Schon auf dem frühmorgendlichen Weg zur Arbeit berichtet der Verkehrsexperte des Radio- Senders WDR 2 davon, dass er heute Nachmittag einen besonders stauträchtigen Tag erwartet. Blöder Experte! Wahrscheinlich will er an diesem Feiertagswochenende nachher selber an die Küste fahren und erhofft sich durch gezielte Falschinformationen eine freie Autobahn… Aber es kommt noch schlimmer: Insbesondere der Weg aus dem Rheinland in den Norden soll rund um das Kamener Kreuz, bei Wuppertal, auf dem Kölner Ring und um Oberhausen gefährdet sein.
Na toll!
Das wäre in etwa genau die Richtung, die wir uns für heute ausgesucht haben und auf der wir mit unserem Wohnmobil ans Meer fahren wollen! Das kann ja was werden…

Eine frühe Abfahrt am heutigen Tage wäre sicherlich hilfreich, damit man möglichst noch vor dem Berufsverkehr das Ruhrgebiet passieren könnte.
Leider ist uns eine frühe Abreise heute nicht vergönnt, denn aus verschiedenen Gründen werden wir (anders, als bei früheren Reisen) nach der Arbeit erst nach Hause kommen und von zuhause aus starten.
Zum einen haben wir es gestern nicht so richtig geschafft schon alles ins Wohnmobil einzuladen und müssen heute Nachmittag noch unsere Anziehsachen und ein paar Lebensmittel einladen.
Dann möchten wir den Katzen noch ein ordentliches Abendessen servieren (Minki und Dori kommen auf diese Reise nicht mit, wir haben offensichtlich wirklich keine Maus im Wohnmobil ;) und uns von den beiden Fellnasen noch verabschieden.
Und zu guter Letzt müsste ich, damit wir gleich nach der Arbeit aus starten könnten, mit dem Wohnmobil zur Arbeit fahren.
Was 2007 (zum Beispiel unser Kurztrip nach Zeeland in den Niederlanden) auch problemlos geklappt hat, ist heute leider nicht mehr so einfach.
Mein Arbeitsplatz liegt inmitten der Kölner Umweltzone, leider hat unser altes Wohnmobil keine Feinstaubplakette

Und so können wir erst gegen 16 Uhr nach der Arbeit mit den Vorbereitungen beginnen und die letzten Dinge in unser Wohnmobil einladen.
Auch die reparierte Markise packen wir ein. Ich bin gespannt, ob unsere Reparatur erfolgreich war und wir auf dem Campingplatz wieder die Markise einziehen können.

Wir laden nur noch flugs die Fahrräder auf den Fahrradträger und laden Klamotten und ein paar Notvorräte ein.
Einkaufen wollen wir dann wieder am Urlaubsort.

         
Wohni in der Einfahrt                                                          Jetzt nur noch fix die Räder verladen

Aus „flugs“ werden dann aber doch 2 Stunden und erst gegen 18 Uhr kommen wir von zuhause los.
So spät aufzubrechen ist eigentlich nicht das Ideale.
Schon mein Vater sagte immer: „Immer in den Tag hinein fahren, nie aus dem Tag heraus.“
Und wenn ich so auf das Display unseres Navigationsystems schaue und dort eine Verkehrsmeldung nach der anderen via TMC eintrudelt, dann werden die 400 km nach Norden auch um diese Uhrzeit noch eine richtige Herausforderung.
Insgesamt fast 100 km werden uns auf unserer Route angezeigt und die Staus sind so immens (besonders auf der A 1), dass wir mit der manuellen Umfahrung der Verkehrsbehinderungen wohl ebenfalls kaum vorwärts kommen dürften.

Die Ankunftszeit wird von 23:30 Uhr auf Mitternacht und schließlich auf 1 Uhr korrigiert, das kann es ja nicht sein!
Einzige Chance: Die A 1 mindestens bis Münster großräumig umfahren und die Staus bei Wuppertal, Remscheid, Hagen und am Kamener Kreuz zu umgehen.
Wir erteilen also unserem Navi den Auftrag die optimalste Route ohne Verzögerung von hier in Richtung Cuxhaven zu wählen und ändern ferner die Einstellung, dass wir vor jeder Verkehrsstörung nicht mehr manuell gefragt werden wollen, ob wir die Route ändern wollen, sondern „Gerd“ einfach selber die Route bestimmen soll.
So begeben wir uns ganz in die Hand unseres elektronischen Navigators und fahren gegen kurz nach 6 von zuhause los.

Der erste Teil der Fahrt verläuft wirklich problemlos.
Der Kanzler (unsere Stimme im Navi, eben unser Gerd) leitet uns nur bis Köln auf der A 4 / A 1 und führt uns dann über die A 57 nach Norden.
Dort fahren wir südlich an Neuss vorbei und kurz darauf habe ich auch schon die Orientierung ein wenig verloren (das passiert, wenn man sich nur auf das Navi verlässt!). Aber schlimm ist das nicht, denn bis jetzt hatten wir noch keinen einzigen Stau!
Irgendwann sind wir dann auf dem Ruhrschnellweg unterwegs, als mein Magen zu knurren beginnt.
Aber jetzt wird nicht geschwächelt!

         
Irgendwo unterwegs im Nirgendwo, aber es geht vorwärts   Das ist dann wohl mein vorläufiges Abendessen 😮

In Höhe Essen oder Bochum (keine Ahnung, wo genau, sieht alles gleich aus…) fahren wir zum ersten Mal von der Autobahn ab und fahren ein kurzes Stück auf der Landstraße bzw. durch die Stadt entlang.
Viel hat das mit dem Abfahren von der Autobahn allerdings nicht gebracht, denn auch hier auf der Hauptstraße staut sich der Verkehr, was das Navi nicht gewusst hat.
Aber egal, Hauptsache weiter aufs Ziel zu!
Das einzige Problem an der Umgehungsstraße besteht allerdings darin, dass wir uns nun durch die Vororte kämpfen müssen und an der Hauptstraße eine Dönerbude an die andere gereiht steht.
Ein Glück, dass ich mir zu geizig bin anzuhalten und einen Döner zu holen.
Nicht wegen dem Geld, aber wegen der Tatsache, dass wir dann weiter hinten im Stau stehen würden…

Wenig später sind wir wieder auf der Autobahn unterwegs.
Kurz vor Greven fahren wir dann nochmals ein Stück Landstraße, danach aber scheinen wir alle Staus rund um das Ruhrgebiet passiert zu haben, denn das Navi meldet nun freie Fahrt voraus für die nächsten Hundert Kilometer.
Also man muss schon sagen, da sind sich Anja und ich einig, dass diese automatische Umfahrfunktion des Navis eigentlich ganz gut funktioniert hat.
Nur ein kurzer Stau wegen einer Baustelle auf der Landstraße, ansonsten haben wir bis jetzt freie Fahrt gehabt.

Gegen 9 ist mein Hunger zu groß und auch eine kleine Pause zum Pinkeln wäre mal angebracht.
Auch schmerzt mein rechtes Knie vom Gasgeben und wir entscheiden uns daher an einem Autohof in Ladbergen mal von der Autobahn 1 abzufahren.
Zuerst schauen wir in einem kleinen Imbiss auf die Speisenkarte und auch, wenn Anja sich schon für einen Spargelteller erwärmen könnte, würde das Einkehren einfach zu viel Zeit in Anspruch nehmen.
Daher entscheiden wir uns, dass es nur einen Kleinigkeit von der gegenüberliegenden Tankstelle gibt.

    
Futterstop am Autohof Ladbergen (an der Aral, nicht am McDonalds… 😉

Danach geht es gleich wieder auf die Autobahn und wir fahren mit voller Fahrt voraus auf die Nordseeküste zu.

Gegen 22 Uhr ist klar, dass wir das Rennen gegen die Zeit verloren haben.
4 Stunden von Kerpen nach Cuxhaven sind schon mit dem PKW unrealistisch.
4 Stunden von Kerpen nach Cuxhaven vor einem Feiertag und einem Brückenwochenende sind unmöglich
4 Stunden von Kerpen nach Cuxhaven vor einem Feiertag mit Brückenwochenende und einem Wohnmobil, welches maximal 100 km/h schnell fährt, ist reine Idiotie…

Wir hatten uns zuerst überlegt, dass wir bis nach Dorumer-Neufeld fahren und dort auf den Azur- Campingplatz auffahren. Dieser akzeptiert die ACSI- Karte.
Wir hätten dann dort das ganze Wochenende gestanden und die Gegend mit dem Fahrrad erkundet.
Aber nun ist klar, dass wir es keinesfalls mehr auf den Platz schaffen.
Selbst, wenn wir um 23 Uhr noch auf den Platz fahren dürften (was ich mal stark bezweifele), ist um 0 Uhr (das ist die neue geschätzte Ankunftszeit) mit Sicherheit keiner mehr da.
Und auch, wenn die Nacht nur 15 Euro kostet, so ist dies doch rausgeworfenes Geld.

Wir entscheiden uns daher für eine Alternative für die Nacht.
Klar ist, dass wir auf jeden Fall noch heute Abend in der Zielregion ankommen wollen.
So können wir morgen früh gleich am Urlaubsort in den Tag starten und müssen nicht noch 100 Kilometer Anreise abspulen oder so was.
Aber wo schlafen?
Glücklicherweise hatten wir mehr oder weniger zufällig vor unserer Reise im Wohnmobilforum die dortige kostenlose Stellplatzdatenbank durchforstet.
Dabei war mir ein Stellplatz aufgefallen, der innerhalb unserer Zielregion recht nah bei der Autobahn liegen soll und der darüber hinaus auch noch kostenlos ist!
Zwar gibt es dort keinen Strom oder eine V/E- Einrichtung, aber wir brauchen ja auch für eine Nacht keinen Strom, da wir nur noch ankommen, das Licht ausknipsen und hundemüde ins Bett fallen werden.
Schon jetzt machen sich bei Anja erste Ermüdungserscheinungen bemerkbar, sie fängt zur Musik aus dem Radio laut an mitzusingen…

Glücklicherweise fahren wir nicht mehr allzu lang auf der Autobahn entlang.
Das Navi ist so nett uns noch ein paar Kilometer zu sparen und führt uns noch vor Bremen von der Autobahn ab.
Wir fahren kurz auf der A 29 und passieren Oldenburg, bis es am Oldenburger Nordkreuz von der Autobahn herunter geht.
Ab jetzt fahren wir nur noch über die Landstraße.

Gegen 23 Uhr ist bei Brake allerdings Schluss.
An einer Kreuzung sehen wir schon von weitem die roten Rücklichter mehrerer Autos durch die leicht neblige Nacht leuchten, als wir näher kommen mischt sich auch Blaulicht dazu.
Was mag da los sein? Ein Unfall vielleicht?
Links von uns leuchtet eine ganze Batterie gelber Lichter auf, als wäre dort eine Landebahn für den neuen Airbus A 380 ausgeleuchtet.
Als wir hinter dem letzten vor uns fahrenden Fahrzeug zum Stehen kommen sehen wir die ganze Bescherung.
Das ist kein Unfall, die Polizei hat die ganze Straße und eine Kreuzung abgesperrt, damit ein Schwertransport durchgeführt werden kann.
Und dieser Schwertransport besteht gleich aus 4 LKW (in Worten vier!), die hier alle auf dieser Kreuzung einmal drehen müssen.
Aaahhh!
Das ist jetzt echt totale Kacke!
Es ist spät, wir sind müde, wir stehen irgendwo im Nirgendwo und bis zu unserem Schlafplatz sind es nur noch etwa 18 Kilometer.
Und wir stecken so kurz vor dem Ziel fest!
Zunächst schauen wir noch der Rangiererei auf der Kreuzung zu, da man aber nur schwer erkennen und erahnen kann, wann es wohl weiter geht, spaziere ich mal durch die feuchte und leicht nebelige Nacht nach vorn und frage die Polizisten im quer zur Fahrbahn stehenden Polizeiauto, wann es denn weiter geht.

         
Mitten in der Nacht bei Brake: Zwangspause 🙁               Die Polizei hat für den Schwertransport alles abgesperrt…

Ich bekomme die Info, dass es gleich weiter gehen würde, die 4 LKW mit Flügelteilen für ein Windkraftwerk allerdings dann vor uns her fahren würden, wenn wir in Richtung Stotel wollten.
Na bestens!
Ich schlendere zurück zum Mobil und beratschlage mich mit Anja, während der letzte der vier LKW die Kreuzung passiert.
Die LKW sind von uns aus gesehen nun links gefahren. Dies wäre die gleiche Straße, die auch unser Navi vorschlägt.
Aber hinter den LKW herfahren?
Nein danke!
Und so programmiere ich dem Navi eine Straßensperre in 500 Meter voraus, was uns daraufhin die Anweisung gibt an der Kreuzung geradeaus zu fahren.
Juchu!
“Macht´s gut ihr Trottel!“ würde Homer Simpson jetzt sagen und ich bin geneigt ihm zuzustimmen.
Fahrt ihr mal alle schön hinter den LKW her, wir fahren eine Abkürzung!

Wir durchqueren Brake und fahren auf einmal mitten durch die Innenstadt und durch das Zentrum, wo sehr viele Menschen die Mainacht feiern.
Aber egal, wir wurtscheln uns schon irgendwie da durch…
Kurz darauf stehen wir wieder an einer Kreuzung und ich wundere mich, warum der Verkehr denn hier so zäh fließt.
Und dann sehe ich sie in der Ferne: Die Schwertransporter!
Ja ist das zu fassen?
So eine RIESEN- SCHEI…
Vorhin an der Ampel waren wir vielleicht dritter oder vierter hinter den LKW, nun sind wir letzter und das Ende des Autokorsos ist nicht abzusehen.
Toll, TOLL, ganz toll! Jetzt bin ich der Trottel…

Zum Glück biegen die LKW kurz darauf in eine Seitenstraße ab.
Zumindest vermute ich das mal, denn in der Ferne verschwinden die gelben Leuchtelichter und auf einen Satz fahren plötzlich alle Fahrzeuge wieder schneller.
Ein wenig voll ist es zwar noch, aber auch das gibt sich wieder.

Trotzdem bleibt es ärgerlich.
Wir haben gute 30 Minuten gebraucht, um diese Hürde zu nehmen.
Den ganzen Tag haben wir es geschafft dem Feiertagsverkehr in Deutschlands größtem Ballungsgebiet aus dem Weg zu gehen.
Und irgendwo in der Wesermarsch, ca. 18 Kilometer vor dem Ziel, werden wir doch noch gestoppt.
Ist das fair frage ich…

Gegen kurz nach halb 12 durchfahren wir den Wesertunnel und verlassen damit die Wesermarsch..
Auf der anderen Seite wartet bereits unsere Urlaubsregion, das Cuxland 🙂
Wenige Minuten später durchfahren wir Stotel.
Der Wohnmobilstellplatz ist auch bei Dunkelheit durch die einfache Beschilderung gut zu finden, auch wenn das Navi eine andere Richtung vorschlägt.

Meine Befürchtungen, dass der Platz höchstwahrscheinlich komplett überfüllt sein dürfte, erweisen sich zum Glück als unbegründet.
Nur ein anderes Wohnmobil hat sich hier eingefunden.
Ohne großes Aufsehen fahren wir auf den Platz und rollen auf eine freie Stellfläche.
Sofort stellen wir den Motor ab, wir wollen ja niemanden wecken.
Wir stehen aber auch ohne Keile oder Rangiererei erstaunlich gerade, sodass wir uns um den Betrieb des Kühlschranks keine Sorgen machen brauchen.
Dieser springt auch sofort auf Gas an, was mich recht freudig stimmt.
Ein kleines Problemchen haben wir dann aber doch.
Das Licht im Aufbau ist total schwach!
Offenbar ist die Bordspannung sogar so gering, dass wir noch nicht einmal fließendes Wasser haben, denn die Pumpe springt auch nicht an.
Was ist das denn für ein Mist?
Wir sind doch den ganzen Tag gefahren, die Batterie müsste doch voll sein bis zum Hals!

Ich bin einfach zu müde um mich darüber zu ärgern oder jetzt sogar noch anzufangen den Fehler zu suchen.
Anstelle mit grollendem Gefühl ins Bett zu gehen machen wir das beste aus der Situation.
Unser Wohnmobil hat zum Glück nicht nur den Hauptwassertank, sondern auch 2 20-Liter Kanister im Badezimmer, die die Küche mit fließend Wasser speisen.
Die Pumpe der Kanister funktioniert zwar auch nicht, aber wenigstens können wir die Schwerkraft nutzen und das Wasser aus dem Kanister einfach über dem Waschbecken bzw. in einen Becher laufen lassen, damit wir uns waschen und die Zähne putzen können.

Danach sichern wir noch alle Türen und Fenster, schalten die Alarmanlage scharf und fallen todmüde ins Bett.
Ich will mich gerade über das weiche Kissen freuen und im Gedanken die möglichen Ursachen der leeren Batterie durchgehen, da bin ich auch schon eingeschlafen.

    
Der Stellplatz in Stotel bei Nacht, alles stockfinster 😮
Das kleine Licht ist der Rest der Innenraumbeleuchtung dank unserer schwächelnden Bordbatterie

Zitat des Tages: (Ich immer zu Anja, wenn uns eins der schicken neueren Wohnmobile auf der Autobahn überholt hat):
„Das ist bestimmt ein Mietmobil!“
„Meinste?“
„Na klar!“

Km- Stand bei Abfahrt: 192.174
Km- Stand bei Ankunft: 192.586
Gefahrene Kilometer: 412

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