Mittwoch, 14.06.2006
Wir haben recht lang geschlafen. Und das hat gut getan!
Als wir aufstehen, sind unsere Niederländer, die sich gestern Abend noch lang dem Wein hingegeben haben, zu unserer Überraschung schon verschwunden. Auch das Motorradpärchen ist bereits in Reisestimmung, wir sehen die beiden bei einem verschlafenen Blick durch das Fenster packen.
Es ist etwa halb 10, als wir bei strahlendem Sonnenschein die Tür zum Wohnmobil aufschlagen und den ganzen Platz mehr oder weniger für uns ganz allein haben!
Die Idylle des Campingplatzes ist uns gestern durch die massive Felswand verborgen geblieben.
Jetzt, wo endlich die Sonne scheint, sieht dagegen alles traumhaft aus.
Wir stehen an einem plätschernden Bach, auf einer sehr weitläufigen Wiese, der Campingplatz ist nur ein kleiner Teil davon. Rund um den Bach, der eigentlich schon ein richtiger Fluss ist, sind kleine Picknickbänke aufgebaut. Und obwohl ich größere Bedenken habe ans Wasser zu gehen (wegen der Stechmücken) scheinen diese sich hier nicht zu tummeln. Ich kann nicht genau sagen, ob es nur Zufall ist, oder ob es daran liegt, dass das Gewässer fließend und nicht stehend ist. Der Fluss ist aber auch gut gefüllt mit Fischen, ich denke hier würde sich ein Angler wohl fühlen!
Zum Baden ist das eher nichts, das Wasser ist eisig kalt. Wird wohl vom Eiswasser der im Sommer anschmelzenden Gletscher und Eisfelder auf den Bergen stammen. Mehr als mit dem Füßen kann man nicht im Wasser planschen.
Die Luft ist so klar und rein, dass man meinen könnte hier würde aller Welt Sauerstoff produziert.
Hier könnte man es durchaus länger aushalten, wenn hier nur irgendwas interessantes zu sehen wäre.
Aber in der Nähe ist nicht wirklich viel zu entdecken. Aber wenn man mal ein Buch schreiben will oder sich in die einsamen Weiten der norwegischen Bergwelt zurückziehen möchte: Voilá hier ist der perfekte Platz dafür.
Unser Womo am nächsten Morgen Wir gehen mal runter zum Wasser
Picknickbänke direkt am Ufer (alles hier gehört zum CP) Da stehen sie: Die frisch verheirateten Nordkapfahrer
Gegen halb 11 machen wir uns wieder auf die lange Reise auf der E 6 gen Süden anzutreten. Mit Anja habe ich abgesprochen, dass wir heute wieder versuchen so viel wie möglich an Wegstrecke zurück zu legen. Ich fühle mich wohler, je näher wir der finalen Fähre kommen.
Nicht das uns die Zeit im Nacken sitzen würde, aber ich bin froh um jeden Meter, den ich vielleicht später nicht mehr unter Zeitdruck fahren muss.
Wir nehmen uns vor unterwegs anzuhalten, wenn wir etwas schönes sehen und derer Gelegenheiten gibt es heute mal wieder reichlich.
Noch immer ist die E 6 bzw, die Landschaft um sie herum ein Schmelztiegel aller Arten von Eindrücken. So ganz anders als die monotonere E 4, die wir auf dem Hinweg genutzt haben. Die Entscheidung auf dem Hinweg die E 4 zu nehmen und möglichst schnell vorwärts zu kommen, war goldrichtig. Jetzt auf der E 6 kommen wohl viele Naturerlebnisse, die wir auf der Hinfahrt wohl eher ausgelassen hätten, aus Sorge wir würden mit der Zeit nicht hinkommen. Nun auf der Rückfahrt (wir liegen gut im Plan) können wir uns den einen oder anderen Stop auch mal leisten.
Auch konnte ich Anja wieder „verhaften“ mit dem Wohnmobil eine weitere Strecke zu fahren. Ich genieße das richtig! Die Position des Beifahrers ist wirklich fantastisch! Man bekommt viel mehr vom Land mit und kann sich abseits des Mittelstreifens auf die vielen Details konzentrieren, die einem als Fahrer meist verborgen bleiben.
Natürlich wechseln wir uns aber auch wieder auf dieser Tagesetappe ab.
Auch heute: Mal dicht am Wasser… …mal durch die Hochstraßen…
So abwechslungsreich und mit solchen Eindrücken empfängt den Norwegenfahrer die E 6!
Kurz vor Narvik bei Bjerkvik (schon wieder diese letzten 3 für uns illustren Buchstaben…) stellt sich die Frage, wie wir die Route weiter gestalten wollen. Hier wäre theoretisch der Abzweig auf die E 10 in Richtung Westen, bzw. auf die Lofoten.
Diese ins Meer rangende Landzunge mit einzelnen Inseln soll entsprechend der von studierten Reiseberichte eine ganz besonders traumhafte Route sein. Wir müssten diese auch nicht hin und zurück fahren, sondern könnten bei Moskenes eine Fähre nach Bodö nehmen. Aber auch vorher bei Lödingen oder Svolaer fahren Fähren von der „Sackgasse“ Lofoten zurück auf die E 6.
Von den Kilometern her käme das vielleicht ungefähr gleich, nur würde die Route selbst ungleich länger dauern.
Denn durch die Inselhopserei mit den Fähren geht eine Menge Zeit drauf, zumal die Strecke auch in der Karte als recht kurvenreich dargestellt wird. Ist wohl vermutlich in etwa so wie die Tagesetappe vorgestern, da sind wir wegen der anstregenden Strecke kaum vorwärts gekommen.
Im Endeffekt entscheiden wir uns dafür die Lofoten Lofoten sein zu lassen und nicht zu besuchen. Das ist mal was für einen zweiten Urlaub, wenn wir da jetzt nur durch rauschen, dann können wir uns nicht die Zeit nehmen, die man vielleicht für dieses Abenteuer braucht. So bleiben wir auf der E 6 und halten weiter Kurs auf Narvik.
Eine weitere Besonderheit möchte ich noch erwähnen. Wir wechseln die Karte! Die Karte „Skandinavien 2“ des ADAC, die die letzten Tage unser Reisebegleiter war, wird nun mit etwas Wehmut und allen militärischen Ehren wieder eingemottet.
Wir aktivieren wieder die Karte „Skandinavien 1“, die wir zuletzt bei Sundsvall in Schweden zur Seite gelegt hatten. Das war vor 6 Tagen. Uns kommt es vor, als wäre das gestern gewesen. So schnell verfliegt die Zeit.
Einige Tunnel haben wir übrigens auch wieder auf der E 6 zu bewältigen. Viele sind davon kurz, einige aber auch mehrere Kilometer lang. Schon bei den Einfahrten kann einem der kalte Schauer über den Rücken laufen: Einfach mitten in den Berg wie mit Hammer und Meißel ein Loch geschlagen, wie immer müssen sich beide Verkehrsrichtungen eine spärlich beleuchtete Röhre teilen.
Schön finde ich das nicht. Auch gibt es keine Ausweichmöglichkeit. Die Tunnel kommen unvermittelt mit relativ später Ankündigung.
Ich habe da ja nicht so die Angst vor, aber bei den tief herab hängenden Decken mache ich mir schon Sorgen mit dem großen Wohnmobil. Mit dem PKW würde ich das sicherlich sportlicher sehen, andererseits kann es so schlimm nicht sein, denn hier rauschen ja auch die teils deutlich größeren LKW durch.
Tunnel voraus! Na, ob wir da rein passen?
Das Wetter wird leider kurz vor Narvik schlechter, es beginnt stellenweise zu regnen, das ist nicht so toll.
Wir fahren schon seit einiger Zeit hinter einem Militärkonvoi her, der mit spassigen 60-70 km/h und etwa 15 Fahrzeugen die Straße blockiert. Ich hätte schon längst die Nerven an sowas verloren (hinter dem Konvoi haben wir bestimmt eine Schlange von 2-3 Kiloemeter), aber Anja bleibt als Fahrerin absolut gelassen. Sie ist da ruhiger, als ich. Zum Glück, ich wäre wohl längst ausgetickt und hätte bereits einen Herzkasper bekommen. Warum können die denn nicht einfach mal rechts ran fahren? Keine Spur…
Als wir dann endlich Narvik erreichen ist das Wetter mittlerweile so mies, dass ich schon gar keine Lust mehr habe die Stadt zu besichtigen. Warum muss es nur immer anfangen zu regnen, wenn wir durch eine Stadt durchfahren?
Zwar biegt kurz vor Narvik der Militärkonvoi ab, aber das ist auch kein Trost mehr.
Die Lust Narvik zu erkunden ist irgendwie dahin.
Die Aussicht kurz vor Narvik: das Wetter wird schlechter schliesslich fängt es sogar an zu regnen
Auch sonst kann Narvik mich nicht wirklich locken. Es ist kalt und uselig draußen und so rauschen wir durch die Stadt nur durch. Ich mag lieber einen Fahrtag und keinen Besichtigungstag draus machen.
Anja ist zwar zuerst etwas anderer Meinung, aber im Endeffekt setze ich einfach meinen patentierten Schmollmund auf und werfe immer mal ein „Schlimmes Wetter da oben…“ in den Raum. Das hilft.
Von Narvik sehen wir dann nur das, was man von der Hauptstraße aus sehen kann.
Wenn wir eines Tages wieder kommen und die Lofoten besuchen, dann können wir uns Narvik noch immer ansehen…
Gegen 16 Uhr erreichen wir dann das Ende der E 6.
Bitte?
Ja, richtig gelesen, die E 6 endet als Hauptstraße. Genauer gesagt tut sie dies bei Skarberget. OK, vielleicht ist „enden“ etwas ungenau. Genauer müsste man eigentlich sagen, dass die E 6 nur kurz unterbrochen wird.
Hier zwischen Skarberget und Bognes verkehrt doch tatsächlich eine Fähre…
Ich mag Fähren nicht. Besonders nicht mit dem Wohnmobil. Hat mich bei Scandlines schon gestört. Man kommt als Womo- Fahrer irgendwie immer als letzter auf das Schiff und was noch schlimmer ist: Meist auch als letzter erst wieder runter. Da bemüht man sich seit Narvik ein paar „langsamere Zeitgenoßen wie ältere PKW und LKW zu überholen, ziehen diese dann als Belohnung auf der Fähre an einem vorbei. Die Welt ist doch wirklich ungerecht.
Ich finds auch ungerecht, dass hier für die Fähre wieder mal der tolle „Länger-als-6-Meter“- Aufschlag berechnet wird. Die Fähre, zu der es keine Alternative gibt, kostet zwar nur 107 Kronen, aber richtig finde ich das trotzdem nicht. Das ist das erste Mal, dass wir auf der E 6 somit so etwas wie Maut bezahlen müssen.
Da wird mir die E 4 doch gleich wieder sympathisch…
Das Wetter ist übrigens noch immer fies, der Regen hat sich noch nicht ausgeregnet und scheint mit uns mitziehen zu wollen. Jedenfalls sind über uns immer dunkle Wolken, egal wo wir hinschauen.
Am Fähranleger warten wir übrigens nicht lang, zu unserem Glück ist die Fähre kurz nach unserer Ankunft ebenfalls eingetroffen. Und wie es zu erwarten war, dürfen wir in der Gruppe der Wohnmobile als letzte auf die Fähre rauf.
Die E 6 wird kurz durch eine Fähre unterbrochen Da kommt sie auch schon, die MS Hamaroy
Nachdem wir das Abenteuer Fähre hinter uns gebracht haben und ich mit ansehen musste, wie tatsächlich alle Fahrzeuge, die ich vorhin bis zur Fähre überholt hatte, uns auf der Fähre quasi im Stehen wieder zurück überholten und sogar die LKW noch vor uns raus durften, bin ich deprimiert. Das wirklich miese Wetter trägt aber auch dazu bei.
Es ist überhaupt nicht schön.
Zum Fahren ist es aber gut so und so fahren wir nach der Fähre noch knapp 3 Stunden weiter auf der E 6, bis wir gegen 19 Uhr Fauske erreichen. Die Strecke ist geprägt von vielen Tunneln, wovon einige wieder mehrere Kilometer lang sind.
Aber auch ohne Tunnel ist nicht viel zu sehen. Das Wetter ist diesig und regnerisch, es ist kalt geworden.
Für heute tut sich nichts mehr, wir können nur hoffen, dass morgen schöneres Wetter wird.
In Fauske selber verfahren wir uns dann sogar nochmal, weil wir den Campingplatz, der in unserer Norwegen- Reisekarte eingezeichnet ist, nicht auf Anhieb finden konnten.
Aber das ist auch nicht schlimm, denn unterwegs finden wir noch eine Tankstelle, wo wir den gerade erst heute morgen gefüllten Tank wieder randvoll machen. 48 Liter haben die gut 450 Kilometer heute gekostet. Das ist weniger, als 11 Liter. Anja hat offenbar den perfekten Sparfuss, ich habe das große Wohnmobil bisher nur um die 11 Liter bewegt.
Vielleicht sollte ich sie den Rest der Reise fahren lassen…?
Nachdem wir dann den Campingplatz bei Fauske (genaur in Öynes) gefunden haben (es regnet leider immer noch) richten wir uns nicht mehr gross ein. Macht keinen Sinn.
Die Markise bleibt drin, die Campingmöbel bleiben drin, die Hochzeitsreisenden bleiben drin…
Wir verbringen den Abend im Wohnmobil. Ich versuche es auch erneut mit dem TV- Empfang, aber auch hier komplette Fehlanzeige. Ich finde nur mit Müh und Not einen Sateliten, der Baltic TV ausstrahlt. Danke, dasrauf kann ich verzichten.
Ach, ich hätte es nicht gedacht, aber ich vermisse Nachrichten aus Deutschland. Wie läuft es eigentlich für unsere Jungs bei der WM? Hier oben bekommt man doch wirklich nichts mit! Wir müssen die Tage mal zuhause anrufen und hören, was es bei uns Neues gibt.
Ja, ich gebe es zu, ich habe Heimweh!
Ich vermisse Brötchen (seit Tagen keine anständigen mehr bekommen), ich vermisse Leberwurst auf Brötchen, ich vermisse einen deutschen TV- Sender (ich würde jetzt sogar arte oder 3sat gucken…) und ich vermisse natürlich unsere Katzen Dori und Minki und ich vermisse meinen Fernsehsessel mit einem gemütlichen Abend in der heimeligen Bude.
Das Wetter ist aber auch zum Trübsal blasen. Am wolkenbedeckten Himmel zieht Grau in Grau vorbei, es tröpfelt immer wieder, dazu weht ein auffrischender Wind. An den Fenstern kleben kleine Regentropfen und machen dadurch das „Schmuddelwetterfeeling“ perfekt. Aber wo soll man sonst hinschauen, wenn nicht aus dem Fenster.
Neben uns steht ein uralter gelber gammeliger Camper. Auch ein Wohnmobil. Gelbe Wand, gelbe Vorhänge, gelbe Fenster, der Typ hat ein gelbes (ehemals weißes) Unterhemd an und wahrscheinlich sogar gelbe Zähne. Iiihhhh!!!
Der Typ ist ein richter Anti- Camper. Nicht nur, dass er und seine Familie im Wohnmobil rauchen, er hat seine Zigarette „im Anschlag“ und fuchtelt gleichzeitig an seiner Gasflasche rum. „Gleich macht es bumm und wir sind alle…“ meint Anja.
Schon komisch, der Camper bedient das absolute Klischee von Campern, was ich mir immer vorgestellt habe. Stinkig, gelbes Unterhemd, rauchen am Gaskasten, schimmelige Bude und alles versifft.
Was bin ich froh, dass zwischen uns mindestens 2 Meter Wiese und eine Scheibe schützend wirken…
Bei dem Anblick bleibt fast nur früh zu Bett zu gehen übrig.
Der Letzte Absatz. :-)))
Hallo Klaus,
wir mussten das erstmal selber wieder lesen. 😉
Ja, da spricht eben die junge, unbedarfte Jugend aus uns. Zur Erinnerung: Der Reisebericht ist ja schon 14 Jahre alt…
Heute würden wir dies wohl anders formulieren. Vermutlich diplomatischer. 😉