Wir schlafen lang. Das war nicht geplant, aber aufgrund einer hektischen wie unruhigen Nacht leider notwendig.
Relativ müde und spät stehen wir auf. Fast fehlt die Kraft, um das heutige Tagesprogramm durchziehen zu können. Aber es hilft nichts, die Zeit rennt! Irgendwann im Tageswechsel zwischen heute Nacht auf Montag müsste nämlich der Wendepunkt am Zeitstrahl des Urlaubs kommen! Der Punkt, ab dem die noch verbleibende Zeit mit dem Wohnmobil vor uns weniger ist, als die Zeit, die bereits hinter uns liegt!
Man könnte fast hektisch werden in Anbetracht dieser unausweichlichen Tatsache!

Ein Glück und als Motivator den Tag können wir wenigstens melden, dass das Erbsensuppenwetter von gestern Abend wie weggeblasen scheint! Das ist immer wieder faszinierend hier oben in England! So viele Tage haben wir nun schon erlebt, wo es des Nachts geregnet hat, es am frühen Morgen sogar noch trist und grau war und wir eigentlich sicher waren, dass es den ganzen Tag so bleibt.
2 Stunden später stellst du dann fest, dass in Südengland nichts so unbeständig ist, wie das Wetter! Wir sind zwar hollanderprobt, haben viele Tage, Wochenenden und Wochen in den letzten 3 Jahren an der Küste in Zeeland verbracht und auch so manchen für die Region typischen schnellen Wetterwechsel dort miterlebt. Aber das alles ist nichts im Vergleich zu dem, was wir in den wenigen Tagen, die wir hier sind, schon hier in Südengland mit dem Wetter erlebt haben!

Dank des strahlenden Sonnenscheins werden unsere Energien nun auf natürliche Weise reaktiviert. Ein tolles Frühstück noch dazu, dann sind wir fast schon startklar für die Fahrt nach Land’s End!
Nur ums Wohnmobil müssen wir uns noch kümmern. Gestern war keine Zeit hierfür und heute meldet die Abwasserkontrolle erstmals mehr leuchtende Dioden, als die Anzeige für das verbleibende Frischwasser. Eindeutig Zeit, um sich ein weiteres Mal der Ver- und Entsorgungsstation  zuzuwenden…
Meine Frage in der Rezeption bei der Chefin an diesem Vormittag sorgt allerdings für ratloses Kopfschütteln.
Fast scheint es so, als sei ich der erste Mensch, der mit einem Wohnmobil hier steht und nach einer Entsorgungsmöglichkeit für sein Grauwasser fragt! Unglaublich!
Die Frau überlegt hin und her, wie sie uns helfen könnte und schlägt schließlich vor, dass wir es mit einem Schlauch in ein Waschbecken probieren könnten. Einen Bodeneinlass gäbe es aber auf dem ganzen Platz nicht, auch keinen Gulli.
Ich lehne dankend ab und entscheide mich stattdessen, dass wir einfach mit dem Eimer einige Gänge zum Toilettenausguss machen. Dieser befindet sich, wie der Frischwasseranschluss, auch direkt hier am Servicehaus und ich muss die Toilette sowieso ja auch entleeren. Passt also.

Tatsächlich dauert das Entleeren des Abwassertanks mit dem Eimer deutlich länger als erwartet. Scheinbar ist der Abwassertank deutlich größer, als man mit 2, 3 Eimergängen entsorgen kann. Puh! Ganze 7 Mal muss ich laufen, bis ich mit dem Eimer alles an Grauwasser ordnungsgemäß entsorgt habe!
Dann füllen wir noch frisches Wasser ein, kümmern uns um die Toilette und dann sind wir auch endlich gegen 20 vor 12 startklar.
Eigentlich fast schon zu spät für einen Besuch von Land’s End bei schönstem Wetter an einem Sonntag in den Ferien! Es wird dort bestimmt ordentlich voll sein! Mit Pech stehen wir schon auf der Anfahrt im Stau wie an einem Freitagnachmittag vor den Ferien am Kamener Kreuz.

Wir fahren aus der engen Einfahrt des Campingplatzes heraus und befinden uns sogleich wieder auf der A 30 Richtung Land’s End.
Mit Ausnahme von Sennen ist dies der einzige Ort, der hier noch auf den Schildern in Richtung Westen weiter angeschrieben steht und lässt somit erahnen, dass wir uns nicht nur dem geografischen, sondern auch dem sinnbildlichen Wendepunkt unserer Reise nähern! Sind wir erstmal dort, geht es von dort aus nunmal nicht mehr weiter! Man muss umdrehen und wieder in die Gegenrichtung fahren. Ein immer faszinierender Augenblick auf all unseren Reisen, solche „Endpunkte“! Egal ob Nordkap in Norwegen oder z.B. Skagen an der Nordspitze Dänemarks, wo sich Nord- und Ostsee treffen. Man hat das erhebende Gefühl, irgendwo angekommen zu sein.

Und auf die Preise bin ich mal gespannt!
Hab ja einige Meldungen hierzu vorab im Internet gelesen, dass Land’s End eine reine Abzocke wäre! Schon das kostenpflichtige Parken sei unausweichlich! Die Straße davor viel zu schmal zum Wenden und erst HINTER dem Kassenhäuschen könnte man dies dann wieder tun. Also nachdem man bezahlt habe versteht sich!
Ganz zu schweigen von den Hinweisen, die wir nicht nur in Deutschland, sondern auch hier in England von einigen Unterwegsbekanntschaften zu Land’s End bekommen haben! Voll, laut, teuer und überhaupt nicht sehens- ja noch nicht einmal lohnenswert. Ein schmieriger Freizeitpark und Landstrich in Privatbesitz, der zur Gewinnmaximierung ausgebeutet wird.
Wenn ich eine solche Aussage z.B. im Wohnmobilforum von gestanden Wohnmobilreisenden lese, die die Natur und Ruhe, die Einsamkeit und Unabhängigkeit lese, dann weiß ich das natürlich erstmal als persönliche Meinung zu werten. Wenn ich diese Zeilen im Reiseführer lese, ja, ok, dann wird man nachdenklich. Wenn dann aber sogar Campingplatzbetreiber, Platznachbarn oder sogar die Dame an der Kasse im Tesco sagt, dass Land’s End wirklich nur eine reine Touristenabzocke ist, dann treibt einem das dann doch Sorgenfalten auf die Stirn. Und dennoch: Wir müssen es einfach sehen und das werden wir auch gleich. Bis nach Lands End sind es nämlich nur wenige Kilometer!

Infobox: Land’s End (westlichster Punkt des britischen Festlandes)
Land’s End markiert, wenn man diesen geografischen Punkt emotionslos einordnet, schlichtweg den westlichsten Punkt des britischen Festlandes. Eine Landzunge ragt hier ins Wasser, mit Ausnahme einiger kleinerer Felsen folgt in Richtung Westen nur noch irgendwann der Kontinent Amerika!
Das gesamte Areal befindet sich heute in Privatbesitz und ist NICHT mit dem öffentlichen Auftrag ausgestattet, der z.B. durch das National Heritage oder durch den National Trust betreut wird. Hier wird (angeblich) Kasse gemacht! So lockt ein touristischer Freizeitpark die Massen, auch ein Hotel findet sich hier.
Vor und in den Klippen befindet sich aufgrund der besonderen Lage ferner ein Schiffsfriedhof. Sogar ein deutsches Schiff liegt hier gestrandet. Nein, nicht aus dem Weltkrieg, sondern aus dem Jahr 2003! Also noch gar nicht so lange her. Die Schiffe können übrigens bei Tauchgängen besichtigt werden.
Tipp: Wenn ihr hier Attraktionen und Shows besuchen wollt, haltet in der Region vorab Ausschau nach Vergünstigungen und Voucher in kleinen Heftchen, die an einigen Tankstellen oder Supermärkten ausliegen! Wir haben ihn zwar nicht gebraucht, hatten aber einen 10% Gutschein auf die Preise in einem dieser Heftchen am Start!
Wir hätten euch sehr gerne mit einer offiziellen Webseite zum Freizeitpark ausgestattet, wo ihr alle wichtigen Informationen vorfindet! Zu unserer Überraschung haben wir keine gefunden! Vielleicht ist das der Grund, warum gerade zu Land’s End so viele negative Meinungen im Netz zu finden sind, ohne das sie verifiziert werden! Denn wir können uns diesen negativen Meinungen ehrlich gesagt, das sei an dieser Stelle mal vorweg genommen, ausdrücklich NICHT anschließen! Warum das so ist, lest ihr gleich in unserem Reisebericht…

Bevor wir aber an diesem besonderen Punkt endlich ankommen und zufrieden auf die Klippen und ganz bestimmt auch die Spitzen der Hochhäuser in Amerika und New York erspähen können, halten wir kurz vor dem Ziel doch noch einmal an.
Das Schild muss ich einfach als Beweis haben, dass wir wirklich hier sind! Land’s End!!
Ich denke, dass das Bild später das Hauptmotiv für die Startseite unserer Internetseite zu dieser Reise werden wird! Auch, wenn das Wohnmobil rein für das Bild her „auf“ und nicht „neben“ die Straße (und dann auch noch in Schräglage) gehört hätte. Aber wir sind ja auch keine Fotografen und ich finde, einige Bilder von uns sind trotzdem gut genug, um sich nicht hinter anderen professionellen Fotos verstecken zu müssen. Schließlich sind wir ja auch nur eine kleine Reiseseite, wenn auch mit etwas Stolz.

So, jetzt aber weiter!
Wir fahren die A 30 weiter bis Sennen und dann steht auf den Schildern nichts mehr, außer „Land’s End“! Was für ein erhebender Moment! Sogar die Kinder werden kribbelig, obwohl sie doch noch gar nicht wissen, was auf sie zukommt!
„Das Land ist gleich zu Ende!“ versuchen wir eine kindgerechte Erklärung und besonders Nils schaut uns an, als wäre die Erde eine Scheibe und wir uns gleich gefährlich nah dem Ende nähern! Hoffentlich, oh bitte hoffentlich kommt Land´s End gleich in etwa diesem Eindruck nahe und ist nicht nur „irgend ein Strand“, den Nils ja auch schon dutzendfach in seinem jungen Leben gesehen hat

Die Straße wird nun tatsächlich etwas enger (und würde wirklich ein Wenden tatsächlich unmöglich machen), was aber keine Probleme verursacht. Zu dieser Zeit scheint zumindest noch kein Rückreiseverkehr mit Bussen oder anderen Wohnmobilen zu bestehen, sodass wir ohne Probleme bis an die Anlage heranfahren können.
Der erste Eindruck ruft dann tatsächlich die Emotionen hervor, die mit denen vergleichbar sind, wenn man sich z.B. einem Freizeitpark vom Typ Phantasialand kennt! Noch bevor man das eigentliche Ziel erreicht, wird man schon abgefangen und darf bezahlen. Für das Parken nämlich! Tagespreis 6 Pfund! Das klingt viel, ist aber relativ wenn man sieht, dass Autos, Wohnmobile und Busse alle gleichsam 6 Pfund bezahlen. Das ist das erste positive, was mir auffällt!
Das zweite positive ist, dass es bereits am Tor direkt ein Schild gibt, auf dem ausdrücklich steht, dass das „Drehen“ auch ohne Parken und natürlich kostenfrei erlaubt ist, wenn man den Platz nicht besuchen möchte. Man soll dies nur am Schalter sagen. Das hatte ich so anders mitgeteilt bekommen!

Wir parken unser Wohnmobil übrigens stilecht in der Wohnmobilreihe. Soll heißen: Die letzte auf dem ganzen Parkplatz und so weit weg vom Eingang, wie nur irgendwie möglich. 😉
Wir sichern das Wohnmobil, legen Karte aus, öffnen das Handschuhfach und so weiter (also folgen unseren Sicherheitsregeln für das Parken mit dem Wohnmobil) und schnappen uns insbesondere unsere Geldbörse! Denn gleich wird es sicherlich teuer werden…

Die dritte positive Überraschung ist, dass außer der Parkgebühr für den reinen Eintritt in den Park Land´s End kein zusätzliches Entgelt fällig wird!
Das muss man erstmal realisieren! Wir stehen zunächst wirklich etwas hilflos am großen Eingang mit Tor und Durchgang.
Schon dieser deutet rein optisch, wie bei einem Freizeitpark üblich, darauf hin, dass man eben Eintritt bezahlen muss! Aber die Säulen des großen Tores beinhalten keine Kassenhäuschen, ja noch nicht einmal Bezahlautomaten. Auch Schranken, Drehkreuze oder eintrittskartenabknipsende Kartenabknipser finden wir hier überraschend keine!
Gar niemanden! Noch nicht einmal Ordner oder wenigstens ein Hausmeister, den lustigen Märzhasen, gar nix! Nur wir, etwas ratlos im Weg stehend, und eben links und rechts von uns kleine Grüppchen von Leuten, die einfach so in den Park strömen. Wo haben die denn alle ihre Eintrittskarten her???

Ungläubig halte ich Ausschau nach etwas Offiziellen, hier muss doch einer arbeiten, der mir Auskunft geben kann! Erst auf den zweiten Blick entdecke ich im ersten Nebengebäude links die Information und stiefele gleich zielstrebig bei denen rein. Irgendwo muss ich doch den Eintritt bezahlen! Ich bin Deutscher, will ordnungsgemäß bezahlen damit alles seine Ordnung hat. Also bitte nehmt mein Geld!  😉
Der Mitarbeiter in der Information ist höflich und freundlich. Und bestätigt dann ebenso großzügig: Mit Ausnahme der Parkgebühr ist der reine Eintritt auf das Plateau Land´s End absolut kostenfrei!
Nur, wenn man sich eine der Shows in den kleinen Theatern oder Fahrgeschäften anschauen möchte, muss man diese extra bezahlen. Die Karten könne man hier kaufen. Das ist doch fair!
Das landschaftliche Highlight ist, wie wir gleich noch sehen werden, nicht verbaut oder hinter einem Zaun unzugänglich. Man kann einfach hin!
Und die Parkgebühr, die als einziges hier kostenpflichtig ist, kostet hier wie in jeder Altstadt in England auch. Von daher ist das nichts Ungewöhnliches und u.E. WEIT davon entfernt, Abzocke zu sein!
OK, dass das „Overnight Parking“ für Camper natürlich hier verboten ist, ist da noch verständlich und zu verschmerzen. Denn auch das ist an vielen Punkten und Orten mit Sehenswürdigkeiten hier in Südengland so.

Meine Truppe, die draußen gewartet hat, kann es kaum glauben. Wir brauchen keine Eintrittskarten! Einfach rein und Spass haben!
Und den haben wir! Gleichzeitig verstehen wir aber auch sofort, warum dem „typischen Wohnmobilurlauber“ dieser Platz nicht unbedingt zuträglich ist.
Hier ist nichts „beschaulich“, „landschaftlich reizvoll“, oder „pittoresk“. Aber schön haben sie das hier dennoch gemacht! Links wie rechts finden sich Buden, Häuser und Bühnen. In übergroßen bunten Buchstaben wird angekündigt, was man hier sehen kann und wofür man sein Geld ausgeben kann. Ein einziger durchaus als groß zu bezeichnender Jahrmarkt ist das. Ja, ich gebe zu, wir mögen das! Natürlich müssen die letzten Meter jetzt direkt bis zum Ende des britischen Festlandes sein. Daher lassen wir die zahlreichen Buden und Geschäfte jetzt noch links wie rechts liegen und beschränken uns darauf, im Vorbeigehen maximal von Allem ein Bild zu machen! Aber rein gehen wir noch nirgends! Stattdessen schauen wir, dass wir sofort nach ganz vorne bis an die Landspitze Lands End heran kommen! Denn das ist ja das erklärte Hauptziel unserer Reise und da möchten wir jetzt echt gerne ankommen!

An der Spitze angekommen fühlt es sich unwirklich an. So schroff und rauf! Und einsam irgendwie! OK, einsam ist vielleicht nicht ganz das richtige Wort. Denn um uns herum wuseln bestimmt Tausend andere Besucher umher, die man vor seinem geistigen Auge erstmal gekonnt ausblenden muss!
Schafft man dies aber, ist es hier wirklich schön! Voraus ist nichts als das brachiale Meer, der mächtige Atlantik und ansonsten nur der Horizont! Diese unglaublich weite Ferne, die man von diesem erhöhten Aussichtspunkt aus genießen kann, ist einfach traumhaft! Es macht dieses „Ende von allem“ und gleichzeitig „Erster Schritt Richtung Amerika“ zu einem Erlebnis und Gefühl, was seinesgleichen sucht!

Fast können wir nachvollziehen, wie sich Aussiedler aus dem alten Europa gefühlt haben müssen, bevor sie endlich nach Amerika aufbrechen konnten und die lange und beschwerliche Reise in eine ungewisse Zukunft über das Meer in einem alten klapprigen Segelboot oder Kohledampfer der damaligen Neuzeit angetreten haben. Als der Wilde Westen noch wirklich wild war. Und Amerika z.B. noch eine britische Kolonie war. Was muss das eine spannende Zeit gewesen sein.
Nicht mit der Frage, ob man im Flugzeug nach Chicago auch wirklich Tomatensaft ind er Economy- Klasse bekommt, sondern mit realen Gefahren Amerika überhaupt erstmal zu erreichen! Seestürme, Orkane, schwere See unter knarrenden Masten. Oder Krankheiten an Bord, Würmer im Brot und Skorbut auf der Tagesordnung. Und aufpassen musste man! Denn auf jeder antiken Seekarte war neben dem Nordstern ja auch das fiese See- Ungeheuer vermerkt, welches einem ebenfalls auflauerte.
Kurzum: Diese Aufbruchstimmung an diesem besonderen geografischen Punkt hier ist wirklich etwas ganz besonders!
Ein innerliches erhabenes und gleichzeitig rastloses Gefühl, welches wir noch heute versuchen werden, im Reisebericht zu dokumentieren, denn sonst verblasst es! Damit wir es auch in 10 Jahren noch unverändert abrufen können, wie es uns eigentlich bei fast all unseren Reiseberichten gelingt.
Fast fühlt es sich so an, als könne man den Spirit dieser Zeit über den leichten Wind, der das Ohr streift, als leises Flüstern längst vergangener Stimmen wahrnehmen!
Herrlich!
Hier oben wird man vom Fernreisefieber regelrecht angesteckt, wozu übrigens auch der Wegweiser hier am Land´s End nicht unwesentlich Einfluss hat!
„Lands End“ und „transitfrei“, vielleicht hat diese Kombination sogar der ein oder andere wirklich aufmerksame Leser unserer Seite von euch im Gedächtnis! Bildlich, wortwörtlich!
Denn wir HABEN Lands End bereits abgelichtet! Damals im Rahmen unserer Schottland- Reise, als wir in John O`Groats standen und dort den Wegweiser am nördlichsten Punkt des britischen Festlandes ins Foto gepresst haben.

Rückblende:
Fast 10 Jahre ist es her!
Da standen wir an der Nordspitze_in_Schottland bei John O´Groats und betrachteten u.a. auch ein „Land´s End“ auf dem Wegweiser! Schaut mal:

Da stand damals „Land’s End“ drauf! Damals haben wir diesem Hinweis keinen besonderen Stellenwert beigemessen, oder wir haben es vergessen. „Lands End? Das wird schon da irgendwo in die gezeigte Richtung sein“.
Und nun stehen wir genau dort und blicken auf einen Wegweiser, wo John O’Groats drauf steht. Der Wendepunkt unserer großen Schottland- Rundreise 2007! Da waren wir noch jung, frisch und knackig, frei und die Welt lag uns zu Füßen!

Wir hätten, mit etwas mehr Freizeit, damals schon nach Land`s End fahren sollen! Ein Roadtrip sondergleichen wäre das geworden aus dem Antrieb heraus, einfach gerne beide Wegweiser zu sehen. Rein rational nicht zu erklären und dennoch verrückt genug, um allein mit dieser Begründung einen Road Trip zu erleben. Weil es geht.
Und auch heute ist der Drang groß, jetzt einfach spontan von hier aus nach John-O- Groats hoch zu fahren! Einfach nur, weil es auf dem Schild steht!
Wäre die Rente nicht der (hoffentlich) „goldene Herbst“ des Lebens, man könnte die Rentner fast um ihre Freiheit und Flexibilität beneiden! Denn wären wir bereits verrentet und ohne fixen Wiederaufnahmetermin von Arbeit und Kindergarten, wir würden es JETZT tun! Nach Norden aufbrechen!
Nun, wir müssen uns damit begnügen, dass wir immerhin durch das Schild in Erinnerungen schwelgen können und uns überhaupt an diese schöne Zeit zurück erinnern dürfen! Weil wir ja schon dort waren! Das können viele viele andere leider nicht von sich behaupten! Denkt immer daran, wenn ihr unterwegs seid! Andere haben nicht das Glück! Von daher genießt den Moment und sucht nicht, was den Moment noch verbessern könnte.

Für uns schließt sich an diesem Punkt heute irgendwie ein Kreis (oder besser ein Strich), von dem wir noch nicht einmal wussten, dass wir ihn überhaupt seinerzeit offen gelassen haben. Aber wir haben zwei tolle markante Punkte der Erde bereist!
Würde man es ganz streng nehmen, müssten wir nun noch von hier aus sogar noch nach New York aufbrechen. Wir waren zwar schon einmal im Amerika (Westküste, Los Angeles, San Francisco, Las Vegas und so, Rundreise mit Mietwagen in Motels vor vielen Jahren), aber New York fehlt uns auch noch in der Sammlung. Und erst dann würde ja aus dem Kreis, bzw. dem Strich ein Dreieck werden. Das hätte dann was und wäre erst recht ein würdiger Abschluss!
Allerdings nur, wenn in New York auch ein solcher weißer Wegweiser steht, auf dem dann richtigerweise Lands End und eben John O’Groats drauf steht! Das würde das geografische Dreieck dann perfekt machen. Gibt es einen besseren Grund, um zu reisen? 😉

Wir machen zahlreiche Bilder, um den Moment möglichst intensiv fest zu halten. Dieser Augenblick wird uns im Alltag in den kommenden Tagen und Wochen sicherlich noch eine ganze Zeit lang tragen, so viel ist mal sicher!
Dann aber wird es irgendwann Zeit umzudrehen. Die größte Reise beginnt mit dem allerersten Schritt. Genau hier und jetzt ist es soweit. Der erste Schritt und gleichzeitig die Einleitung für Teil 2 unseres Roadtrips mit dem Wohnmobil durch Südengland.
Man darf darüber nicht traurig sein, dass man nun quasi „nur noch auf dem Heimweg“ ist, im Gegenteil! Fahren wir doch jetzt in die Richtung, wo die Sonne aufgeht! Da werden wir zur Abwechslung mal nicht abends auf der Suche nach einem Campingplatz von der untergehenden Sonne geblendet, sondern schon morgens nach dem Aufstehen auf den ersten Metern in den Tag!
Ein Glück, dass wir morgens lange genug schlafen, um diesem Phänomen somit auf natürliche Weise auszuweichen. 🙂
OK, das ist jetzt ein bisschen Galgenhumor. Es ist schon etwas schwierig an dieser Stelle anzuerkennen, dass jetzt der Wendepunkt gekommen ist. Der Wendepunkt dieser Reise. Es liegt nun weniger Zeit hier in England und im Urlaub mit dem Wohnmobil vor uns, als hinter uns. Und jetzt geht es nicht mehr nur „weg“, sondern eben „zurück“.
Für den nun anstehenden zweiten Teil der Reise werden wir uns relativ streng an der Süd- und Kanalküste orientieren. Die  noch abzufahrenden Reiseziele liegen hier an der Küstenlinie des Kanals wie Perlen auf einer Schnur fein säuberlich aufgereiht. Nur blöd, dass wir schon heute Nachmittag gar nichts richtig Neues erwarten dürfen. Zumindest wenn es um die Verkehrsschilder geht. War bislang jeder Tag auch ein neuer Ortsname auf diesem verfügbar, werden uns nun einige vertraut vorkommen. Das stimmt uns dann doch etwas wehmütig.

Zum Glück fängt einen die Freizeitpark- Atmosphäre hier im Land´s End recht schnell wieder auf! Richtig, die Jahrmarktsatmosphäre um uns herum wollen wir ja auch noch gerne mitnehmen!
Da wäre zunächst mal so etwas Schnödes wie ein Spielplatz. Bei uns selbstverständlich, hier in Großbritannien hingegen Mangelware! Soll nochmal einer sagen, wir Deutschen wären eine kinderfeindliche Nation. So wenige Entfaltungsmöglichkeiten für Kinder wie hier haben wir selten bei unseren Reisen durch Europa gesehen!
Aber immerhin gibt es hier nun einen tollen Spielplatz für die Jungs und der ist erstaunlich modern und für britische Verhältnisse mit Klettergerüst, Schaukel und Rutsche gut ausgerüstet.
Mehr noch, es gibt sogar eine Hand- Seilbahn, über die sich Nils besonders freut. Würde ich auch, wenn ich Kind wäre! Denn mit diesem Ausblick im Hintergrund Seilbahn fahren, das ist schon was Besonderes!

Nachdem die Kinder sich eine gute halbe Stunde auf dem Spielplatz ausgetobt haben, gehen wir auf Streifzug durch den Freizeitbereich. Einfach mal schauen, was es so zu entdecken gibt. Hierbei haben es uns natürlich besonders die Souvenir- Shops angetan! Selbstredend, dass wir ein Set Postkarten kaufen, dazu noch einen Kühlschrankmagneten und einen kleinen Wegweiser zum Hinstellen. Muss einfach, so etwas gehört dazu. Die Auswahl ist übrigens wirklich groß und toll! Ja, es ist Nippes, aber wir lieben so etwas! So sehr, dass man sich fast schon Stunden Zeit lassen könnte mit dem Anschauen.
Die Sachen sind übrigens gar nicht mal teuer. Zum Beispiel 10 Postkarten für 2 Pfund, das ist doch ein fairer Preis.

Mit einer kleinen Ausbeute an Souvenirs spazieren wir zufrieden aus dem Laden und entdecken eine weitere Sehenswürdigkeit. Eine kostenlose Filmvorführung! Diese unterscheidet sich wohltuend zu den 4 anderen kostenpflichtigen Abenteuern mit Shawn dem Schaf oder dem King Arthur Experience.
Hier am Eingang geht es um genau die Tour und den Roadtrip, der uns spontan noch vor einer guten Stunde selbst vorgeschwebt hat. Der Weg von Lands End nach John O’Groats im Schnelldurchlauf mit 6.000 mp/h. Wow. Was für ein Roadtrip!

Ein solcher Roadtrip hat in England übrigens Kultstatus! Es gibt sogar eine Wikipedia- Seite, wo sogar die historischen Rennen zwischen diesen beiden geografisch interessanten Wegpunkten näher erläutert werden! Eine Art „Canonball“ oder „Gumball“ für England! Hier könnt ihr dies nachlesen: wikipedia/Lands_End-JohnO’Groats

Zum Schluss unseres Besuchs am Landsend entdecken wir noch ein kleines Highlight für Kinder!
Kleine Häuser! Offenbar Abbilder berühmter Häuser in England und Großbritannien! Eines davon erkennen wir spontan wieder, es ist das noch gestern bestaunte Postamt von Tintagel! Klar, dass Nils die Häuschen sofort besetzt und sich Gulliver fühlen kann.

Als wir seelisch satt und zufrieden von den zahlreichen Eindrücken das Hauptgebäude wieder verlassen, entdecken wir 2 Steine, die am Beginn der Straße stehen. „START“ steht darauf geschrieben. Schon vorhin waren sie mir aufgefallen, da jedoch nur von der anderen Seite. Da stand „FINISH“ drauf.
Das ist ja passend! Bestimmt sind die Steine für irgendwelche Events wie Radrennen oder sowas gedacht, um hier am markanten Punkt in England gleich mal Start und Ziel zu markieren. Aber auch für uns haben sie nun Symbolcharakter!
Hatten wir vor der Abfahrt im nördlichen London vor knapp einer Woche noch gedacht, dass wir die Tour bis hier hin locker in 3, maximal 4 Tagen schaffen, müssen wir heute anerkennen, dass das Anschauen, Reisen, weiterschauen, reisen, besichtigen, reisen und so weiter wie früher einfach nicht mehr geht! Kinder verbrauchen einfach mehr Energie und haben auch Bedürfnisse, die nicht unbedingt mit dem Besichtigungsdrang oder der Gralssuche der Eltern immer vereinbar ist.
Davon abgesehen kommen wir WEIT weniger schnell über die engen und schmalen wie kurvigen, steigenden und fallenden Wege vorwärts, als auf Reisen mit gerader Autobahn oder durchgezogener Landstraße wie z.B. seinerzeit zum Nordkap. Wo wir an Fahrtagen auch mal 500km an einem Stück zurückgelegt haben. Das kannst du hier vergessen.
Dennoch: JETZT starten wir die zweite Urlaubswoche voll durch! Vorbei die Melancholie, die man vorhin noch am Wegweiser auf der Steilklippe empfinden konnte.
Wir haben stattdessen mit Stolz ein tolles Ziel dieser Reise erreicht, geschafft und können das von unserer großen Reiseliste abhaken!
Ein einmaliges Gefühl! Was jetzt noch kommt, ist irgendwie „zwangloser“. Ohne Plan. Einzig mit der Auflage, am Montag in einer Woche das Wohnmobil zurückgegeben zu müssen. Aber diese verbleibende Zeit nutzen wir jetzt gnadenlos nur zu unserem Vergnügen aus! Das ist mal sicher.

Das erste Ziel unserer weiteren Reise wird gleich ein nächstes geografisches Highlight werden! Nach dem „westlichsten“ Ende Großbritanniens folgt nun das nächste „Ende“, nämlich das „südlichste“ von England! Genauer bei Lizard Point! Unser Reiseführer mag hierzu nur Gutes berichten und beschreibt, dass man einen ganz tollen Ausblick über den Kanal genießen darf. Dazu ist Lizard ein nettes kleines Hafenstädtchen mit einem zentralen (und kostenfreien!) Parkplatz in der Mitte! An letzteres mag ich zwar nicht mehr so recht glauben (immerhin ist der Reiseführer auch schon einige Jahre alt und war von uns seinerzeit angeschafft worden, als wir ursprünglich noch mit Wohni nach Südengland fahren wollten…), aber die schöne Aussicht werden sie wohl kaum verbaut haben! Und da Lizard Point von hier aus nur etwa 55km entfernt liegt, machen wir uns noch heute auf den Weg dorthin. Von dort aus schauen wir dann, wo wir heute Nacht unterkommen. Ein Campingplatz in der Region wäre gut, ist aber kein Muss. Wenn der Parkplatz auch als Stellplatz taugt, können wir auch dort bleiben.
Schon auf dem Rückweg kommt dieses Gefühl auf, welches wir bei unserem Blick Richtung Amerika bereits erwähnt haben. Dieses „Wiedererkennen“ von Namen und Orten auf Schildern. Penzance ist so ein Ort. Dort waren wir ja schon gestern im Salisbury einkaufen und auch heute hat sich hier nicht viel verändert. Einzig der Weg, den wir in Penzance einschlagen, ist nun ein anderer. Wir folgen nun der A 394 Richtung Osten an der absoluten Südküste entlang und verabschieden uns endgültig vom „Atlantic Highway“, der die letzten Tage unser Begleiter war. Das hatte schon was! „Atlantic Highway!“
Worauf wir nun fahren? Keine Ahnung! Aber „Ärmelkanalstraße“ als mögliche korrekte wie sachliche Einschätzung des zusammenhängenden und platt geklopften Stück Teers unter unseren Wohnmobilrädern klingt, obwohl es wohl die Wahrheit wäre, ziemlich schnöde gegen einen Atlantic Highway, meint ihr nicht? 😉

Hinter Penzance geht es auf der A 394 vorbei an einigen Ruinen alter Zinnminen weiter in Richtung Helston. Die Strecke ist recht angenehm zu fahren. Die Straße ist für unser Wohnmobil breit genug, die Hecke wächst nicht direkt am Straßenrand meterhoch nach oben und wir können oft den Blick über die Landschaft schweifen lassen.
So kommen wir natürlich deutlich entspannter vorwärts, als es z.B. im Exmoor Nationalpark der Fall war. Für den ganzen Sprung von Lands End nach Lizard Point brauchen wir übrigens etwa nur eine Stunde. Somit ist es wirklich bequem möglich, beide Ziele, also Land´s End und Lizard Point an nur einem Tag zu besuchen und abzufahren.

Die von der Hauptstraße A 394 abgehende Zufahrtsstraße A 3083 nach Lizard Point ist auf ihrer Länge von knapp 17km dann leider doch wieder in weiten Abschnitten typisch „südenglisch“! Wie sollte es auch anders sein?!
Eng, schmal, wieder die Hecken bis an die Oberkante Wohnmobildach, nur durch die LKW und Busse regelmäßig im Grünschnittverfahren zurecht gestutzt. Puh! Und gefühlt kommt uns hier fast so viel Verkehr entgegen, wie wir ihn eigentlich am Land´s End erwartet haben! Von wegen beschaulich und „Geheimtipp“ gegenüber der Westspitze! Nimmt man die Fahrzeuge als Indiz, wird hier sicherlich ein noch größerer Freizeitpark auf uns warten, als wir eben besucht haben!

Gegen 16 Uhr erreichen wir ein für südenglische Verhältnisse überraschend großes Parkplatzareal zentral in der Mitte des Örtchens Lizard am Lizard Point. Sehr ungewöhnlich! Dieser Platz würde eher als Marktplatz taugen, zumal hier zentral im Ort Fußgänger (die zahlreich unterwegs sind!) unweigerlich mit Autos, Bussen und Wohnmobilen (die mindestens ebenso zahlreich unterwegs sind!) kollidieren! Keine schöne Sache! Da sage selbst ich als bekennender Autofahrer und Individualtourist, dass das nicht sein muss!
Die Autos stehen hier mitten im Zentrum einfach falsch! Macht doch lieber was aus dem Marktplatz liebe Leute und baut den Parkplatz am Rand von Lizard einfach neu! Land ist doch nun wirklich genügend da und so hat jeder was davon! Aber ich ahne es schon, mit dem Austritt Großbritanniens aus der EU und den hieraus fehlenden Fördergeldern für ein solches Projekt wird auch eine solche Idee nicht mehr realisiert werden…

Der Parkplatz ist übrigens trotz seiner überraschenden Größe hoffnungslos überfüllt! Ein Grund mehr, in außerhalb neu, schöner und größer zu bauen. Besonders mit einem Wohnmobil ist die Chance, eine ausreichend breite wie lange Parklücke zu bekommen, nämlich besonders klein! Ein Glück, dass nicht auf befestigtem Grund in streng markierten Parklücken, sondern mehr oder minder frei auf offener Wiese und Kiesel geparkt wird.
So können wir wenigstens keinen Parkraumverstoß durch Überstehen über eine nicht vorhandene Markierung begehen. Bedingt aber auch, dass die hier parkenden Autos kreuz und quer parken, sodass für uns die Seitenbereiche des Platzes gar nicht in Frage kommen.
Eigentlich eignet sich nur die zentrale Reihe dafür, ein Wohnmobil aufzunehmen. Sie ist als einzige breit genug, dass wir geparkt niemand anderen behindern. Unsere Parkplatzsuche begrenzt sich also wirklich auf 2 Reihen, was unsere Situation in der Auswahl nochmals verschärft. Ist ja nichts frei und die Idee, einfach in einer Nebengasse zu parken, verwerfen wir GANZ schnell! Denn die Nebengassen im Örtchen präsentieren sich „klassisch britisch“, also gerade einmal passend für einen Mini Cooper von 1968!
Wir kurven also immer um die Zentralreihe herum in der Hoffnung, dass einer wegfährt. Nach der dritten Umrundung geben wir aber auch dieses Verhalten auf. Es kostet nur Sprit und bringt gar nichts.
Am Ende würde uns ein Platz weggeschnappt, weil wir im entscheidenden Moment gerade um die Kurve biegen. Nein. Wir bleiben jetzt einfach in genau dieser zentralen Reihe mittig stehen und warten auf einen freien Platz. Durch die erhöhte Sitzposition im Wohnmobil haben wir sowieso einen besseren Überblick und können so über die parkenden Reihen hinweg schauen, wo sich vielleicht etwas ergeben könnte.
Und da, tatsächlich! Juchu!
Nur wenig später trollt sich eine Gruppe von 5 Männlein und Weiblein auf den Platz. Ihre äußerlichen körperlichen Anzeichen lassen nicht nur erahnen, dass sich alle danach sehnen, ihren Popo in einem Fahrzeugsessel niederzulassen.
Sie steuern zielstrebig auf einen Kombi der 90er Jahre zu und machen sich tatsächlich daran, diesen zu entern. Allerdings dauert es etwas, bis sie ihre Wanderschuhe gegen bequeme Autofahrer- Schuhe getauscht haben. Auch das Verstauen der Schuhe neben der Wanderausrüstung von 5 Personen im Kofferraum des Kombis lutscht am Zeittropf.
Es kommt, wie es kommen muss. Just in dem Moment, wo der Fahrer des Fahrzeugs nochmals aussteigt und sich möglicherweise aus Eigeninteresse oder nach Protest seiner Mitfahrenden dazu entschlossen hat, auch seine Wandersocken lieber duftsicher im Kofferraum zu verstauen, fährt ein zweites großes Fahrzeug in unsere Reihe. Ein kleiner Bus vom Typ Hyundai H1. Auch die wollen in die gleich freiwerdende Lücke und es kostet mich den strengsten deutschen Blick, den man im Rahmen einer Kölner Parkplatzsuche aufsetzen kann, um meinen Gebietsanspruch als paarungs- *äh* parkhungriges Männchen auf diesen Parkplatz zu sichern.
Der Brite nimmt es dann auch hin, obgleich er nicht glücklich darüber wirkt. Aber wir waren ja auch zuerst hier…

Frisch geparkt und den Kühlschrank auf Gas umgestellt, geht es los zum südlichsten Punkt des britischen Festlandes! Laut Reiseführer kann man diesen von hier aus wunderbar erwandern, weit soll es nicht sein. Keine 15 Minuten. Das passt, auch mit Kindern.
Und ach ja! Parken ist WIRKLICH noch kostenlos! Wir konnten es kaum glauben! Wo wir doch bislang wirklich überall und in jedem Dörfchen fürs Parken bezahlt haben!
Ein Spendenstein ist immerhin aufgestellt und weil Nils schon immer mal „eine Münze in einen Stein“ schmeißen wollte, darf er die Parkplatzspende auch einwerfen. Nicht so viel, wie man normalerweise an einem Ort wie diesem fürs Parken bei Pflichtzahlung bezahlt hätte, aber auch nicht zu wenig, um als Deutscher innerlich knauserig zu wirken. Passt schon.

Natürlich kommt vor dem Marsch an die Südspitze das obligatorische Eis! Katharina- Saalfrank- Fans werden jetzt wahrscheinlich wieder übelst Nebenluft ziehen und uns „empfehlen“, dass es das Eis doch besser in Erwartung einer erfolgreichen Wanderungsleistung im Nachgang als Belohnung in Aussicht gestellt werden müsste!
Aber wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Belohnung im Vorfeld durchaus auch motivierend auf die Kinder wirken kann! Wer Eis schleckt, läuft nämlich einfach mit uns mit und ist vom langweiligen Laufen abgelenkt. Kein „sind wir bald da?“, kein „Mama, mir tun die Füße weh“, gefolgt von einem schon energischeren „Papa, trag mich bitte!“ Mit Nils in der Hand legt Nils schon einen großen Teil des Weges zurück, ohne es überhaupt zu merken, dass er läuft! Und auch die Quengelei im Stile von „Wann gehen wir endlich zurück, damit ich endlich mein Eis bekomme?“ fällt komplett für die restliche Besichtigung aus! Und Tim? Der sitzt natürlich im Buggy und lässt sich mit der Eiswaffel in der Hand königlich schieben. Der hat es sowieso gut. 😀

Wir spazieren die Straße hinunter und kommen kurz darauf in den Genuss, typisches englisches Liedgut mit irischen Anleihen heraus zu hören. Trinklieder, sanfte Hooligans, bisschen Volksweisen, so etwas. Urtypische ländliche Musik, wie man sie sich in England vorstellt. Die Lösung und Quelle der Musik ist schnell gefunden, ein lokaler Pub veranstaltet ein „Beer Festival“ und das auch noch mit dem Schriftzug „NOW“, welches die Notwendigkeit dieses Bierfest unbedingt JETZT zu zelebrieren auch nochmals eindrucksvoll bestätigt. Ach, wären wir ein paar Jahre jünger und ohne Aufsichtspflicht, wir würden hier jetzt sehr sehr wahrscheinlich versacken! 😉
Zu ausgelassen ist die Stimmung, so herzlich und freudig wirken die Menschen, zu gastfreundlich die Gastgeber. Super!

Es fällt uns wirklich schwer, die urige und ausgelassene Stimmung hinter uns zu lassen, aber wir müssen weiter. Schon von hier aus kann man das Meer am Horizont entdecken und uns wird klar, dass wir hier eine ebenso imposante Steilküste erwarten dürfen, wie vorhin am Land´s End!

Infobox: Lizard Point (südlichster Punkt des britischen Festlandes)
Der Lizard Point markiert nicht nur die nördliche Einfahrt in den Ärmelkanal, sondern ist gleichzeitig auch der südlichste Punkt des britischen Festlandes! Er ist sozusagen das geografische Gegenstück zum nördlichsten Punkt auf britischem Festland in Dunnet Head, der Nordspitze in Schottland, den wir natürlich auch schon besucht haben.
Euch (und uns) erwartet hier am Lizard Point eine felszerklüftete Landschaft, einige Häuser des National Trust, ein Café und eine alte, halb verfallene Rettungsstation der Seenotrettung aus dem letzten Jahrtausend. Die Flora bietet zahlreichen Pflanzen und Gewächsen eine Heimat, hier wächst sogar Spargel, wie wir verwundert feststellen können.
Verkehrstechnisch ist der Lizard Point interessant, weil man von hier aus zum einen im Jahre 1588 als erstes die spanische Armada zur Invasion gesichtet hatte und weil man zum zweiten rund um den Felsen in unmittelbarer Umgebung viele Schiffswracks untergegangener Schiffe der letzten Jahrhunderte vorfindet. Die Überrester der Schiffe, also die der Armada und aller anderen Schiffe, sind allerdings nicht von der Landseite aus zu sehen, sondern müssten bei einem Tauchgang erkundet werden.
Link zur Info- Seite des National Trust: National Trust/Lizard Point
– Link zur Infoseite bei Wikipedia: wikipedia/Lizard Point
– Link mit Infos zur alten und neuen Rettungsstation der RNLI

Übrigens: War im Dörfchen noch der Hinweis zu finden, dass man die Steilklippe besser nicht mit dem Auto anfährt und gab die wirklich schmale Zufahrtsstraße in Höhe des Beer Festival diesem gut gemeinten Hinweis auch Recht, staunen wir nicht schlecht über den Verkehr hier!
Sogar einige Wohnmobile sind dabei und man muss sich fast schon fragen, ob es einen straßenseitigen Bypass gibt, über den man den großen Parkplatz am Leuchtturm auch mit dem Auto und eben mit dem Wohnmobil erreichen kann.
Als wir aber kurz darauf ein abfahrendes Wohnmobil entdecken, wie es sich auf der schmalen Zufahrtsstraße rechts und links am Gewächs vorbei quält, erübrigt sich diese Frage. Ja, man kann also theoretisch durch den Ort Lizard durch und noch näher an den südlichsten Punkt heran fahren. Kann man so machen, ist dann aber shice!
Parkt besser im Ort, denn als kurz darauf ein Auto aus dem Dörfchen auf den Lizard Point zusteuert, geht es auf dem Weg weder vor noch zurück und der Autofahrer muss für das Wohnmobil ein ganzes Stück zurücksetzen! Nicht schön. Aber noch mehr nicht schön wäre es, den gleichen Weg mit dem Wohnmobil zurück zu setzen!
Als Fußgänger haben wir mit dem Straßenverkehr zum Glück wenig zu tun! Denn der Fußweg läuft, durch einen bewachsenen Erdwall getrennt, damit er von den Autos nicht zwangsweise mitrekrutiert werden kann, parallel zur Straße auf eigener Trasse. Das ist gut so für die zahlreichen Spaziergänger und Ausflugshungrigen, die ebenfalls mit uns laufen oder uns entgegen kommen. Müssten wir uns den Feldweg mit dem Autoverkehr teilen, wäre das Chaos perfekt…

Wir erreichen nach weiteren Wanderminuten einen ersten Wegpunkt, wo wir uns spontan für oder gegen Treppen für den weiteren Weg zum Lizard Point entscheiden müssen. Schon hier lassen die Treppen erahnen, dass der Lizard Point eine wirklich zerklüftete Landschaft darstellt. Schon der erste Ausblick auf das Areal ist sehr eindrucksvoll.
Natürlich wählen wir die schnelle Treppe für den weiteren Abstieg, obgleich Anja jetzt schon bekannt gibt, eher einer guten Tasse Kaffee und einem Stück Kuchen mit Aussicht auf den Kanal zugeneigt zu sein, als einem totalen Abstieg durch möglicherweise unwegsames Gelände bis an die Wasserlinie unterhalb der Klippen.

Der Zugang zum Lizard Point ist übrigens kostenlos!
Zuerst hatten wir durch das Vorfinden eines kleinen offiziell aussehenden Häuschens am Ende der ersten Treppe noch gedacht, dass man hier Eintritt bezahlen muss. Jedoch entpuppt sich die kleine gedrungene Hütte nur als Info- Point des National Trust. Man kann natürlich was spenden, muss aber nicht.
Statt aber direkt etwas in die Spendenbox einzuwerfen, entscheidet sich Anja für eine ganz „eigennützige Spende“, indem sie die lokale Wirtschaft ankurbelt!
Das hier auf den Klippen mit dem grandiosen Ausblick aufs Wasser befindliche Café kommt wie bestellt und lädt zum Verweilen mit Kaffee und Kuchen ein. Dem Ruf kommt Anja mehr oder minder unverzüglich nach und gibt selbstlos auch das letzte Pfund für ein herrliches Gedeck mit Aussicht.

Nils und ich hingegen finden die Aussicht zwar toll, aber die zerklüftete Klippenlandschaft, ein halb verfallenes Gebäude unter uns und einige Fischerboote in einer surrealen Bucht wollen von uns viel lieber erkundet werden, als ein Stück Apfelkuchen mit Tee!
Also trennen wir uns kurz auf. Anja bleibt mit Tim hier oben im Café und macht ein kleines Päuschen. Nils und ich spazieren die steile betonierte Rampe herunter, um die kleine Bucht einmal genauer zu untersuchen und wenigstens hier, am südlichsten Punkt des britischen Festlandes, auch mal die Hand ins Wasser zu halten.

Schon beim Abstieg kommt es uns ein wenig so vor, als würden wir in die Unterwelt herab steigen! Und das nicht nur in eine andere Zeit, sondern mehr in eine Art alternative Realität unserer Geschichte auf einem anderen Zeitstrahl! Irgendwo und irgendwann zwischen 1914 und heute, wo es vielleicht nie einen zweiten Weltkrieg gegeben hat, weil schon im ersten Weltkrieg die Atombombe ein verheerendes Schicksal über die Menschheit gebracht hat.

Beeindruckendes Zeugnis dieser imaginären alternativen Entwicklung ist die verfallene aber dadurch nicht minder interessante ehemalige Seenot- Rettungsstation Polpeor aus dem Jahre 1859.
Diese liegt in den letzten Atemzügen und trotzt mit letzter Kraft den Natureinflüssen. Irgendwann wird sie aber wohl endgültig zusammenfallen, das sieht man schon jetzt.
Das Dach des kleinen nachgerüsteten Bootshauses von 1914 ist vollständig abgedeckt, nur das Steingerippe ist noch übrig. Gleiches gilt auch für die ehemalige Rampe, von der früher sicherlich mutige wie tapfere Männer bei schwerstem Seegang ein hölzernes Ruderboot zu Wasser gelassen haben. Nur um sich dann todesmutig in den Kampf gegen Urgewalten zu stellen und anderen Menschen das Leben zu retten. Ölzeug am Leib, vom Sturm gepeitscht, von den Wellen umher geworfen und mit Kraft gegen die Wellen angerudert. Wahnsinn!
Obwohl die See ruhig und friedlich vor uns liegt, kann man die damaligen Gewalten beinahe erahnen. Heute steht nur noch das Steingerippe jener Rampe und erinnert unweigerlich an einen gestrandeten Wahl. Oder vielleicht auch ein wenig an die Szenerie aus dem alten ursprünglichen „Planet der Affen“ noch mit Charlton Heston, als dieser zum Ende des Films am Strand die Überreste der Freiheitsstatue entdeckt und einsehen muss, nicht auf einem fremden Planeten, sondern auf der Erde gelandet zu sein. Nur mal bildlich gesprochen, um das Gefühl hier unten für euch nachvollziehbar zu beschreiben.
Die alte Seenot- Rettungsstation der Royal National Lifeboat Institution war übrigens in unserer „richtigen“ Zeitlinie bis in die 60er Jahre in Betrieb! Erst dann wurde sie von einer deutlich moderneren Station auf der anderen Seite der Bucht hier am Lizard Point abgelöst (in unserer Info- Box oben findet ihr übrigens einen tollen Link zur RNLI mit Infos zur alten aufgegebenen und zur aktuellen Rettungsstation).

Subjektiv wird das beklemmende Gefühl des Endzeitszenarios in dieser kleinen Bucht übrigens noch durch die wuchtigen Klippen im Rücken verstärkt, die ein schnelles Ausweichen in schönere Bereiche unmöglich machen.
Fast schon surreal stemmen sich die zwar bereits deutlich abgenutzten aber noch immer bunten Fischerboote gegen diesen Eindruck. Die Boote würde man so eher z.B. an einem weitläufigen in schönes Abendrot getauchten Strand in Griechenland oder in einem kleinen schnuckeligen Hafen am Gardasee als Teil einer pittoresken Altstadt eher vermuten! OK, bei näherem Hinsehen haben sie natürlich mächtig Patina, um das mal liebevoll auszudrücken, aber schön anzuschauen sind sie trotzdem.

Am meisten fasziniert es Nils und mich jedoch, wie an diesem unsäglichen rauen Ort offenbar trotzdem bestens Leben wächst und gedeiht! Seien es die Wasservögel, die auf den vorragenden Klippen der Gischt trotzen oder hier auf den Wellen am Strand sanft auf und ab dümpeln.

Oder die garstigen Muscheln, die sich hier auf dem markigen Fels und Gestein festsaugen, als seien sie schon immer Teil des Steins gewesen und gar keine eigenen Lebewesen. Die auf den Wellen treibenden Wasservögel würden sicher einiges dafür hergeben, eine dieser Muscheln mit ihrem Schnabel auszupicken, aber dazu kommt es nicht. Zu fest krallen sich die Weichtiere mit harter Schale an den Fels.
Selbst Nils und mir gelingt es trotz einiger Bemühungen nicht, eine der Muscheln zu lösen und mal zur Abwechslung pädagogisch wertvoll in das Innere einer solchen Muschel zu blicken, um dem Nachwuchs die Welt zu erklären. Aber so lernt Nils eben, dass Muscheln sich nicht so leicht in die Karten gucken lassen und schon gar nicht aufgeben! Das Wissen kann ja bei „Wer wird Millionär“ auch mal relevant sein…

Der Aufstieg zurück in die heile „Oberwelt“ ist anstrengend! War die Rampe eben auch schon so steil? Oder haben die ein paar Grad zugelegt, als wir unten mit Muscheln und Fischerbooten beschäftigt waren?
Zum Glück müssen wir nur wenige Höhenmeter überwinden, bevor wir wieder oben ankommen.
Noch einmal, vielleicht jetzt ganz besonders, genießen wir den wiederentdeckten Ausblick über die Welt. Anders kann man es wirklich nicht beschreiben!
So erhaben, so souverän. Gerade, wenn man aus „dem Loch“ nach oben krabbelt, wo die Sonne auf einmal wieder da ist, die Farben intensiver wirken und man auf die raue Küste geschützt herab schauen kann und nicht mit einem Bein halb im Wasser steht.
Dieser Aussichtspunkt hier am Lizard Point ist fast noch schöner, als der Ausblick von Land’s End!

Kaum oben auf der platten Klippe angekommen steuern wir das Café an, wo Anja und Tim noch immer die Sonne wie die Aussicht genießen. OK, Tim weniger, aber Anja dafür umso mehr.
Das Café ist sehr gut besucht, fast jeder Platz an den Tischen ist belegt. Wundern tut uns dies allerdings nicht. Das Wetter ist einfach traumhaft warm, der Horizont weit, die Aussicht traumhaft. Solche kleinen feinen Plätze musst du in Europa wirklich suchen! Spontan wüssten wir kaum etwas vergleichbares, wo man bei einer Tasse Kaffee (oder auch Snacks, oder echtes britisches Frühstück!) eine derart tolle Aussicht genießen kann. Und das Beste: Kaffee und Kuchen sind gar nicht mal teuer im Vergleich! Den ordentlichen Location- Aufschlag sucht man hier jedenfalls vergebens.

Allzu lange können wir leider nicht mehr hier bleiben, wenn wir noch einen Schlafplatz für die Nacht ansteuern wollen. Wir hatten zwar kurz überlegt, einfach hier in Lizard auf dem Parkplatz zu bleiben (müssten mal schauen, ob die Übernachtung für Wohnmobile dort erlaubt ist, aber ein Verbot haben wir eben nicht gesehen), die Kinder früh ins Bett zu schicken und dann heimlich doch noch auf das Beer Festival zu schleichen. Aber das bringen wir als Eltern junger Kinder dann doch noch nicht über das Herz. 😉
Stattdessen darf es auch heute Abend gerne wieder ein Campingplatz sein, wo sich Nils und Tim ein wenig austoben können. Wenigstens morgen früh.
Diesen müssen wir aber erstmal raussuchen! Und dann müssen wir den Platz auch abtelefonieren. Denn ein kleines Desaster wie gestern mit dem Sennen Cove Campingplatz möchten wir kein zweites Mal erleben.
Es fällt uns schwer, uns vom Ausblick hier oben zu lösen! Wir gehen extra einen kleinen Umweg auf den Klippen zurück, damit wir vom Weg noch ein bisschen was mitnehmen und noch ein paar tolle Fotos schießen können.

Kaum zurück von einem recht anstrengenden Fußmarsch (wieso sind Rückmärsche eigentlich immer so anstrengend?) telefonieren wir noch auf dem Parkplatz mögliche Campingplätze in der Region durch und bekommen auf dem Veryan Clubsite unseres CCC- Campingclubs einen Platz zugesagt. Aber auch erst, nachdem wir mitgeteilt haben Mitglieder des Privilege Schemes zu sein und auch zusagen, gleich 2 Nächte zu bleiben. Hmm. Eigentlich etwas unglücklich die zweite Urlaubswoche gleich mit unserem letzten Jokertag zu beginnen. Lieber hätte ich mir einen Tag zum Schluss aufgehoben, um die Reise dort gemeinsam Revue passieren zu lassen.
Aber die Auswahlmöglichkeiten sind nicht gerade berauschend, zumal der Platz auch nicht schlecht für ein weiteres Reiseziel liegt. Die versunkene Kirche von St. Just und das beschauliche Küstenstädtchen St. Mawes liegen unterhalb des Platzes. Wir können uns ja noch überlegen, morgen den Tag dorthin zu fahren und am Abend auf den Platz zurück zu fahren, oder eben im Anschluss an die zwei Übernachtungen anschauen. Beides würde gehen, also so sagen wir zu und buchen den Platz vorab verbindlich mit unserer Member- ID.
Etwas ranhalten müssen wir uns dann aber doch! Denn es sind von hier aus gut 60km bis zu diesem Campingplatz und wir müssen berücksichtigen, dass die Zufahrtsstraße A 3083 zur A 394 ja nicht die beste ist! Das wird Zeit kosten. Wir starten also den Motor und verlassen Lizard Point mit seinem tollen Beer Festival dann leider doch etwas überhasteter, als wir es eigentlich geplant hatten. Aber vielleicht kommen wir ja eines Tages mal wieder…

Zum Glück ist die Route zu dieser fortgeschrittenen Stunde an diesem Sonntagabend weitestgehend frei. Nur die letzten Heimkehrer vom obligatorischen Familienbesuch bei der Oma sind unterwegs, sodass wir sehr gut durchkommen.

Schon eine knappe Stunde, nachdem wir Lizard verlassen haben, stehen wir schon an der Rezeption auf der Matte. Kurz nach 6 zeigt die Uhr. Das reicht gerade noch, um kurz aufzubauen, ein Abendessen zu zaubern und die Kinder nicht allzu spät ins Bett zu bringen.
Auch hier in der Rezeption arbeitet, wie auf vielen Plätzen des Clubs, ein älteres aber noch rüstiges Pärchen. Ich glaube bald, dass das kein Zufall ist und wir nicht den wahren Besitzern gegenüber stehen, sondern eben Angestellten des Clubs! Rentner mit Camping-Gen, jahrelanger Erfahrung und etwas handwerklichem Geschick. Für ein paar Wochen und Monate im Jahr bessern sie hier die Rente auf, können vom Ertrag den ganzen Winter im warmen Süden verbringen und sind in der kargen Freizeit sogar noch Gäste auf dem eigenen Platz. Das könnte ich mir für unseren goldenen Herbst auch durchaus vorstellen!
Die beiden sind sehr freundlich und checken uns sofort ein. Auch lässt es sich der Hausherr und Platzwart nicht nehmen, unserem Gespann quasi wie der Vorankündiger einer Dampfeisenbahn im Dorf mit Glocke in der Hand vor uns her zu laufen und uns zu unserer Parzelle zu führen. Dabei können wir den einzigen (!) freien Platz links oberhalb unseres Standortes durch das Fenster der Rezeption sehen. Wir würden den Platz selbst ohne den ausgehändigten Platzplan finden, aber sei´s drum. Das sei hier schließlich so Tradition bekomme ich auf meinen Vorschlag entrüstet entgegen geworfen, also wehren wir uns nicht.

Absolut vorteilhaft ist unsere Parzelle in jedem Fall! Denn sie liegt nicht nur nah an der Rezeption, sondern auch direkt am ebenfalls hier befindlichen Spielplatz!

Wenn die Schranke des Platzes jetzt noch ausbruchssicher gegen Einjährige wäre, wir könnten die Kinder glatt die 20 Meter zum Spielplatz unbeaufsichtigt laufen lassen!
Ein Plan, den wir sogar zumindest ansatzweise in Erwägung ziehen. Die Jungs wären ja in unserer Sicht- Reichweite. Bis uns unser Campingplatznachbar der Parzelle links von uns darauf aufmerksam macht, dass der Platznachbar gegenüber von uns gerne mal seinem kleinen Kläffer „großzügig“ Leine lässt. Der „schnappt dann gerne nach Kindern“. Meint er. Na super!!
Unser Nachbar ergänzt aber, dass es auch ein wirksames Mittel dagegen gäbe. Einfach mal ein kräftiger Tritt und dann gibt der Hund Ruhe!
„Echt jetzt, äh, really?“ – „yes, of course! Just do it, just kick the dog!“
Unglaublich!
Der an das Gute im Menschen glaubende Leser unserer Reiseberichte mag an dieser Stelle vielleicht noch hoffen, dass das nur ein markiger Spruch ist. Der aber nicht wirklich von unserem Mitcamper in die Tat umgesetzt werden würde.
Auch wir würden das gerne glauben.
Aber wenn ihr unserem Platznachbarn in Natura gegenüber stehen würdet, wären auch eure letzten Zweifel und der Glaube an das Gute im Menschen zweifelsohne ausgeräumt!
Der Kerl ist ein typischer englischer Bulle! Dicker Bauch, Glatze, kurze Hose, tätowierte Beine, Dose Bier in der Hand.
Und ganz ehrlich: Wer sich als Mann ein Arschgeweih tätowiert und er dieses über der Po- Ritze der schwarzen Sporthose über einem unterhemdlosen Rücken hervor lugen lässt, der glaubt auch sofort, dass der Typ einen Hund tritt, wenn dieser nach seinen Kindern schnappt. Denn auch davon hat er zwei.
Also Kinder. Beide sind etwa im Alter unserer Kinder und als Nils die Malkreide auspackt und die Einflugbefeuerung eines Campingplatzflughafens auf den schmalen betonierten Versorgungsweg malt, ist es um die beiden Nachbarskinder vollends geschehen! Sie betteln geradezu, dass auch sie bitte bitte auch mit der Kreide malen dürfen. Natürlich erlauben wir die Mitnutzung unserer Kreide schnell, nachdem die der englische Bulle bereits sein OK an seine Truppe gegeben hat. Wer weiß, wohin WIR sonst kommende Nacht verschwinden…

Aber auch an dieser Situation sieht man mal wieder. Selbst dieser englische Bulle, vielleicht Hooligan oder gar Cache- Fighter, ist in Bezug auf seine Kinder ein sorgender Vater! Er erklärt seinen Kindern, dass Nils kein Englisch kann, sondern aus Deutschland kommt. Sie also nicht traurig sein dürfen, wenn Nils sie nicht versteht! Schaut man dann wenig später auf die Kinder, stört die beiden die unterschiedliche Sprache aber offenbar gar nicht. Sie malen einfach! OK, das Gebilde, welches die Kinder kurz darauf auf den Boden zeichnen, sieht SEHR verdächtig nach einer Umrisszeichnung einiger Leichen nach einem Massaker an einem Mordfall- Tatort der polizeilichen Spurensicherung aus, aber die Kinder haben ihren Spaß. Zumindest bis zu dem Moment, wo uns die Kinder auffordern, ihr Werk zu begutachten.
Überraschend betreten schaut nun unser Nachbar, was seine Kids (und unsere eben auch!) da auf den Asphalt gezeichnet haben.
Wahrscheinlich haben sich die Kinder einfach nur auf den Boden gelegt und ihre Umrisse auf den Asphalt gemalt. Wie das Bild nun ohne Kinder aussieht und an was es uns wie unsere englischen Nachbarn spontan erinnert, war (hoffentlich!) nicht gewollt.
Frei heraus: Es sieht hier aus wie nach einem Massenmord! Die „Spurensicherung“ ist gerade fertig geworden, die Totenlage der Leichen mit den typischen Umrissen auf dem Boden zu markieren, wie man das eben bei einer Tatortsicherung so macht.
Pfoah! Vielleicht ist der Typ mit tätowiertem Arschgeweih ein gesuchter Massenmörder hier in England?! Spontan möchte ich wissen, ob es auch eine englische Ausgabe von „Aktenzeichen XY“ gibt und es sinnvoll erscheint, sich schon jetzt Merkmale des Mannes wie das Kennzeichen seines Autos zu merken…
Kaum „denkt“ man so etwas, bemerkt man wiederrum bei seinem Gegenüber, dass er in diesem Moment etwas Ähnliches gedacht haben muss! Was wir vor ein paar Minuten noch an gegenseitiger Offenheit geteilt haben, ist ganz plötzlich weg.
Schade! Denn durch dieses Tatortszenario vor unserem Wohnmobil bzw. vor deren Wohnwagen ist der zunächst interessante Start mit unseren Nachbarn irgendwie ein wenig ins Stocken geraten. Vielleicht hätten wir unter anderen Voraussetzungen an diesem Abend noch nett zusammen gesessen und hätten den Kindern beim Spielen auf Spielplatz und Wiese bei einer Wurst vom Grill zugeschaut!
Ach Mensch! Warum haben die Kids nicht Häuser, Autos, Bäume, Schiffe und Flugzeuge gemalt?!
So aber bleibt nun ein Hauch von gegenseitigem Argwohn zurück, der jeden von uns irgendwie dazu bringt, sich nur noch auf seinem Terrain und Parzelle aufzuhalten. Man kümmert sich um seinen Kram, grüßt sich für den Rest des Abends und auch am morgigen Tag übrigens nur noch knapp.
Eltern können untereinander manchmal herrlich kompliziert sein!  :-/

Statt Wurst vom Grill werfen wir übrigens ein weiteres Mal unseren Backofen an. Herrlich dieses Teil! Heute Abend zaubert der Metré de Cuisine ein elegantes Mal aus englischer Backkartoffel aus dem Ofen und gebratenem Lammsteak! Beides für absolut kleines Geld beim Sainsbury heute in Penzace gekauft und jetzt in Ofen und Pfanne gehauen. Schmeckt richtig gut. Besonders Lamm wird hier auf der Insel offenbar gerne gegessen! Die Auswahl an Lammfleisch ist hier aber auch enorm! Lammfleisch findet sich in den unterschiedlichsten Variationen ebenbürtig zum Schweinefleisch vertreten und toppt nach unserem Empfinden an einigen Stellen sogar das Angebot an Rindfleisch!
Und lecker ist es! Überhaupt kein Vergleich zu dem Lammfleisch, was uns gelegentlich in der Kühltruhe des Supermarkts zu bekommen ist.

Wir speisen fürstlich, dann wird gespült.
Zum Abschluss des Tages drehe ich mit Nils noch eine Runde über diesen wirklich wunderschönen grünen Campingplatz! Leicht hügelig, aber dennoch offen gestaltet. Viel grüne Wiese, gepflegte Anlage, reges Treiben und fast bis auf die letzte Parzelle ausgebucht! Es ist erstaunlich, wie hier mitten im Nichts dieser Platz mit einer Menschenansammlung aufwartet. Denn Drumherum ist wirklich nichts, außer eben Natur!
Aber keine größeren Städte oder so und auch keine absolute Sehenswürdigkeit, die die Auslastung des Platzes begründen würde. Schon komisch. Auf dem Platz hingegen das typische Leben auf einem Campingplatz an einem lauen Sommerabend! Überall ist Leben, sitzen die Menschen draußen, essen, trinken, lassen es sich gut gehen. Es wird hier und da Musik gehört, Federball gespielt oder Nachbarn treffen sich auf ein Kartenspiel. Man bleibt stehen, quatscht hier und dort, grüßt und wird selbst gegrüßt. Ein bisschen Schaulaufen wie auf der Promenade in Cannes zu den Filmfestspielen, nur eben in unserem Mikrokosmos Campingplatz. Ein einfach herrlicher Abend! Wenn die Kinder im Bett sind, hätte ich große Lust mit Anja bei einer Flasche Wein vor dem Wohnmobil zu sitzen und einfach nur zuzuschauen, wie sich die Nacht langsam über den Platz legt.

Wow, wir haben sowohl den westlichsten und auch den südlichsten Punkt des britischen Festlandes gesehen. Unterschiedlicher könnten die Gegensätze kaum sein, aber doch irgendwo nicht! An beiden war der Eintritt mehr oder minder kostenlos (wenn man von der Parkgebühr absieht) und Souvenirs wie Gastronomie fanden wir auch an beiden Stellen. Und eine unglaublich tolle Aussicht, Fernweh inklusive! Wir fühlen uns sehr zufrieden, dass wir diese beiden markanten Punkte auf unserer persönlichen Weltkarte heute „abgehakt“ haben! Wie steht es mit euch? Kennt ihr diese Anziehungskraft markanter geografischer Orte? Schreibt es uns! Auf Facebook, Twitter oder hinterlasst einfach einen Kommentar! Wir würden uns freuen!

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