Der erste Reisetag beginnt für uns um 5 Uhr in der Frühe. Der Tagesbefehl sieht vor, dass ich alleine mit dem Auto schon vorfahre und versuche die ersten Stunden gut Strecke zu machen. Anja fährt mit den Jungs später gegen 08:30 Uhr ab Köln Hbf mit dem ICE durch bis Basel Badischer Bahnhof, wo ich sie mich dann unterwegs einholt und wir uns dann in Basel wieder zusammenfinden. Für die Kinder ist das einfach angenehmer, wenn sie sich im Zug bewegen und auf die Toilette gehen können. Dazu der durchgehende Zug, wo nicht umgestiegen werden muss. Ich kann darüber hinaus einfach durchziehen, ohne auf Pausen oder andere Befindlichkeiten der Mitreisenden Rücksicht nehmen zu müssen.
Sehr gerne wären wir auch alle gemeinsam mit der Bahn gefahren. Gerne auch bis Genua durch. Aber du kommst leider nur problemlos bis Basel, ab dann fängt die Umsteigerei in der Schweiz und Italien an, was mit vier Koffern plus vier Handgepäckstücken und Zusatzballast einfach unattraktiv ist. So nehme ich die Koffer schon mit, Anja und die Jungs haben nur leichtes Gepäck. Passt.
Die Fahrt über die A 61 verläuft sehr angenehm. Ich lasse den Tempomaten mit 115 km/h die Arbeit machen und brauche nur ein wenig lenken. Die Bremse brauche ich vielleicht zwei Mal und auch sonst läuft es sehr flüssig an diesem Morgen. Ein herrlicher Sonnenaufgang begleitet mich auf dem Weg nach Süden und ganz ehrlich: In Momenten wie diesen vermisse ich sehr unser altes Wohnmobil! Damit verbinde ich einfach solche Sonnenaufgänge auf dem Weg zu den schönsten Zielen in Deutschland und Europa. Klar, jetzt mit dem Wohnwagen machen wir auch noch schöne Touren! Aber es ist schon irgendwie anders…
Schon um 9 Uhr erreiche ich Karlsruhe, da ist Anja gerade mal eine halbe Stunde aus Köln weggefahren. Zeit für Frühstück! Im Durlach Center hole ich mir ein leckeres Frühstück mit Butterbrezel und lasse mir von Anja ein Statusupdate geben. Leider gibt es hier keine guten Nachrichten! Der schöne ICE hat unterwegs leider eine Türstörung bekommen und musste in Montabauer erstmal stehen bleiben. Dort hat man dann einen anderen eigentlich durchfahrenden Zug anhalten lassen, in den die drei umsteigen mussten! Jetzt fahren sie erstmal bis Mannheim und dann muss man sehen, wie es weitergeht! Na super! Da macht es gar keinen Sinn, sich nur ein Brötchen auf die Hand zu holen, im Gegenteil. Ich packe ein Baguette zur Butterbrezel und mache es mir in der Bäckerei gemütlich. Zwangspause…
Ich hatte beim Kauen der leckeren Brezel noch überlegt, ob ich vielleicht zurückfahren und den Rest der Familie am nächstbesten Bahnhof einsammeln soll. Aber von Mannheim kommt man eigentlich mit der Bahn immer gut Richtung Karlsruhe weg. Auch weiter nach Basel soll dann laufen. Also fahre ich langsam weiter, was ich vielleicht besser nicht getan hätte. Denn während es auf der Straße weiterhin gut läuft, kommt Anja einmal mehr ins Stocken auf dem Weg nach Süden. Das machen wir auch kein zweites Mal mehr mit dem Aufteilen! Um Zeit zu verplempern (muss man sich mal vorstellen! Ich muss Zeit auf einer Anreise totschlagen!), tingele ich ein wenig neben der Autobahn entlang und kratze dabei lustlos an den Grenzen des Schwarzwaldes. Wenn ich hier schon zwangsweise entlang tuckern muss, will ich wenigstens versuchen, vielleicht bei einer der zahlreichen Landmetzgereien im Schwarzwald lokale Fleischspezialitäten im Brötchen fürs spätere Mittagessen zu bekommen.
Anja hat derweil den Status aktualisiert, ab Mannheim konnten sie in den Zug umsteigen, der zuvor in Montabauer wegen der Türstörung gestrandet war. Jetzt rollt er wieder, hoffentlich bleibt es dabei. Die Verspätung beträgt allerdings schon jetzt etwa 90 Minuten! Puh!
Auf dem Weg durch den Schwarzwald lasse ich mir Zeit. Fahre hier ein wenig über grüne Wiesen und da ein wenig durch die typischen Nadelwälder. Auch eine längere Pause lege ich ein, vertrete mir die Beine und ärgere mich mit zunehmender Stunde darüber, dass wir nicht doch alle zusammen mit dem Auto gefahren sind! Denn dann wären wir jetzt inzwischen über Basel weg und auf dem Weg zum Gotthard- Tunnel! Grmpf!
Auf dem Navi, wo Anja und ich uns gegenseitig den Standort teilen, kann ich die langsame aber doch stetige Bewegung nach Süden vernehmen. Also nehme ich wieder Kurs auf Basel, will aber wenigstens vor dem Grenzübertritt für ein kleines Mittagessen für alle sorgen, damit wir dafür nicht weitere Zeit verlieren und gleich mit dem Auto durch die Schweiz weiterfahren können. Essen? Das geht nachher auch prima während der Fahrt.
Um die Bordvorräte um ein Mittagessen zu ergänzen suche ich mir aus dem Angebot auf Google Maps in der Umkreissuche eine urige Landmetzgerei ganz in der Nähe von Weil am Rhein aus. Der Name „Landmetzgerei Senn“ duftet doch schon orthografisch nach Schwarzwälder Schinken und Landjägern, oder?! Eine gute Schlange vor dem Haus bestätigt mir wohl die richtige Wahl getroffen zu haben. Ich besorge ein paar leckere frisch belegte Bratenbrötchen und lasse mich dann mit dem duftenden Tüte im Beifahrer- Fußraum nach Basel reintropfen.
Zuerst wollte ich ja das Parkhaus direkt am Bahnhof Basel Bad ansteuern, aber dann bekomme ich zur Überraschung doch eine Parklücke direkt vor dem Haupteingang des Bahnhofs. 30 Minuten Parken kosten 50 cent, was mich überrascht. Günstig für die Schweiz und ich kann am Parkautomaten sogar in Euro bzw. mit einem 50 Cent Stück bezahlen. Danke Schweiz! Das meine ich ehrlich. Ihr könntet es ja auch anders machen…
Eine knappe halbe Stunde muss ich noch totschlagen (und damit die maximal zulässige Parkdauer bis aufs äußerste ausreizen), aber dann fährt ENDLICH der Zug aus Köln ein. Um 13:56 Uhr statt 12:35 Uhr. Wahnsinn, ein sehr ärgerlicher und vor allem unnötiger Zeitverlust! Ich schrieb es bereits: Aber wären wir doch heute früh mal alle gemeinsam im Auto gefahren, wären jetzt wohl schon am Gotthard oder sogar darüber hinaus. Na nützt ja nichts. Alle flott umsteigen und dann geht es weiter Richtung Süden.
Endlich rollen die Räder wieder! Und das richtig, soweit das mit dem Tempolimit in der Schweiz überhaupt möglich ist. Allerdings wird die voraussichtliche Ankunftszeit am Navi für unser Hotel in Mailand, das Novotel in Mailand am Flughafen, so sehr wir uns auch auf das Ziel zubewegen, einfach nicht weniger! 3 Stunden 50 Minuten. Die Zahl wird dabei erst orange, dann rot. Ein kurzer Blick in die Stauschau offenbart, dass es vor dem Gotthard zu immer längeren Wartezeiten kommt! Die Radiosprecherin will inzwischen etwas von 9km Stau erfahren haben! Woher hat sie nur diese Info? Kann doch nur eine Fehlinformation sein, oder?! ODER?! 😉
Ausweichstrecken über die Landstraße neben der Autobahn habe man übrigens vorsorglich gesperrt, über die alternativen Pässe kommt man sowieso wegen der noch andauernden Wintersperre noch nicht. Wir müssen da jetzt durch. Na super! Wären wir doch nur heute früh um 5 einfach zusammen…
Die letzte Hoffnung, dass es sich um eine Fehlmeldung handeln könnte, zerschlägt sich bereits Kilometer vor dem Gotthard. Immer wieder werden wir über Blöcke an den Ampeln gestoppt und zum Warten verdammt. Hilft nichts. Das ist etwas, was wir bei der Wahl des Abreisetages einfach nicht bedacht haben. Morgen ist ja Feiertag! Damit ist der Südreiseverkehr hier in etwa das, was bei uns in Westdeutschland vor einem Pfingstwochenende nach Holland zwischen Grenzübergang Venlo und Renesse im Stau steht! Der gesamte Feiertagesverkehr! Na Bravo!
Es dauert ewig. Erst gegen 17 Uhr fahren wir bei Göschenen in den Tunnel rein. Fast vier Stunden für das kleine Stück. Auch im Tunnel selbst geht es nur im Schneckentempo weiter. Aber immerhin. Wir kommen langsam wieder vorwärts.
Die frische Luft am südlichen Tunnelausgang bei Airolo tut gut! Wir öffnen alle Fenster und lassen einmal den sonnigen Frühling im Süden durch das Auto wehen. Das frische Luft und eine weitere Dose Redbull gibt Kraft für den nächsten anstrengenden Teil der Reise. Zwar geht es nach dem Tunnel zunächst bei freier Strecke weiter, aber das Vergnügen währt nur kurz. Die Ausreise aus der Schweiz und Einreise nach Italien gestaltet sich ein weiteres Mal als Stauproblem. Praktisch von Lugano an bis Chiasso ist die Autobahn rot! Wenn ich etwas gar nicht mehr sehen kann, dann sind das Bremslichter vor mir! Auch, wenn die Ausweichrouten rund um die Seen wohl länger dauern, da fährt man wenigstens! Also fahren wir kurz hinter Lugano von der A 2 ab und dann weiter Richtung Varese statt Richtung Como in der Hoffnung, dass es wenigstens dort etwas besser rollt. Viel hilft es allerdings auch nicht, erst gegen halb 8 können wir die Schweiz am Grenzübergang Gaggiolo ENDLICH hinter uns lassen! Hoffentlich wird es nächste Woche besser wenn die Rückreise ansteht.
Etwas mehr als eine halbe Stunde brauchen wir dann noch bis Mailand. Wenigstens kommen wir gut durch. Um kurz nach 20 Uhr stellen wir den getreuen Ford auf dem Parkplatz des Novotel Mailand Malpensa ab. Gerade noch rechtzeitig, viel mehr hätte ich jetzt auch nicht mehr fahren können. Der Akku ist wirklich leer. Was für eine Gewalttour!
Das Einchecken funktioniert problemlos, wir bekommen ein schönes Zimmer mit Doppelbett, ausgeklappter Doppelcouch und einem geräumigen, sauberen Bad im vierten Stock. Für die Nacht auf jeden Fall perfekt.
Wir richten uns kurz ein, dann gehen die Jungs und ich nochmals runter eine Runde spazieren und bei der Pizzeria Mastro Pizza vorbei. Letzteres war eine gute Entscheidung! Uns erwartet zwar keine kleine urige Trattoria mit Zitronenbaum und Steinbögen, sondern ein funktionaler Zweckbau mit einer etwas kühlen Innenatmosphäre. Dafür aber auch mit gleich drei Pizzabäckern und einem Steinofen, in dem sich die eingelegten Pizzen drehen! Das geht hier richtig flott, Bestellung aufgeben, Pizza wird gemacht, Zack in den Ofen und dann ist man schon fertig. Und die Pizza hebt geschmacklich alles auf, was dem Haus an Ambiente fehlt! Eine der besten Pizza vom Typ Calzone, die ich je gegessen habe! Schön lecker und hier nur mit Tomatensauce, Schinken und Mozzarella- Käse gefüllt. Ein Gedicht! Eiinzig das Holzbesteck ist etwas knifflig, weil nicht scharf genug für eine Calzone. Eine runde Pizza wäre wohl vorgeschnitten und dann pragmatisch mit den Fingern gegessen worden. Aber bei einer Calzone wird das schwierig! Entsprechend läuft mehr Wasser im Mund zusammen, als die dann hastig eingeworfene Pizza an Teig wieder aufnehmen kann. Herrlich lecker!
Satt und zufrieden fallen wir in einen bleiernen Schlaf. Der Kopf selbst will dabei noch nicht so richtig entspannen! Mental stehe ich noch immer am Gotthard im Stau und schau dem Vordermann auf die Bremslichter…