Es war nicht kalt diese Nacht. Dies nur zur Info, falls es doch noch irgend jemand interessiert… 😉
Anja hat etwas gefroren, obwohl die Temperatur nicht unter 10°C gefallen ist.
Für Anja werfe ich die Truma an, wenn die 11er jetzt leer geht, ist es auch egal. Die Flasche hat gehalten, unsere Sorgen während der Reise waren vollkommen unberechtigt.
Schön, dass es nicht anders gekommen ist.
Wir hätten besser eine Waage mitnehmen sollen, um zu schauen, wie sich unser Gasvorrat entwickelt. Was nützt da schon das heimische Abwiegen vor der Reise?
Nach dem Aufstehen gehen wir erst mal ausgiebig duschen.
Die Duschen sind wie bereits gestern beschrieben in einem sauberen Zustand.
Es gibt ausreichend Duschen, sodass ich mir eine der 10 noch unbenutzten Duschen aussuchen kann.
An der Tür befindet sich ein Warnhinweis, dass das Wasser in den Duschen „very hot“ sei.
Und dies stimmt!
Ich muss das Wasser auf 2/3 kalt regeln, damit ich mich nicht verbrenne.
Unsere Frühstückseier könnte ich theoretisch hier kochen…
Nachdem aber die Temperatur optimal eingestellt ist, ist das Duschen sehr angenehm.
Anja hatte mich bereits gestern Abend auf einen Umstand aufmerksam gemacht, was mir zunächst nicht aufgefallen war, ich hatte es gestern kurz erwähnt und erwähne es gern nochmal, weil es mich noch immer so glücklich macht.
Es sind eben die kleinen Dinge…
Die Waschräume hier wären vom allgemeinen Eindruck her im oberen Drittel gewesen, waren aber von der Optik her nicht die allerbesten.
Auch hier hat, wie an allen anderen Waschräumen auch, mehr oder minder der Zahn der Zeit genagt. Die Fugen sind angegraut und teilweise schon braun, die Türen und Wände im schicken Dekomuster der 80er und die Wasserleitungen sichtbar an den Wänden verschraubt, nicht verfugt und zum Teil schon rostig.
Eine Sache jedoch hebt diese Waschräume von allen anderen Waschräumen ab und katapultiert diese Räumlichkeiten an die Spitze aller auf dieser Reise besuchten Waschräume.
Die Waschräume hier sind nämlich beheizt!
Nichts ist schlimmer, als fröstelnd und bibbernd aus der Dusche zu kommen, die Haare noch naß, die Füße kalt und dann gleich magere 12°C Innenraumtemperatur.
Hier jedoch nicht.
Gefühlte 25°C machen auch die „After-Works“ nach dem Duschen erträglich.
Ach, was schreibe ich denn da?
Das ist Luxus pur! Man kann sich beim Anziehen Zeit lassen, in Ruhe noch die Zähne putzen und sich ohne aus Schüttelfrost resultierende Blutungen rasieren.
Entsprechend lang dauert die Duschphase und schiebt die Abfahrtszeit nach hinten.
Egal, wir haben Zeit, liegen ja etwa nur 25 Meilen von Newcastle entfernt.
Es könnte auch mit dem Tank reichen. Ja, ich bin mir sogar fast sicher, dass es mit dem Tank hinkommt.
Wenn wir keinen Stau haben und den Weg direkt finden, heißt unser nächster Tankstop morgen früh Amsterdam.
Der nächste Morgen jetzt gehts erstmal rüber duschen
Den Hinweis sollte man erst nehmen, es ist wirklich hot.. Ansonsten alles sauber und endlich warm geheizt, danke!!
Nachdem wir geduscht haben, geht es ans Frühstück.
Wir versuchen die letzten Reste zu vertilgen, belegen die Morgenbrötchen reichlich.
Ab jetzt wird geschlemmt. Wenn wir den Kühlschrank auf der Fähre nicht betreiben können, muss der eben von allen verderblichen Lebensmitteln befreit werden.
Und außer dem McVities Keksen und einem Vorrat von Cola in Dosen wollen wir eh nichts von hier mitbringen.
Doch halt, das gestern gekaufte Mothers Pride aus dem Co-Op Melrose sei noch genannt.
Wirklich lecker ist das Brot nicht mehr, aber wenn Mutter doch so stolz drauf ist…
Ich freue mich schon wieder auf ein vernünftiges deutsches Graubrot.
Wir spülen im Wohnmobil, räumen danach alles auf, ziehen ein letztes Mal das Elektrokabel ein, drehen die Gasflasche zu. Dann geht es los.
Melancholie macht sich breit, der Urlaub geht nun mal zu Ende, da beißt die Maus keinen Faden ab. Es ist kurz vor 12, als wir den Campingplatz verlassen. Ein letztes Mal können wir am schönen Wetter erfreuen.
Heute morgen noch war es etwas diesig, aber als ob sich Schottland (oder England) nochmal von seiner besten Seite zeigen will scheint pünktlich zur Abfahrt die Sonne. Ganz toll…
Und als ob er ahnen würde (oder haben wir es gestern beim Einchecken erwähnt) winkt uns der kleine nette Mann aus der Rezeption hinterher, als wir vom Platz in Richtung Heimat rollen…
Ein letztes Ma(h)l Frühstück in Schottland (ok, England) Pünktlich zur Abfahrt scheint die Sonne zum Fenster rein
Von Acomb geht es nun zunächst in Richtung Hexham. Wir wollen unterwegs noch schauen, ob wir nicht irgendwo einen kleinen Supermarkt oder auch einen ASDA- oder Tesco- Megastore erspähen können.
Ich trinke nunmal meine Cola gern aus Dosen und habe keine Probleme damit die nach Deutschland zu importieren.
Und ein paar McVities Kekse brauchen wir auch noch.
Und natürlich etwas zu Essen für heute Abend auf dem Schiff, denn wir haben nur die reine Überfahrt ohne Teilnahme am Abendbuffet gebucht. Hat nochmal Geld eingespart.
Da wir aber ja auch heute Abend was essen müssen, wären ein paar Sandwiches oder sowas von Vorteil.
In Hexham haben wir Glück, der Ort lag direkt auf dem Weg zur Schnellstraße, ein Riesen- Tesco können wir gleich am Ortseingang ausmachen.
Gegen kurz nach 12 rollen wir auf den riesigen Parkplatz, dort suchen wir uns ein etwas abseits gelegens Eckchen, wo schon andere Womos stehen. Find ich immer toll.
Tesco Hexham: Open 24 hrs… Wir parken stilecht in der „Womo-Reihe“
Ach ja, gleich hinterm Tesco befindet sich auch ein Aldi.
Schon komisch, andererseits haben wir in Wick ja auch einen Lidl gesehen, also warum nicht?
Nach dem Einkaufen (wir haben alles bekommen, was wir brauchten) geht es ohne Umwege auf die A 69 in Richtung Newcastle-upon-Tyne, wo unsere Fähre heute Abend auslaufen wird.
Ich freue mich, dass bereits kurz nach der Auffahrt auf die Schnellstraße der Weg zum Kai hervorragend ausgeschildert ist. Am Anfang ist das Schiffsymbol, dann folgt später auch der Hinweis „Royal Quays“, wie es in der Broschüre von DFDS zu entnehmen ist.
Der Weg der Schilder führt uns über die A 69, die A 1 und die A 19 einmal um Newcastle herum.
Ich habe Bedenken, dass es nun vielleicht doch mit dem Tank knapp werden könnte. Das wäre schade.
Wir sind kurz unter viertel, weit darf der Weg über den Ring nicht sein, andererseits Bock durch die Stadt zu fahren habe ich auch nicht mehr.
Anja würde zwar gern auch noch die letzten Impressionen mitnehmen, aber gedanklich habe ich schon abgeschlossen und will eigentlich nur noch auf die Fähre.
Ich bin da nicht so der Experimentiertyp. Wenn ich ´nen Flug oder wie hier eine Schiffspassage gebucht habe, bin ich lieber etwas früher (manchmal auch sehr viel früher) vor Ort und warte lieber dort, habe aber gleichzeitig die Gewissheit, dass ich auch wirklich zeitig da bin und mir nichts mehr dazwischen kommen kann.
Über A 69, A 1 und A 19 einmal um Newcastle herum Aber wenigstens perfekt beschildert, immer dem Schiff hinterher
So nun folgt fast ein eigenes kleines Kapitel Geschichte, die….
King of Scandinavia
Die King of Scandinavia ist unser Schiff für die Heimfahrt.
Gebucht von zuhause aus direkt über die Webseite der DFDS- Reederei.
Was wir wie wo und wann gebucht haben, lässt sich im Prolog noch einmal nachlesen.
Nun geht es aber an die kleine Geschichte dieser Mini- Kreuzfahrt.
Wir reihen uns in die erste und einzige Schlange ein, vor uns stehen vielleicht 7 oder 8 Autos, wir sind recht früh dran und dazu noch, mit Ausnahme eines ausgebauten Kastenwagens vor uns, das einzige Wohnmobil.
Stehen wir vielleicht falsch?
Wir sind der Beschilderung „Cars & Busses“ hinterher gefahren, die einzige andere Alternative wäre LKW gewesen und das ist doch mit Sicherheit total verkehrt.
Es kommt ein Angestellter der DFDS auf uns zu und reicht uns einen Zettel für den Innenspiegel mit einer großen römischen Eins oder einem I drauf. Keine Ahnung.
Diesen hängen wir wie befohlen an den Innenspiegel der Scheibe. Also ist es wohl OK, das wir hier stehen…
Wir erreichen die noch recht kleine Warteschlange… …und stellen uns brav hinten an
Dann bekommen wir noch einen Handzettel, der darauf hinweist, dass Milch und Milchprodukte sowie Fleisch und Fleischprodukte nicht ausgeführt werden dürfen. Auch nicht, für den persönlichen Gebrauch.
Begründet wird dies mit den Gefahren der Maul- und Klauenseuche.
Ich denke an mein Sandwich „Bacon mit Ei“ im Kühlschrank…
Anja bekommt Bedenken und beginnt sofort ihr Sandwich zu essen, obwohl sie nur Thunfisch drauf hat.
Das war doch für unser Abendessen!
So stehen wir nun, es gibt nur ein offenes Schalterhäuschen.
Zur Sicherheit überzeuge ich mich, dass wir in der Schlange zur richtigen Fähre anstehen und prüfe das angeschlagene Blechschild an dem kleinen Kassenhäuschen am Anfang der Schlange, alles korrekt.
Dann gehe ich wieder nach vorn zu dem kleinen Mann, der sich angeregt mit einem Rover- Fahrer auf englisch unterhält.
Er scheint den Fahrer zu kennen, jedenfalls unterhalten sie sich ich sach mal „gefühlvoll“.
Ich stehe etwas abseits, will das Gespräch ja nicht stören.
Der kleine Mann von DFDS lässt mich etwa 5 Minuten warten, bis ich eine besonders fragende und unterwürfige Miene aufsetze, dann endlich nimmt er sich mit einem „Yes, Sir?“ Zeit für mich.
Ich frage ihn, was wir hier genau machen, er hätte das mit Sicherheit schon tausend mal erklärt und ich entschuldige mich auch gleich eine für ihn dumme Frage zu stellen, aber ich würde gern wissen, wie genau nun alles weiter geht.
Immerhin wurde noch kein Ticket überprüft oder sonst wie eingecheckt.
Er meint, dass es noch entweder 15 Minuten oder 1 Stunde dauern könnte, bis es los gehen würde, die Uhr zeigt mir knapp halb 3.
Einchecken beginnt offiziell erst um 16 Uhr, wir hätten also noch etwas Zeit.
Ich kehre zum Wohni zurück und berichte Anja von meiner ersten Begegnung mit DFDS.
Sie schmunzelt, geht dann nach hinten die wichtigsten Sachen für uns zusammen packen, die wir auf dem Schiff benötigen.
Ich rechne mit einer Wartezeit von bestimmt 1 Stunde und switche den Kühlschrank um auf Gasbetrieb.
Vielleicht bekommen wir die Flasche ja doch noch leer…
Im Handzettel von DFDS steht drin, dass man alle Gasflaschen beim Deckoffizier abgeben muss.
Na das wird bestimmt ein tolles Durcheinander am nächsten Morgen, bis alle wieder ihre Flaschen wieder gefunden haben und vom Schiff runter können.
Vielleicht stehen Wohnmobile deshalb meist in einem abgetrennten Bereich, weit weg von den schnell ausfahrenden PKW oder den immer hastig umher fahrenden LKW.
Wohnmobile kommen grundsätzlich als letzter von Bord.
Das ist leider so. Vielleicht regen wir uns einfach nicht genug auf, immerhin haben wir ja Zeit, so meinen wohl die anderen.
Ich hasse das. Hat mich auf der Reise zum Nordkapp 2006 gestört, hat mich auf der Fahrt von Fanö zurück zum Festland gestört.
Wohnmobile immer als letzte, super!
Im Gedanken an meine alte Hassliebe auf Fähren versunken geht es urplötzlich los.
Zum Check-In gesellt sich eine weitere Angestellte von DFDS, dann beginnt die Abfertigung.
Es ist kurz vor 3.
Die ersten Wagen vor mir sind recht schnell abgefertigt, dann sind wir dran.
Der nette Herr von eben checkt mein Nummernschild, überprüft die Pässe.
Wir bekommen von der Dame 3 Karten ausgehändigt, 2 scheinen die Bordkarten zu sein (weil unser Name drauf steht), die dritte ist für das Wohnmobil (logisch, denn dort steht das Kennzeichen drauf).
Nach diesem ersten Check-In fahren wir in unsere Reihe, wo bereits der Land Rover von vorhin und der blaue Sprinter wartet.
Rechts und links davon stehen Autos.
Hier heißt es nun erst mal warten, bis zur offiziellen Eincheckzeit sind es ja noch etwa 45 Minuten.
Endlich beginnt die Abfertigung… Wir bekommen unsere Tickets, hurra!
Nächste Reihe: Wieder warten Wir schauen derweil mal im Hafenbesucherzentrum rein
Wir entscheiden uns für einen kleinen Besuch im „Welcome-Center“ des Hafens, hier ist allerdings nichts los.
Wir überlegen, ob wir unsere letzten 30 Pfund umtauschen oder davon etwas kaufen sollen.
Die Wartehalle, die mich ein wenig an einen Flughafen erinnert, bietet eine Geldwechselstube und einen kleinen Imbiss, sowie einen Kiosk.
Während ich die Waschräume aufsuche, schaut Anja mal, ob sich hier etwas lohnt.
Allerdings sind die Preise für Essen oder Verpflegung sehr hoch und so recht umtauschen wollen wir unser Geld auch nicht.
Nachdem wir uns noch ein wenig umgeschaut haben, entscheiden wir uns zurück zum Wohnmobil zu gehen. Anja packt noch ein paar Sachen zusammen, ich setze mich mal in die große Sitzgruppe und schreibe ein wenig am Reisebericht.
Neben uns stehen Autos, in einem Peugeot sitzen eingepfercht 4 Personen und schauen neidisch zu uns hoch, hehe….
Sie halten ihre 2,50 Pfund Kaffeebecher aus der Kaffeebar des Wartesaales in der Hand und quetschen sich in ihrem Fahrzeug in die Sitzreihen und dabei ist das eine Großraumlimousine.
Ja, so ein Wohnmobil ist schon toll, ich hole mir noch eine kalte Cola aus dem Kühlschrank und öffne diese.
Dann nehme ich einen tiefen Zug und gucke dabei aus den Augenwinkeln, wie mich aus dem Passat 4 Augenpaare anstarren.
Geil! Ich liebe unser Wohnmobil und seine autarke Bordversorgung…
Drinnen ist nicht viel los, ein paar Shops an der Seite,… …aber hauptsächlich Warteraum für Fussvolk und Buspassagiere
Fast wie am Flughafen… Die Schlange wird länger, endlich auch ein paar andere Womos
Es kommt eine Durchsage, dass die Fahrer bitte zu ihren Fahrzeugen zurück gehen sollen, in 15 Minuten würde das Boarding beginnen.
Also pünktlich, na bestens.
Ganz vorne machen sich ein paar Einweiser startklar und ganz überraschend wird unsere Wartereihe als erste aufgerufen.
Anja freut sich, doch ich bin der Meinung, dass das nichts gutes bedeuten kann, soviel ist schon mal klar.
Es geht zum nächsten Check-Point, ich reihe mich wieder hinter den Rover und den Sprinter ein.
Kaum stehen wir, wird neben uns die nächste Reihe aufgemacht und ein schnittiger Hymer zieht an uns vorbei in die neue Reihe. Bis eben hat der noch hinter uns gestanden…
Na Bravo, also auch noch letzter in der Wohnmobilreihe.
Der Rover vor uns wird abgefertigt, dann ist der Sprinter dran, neben uns ist der Hymer fertig, ein Pick-Up mit Wohnkabine fährt hinter dem abfahrenden Hymer in der Nachbarreihe vor.
Dann rollen wir vor zur Zollabfertigung
Villabajo und Villariba eben, nur mit dem Unterschied, dass wir diesmal in Villabajo stehen.
Manchmal verliert man, manchmal gewinnen die anderen…
Ich würge schnell noch mein Sandwich rein, weil ich auf dem Zettel lese, dass auch Sandwiches verboten sind und weg werfen will ich es auf keinen Fall. Der Sprinter vor uns hat eine Tüte vom Tesco entsorgen müssen. Wir konnten leider nicht sehen, was drin war.
Der Pick- Up in der Nachbarreihe zieht vor, ist doch tatsächlich schon abgefertigt, es fährt ein Dethleffs in die Nachbarreihe.
Endlich ist der Sprinter fertig, wir sind dran.
Ein netter älterer Herr von DFDS begrüßt uns, nimmt die Tickets an sich, reicht diese einem Kollegen, während ich mir den letzten Rest meines Sandwichs in die Backen schiebe.
Der nette Herr fragt uns gleich nach Lebensmitteln, ich deute auf die leere Sandwichpackung und erkläre mit kauendem Mund, dass ich gerade die letzten Lebensmittel vertilgt hätte. Er findet das sehr löblich, möchte aber trotzdem einen Blick in das Fahrzeuginnere werfen.
War ja klar.
Ich öffne ihm die Außentür, er steigt ins Fahrzeug und schaut sich um.
Anja entsorgt derweil in der bereit gestellten Abfalltonne die Reste unserer dem Ausreiseverbot unterliegenden Lebensmittel.
Er sagt, dass er überprüfen müsse, dass kein Schwarzfahrer an Bord sei und er den Waschraum sehen wolle.
Ich öffne ihm die kleine Tür zu unserer Nasszelle und er steckt die Nase rein.
„Lovely“ entfährt es ihm, wobei ich allerdings den Eindruck habe, dass er das zu jedem während des Blickes in den Waschraum sagt, nur um die Anspannung zu nehmen, dass plötzlich ein Fremder in das Innere der eigenen Wohnung schauen möchte.
Dann wirft er noch einen Blick hinter den zugezogenen Vorhang des Alkoven und entgegnet erneut ein beinahe schwules: „Very Lovely!“
Er verlässt das Wohnmobil bittet um Entschuldigung, dass er diese Untersuchung durchführen musste, aber besonders in den Waschräumen seien des Öfteren Personen vorgefunden worden.
Mit fällt sofort der Kleiderschrank für leichte und kleine Pygmäen oder die Hohlräume unter den Sitzbänken für chinesische Zirkusartisten als mögliche Verstecke ein, vielleicht liegen meine Karrierechancen unvermutet im Menschenhandel…
Er entschuldigt sich nochmals höflich, reicht uns die Tickets zurück, wir dürfen weiter fahren.
Der Dethleffs neben uns ist natürlich vor uns fertig, keine Ahnung, wie die das geschafft haben, die Reihe ist zwischenzeitlich mit Autos gefüllt, wir waren mal die ersten, sind aber nun das letzte Wohnmobil.
Kann man nichts dran machen, wie schon gesagt, manchmal verliert man, manchmal gewinnen eben die anderen.
Dann gehts rüber zur Fähre Wir sind das letzte Wohnmobil hinter dem Dethleffs
Wir reihen uns hinter den Dethleffs ein und werden von einem Deckoffizier mit einem Streifen auf der Schulterklappe rechts in das Schiff gewunken.
Ein paar Hanseln in Warnweste, jedoch ohne Schulterklappe übernehmen dann im Schiffsbauch die wilde und unkoordinierte Winkerei.
Ich muss mich zusammen reißen, dass ich nicht laut loslache, weil der rechte nach links zeigt und der linke nach rechts.
Wir fahren nun im rechten Teil des Schiffes auf der linken Seite und reihen uns zunächst hinter den Dethleffs ein.
Vor den Wohnmobilen stehen die LKW, die offenbar separat als aller erstes abgefertigt wurden.
Jetzt geht es in den Schiffsbauch
Ich habe gerade den Motor gerade ausgeschaltet, da kommt einer der Warnjackenjungs auf mich zu und meint, dass es ihm zwar sehr leid täte, aber wir hier dann wohl doch nicht stehen bleiben dürfen
Ich solle komplett zurück setzen, an der Einfahrt würde man mir einen neuen Platz zuweisen.
Häh?
Höre ich recht?
Zurücksetzen? Auf einer Fähre, ohne Einweiser und Rückfahrkamera, nachdem wir bereits die Hälfte des Schiffes an Wegstrecke im Schiffsbauch zurückgelegt haben?
Der Typ meint es wirklich ernst und verfinstert seine Miene.
Erinnerungen an meine Rückfahrbeule werden wach.
Anja möchte aussteigen, doch ich sage ihr, sie solle sitzen bleiben und lieber den rechten Außenspiegel beobachten.
Zum Glück ist nach uns keiner rein gefahren. Auch die in das Schiff strahlende Sonne vom Heck des Schiffes ermöglichen uns die Rückwärtsfahrt. Wir müssen ja nur ins Licht fahren…
Wir umfahren souverän ein mobiles Gitter und kommen am Eingang wieder zum Stehen.
Der Deckoffizier mit der Schulterklappe kommt auf uns zu und entschuldigt sich erneut für die „Inconveniences“ und bittet uns einen Moment zu warten.
Zu unserer großen Überraschung wird vor uns die Klappe zur Etage, wo wir eben noch standen, nach oben gefahren und ein weiterer Laderaum wird durch die hoch fahrende Rampe preis gegeben.
Dort stehen ebenfalls LKW und noch keine Wohnmobile, die linke Spur ist komplett frei, ein Mann in Warnjacke winkt uns vor.
Der Offizier entschuldigt sich erneut und meint, dass wir als Entschädigung dafür morgen früh wenigstens die ersten wären, die das Schiff verlassen würden.
Häh zum zweiten!
Als erste?
Richtig gehört?
Das habe ich beim Universum doch gar nicht bestellt.
Erfüllt das Universum nun neuerdings auch unausgesprochene Wünsche?
Die blaue Klappe wird hochgefahren… und gibt einen neuen (recht staubigen) Ladeplatz frei
Der Hansel mit der Warnjacke winkt heftiger und ich fahre ruckartig mit offenem Mund in den unteren Teil der Fähre ganz nach vorne.
Wir werden so dicht an die Wand gewunken, dass an uns morgen keiner vorbei fahren kann.
Allenfalls die Bagger, die links von uns stehen, kommen vor uns von der Fähre runter und halt die Fahrzeuge, die links von der Trennwand stehen. Aber für diese Reihe und das herunter klappbare Parkdeck darüber sind alle von mir abhängig.
Na mal sehen, ob das morgen auch wirklich stimmt.
Wir bekommen von dem Deckmeister ohne Schulterklappe einen enthusiastisch erhobenen Daumen zur Belohnung unserer Einparkkünste gezeigt und erhalten dazu einen Zettel, der unser Parkdeck markiert.
Wir stehen Deck 3, Türe 31.
Wir stehen nun ganz vorne an der Luke Nur die Bagger stehen noch dichter dran…
Mal sehen, ob der „Sascha Hehn- Deckoffizier mit der Schulterklappe“ vom Traumschiff nicht gelogen hat und wir morgen wirklich fix vom Schiff runter kommen…
Wir packen unser Zeug zusammen.
Da war doch noch etwas, ach ja, das Gas!
Der Deckoffizier wollte es nicht haben, hat aber auch nicht danach gefragt, obwohl das ja eigentlich in dem Bordheftchen drin stand, dass man seine Gasflaschen abgeben muss.
Kontrolliert, ob es abgedreht ist, hat auch keiner.
So bleibt es an uns hängen für die Sicherheit dieses Schiffs und der armen Seelen zu garantieren und wir überlegen, was wir nun mit dem Gas machen.
Wenn ich es laufen lasse, habe ich morgen früh eine kalte Cola.
Andererseits was ist schon eine kalte Cola gegenüber unserer Sicherheit und der Sicherheit der Passagiere auf dem Schiff?
Und wie gesagt haben wir nichts im Kühlschrank, was mangels Kühlung umfällt, grün wird, Kinder oder einen Namen bekommt oder sich sein eigenes Universum baut.
Dennoch zögere ich.
Anja fleht mich beinahe an das Gas abzudrehen!
Ich denke kurz nach und lasse meiner Phantasie freien Lauf:
„Ersten unbestätigten Meldungen zufolge muss das Feuer auf Deck 3 im vorderen Teil des Schiffes direkt vor der Ausfahrtluke aufgetreten zu sein.
Nach Auskunft des im Fieber und Delirium sprechenden Deckoffiziers hat dort ein Wohnmobil in Krankenwagenfarbe gestanden.
Ein gewisser Björn S. konnte zwischenzeitlich als Halter des einzigen auf Deck 3 abgestellten Wohnmobils ausgemacht werden.
Wenn sich die Vermutung bewahrheitet, wird Björn S. wohl für den gesamten Schaden aufkommen müssen.“
Oh weia, ob unsere Versicherung das abdeckt?
Sicherheitshalber drehe ich das Gas ab und habe damit eigentlich meine Schuldigkeit getan.
Anja ist erleichtert, belastet uns dann aber gleich mit dem nächsten „Problem“.
Wir haben beide 2 schwere Taschen mit Klamotten zu tragen, dazu noch den Laptop, den ich trage und Anjas persönliche Tasche mit allen Ausweisen und Papieren.
Die Sachen sind schwer und ich frage mich, was denn alles so eingepackt wurde…
Wir bleiben ja keine 3 Wochen auf dem Traumschiff, sondern nur eine Nacht.
Wir suchen zunächst ratlos den Weg vom Cardeck runter.
Eine Nische entpuppt sich als Bordbedienungseinheit, eine weitere als „Crew only“- Zugang.
Wir gehen daher ein kleines Stück dem großen Licht am Ende des Tunnels, will damit sagen der noch immer offen stehenden Heckklappe hinterher und finden endlich seitlich einen Ausgang.
Den roten Knopf muss man übrigens drücken und dann gedrückt halten, sonst geht die Tür gleich wieder aufs neue zu.
Wir stehen auf Deck 3, unsere Bordkarten verraten uns, dass wir unsere Kabinen auf Deck 8 vorfinden.
Na supi, 5 Etagen voll steiler Treppen…
Ich nehme Anja die Taschen ab, man ist ja schliesslich Gentleman.
Und so muss sie nur die Verantwortung tragen, dass wir heil oben ankommen.
Ich sprinte trotz eselartiger Traglasten wie ein junger Siegfried die Treppen hoch.
Wir erreichen Deck 8 und finden tatsächlich ohne irgendwelche Umwege sofort unsere Kabine.
Die Türen öffnen übrigens mit dem aufgedruckten Barcode der Bordkarten, sehr fortschrittlich.
Nachdem wir unsere Kabine betreten haben, sind wir angenehm überrascht.
Kein kleines Bullauge, nein, ein richtiges Fenster haben wir!!
Wir können es zwar nicht aufmachen, aber wenigstens dringt nun richtig viel Tageslicht von draußen herein.
Das ist wirklich viel wert. Nur mit dem Neonlicht einer Innenkabine wäre man wieder nur auf die Uhren angewiesen und im Notfall können wir mit dem Hocker vielleicht auch noch die Scheiben einschlagen.
Auch hat die Kabine entgegen meiner Befürchtungen keine Gruppendusche auf dem Gang.
Wir haben einen eigenen kleinen Waschraum mit Dusche und eigenem WC.
Der Seifen-/Shampoo-/Duschgelspender ist voll gefüllt, Klopapier haben wir 1 und eine halbe Rolle.
Dazu noch 2 Zahnputzbecher und 2 Handtücher.
Das obere Bett ist klappbar, die Liegefläche beträgt geschätzte 80-90cm pro Bett.
Schade, müssen wir eben heute Nacht getrennt schlafen…
Das Zimmer verfügt darüber hinaus noch über besagten Hocker, ein schmales 2er- Sofa, eine Garderobe mit 4 DFDS- Kleiderbügeln, 220V- Stromanschluss, einen Spiegel, die Sicherheitshinweise an der Zimmertüre, 2x einfache Bettwäsche mit dem (mit Sicherheit patentierten) platten Kopfkissen, einem Nachtischchen, einer Sitzecke mit Tisch und wirkt doch tatsächlich sehr gemütlich.
Optisch ist auch alles wunderbar sauber.
Ach ja, einen Deckenlüfter haben wir auch. Dieser steht auf kalt und pustet auch ordentlich kalte Luft in die Kabine.
Um in das klappbare Bett zu gelangen kann man entweder eine Trittstufe unter dem unteren Bett ausfahren oder eine mobile bereit gestellte Leiter benutzen.
Die kleine Stufe unter dem Bett ist auch ideal, dass man seine Füße darauf ablegen kann, wenn man auf dem Sofa sitzt.
Alles in allem fühlen wir uns in der Kabine rundum wohl.
Unser erster Eindruck vom Zimmer und vom zimmereigenen Waschraum
Dann geht es auf Erkundung durch das Schiff.
Aber zunächst wollen wir uns die Ausfahrt des Schiffes ansehen und den Gästen am Kai winken, die der Abreise des Schiffes beiwohnen.
Erinnert mich ein wenig an den Film Titanic, wo auch viele Leute am Kai gestanden und den Schiffsgästen gewunken haben.
Wir erreichen das Heck des Schiffes, auf mehreren Etagen haben sich bereits andere Schiffsgäste eingefunden.
Schade nur, dass niemand am Kai steht und uns winkt.
Dafür kommen aber noch immer Nachzügler auf das Schiff. Wir schauen von oben zu, wie LKW und andere Bagger in das Schiff geladen werden. Ein LKW fällt mir gleich auf, er hat Gefahrgut geladen. Und da haben wir uns Sorgen wegen einer Flasche Gas gemacht, die wahrscheinlich auch noch so gut wie leer ist.
Die letzten Nachzügler (hier ein LKW) trudeln ein Blick auf den DFDS- Kai
Irgendwann schließt sich dann die Rampe, mal sehen, wann es nun los geht.
Plötzlich haut das Schiff ein lautes: „TUUUUUT“ raus und wir legen langsam aber sicher ab.
Es ertönt zusätzlich Musik aus den Lautsprechern.
Die Musik kenne ich, ist auch aus einem Film.
Könnte auch Titanic gewesen sein, sicher bin ich mir jedoch nicht. Ein Orchester spielte am Kai, als das Schiff und Luftschlangen und Konfetti ausläuft.
Und ich glaub die Musik auch aus „Das Boot“ zu kennen. Und zwar, als U 96 aus Le Havre ausläuft, das war bestimmt dich gleiche Musik.
Vielleicht wird die immer gespielt, wenn ein Schiff ausläuft?
Wir stehen noch eine ganz Weile hier auf Deck, schauen bei der Hafenausfahrt zu.
Hierfür wechseln wir ein paar Mal den Standort und switchen sogar zwischen den einzelnen Decks hin und her. Ganz oben steht man schlecht, denn durch den abziehenden Rauch aus dem Schornstein bekommt man einen Großteil der Abgase ab.
Puäh, das stinkt!
Am besten stehen wir schräg im Wind auf einem der unteren Decks.
Im Hafen liegt eine Bohrinsel, die ich bei der Einfahrt in das Schiff schon gesehen habe.
Ist schon beeindruckend, wie die Natur an der Plattform gezerrt hat.
Nebenan wird ein Schiff mit Kohle entladen.
Die Ausfahrt verläuft sonst recht unspektakulär.
Einmal erschrecke ich mich dann doch, weil plötzlich neben uns ein Schiff den Weg kreuzt und in den Hafen einfährt.
Ganz dicht an uns vorbei.
Typ Seelenverkäufer, wo ich nicht mal für den Erhalt von Geld die Überfahrt gebucht hätte.
Die Mannschaft auf Deck ist aber ganz nett, die winken uns wenigstens zu.
Wir winken zurück.
Hurra, wir legen ab! Jetzt können wir die Ausblicke vom Hafen genießen
Polnischer Kohlefrachter bei der Entladung ne alte Bohrinsel
Blick auf Tynemouth Treppe in der Mitte heran gezoomt
Ein moderner Seenotkreuzer fährt in den Hafen ein und ein „Seelenverkäufer“ begegnet uns
Dann passieren wir die Hafeneinfahrt ein letztes (Selbst-)Bild mit dem Rest Englands im Hintergrund
Nachdem wir nun vollends ausgelaufen sind und die Küste allmählich in die Ferne rückt, wollen wir uns endlich im Schiffsinneren umsehen. Die Princess of Scandinavia hat nun merklich Fahrt aufgenommen, die Eigenschwingung des Schiffes nimmt ab, es gleitet beinahe sanft durch die Wellen.
Absolut ruhiger Seegang, das finde ich gut, es soll wohl manchmal auch ziemlich heftig zugehen, habe ich zumindest gelesen.
Das Schiff ist doch recht groß und wir haben zunächst Mühe uns zu orientieren.
Doch nach einiger Zeit hat man es dann doch recht schnell drauf.
Das Schiff ist zwar lang, aber nicht so breit, wie man normalerweise denkt.
Mehrere schöne Schiffsmodelle und ein paar nautische Geräte finden sich in diversen Vitrinen
Im Schiffsinneren haben wir mehrere Restaurants, Bars und Shops, einen Kinderbereich, einen Empfang mit Wechselstube und zu meiner Freude ein paar übergroße Schiffsmodelle in Schaukästen. Dazu hängen ein paar Bilder an der Wand, die das Leben auf und in Schiffen von im 20 Jahrhundert zeigen.
Man bekommt den Eindruck mit den Bildern an der Wand, dass die Seefahrer von heute wohl doch etwas wehmütig an die Zeiten von früher denken, wo es noch kein Flugzeug gab und die Abreise eines Schiffes noch immer etwas besonderes war.
Ich muss wohl nicht erwähnen, dass am Kai wirklich niemand stand, der uns bei der Abreise gewunken hat.
Na wer sollte es auch tun?
Erstens kann man ja ohne Karte nicht auf den Kai und zweitens fährt hier jeden Tag ein Schiff ab.
Das ist wohl nichts besonderes mehr.
Mit den Shops ist das auch so eine Sache, die Sachen hier sind sauteuer.
Ich verstehe nicht, wie die Leute hier Sachen einkaufen, die sie im heimischen Supermarkt für die Hälfte bekommen würden.
Kommen wir aber zu einer noch viel schlimmeren Sache.
Vom draußen stehen, bekommt man Hunger und wir überlegen, ob wir vielleicht doch etwas hier essen sollen.
Wir haben es beim Buchen des Schiffes eigentlich abgewählt.
20,- € pro Person, dafür freies Büffet im 7 Seas- Restaurant.
Das haben wir uns beim Buchen gespart, für 40,- € kann man vorher super einkaufen und nach der Rückkehr auf dem Festland trotzdem noch einen Snack besorgen und sogar noch Restgeld in der Kasse übrig behalten.
Wir haben allerdings die ursprünglich für hier gedachten Sandwiches leider schon am Check-In verspeist, die fehlen uns jetzt.
Alles, was wir nun noch an Nahrung dabei haben ist eine Dose Cola, Trinkpäckchen, ein paar Flaschen Wasser, eine Dose Pringels, 2 Päckchen Zitronenwaffeln, Kaffeepulver und ein Päckchen Wootsies.
Die Aussicht auf ein Abendessen Waffeln mit Pringles lässt einen nun mal nach Alternativen gucken.
Wir fragen am 7- Seas Restaurant, werden aber derb enttäuscht.
Das Abendessen ohne vorherige Reservierung kostet pro Person (Achtung, Festhalten!): 29,50 €.
Wahnsinn! Die wollen wirklich knapp 30,- € für ein Abendessen und das pro Person!
So viel kann ich gar nicht futtern, was ich an Geld dafür ausgebe.
Wir wollen uns noch ein wenig weiter umschauen, vielleicht finden wir ja noch etwas anders?
Die einzige Möglichkeit etwas günstigeres zu Essen zu bekommen, wenn es keine Süssigkeiten aus dem Bordshop sein sollen ist das „Bake/n Go Caffee“, dass Kuchen und Sandwiches serviert.
Der einfache Burger mit 2 Blätter Salat kostet 14,50 €.
Ich gucke neidisch bei einem Gast auf den Teller, der Burger ist etwa 1/3 kleiner, als der im Little Chef, den wir noch gestern Abend verspeist haben.
Und wissen sie was, dem Käufer schien die Größe des Burgers im Anbetracht des finanziellen Gegenwertes rein gar nichts ausgemacht zu haben.
Man spielt vielleicht auch ein wenig mit den Versorgungsängsten der Leute?
Ich meine, wenn ich heute in die Stadt gehe, dann habe ich tausend Möglichkeiten mir dank langer Ladenöffnungszeiten und reichhaltigem Angebot etwas zu Essen auszusuchen.
Da gibt es keinen künstlichen Engpass, wie zum Beispiel auf einem Schiff oder in einem Flugzeug.
Hier auf dem Schiff habe ich keine Alternative und das für einen sehr langen Zeitraum.
Ich muss das nehmen, was mir geboten wird und nehme ich das nicht, dann kann ich keine Alternative auswählen.
Vielleicht werden hier auch ein Stück weit die Urängste der Menschen berührt im „Hungerfall“ nichts zu essen zur Verfügung zu haben?
OK, reine Spekulation, aber das kommt in meinem Kopf dabei raus, wenn ich über die Situation nachdenke.
Wie sonst kann ich es mir erklären, dann Leute freudestrahlend einen einfachen und kleinen Burger entgegen nehmen, für den sie gerade 15,- € bezahlt haben?
Das würde doch bei einer Auswahl von Alternativen ohne eine gewisse Abhängigkeit keiner machen, oder?
Den inneren Schweinehund, die kleine Stimme, die sagt: „Iss was, kauf dir was, vielleicht gibt es später nichts mehr und wenn du dann Hunger hast?“ die muss man nun mit aller mentaler Macht ignorieren oder ihr mit guten Argumenten entgegen wirken!
Und das fällt schwer in Anbetracht der vielen Menschen, die so glücklich scheinen, weil sie hier etwas zu Essen bekommen haben.
Stichwort Herdentrieb und Hamsterkauf: Alle machen es, dann muss es ja richtig sein…
Anja erkennt meinen inneren Konflikt und bietet mir an das Abendessen für uns zu bezahlen. Sie will mich quasi einladen und mich aus der Abwärtspirale der Ablehnung und des daraus steigernden Hungers befreien.
Aber ich lehne ab und hole sie statt dessen wieder zu mir auf den Boden der Tatsachen.
15,- € !!!! Für ein Abendessen !!!
Niemals!
Wir versprechen uns gegenseitig gleich morgen früh nach der Ausfahrt vom Schiff an der erstbesten Möglichkeit etwas zu Essen.
Das hilft! Warum?
Na, weil man sich drauf freuen kann und so seinen Urinstinkten mitteilt, dass man sich „um das Problem kümmert“.
Ist halt blöd gelaufen, dass wir nichts essbares mit auf das Schiff nehmen durften.
Und es ist blöd, dass wir dem nachgegeben haben, denn die Kontrollen, die gemacht wurden, waren ja nur für blinde Passagiere, aber keineswegs in alle Schränke und Kisten, dort hätten wir schon unsere zur Zollkontrolle runter gewürgten Sandwiches verstecken können und hätten nun ein tolles Abendessen.
Blöd gelaufen, beim nächsten Mal sind wir schlauer…
Zurück in der Kabine esse ich so ziemlich alle Vorräte, die wir mitgebracht haben.
Eine Tüte Waffeln, eine kleine Tüte Wootsies (Erdnussflipps), eine Packung Zitronenkekse und eine halbe Dose Pringels, die eigentlich von Anja waren.
Alles kreuz und quer durcheinander, nur um vom „Mangelgefühl“ weg zu kommen.
Was tun? TV haben wir keins, Hörbuch können wir auch nicht hören. Was zu lesen haben wir nicht mit und so bleibt mir nur ein wenig am Reisebericht zu tippen. Hätten wir uns mal eine DVD mitgenommen, dann könnten wir die jetzt schön am Laptop gucken.
Titanic zum Beispiel wäre gut gewesen und hätte zur Schiffsatmosphäre gepasst.
Aber nützt ja nichts, wir haben keinen Film.
Zum Schlafen gehen ist es auch noch zu früh, da würden wir uns nur im Bett wälzen, also was tun?
Wir gehen nochmals nach draußen, vielleicht haben wir vorhin ja irgendwas übersehen?
Spontan fällt mir ein Spruch (so oder so ähnlich) aus einem alten Heinz-Sielmann Tierfilm ein: „Hungrig auf der Suche nach Nahrung streift das Männchen durch die Wälder…“, das trifft es nämlich so ungefähr…
Aber da sich auch bei unserer zweiten Runde nichts anständiges auftreiben lässt (beinahe kaufe ich Schokolade im Shop, nur um überhaupt auch irgendwas gekauft zu haben…), gehen wir lieber nochmal kurz nach draußen an die frische Luft.
Es ist mittlerweile stockfinster geworden, man kann vielleicht 25-30 Meter weit sehen, dann ist es sofort total dunkel.
Beunruhigend, beinahe beängstigend, das aufgeschäumte Wasser hinter uns sorgt durch sein Rauschen zusätzlich für eine ungewohnte und beklemmende Atmosphäre.
Wenn man nun über Bord fallen würde, ich glaube niemand würde einen je finden.
Es ist kalt geworden und windig, die offene See ist rau.
Ich bin dennoch froh, dass es nicht stürmt. Trotz „Gebrause“ um uns herum ist die See eigentlich ganz ruhig.
Lange bleiben wir nicht draußen, nur ein paar Minuten für frische Luft (das Fenster können wir ja in der Kabine nicht auf machen), dann gehen wir wieder in unser Zimmer.
Wir schauen nochmal nach draußen… nur ein paar Meter zu gucken, dann wird es schon stockfinster
Meine Denkmaschine hat zwischenzeitlich einen neuen Gedanken ausgequetscht: LKW- Fahrer!
Ich meine LKW- Fahrer müssen ja auch was essen.
Und die dürften sich ja eigentlich auch nichts mitbringen.
Mit uns zusammen eingecheckt haben die auch nicht, also wo stecken die nur?
Vielleicht gibt es ein eigenes nicht auf den Informationstafeln verzeichnetes Deck nur für die LKW- Fahrer?
Mit einer Kantine, die den „Fernfahrerteller“ für 9,90 € anbietet?
Der Gedanke lässt mich nicht los und so ziehe ich mich tatsächlich nochmals komplett an und gehe auf Erkundungstour.
Anja hält mich zwar für bekloppt, aber ich muss Gewissheit haben.
So streife ich bewusst gegen die Beschilderung durch die Gänge auf der Suche nach einem Zugang zum „LKW-VIP-Bereich“. Dabei orientiere ich mich nach und nach Deck für Deck tiefer, bis ich irgendwann fast vor dem Kino im Rumpf des Schiffes stehe.
Offenbar gibt es kein „LKW- Fahrer-Deck“, oder ich bin zu dämlich es zu finden . Schade.
Aber ganz will ich die Suche noch nicht aufgeben und gehe zum Bug des Schiffes, von meinem Orientierungssinn her müsste ich nun 2 oder 3 Decks über unserem Wohnmobil stehen.
Dann gehe ich mir unbekannte Treppen wieder rauf.
Für den Hobbynavigator finde ich etwas versteckt im vorderen Teil des Schiffes auf Deck 7 eine kleine nachgebaute Brücke mit Aussicht auf den Bug des Schiffes.
Kinder können hier Kapitän spielen, nautisch Versierte oder technisch Interessierte können hier auf einem Breitbandfernseher den Kurs des Schiffes verfolgen.
Zusätzlich steht ein authentisches Navigationssystem zur Verfügung.
Dort kann man sich die Koordinaten im WGS 84- Format anzeigen lassen.
Auch ein kostenloses Fernglas findet sich dort, wie man es manchmal mit Münzen an Aussichtspunkten benutzen kann.
Der gefunde Bereich ist wenigstens ein kleiner Trost für mich. Von hier aus haben wir bestimmt morgen eine viel bessere Aussicht, als auf dem hinteren Promenadendeck.
Aber Hinweise auf meine Theorie, dass die Fernfahrer vielleicht unter sich sind und irgendwo einen eigenen Bereich zu Ihrer Verfügung haben und das Essen dort sehr viel günstiger ist, hat sich leider nicht bestätigen lassen.
Schade.
Es bleibt dabei, wir sparen uns das Essen hier an Bord, auch wenn es weh tut und der Verstand ganz schön Überzeugungsarbeit gegenüber dem Instinkt leisten muss.
Gegen 21 Uhr deutsche Zeit (wir stellen ab sofort auf die Bordzeit und damit auf unsere Heimzeit um) bereiten wir allmählich alles für unsere Nachtruhe vor.
Wir klappen das obere Bett herunter wo Anja pennen mag.
Dann machen wir alle Lichter aus und lauschen zunächst dem gleichmässigen Brummen der Schiffsdiesel.
Ein ganz klein wenig kann man seitliche Schiffsbewegungen spüren, fast wie in einer Wiege.
Gegen 21:30 kehrt in unserer Nachbarkabine plötzlich Leben ein.
Es sind ebenfalls Deutsche, die offenbar noch nicht kapiert haben, dass die Wände hier sehr dünn sind.
Schlimmer, wie im Hotel in Griechenland.
Klar, alles Leichtbauweise, verstehe ich ja auch ein Stück weit, dass man hier keine richtigen Mauern einziehen kann.
Aber wenn die Bande nachher sturzbesoffen in die Kabinen zurück kehrt und meinen die Nacht zum Tag machen zu müssen, dann mache ich denen aber Licht ans Rad…
Na vielleicht haben wir auch Glück, betrunkene Briten wären wohl schlimmer…
Gegen 22 Uhr meldet sich Anja nochmal aus dem oberen Bett. Sie ist etwas angesäuert, dass der Ventilator sich zwar abdrehen aber nicht komplett ausstellen lässt. Ein wenig dreht er sich noch immer und sorgt so für eine Art Zwangsbelüftung.
Naja, sie wird es schon aushalten, aber was soll ich sagen, ich liege ja auch noch wach.
So ungewohnt ist das alleine Schlafen in einem fremden Bett mit ungewohnten Geräuschen und Bewegungen.
Zitat des Tages (Anja zu mir beim Packen im Hafen von Newcastle):
„Ich weiß ja nicht, welche Schuhe ich auf dem Schiff anziehen soll, also nehme ich einfach alle mit!“
KM- Stand bei Abfahrt: 178.308
KM- Stand bei Ankunft: 178.386
gefahrene Kilometer: 78