klar erkennbar und auch, wenn man z.B. ein P- Schild entdeckt, muss das noch lange kein Garant für einen erlaubten Parkplatz sein.
Dies ist sicherlich dem Aufbau dieser altertümlichen Städte eines vergangenen Jahrhunderts geschuldet, als die Stadtplaner maximal Platz für eine Kutsche bei den Bauplänen mit einbeziehen mussten.
Das eines Tages alle Gäste in motorbetriebenen Kutschen vorfahren und gerne direkt im Zentrum selbst würden parken wollen, damit hat wohl seinerzeit niemand gerechnet…
Macht ja aber auch nix, wir haben ja nun einen Parkplatz und können zu unserer ersten richtigen Besichtigung von Kössen starten.

         
     Wir parken recht zentral bei der Raiffeisenbank.                       Vor uns die Kirche, die Wolken sind nach wie vor bedrohlich

Auch in Kössen dominieren natürlich die Hotels, Pensionen und Gasthöfe, die sich vollumfänglich auf die Aufnahme von Touristen eingestellt haben. Und sei es nur für das Mittagessen oder einen Nachmittagskaffee. Auch hier in Kössen scheint es für das Anlocken der Touristen ein probates Mittel zu sein, ein seinerzeit umfangreich verziertes und bemaltes Haus in seinem ursprünglichen Glanz zu erhalten und bei den Touristen ein staunendes „Oh, das ist aber schön!“ hervor zu locken und hierüber vielleicht auch den Gast zur Einkehr zu bewegen.
Ohne Zweifel profitieren die Gasthausbesitzer heute von dieser Art der schönen Hausveredelung, allerdings bleibt die Frage offen, ob der allererste „Anstrich“ in diesen schönen Farben bereits aus dem Grund des Anlockens von Touristen gewählt wurde.
Irgendwer muss mit dieser Tradition ja mal angefangen haben! Und wenn man sich so die Bemalung und die zugehörigen Jahressteine anschaut, dann passt das nach heutigen Maßstäben nicht wirklich als Touristenmagnet zusammen! Ich meine im Jahr 1567, als der „Gasthof Erzherzog Rainer“ gebaut wurde, wird es hier doch sicherlich noch nicht um das Anziehen von Touristen gegangen sein, oder?
Gab es damals überhaupt schon sowas wie „Touristen“?
Für reine Durchreisende, die sowieso auf ein sicheres Nachtlager zu unsicheren Zeiten angewiesen waren, wird man eine solche Bemühung wohl kaum auf sich genommen haben.
Also doch nur zum Zwecke des Verschönerns?

     Gasthof Erzherzog Rainer.
     Das vielleicht rustikalste und reichhaltigst verzierte Haus in Kössen: Gasthof Erzherzog Rainer.

Schade, dass die Frage nach dem Hintergrund der reichhaltig ausgeschmückten Häuser wie dem Gasthof Erzherzog Rainer und einigen anderen schönen Häusern wohl ungeklärt bleiben wird, denn obwohl mich der Hintergrund einer solchen wunderschönen Fassadenverzierung interessiert, steht mir nicht der Sinn nach einer investigativen Nachforschung. Und so werde ich wohl keinen Fremdenführer fragen, woher diese Bemalung kommt und warum sie so zahlreich in den vielen Alpenstädtchen dieser Region anzutreffen ist. Sollte natürlich einer unserer Leser zufällig über die Hintergründe wissen, dann würden wir uns natürlich schon über einen Kommentar hierzu freuen.

         
     Nicht nur der Herzog ist schön verziert, auch das Dorfcafe…     …oder der Gasthof „zur Post“ ist reichhaltig ausgeschmückt

         
     Überhaupt ist jedes Fenster an jedem Haus verschönert            Wir spazieren weiter durch die Gassen von Kössen.

Wir spazieren weiter durch den kleinen Innenstadtkern von Kössen und halten nach Postkarten Ausschau. Anja mag nämlich gerne wieder welche schreiben und auch unser kleiner Nils könnte ja mal ein paar Urlaubsgrüße versenden! Wir bräuchten eigentlich nur ein Stempelkissen und seinen Handabdruck, um seine Urlaubsgrüße zu den Lieben daheim zu versenden, eine schöne Idee wäre es bestimmt allemal! Mal schauen, ob wir diese Idee auch in die Tat umsetzen werden…

In gleich 2 Läden werden wir übrigens fündig, in beiden Läden mit den annähernd gleichen Postkarten kosten diese übrigens 40 cent das Stück. Nicht gerade wenig, aber auch nicht zuviel, dass wir keine kaufen würden. Wir haben schon hässlichere Karten für mehr Geld gesehen.
Neben den Postkarten schauen wir uns übrigens auch nach ein paar Souvenirs um.
Tatsächlich finde ich sogar eine neue Sonnenbrille für mich und beinahe hätten wir im NKD ein paar neue Bermuda- Shorts für mich gekauft. Ungewöhnlich, dass ich spontan Klamotten kaufe, muss wohl an der guten Bergluft liegen.
Gescheitert ist das Vorhaben nur an der Tatsache, dass die Bermuda keine ordentliche Tasche für alle meine Utensilien gehabt hat. Das geht gar nicht. Schade.

Eine Sache ist besonders mir (Björn) noch aufgefallen.
In Höhe der Touristeninformation haben wir einen zentralen Platz gekreuzt, an dem ein Soldatendenkmal aufgestellt ist.
Schon das zweite Mal, dass mir hier in Tirol die Geschichte der Menschen bzw. Soldaten als Söhne der Städte im zweiten Weltkrieg begegnen. Das erste Mal war vorhin in der kleinen Kapelle an der Talstation der Bergbahn, nun entdecke ich hier das zweite Ehrenmal.
Auch hier wundert mich (wie in der Kapelle der Satz unter dem Bild) die offene Art, wie man mit dieser Vergangenheit umgeht. Allein das Denkmal selber! Hoch auf der Spitze sitzt ein Greifvogel mit gespreizten Flügeln(ich tippe mal als absoluter Laien- Ornithologe auf einen Adler!), bereit zum Sprung auf seine Beute. Und dieser Adler wirkt beinahe schon aggressiv!
Schaut man hingegen in den Bundestag Deutschlands findet man dort zwar auch einen Adler, aber dieser wirkt bei weitem weniger aggressiv, als dieses Tier hier. Der Adler im Bundestag soll hierbei sogar gar nicht aggressiv wirken und trägt nicht ohne Grund den Beinahmen „Die fette Henne“. So haben wir nämlich seinerzeit bei einer Führung durch den Reichstag in Berlin gelernt, dass man den Adler ganz bewusst in einer eher satten und wenig einschüchternden Form darstellen wollte. Extra für die Alliierten, um möglichst keine aggressive Haltung der neuen Regierung zu wecken.
Der Adler hier aber hat nichts von einer defensiven oder gar zurückhaltenden Einstellung.
Er wirkt eher so, als wolle er die Toten verteidigen.
Auch hier wundert es mich daher abermals, dass man doch mit einer gewissen Portion Nationalstolz an das Thema herangeht.
Die Soldaten werden als das benannt, was sie waren: Helden für das Vaterland!
Findest du hingegen in Deutschland eine solche Gedenktafel, ist sie vom Gedanken des Mahnens an eine wohl schlimme und dunkle Zeit in der Geschichte Europas dominiert. Hier aber wird nicht zwingend „gemahnt“, sondern viel mehr in Trauer, aber auch ehrenvoll an die Söhne des Ortes erinnert, die einfach nur ihre Pflicht getan haben.
Begrenzung auf das Wesentliche muss man eigentlich schon sagen. Ich bin hierbei etwas unsicher, ob man sowas als Deutscher richtig finden darf, oder nicht.

         
     Das Soldatendenkmal für die Gefallen der beiden Weltkriege.    Mit kampfbereiten Adler drauf und wehender Flagge drüber.

Gegen viertel vor 5 haben wir unsere kleine Besichtigungstour von Kössen beendet. Besonderen Charme hat das Dörfchen jetzt nicht gerade versprüht, aber schön anzusehen ist es natürlich trotzdem. Es fehlt aber auch hier (wie auch in Walchsee) sowas wie eine reine Fußgängerzone, wo man sich wirklich ungestört auch mit dem Kinderwagen bewegen kann. Fahren hingegen ständig die Autos durch die Straßen und muss man darüber hinaus mit dem Kinderwagen auf sehr engen Bürgersteigen bleiben, ist das Besichtigen eines Dörfchens wie Kössen schon ein wenig anstrengend. Aber wir schätzen mal, dass auch Kössen einfach zu klein ist, um eine reine Fußgängerzone auszuweisen.
Nun, wir haben es gesehen und können dieses Punkt damit auch von unserer Liste streichen.

Um Nils eine kleine Freude zu machen, fahren wir noch kurz rüber zum Spar- Markt.
Nils liebt das Einkaufen ja wie nur was, hat er offenbar von seinen Eltern geerbt.  😉
Neuerdings muss er ja sogar (wie schon zu lesen war) immer die Gegenstände näher untersuchen, die wir in den Wagen zu laden gedenken. Die Sachen (gerne was, was knistert) bearbeitet er dann die ganze Zeit bis zur Kasse und guckt fast schon ein wenig traurig, wenn er ihn kurz zum Einscannen an die Kassiererin abgegeben muss.
Heute hat sich unser Sohnemann eine Packung Kaminwurzen ausgesucht. Schön klein und handlich und knistern tut die Verpackung auch ganz toll! Ein Glück, dass seine Kraft in den Händchen noch nicht reicht, um die Würschtel zu Brei zu verarbeiten. 😉

         
     Wir stoppen wieder beim SPAR- Markt von Kössen.                   Nils freut sich, er hat eine Tüte Wurzen zum Spielen. 🙂

Gegen halb 6 sind wir zurück am Campingplatz und richten das Abendessen im Vorzelt her.
Fast schon könnte man sagen, dass der Tag heute keine Überraschungen mehr zu bieten hat und wir den Tag ausklingen lassen könnten.
Kein besonders schöner Urlaubstag dank des ganzen Regens, aber immerhin ein Urlaubstag und damit weit besser, als jeder Sonnenschein im grauen Alltag zuhause.
Und so genießen wir die verschiedenen Sorten Schinken auf Brötchen, die Anja im Supermarkt an der Frischetheke ausgesucht hat. Die Idylle könnte perfekt sein, bis die Hunde auf der Parzelle O10 wieder mal anfangen zu kläffen!
Herrschaft!
Schon seit dem ersten Tag hat es mich gestört, dass unsere Nachbarn 2 große Hunde in der „Schäferhund- Klasse“ halten und diese bei schönem Wetter vor dem Vorzelt an der Leine auf der Wiese sitzen.
Daran ist natürlich mal grundsätzlich nichts auszusetzen, ich würde es ja mit unseren Katzen auch so machen, wenn sie dabei wären.
Und hätten wir einen Hund, ich glaube der dürfte auch angeleint auf der Wiese vor dem Wohnwagen liegen.
Was er aber auf keinen Fall dürfte, wäre das Ankläffen von Passanten und anderen Campinggästen, die an unserer Parzelle einfach nur vorbei spazieren.
Genau das tun diese Hunde aber und lassen keine Gelegenheit aus, um den vorbeigehenden Campern zu signalisieren, dass sie hier aber sowas von Wache schieben!
Gut, dafür ist ein Hund da und im Idealfall auch ausgebildet. Um seine Lieben und deren Hab und Gut zu beschützen. Das war aber auch zu einer Zeit, als Wölfe noch die Schafe auf einem Hof gerissen haben und wir Menschen dann mit Steinen und Keulen gegen die Wölfe vorgegangen sind!
Auf einem Campingplatz hingegen ist das „Wache halten“ von Hunden meines Erachtens VÖLLIG überflüssig! Stattdessen verbreiten solche kläffenden Köter bestenfalls Irritation beim vorbeispazierenden Passanten, oder schlimmstenfalls die nackte Angst!
Auch mich haben die Hunde schon erschreckt, als ich gleich am ersten Campingtag ganz normal und nichtsahnend dort vorbei spaziert bin.
Plötzlich springen da die beiden Köter auf und kläffen mich wie wild an!
Klar, dass ich mich da erschrocken habe. Woher soll ich auch wissen, ob die Hunde wirklich „nur“ bellen, ob sie vielleicht auch bissig sind? Und dass die Hunde mit einer Leine gesichert sind und nicht auf den Versorgungsweg sprinten und mich anspringen können, weiß ich im Moment des wilden Ankläffens ja auch nicht sofort. Ergo fährt einem schon ein ordentlicher Schreck in die Glieder, was, liebe Hundebesitzer, so einfach nicht sein darf!
Egal, ob euer Hund nun angeleint ist, oder nicht.

Das ist mangelndes soziales Verhalten der Besitzer, was im Endeffekt dem Ruf aller Hundebesitzer, aber auch dem Ruf des Campingplatzes schadet.
Der Hundebesitzer tut sich damit auch gar keinen Gefallen, wenn sich im Internet dann genau solche Erfahrungsberichte wir der unsere findet und eine Platzverwaltung am Ende sogar mit einem Hundeverbot reagiert, um solche Probleme künftig zu vermeiden.
Es ist ja auch nicht so, als würde man sich hier auf dem Campingplatz Eurocamp Wilder Kaiser darüber keine Gedanken machen, was wir dem Platz sogar sehr hoch anrechnen wollen.
So schreibt doch der Campingplatz sogar extra in seine Platzregeln, dass die Plätze mit Hundeverbot immer mehr zunehmen, weil sich einige wenige Hundebesitzer nicht an die einfachsten Regeln halten wollen, obwohl dies doch eigentlich eine Selbstverständlichkeit wären.
Und zur Sicherheit wiederholen sie sogar extra in einem Merkblatt die Regeln des Zusammenlebens, was übrigens auch das Bellen berücksichtigt.
Die Platzverwaltung kann also nichts dafür, dass sich die Besitzer der Hunde hier daneben benehmen, denn die Verwaltung hat mit ihrem extra beim Einchecken ausgehändigten Merkblatt für Hundebesitzer alles getan, um ein Zusammenleben mit etwas Rücksicht zu ermöglichen.

Was uns „Verschreckten“ in einer solchen Situation des Angekläfftwerdens dann übrigens nur bleibt, ist entweder die Konfrontation mit den Besitzern zu suchen, oder das Ausweichen um das Problem herum zu praktizieren.
Ich habe mich zunächst für das „Ausweichen“ entschieden und mache auf dem Weg zum Servicehaus oder nach vorn zum Supermarkt seit dem Ereignis mit den beiden Hunden einen kleinen Bogen um die Weggabelung an der Parzelle O10.
Ist zwar nicht schön, aber der Umweg ist nicht groß und somit ist der Frieden gewahrt.
Natürlich stört es mich beim Gehen des Umwegs, dass ich es als Mensch bin, der den Umweg überhaupt gehen muss. Richtig kann das jedenfalls nicht sein, denn sonst würde es nicht so in mir rumoren. So wird doch meine Toleranz in diesem Fall über Gebühr gespannt und ich stecke zurück vor der Ignoranz meiner Mitcamper mit Köter.

Die Alternative wäre, dass man einfach mal seinen Mund aufmacht und sich beschwert. Zuerst bei den Besitzern und wenn das nicht hilft, dann auch bei der Platzverwaltung.
Aber diesen Schritt zu gehen ist gar nicht so einfach! Mal will seinen Mitmenschen ja auch nichts Böses oder so, auch sie sollen ja ihren Urlaub genießen.
Also man kuscht, man steckt zurück und biegt seinen Bogen der Toleranz ein wenig weiter, als es eigentlich verträglich für die eigene Mentalität und das eigene Gewissen ist.
Vielleicht auch ein bisschen aus Angst vor dem Hund, vielleicht assoziiert man mit dem kläffenden Hund auch irgendwo einen „kläffenden“ weil uneinsichtigen und beratungsresistenten Hundebesitzer.
In solchen Momenten hätte ich gerne einen Markus Besold dabei! Über seine grundsätzliche Einstellung kann man wahrlich streiten, aber er lässt sich immerhin nichts gefallen, besonders nicht von einer kläffenden Töle. Ein paar Steine hätte er gebraucht, vielleicht sogar nur einen einzigen und es wäre wohl Ruhe gewesen! Aber so, wie sich Markus im Internet auf seinen Reiseseiten mit seinem Mercedes präsentiert, würde man ihn wohl kaum auf einem bayerischen oder österreichischen Campingplatz antreffen, soviel ist wohl mal sicher! 😉

Aber so sehr man sich jemand anderen herbeiwünscht, der das Problem in einem solchen Moment in die Hand nimmt, kommt dieser nicht immer um die Ecke.
Manchmal hat man zwar das Glück, wie wir seinerzeit in Holland mit dem ignoranten Camper und der unglaublich lauten Kühlbox auf dem Campingplatz in Nordholland.
Da hab ich auch so lange auf die eigene Courage gewartet, bis es jemand anders übernommen hat.

Und auch hier wäre es wohl so, dass ich genau auf diesen Moment warten würde, bis jemand anders das Problem löst, wäre da nicht gestern ein weiteres gewichtiges Ereignis eingetreten.
Denn gestern Nachmittag hat es ein kleines Mädchen „erwischt“, welches auf dem öffentlichen Versorgungsweg des Campingplatzes mit ihrem kleinen Fahrrad entlang geradelt ist.
Das Mädel ist vor Schreck beinahe vom Rad gefallen, als plötzlich beide Hunde aufgesprungen sind und laut das Gekläffe angefangen haben!
Und die Besitzerin? Meckerte ein eher halbherziges „Paula! Nu sei aber still!“ zur hellen Hündin, die zuerst losgekläfft hatte, das war´s.
Dabei hielt sie es noch nicht einmal für nötig, ihren (Verzeihung!) Hintern von der Sonnenliege zu erheben und mal nachzuschauen, was ihre Köter denn da gerade angebellt haben!
Oh- ja, von so einem kleinen Mädchen mit rosa Helm und lila Fahrrad geht ja auch eine unheimliche Gefahr für die sonnenbadende Dame aus! Da ist es quasi die Pflicht der Hunde, ihr Herrchen oder Frauchen entsprechen zu warnen und zu beschützen! Ja nee, is klar!
Und ich? Ich hab den Mund natürlich nicht aufbekommen und stattdessen wieder mal nur tatenlos und wortlos zugeschaut.
Was hab ich denn erwartet? Dass „Frauchen“ das selber merkt, dass das nicht in Ordnung war?
Nicht wirklich.
Aber natürlich wäre da mal zum einen die „Geht mich nix an“- Mentalität. Ist ja nicht meine Tochter und so.
Auch will man ja wie gesagt „keinen Ärger mit den Nachbarn“ bekommen und ein klein bisschen Angst, dass ich dann von den Hunden angekläfft und vielleicht sogar gebissen werde, wenn ich mich da eingemischt hätte, steht ja auch im Raum.
Auf Deutsch gesagt: Ich hab feige genkniffen!

Seit dem Ereignis mit dem kleinen Mädchen keimt allerdings etwas in mir.
Zum einen, weil ich mir den „Umweg“ nicht mehr gefallen lassen will, hauptsächlich aber aufgrund des schlechten Gewissens!
Denn hätte ich gleich am ersten Tag, als die Hunde mich angekläfft haben, etwas gesagt, oder die Besitzer mal zur Rede gestellt, dann wäre das gestrige Ereignis mit dem kleinen Mädchen vielleicht so nicht eingetreten.
Darüber habe ich in der letzten Nacht nachgedacht und mich hat darüber eine Erkenntnis getroffen, welche stärker ist als alle Verhaltensregeln, alle Erziehung und alle gesellschaftlichen Normen.
ICH BIN VATER UND DAS KLEINE MÄDCHEN HÄTTE AUCH MEIN JUNGE SEIN KÖNNEN!
Und schon aus dem Grund heraus wurde irgendwo ein Beschützerinstinkt in mir geweckt, der sich eben auch jederzeit vor mein Kind und zwischen diese Hunde stellen würde.
Und so bin ich eigentlich fest entschlossen, dem Treiben genau jetzt und hier ein Ende zu setzen, auch wenn die kläffenden Hunde im Moment ja gar nicht wegen einem Kind, sondern wegen einem ganz normalen erwachsenen Passanten und Campinggast kläffen.
Auch der ältere Herr hat sich sichtlich erschrocken und verweilt in einigem Abstand zum bellenden Gespann, um die Lage zu sondieren. Sicherlich schaut auch er im Moment, ob die Hunde z.B. angeleint sind, oder ob doch eine Gefahr für ihn ausgeht.
Wieder sind es also die Hundebesitzer, die anderen Campern ihre Ignoranz aufnötigen.
Und wenn die Besitzer das selber nicht einsehen, dann muss man es ihnen eben sagen!
Zugegeben, es hat einen Tag gedauert und es wäre richtiger gewesen, wenn ich schon beim kleinen Mädchen aufgesprungen wäre.
Aber lieber spät, als gar nicht und so also werde ich das tun, was sicherlich der Vater des kleinen Mädchens gestern getan hätte, wäre er hier gewesen.
Ich stehe also tatsächlich (von mir selber total überrascht!) auf, verlasse das Vorzelt, schreite an den Versorgungsweg und erhebe tatsächlich meine Stimme!
„Hee! Halten Sie ENDLICH mal bitte ihre Hunde zurück! Kann nicht angehen, dass die hier jeden ankläffen! Wissen Sie eigentlich, dass ihre Hunde gestern ein kleines Mädchen angekläfft haben, was vor Schreck beinahe vom Rad gefallen wäre?!“
Eine Sekunde lang ist Totenstille! Sogar die Hunde schweigen!
Dann suchen die Blicke der beiden Herrschaften auf Parzelle O10 die Herkunft der Stimme und erkennen mich, offensichtlich in Streitlaune. Für ein Augenblinzeln sondieren diese nun die Lage und mustern mich. Vielleicht, ob ich es ernst meine.
„Wirklich?“ fragt mich die ältere Frau dann etwas überrascht wirkend.
„Oh-ja! Sie selber waren dabei und haben da (mit dem Finger zeige ich drauf!) auf der Liege gelegen, ohne auch nur hinzusehen!“
Wieder Stille, wieder ist die Dame erstarrt.
Der Mann tritt aus dem Vorzelt und ich bin fast sicher, dass es gleich eine fette Diskussion geben wird.
Er geht zwar ruhig, allerdings kann ich die Anspannung in seinem Gesicht sehen. Oh, ich danke dir mein Adrenalin, was du meine Sinne doch schärfst!
Zu meiner großen Überraschung schnappt sich der Mann jedoch nur die Hunde und zerrt diese ohne ein Wort ins Vorzelt.
Seine Frau schreitet ihm unmittelbar stumm hinterher, dann schließen sie den Reißverschluss ihres Vorzeltes und waren für den Rest des Tages ohne ein weiteres Wort verschwunden.
Na sowas.
Hmm. Ich verweile noch einen Moment und erwarte fast, dass noch etwas passiert. Aber nix tut sich. Komisch.
Was war das jetzt?
Darf ich mich jetzt „siegreich“ fühlen?
Auf jeden Fall tut es dem eigenen Inneren gut, dass ich endlich was gesagt habe.
Denn jetzt kommen Herrchen und Frauchen vielleicht wenigstens mal ans Nachdenken und werden erkennen, dass es so nicht weitergehen kann.
Schön wäre es ja.

Aber auch ich komme ans Nachdenken und dem süßen Geschmack eines Hauchs von einem Sieg folgt unweigerlich auch der bittere Nachgeschmack, dass es vielleicht auch doch irgendwie anders gegangen wäre. Ja anders hätte gehen müssen.
Vielleicht hätte ich diskreter vorgehen können, ohne hier über den halben Platz zu quäken.
Mal den Nachbarn zur Seite nehmen ihn nur so drauf ansprechen oder so.
Zum Glück habe ich Anja dabei und tausche mich noch beim Abendessen mit ihr über das Ereignis aus. Immerhin hat sie im Vorzelt ja alles mitbekommen.
Sie ist der Meinung, dass man sich in sowas besser nicht einmischen sollte.
Man bekommt nur Ärger. Und natürlich kann es nun für den Rest des Urlaubs passieren, dass man von denen bestenfalls mit dem Arsch nicht mehr angeguckt wird, schlimmstenfalls suchen sie sich nun ebenfalls einen Streitgrund und man trifft sich wieder. Wäre ja nicht so, als hätten nicht mit dem ersten Wort einer störenden Sache schon ganze Nachbarschaftsfehden bis aufs Blut begonnen!
Es wird also ab sofort spannend werden, ob auf meine heutige Erstaktion noch etwas nachkommen wird.
Werden sie die Hunde nun besser im Griff haben? Oder lassen sie denen nun erstrecht freien Lauf?
Und wie werden wir reagieren?
Wir können natürlich noch immer in der Rezeption Bescheid sagen, keine Frage.
Und wenn das nicht hilft, reisen wir halt ab! Das geht ja auch und ist im Fall der Fälle sicherlich der „klügere Weg“, als hier einen Campingkrieg vom Zaun zu brechen.
Andererseits würden es unsere Leser (zumindest einige davon 😉 vielleicht alternativ begrüßen, wenn in unseren Reisegeschichten endlich mal was passiert und ich uns vielleicht sogar Helme gegen Artilleriefeuer besorgen muss!  😉
Aber ganz ehrlich: Lust habe ich darauf keine, auch wenn ich einer weiteren Auseinandersetzung nach dem heutigen Tag und dem ersten Schritt in dieser Sache wohl nicht mehr aus dem Weg gehen würde. Mit „Umweg“ gehen ist nun jedenfalls vorbei!
Aber trotz allen Worten bleibt nun natürlich, wenn man mal ganz ehrlich ist, mit Sicherheit auf beiden Seiten ein fader Beigeschmack.
Zum einen bei uns, weil wir beim Abendessen drüber reden. Viel lieber hätten wir uns über die noch ausstehenden Reiseziele ausgetauscht!
Und sicherlich hätten unsere Nachbarn mit Hund das gleiche getan. Nun aber sitzen die bestimmt, genau wie wir, jeweils in unserem Vorzelt und „verstecken“ sich vor sich selbst.
Vielleicht schweigen sie betreten, vielleicht poltern sie ein wenig. Aber in jedem Fall tun sie nicht das, was sie eigentlich vorgehabt haben, soviel ist wohl mal sicher.
Und an der Stelle hat eigentlich jeder der beiden beteiligten Parteien verloren, denn die Urlaubsfreude mit Planung und Erlebnissen ist durch dieses unschöne Aufeinanderprallen bei beiden Seiten doch leicht getrübt.
Schade.

Wir versuchen jedenfalls, das Thema nun erstmal nach hinten zu stellen.
Ich habe was gesagt und damit ist der erste Schritt in die hoffentlich richtige Richtung getan.
Und wenn nicht, überlegen wir uns eben gemeinsam neue Schritte. Nur ruhig und besonnen müssen sie eben sein und damit ist das Thema fürs erste gut.

Nach dem Abendessen überlegen wir, was wir noch machen könnten.
Zum einen könnten wir mit Nils gemeinsam das Babybad aufsuchen und den kleinen Mann mal wieder einer Generalüberholung unterziehen.
Auch der Abwasch könnte erledigt werden, zu tun gäbe es also schon etwas.
Stattdessen aber entscheiden wir uns lieber für den faulen Weg und verschieben das Waschen wie das Abwaschen einfach auf Morgen.
Nur 2 Teller mit Krümel ohne Sosse oder fettige Essensreste? Die können auch mal eine Nacht in der Spüle überleben. Und Babys soll man ja eh nicht mehr alle 2 Tage baden, zumal morgen ja auch noch genug Zeit dafür ist.
Hauptsache, wir können uns schön im Vorzelt und Wohnwagen ein-igeln, was uns auch mit dem Abendprogramm und dem Film „Troja“ mit Brad Pitt gelingt.
Nach dem Film (der geht bis 11!) haben wir dann noch die undankbare Aufgabe, das Bett wieder aufzubauen. Gar nicht so einfach, wenn man ein bereits schlafendes Baby im Arm halten muss und man nicht so recht weiß, wo man mit diesem hinsoll.
Aber am Schluss gelingt es uns doch und gegen halb 12 liegen wir endlich im Bett.

Schreibe einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Kommentar absenden