Der frühe Vogel fängt den Wurm! Oder in unserem Fall: Den schnellen Wochenend- Trip! Dank Gleitzeit fangen wir unser Tagwerk heute ganz früh an, damit wir schon zur Mittagszeit damit durch sind! Und dann geht es los! Nach Holland! Ganz spontan! Irgendwo in die Ecke von Renesse und dann gucken wir mal, wie es mit unserem Wohnmobil werden wird!
Das ist ein schönes Gefühl, diese Unabhängigkeit! Es fühlt sich gut an und ich glaube, wir machen das richtig…
Morgens um 5 ist die Welt noch in Ordnung, noch ruht der Diesel…
Die Fahrt nach Köln ist schnell absolviert, wir sind schon um kurz nach 5 unterwegs, immerhin muss Anja ihren Zug am Hbf um kurz nach 6 bekommen und ich muss ja auch zur Arbeit.
Die Anreise nach Köln verläuft problemlos und ich setze Anja planmässig am Bahnhof ab, dann mache ich mich auf den Weg zu meiner Arbeitsstätte.
Unterwegs komme ich an der Rheinuferstraße an einer Total- Tankstelle vorbei und da der Tank nicht mehr ganz für die Fahrt nach NL reicht (dort ist der Diesel ja im Gegensatz zum Superbenzin günstiger) überlege ich noch schnell hier vor der Arbeit zu tanken.
Wenn ich nachher um halb 1 frei habe, habe ich 1,5 Stunden um mit dem Wohnmobil die Innenstadt von Duisburg zu erreichen. Wenn ich diese Zeit noch für Tanken verschwenden muss, dann wird es knapp.
Also ab in die Tankbucht Total und den Diesel etwa zu 3/4 voll gemacht.
Das sollte auf jeden Fall reichen.
Vor mir parkt ein kleiner Citroen an der nächsten Zapfsäule, aus dem Wagen steigen 2 junge Leute, der Kofferraum ist prall gefüllt mit Klamotten, Taschen, Schlafsäcken und ich glaub sogar ein Zelt.
Aus dem Wagen dringt laute Musik, Bob Marley erschallt über das gesamte Tankstellengelände.
Der junge Mann mit dem Lockenkopf greift nach der Zapfpistole, das Mädel steigt aus und wippt im Takt der Musik.
Beide sind offenbar sowas von gut gelaunt, die fahren ganz sicher in den Urlaub!
Dann hat das Mädel mich entdeckt und pflaumt ihren Freund an: “Boah guck mal, sowas brauchen wir, nicht diese kleine Gurke“!
Er guckt verlegen auf den Boden.
Ich kann mir das Grinsen nicht verkneifen.
Ja so war ich früher auch mal, habe neidisch den Wohnmobilfahrern hinterher geschaut.
Nun habe ich selbst eins und ein schönes noch dazu.
Ist schon komisch, diese Offenbarung des „Haben-Wollens“ dieses jungen Pärchens hat mir heute den Tag versüßt. Vielleicht sollte ich den beiden anbieten sie heute einfach mitzunehmen. Passt ein Saxo auf den Fahrradträger?
Während ich in Verkaufshäuschen stiefele und mein Geld zähle gehe, kommt mir der dynamische Typ entgegen, seine Frau tanzt derweil weiter vor der Zapfsäule zu Bob Marleys Klängen. Vielleicht hat sie auch was geraucht, oder die Benzinleitung war undicht, ich weiß es nicht.
Ich wünsche den beiden einen schönen Urlaub und bekomme die gleichen Wünsche zurück.
Wenn der wüsste, dass ich mit dem Mobil jetzt erstmal zur Arbeit fahre…
Ja so ist das, wenn man mit dem Wohnmobil unterwegs ist, assoziieren Außenstehende immer, dass man selbst gerade im Urlaub ist.
Das ist doch toll, Ferien auf Rädern, der Neid der Mitmenschen ist einem stets gewiss!
Einen Parkplatz finde ich auch recht schnell in einer Seitenstraße, da unser Wohni ja unter 6 Meter lang ist, haben ich damit noch recht wenig Probleme.
Es muss zwar schon eine größere längs gelegene Lücke sein, aber wenn ich so eine finde, komme ich da mit dem Mobil bis jetzt immer hinein.
Mit dem ausgeklappten und geladenen Fahrradträger muss man etwas aufpassen, aber auch das ist abschätzbar.
Halb eins!
Wie auf die Minute genau habe ich mein heutiges Arbeitspensum getimt, allerdings war ich ja durch den Shuttleservice für meine Frau auch schon 2 Stunden früher als üblich in Köln.
Bin also mit allem rechtzeitig fertig geworden und es kann mit gutem Gewissen ins verdiente Wochenende gestartet werden.
Ich flitze zum Wohnmobil, das unbeschadet auf mich gewartet hat und schon geht es los auf die A 3 in Richtung Norden.
Am Kreuz Köln-Ost ist natürlich ein wenig Stau aber hinter Leverkusen habe ich freie Bahn und lasse gut gelaunt unseren Wohni die Arbeit machen.
Nun bemerke ich zum ersten Mal etwas, was mir vorher am Wohnmobil nicht aufgefallen ist.
Wind!
Der Wind hat entscheidenden Einfluss auf die Fahrweise.
Im Moment scheine ich Rückenwind zu haben, denn als ich mich schon seit mehreren Minuten auf der mittleren Spur befinde und trotz leichter Steigung in Höhe Solingen noch immer LKW überhole, schaue ich mal auf den Tacho und erblicke 120 km/h.
Das ist absolut neuer Rekord!
Ich gehe sofort vom Gas und reihe mich wieder rechts ein.
Zunächst bin ich etwas ratlos, warum auch ohne Vollgasstellung plötzlich eine so hohe Geschwindigkeit erreicht wird.
Da fühle ich eine Windböe von hinten, wie das Wohnmobil gedrückt wird, es pustet aus Richtung Süd-West und damit gut in meine Fahrtrichtung Nord-Ost.
Ich habe zwar gelesen, dass man mit einem Wohnmobil bei Rückenwind Glück oder bei Gegenwind zu kämpfen hat, erlebt habe ich das aber noch nicht.
Beim PKW mit über 100 PS und einer aerodynamischen Form ist der Wind außer bei Orkanböen auf Brücken keine große Sache mehr.
Offenbar ist jedoch mein Wohnmobil mit dem cw- Wert einer Schrankwand mit offenen Türen äußerst anfällig für Wind und Sturm.
Das sollte man auf jeden Fall bedenken, denn nachher geht es Richtung West, das bedeutet, dass wir mindestens mit Seitenwind rechnen müssen.
Da bin ich aber mal gespannt…
Pünktlich ist auch Anja mit allem fertig geworden und so starten wir um kurz nach 2 zu unserer ersten Kurzreise mit dem Wohnmobil.
Anja war in der Mittagspause noch schnell auf dem Markt, hat frischen Aufschnitt für die Bordküche mitgenommen. So sind wir einigermaßen gut gerüstet, ein paar Sachen haben wir ja zusätzlich dauerhaft in den Vorratsschränken.
Die A 40 ist schnell erreicht und so steuern wir schnellen Schrittes den Grenzübergang Venlo an.
Gegen 15 Uhr ist die Grenze bereits passiert (dank der EU geht das hier problemlos), der Wind kommt nach wie vor leicht von schräg hinten, vielleicht hat er gedreht?
Dichte Wolken und Wind: Trübes Wetter für einen Kurztripp
Unterwegs dreht der Wind jedoch auch wieder zurück und plötzlich kommt der Wind schräg von vorne. Das ist ja mal gar nichts fürs Wohnmobil und so geht es teilweise kilometerlang nur im Windschatten eines LKW mit vernünftiger Geschwindigkeit vorwärts.
Nicht auszudenken, wenn hier jetzt neben dem Wind noch eine Steigung hinzu kommen würde.
Es gab auch einen Moment, wo ich mich mal wieder ganz besonders über die LKW Fahrer geärgert habe.
Der Ar*** kann froh sein, dass ich den LKW im entscheidenden Moment nur von hinten und nicht seitlich gesehen habe, sonst würde ich genau hier und jetzt Firmennamen und Anschrift des LKW mal für alle gut sichtbar hin schreiben!
Wir überholten gerade eine Kolonne bestehend aus 4 LKW. Die ersten beiden hatten wir passiert, meine Geschwindigkeit betrug etwa 98km/h, hinter mir waren bereits etwa 5-6 Autos, die geduldig auf das Überholen von mir warten müssen.
Tut mir auch leid, aber die Abstände zwischen den LKW sind einfach zu klein um hier mal eine Überholpause einzulegen.
Während ich mich also in etwa Höhe des vorletzten Hinterreifens des zweiten LKW von vorne befinde blinkt dieser plötzlich links und will raus ziehen.
Der PKW hinter mir ist so dicht drauf, wenn ich jetzt bremse, kann es von hinten knallen, also ruhig bleiben und weiter fahren.
Ich passiere gerade die Stellstützen (wenn Hänger ohne Zugmaschine stehen soll), als der LKW ernst macht und die Mittelinie kreuzt.
Anja schreit auf: „Ist der wahnsinnig?, der zieht raus!!!“
„Nichts da mein Freund“, hier fahre ich und gebe das mit Lichtsignal zu erkennen.
Unbeirrt nähert sich der LKW meiner Seitenfläche.
Ich fahre nun versetzt nach links, meine Räder haben die linke Fahrbahnmarkierung bereits passiert.
Ich drücke voll aufs Gas, leider kommt nicht mehr als ein lausiger km/h mehr dabei rum.
Der LKW wiederum hatte ja ebenfalls beschleunigt, ist nun etwa 30cm hinter dem ersten LKW der Kolonne.
Wenn er jetzt nicht bremst kann er sich den weiteren Weg aussuchen: rechts auf den Standsteifen, dem vorfahrenden LKW auffahren oder uns in die Seite.
Er ist bereits halb auf meiner Spur, will sich den Platz auf der linken Spur offenbar mit Gewalt erkämpfen und mich zum Bremsen zwingen.
Ich bin mir sicher, dass der das schon hundert mal gemacht hat, der kennt genau die Abstände, was geht und was nicht.
Bremsen?
Sollte man eigentlich tun, Sicherheit geht vor, gerade bei Verkehrsidioten muss man um seines eigenen Lebens willen eher zurück stecken.
Aber ich bin schon so viele Kilometer gefahren und etwa so dreistes ist mir bisher noch nicht untergekommen.
Und gegen jede Vernunft bleibe ich stur auf der linken Spur, passiere bereits die Verbindung Hänger / Zugmaschine. Irgendwann ist mal Schluss und man darf sich auch nicht alles gefallen lassen.
Der LKW erkennt, dass ich für ihn nicht bremse und im letzten Moment rupft der voll auf die Bremse, sonst wäre der wirklich dem ersten LKW aufgefahren.
Ich passiere den LKW, der Fahrer weigert jeglichen Blickkontakt (Toll, dass man im Womo so schön oben sitzt)
Der LKW-Fahrer ist offenbar richtig sauer und gerät bei dem hinter mir fahrenden PKW leider an einen ängstlichen Fahrer.
Als dieser sieht, dass der LKW nach mir rauszieht, legt dieser eine Vollbremsung hin und gibt dem LKW bereitwillig Platz.
Wir überholen gerade das erste Fahrzeug der Kolonne, als der LKW so dicht auffährt, dass er eigentlich meinen Fahrradträger im Kühlergrill haben muss.
Er kann nur wenige Zentimeter davon entfernt sein.
„Lenkrad ganz fest halten und nur geradeaus, keinen Fehler, zu Ende überholen, nicht bremsen sonst knallt´s und dann schnell rüber, der ist wirklich irre“ kommt es nun auch mir in den Sinn.
Der LKW hat offenbar keine km/h-Begrenzung drin, denn als ich endlich rüber ziehe, beschleunigt dieser beinahe wie ein PKW, ich habe noch etwa 97 km/h drauf, der überholt uns mit etwa 115-120 km/h.
Wahnsinn!
Ich denk das geht zu weit und will mir die Nummer aufschreiben und mal die Firma anrufen oder am besten gleich die Polizei.
Leider besteht die Fuhre hinten nur aus einem leeren Kipplasterauflieger ohne Anschrift oder ähnliches.
Das Kennzeichen ist belgisch, aufschreiben in Holland?
Während ich noch überlege zieht der LKW knapp vor uns rein und tritt auf die Bremse.
Der PKW der linken Spur hat das Spiel offenbar mitbekommen, er hält locker 6 Längen Abstand macht mir damit den Weg zur linken Spur frei.
Bevor ich nun wiederum bremsen muss und der nach mir fahrende LKW uns auffährt entscheide ich mich für das Ausweichen: Auf die linke Spur!
Ich habe gerade wieder die zweite Achse des Aufliegers passiert, da sehe ich am Auspuff des LKW eine kurze Rauchfahne, der hat runter geschaltet!
Sofort gibt der LKW Gas, beschleunigt zielstrebig genau auf mein Tempo, etwa 98 km/h.
Ich versuche alles aus dem Wohnmobil raus zu holen, aber der seitlich anliegende Gegenwind macht uns einen Strich durch die Rechnung. Es reicht einfach nicht, ich kann nicht mithalten und der LKW lässt mich nicht vorbei. So kann das nicht weiter gehen, wir können hier das linke Spur / rechte Spur Spiel nicht den ganzen Tag spielen.
Als ich das erkennen muss, werde ich eben wieder langsamer, der braucht seinen Triumph, auch wenn ich ihm diesen mit den richtigen Mitteln NICHT gönnen würde.
Aber so muss ich mich geschlagen geben, auch wegen Anja, die bereits anfängt zu zittern.
Also Reff ins Gas und hinter den LKW, der mein Einscheren hinter ihm gleich wieder mit Anbremsen quittiert.
Zum Glück sind wir jedoch mittlerweile vom ersten LKW der überholten Kolonne weit genug weg, dass ich auch Bremsen kann ohne Gefahr zu laufen einen Auffahrunfall zu provozieren.
Damit hat er es endgültig doch geschafft, ich habe für ihn gebremst, er hat gewonnen, wir verloren (aber unser Leben behalten)
Da ich weiss, dass ich beim Überholen keine Chance habe, bremse ich zwangsweise ebenfalls, bis wir etwa auf 80-75 km/h runter sind und er sich sicher ist, dass wir auch wirklich endlich für ihn gebremst haben.
Dann lässt er nach, er gibt wieder Gas und braust mit voller Fahrt davon.
Er entfernt sich so schnell, dass er mindestens 120 km/h drauf gehabt haben muss.
Ich beschleunige noch ein Stück auf meine 90 km/h mit, das Adrenalin in mir verlangt noch immer nach einem Duell auf Rädern, aber ich muss wie gesagt erkennen, dass wir motortechnisch hier nicht mal den Hauch einer Chance haben.
Ich mache auf Bitten meiner Frau das einzig richtige: Runter von der Bahn und erstmal eine Pause einlegen!
Ich habe den LKW noch in Sichtweite, will nicht riskieren, dass er auch abfährt, wenn er sieht, dass wir abfahren.
Prügelei in NL auf einer Raststätte muss ich nicht haben.
Da er mittlerweile wieder einen weiteren LKW überholt hat, ist nun dieser zwischen uns und dem Rowdy. Als er die Abfahrt passiert und nicht mehr nachträglich rüber auf die Abfahrtsspur kann, blinke ich rechts und fahre ab.
Das war eben ein Stück echter Krieg auf der Autobahn, wie ich ihn schon lange ja eigentlich noch nie erlebt habe.
Es bleibt mir eine Genugtuung dass irgendwann es nicht mehr reicht, vielleicht hat er dann Glück, gerät an eine Zivilstreife bei sowas und verliert „nur“ seinen Führerschein.
Vielleicht sehen wir ihn aber auch in den Nachrichten, weil Fahrer wie er einen Unfall verursacht haben und er hoffentlich als Verursacher kräftig verknackt wird oder er am Ende in seiner Kabine als armer Irrer verbrannt ist.
Ich wünsche ihm jedenfalls an dieser Stelle von ganzem Herzen die Beulenpest und Krätze an den Hals !
Die Pause tut gut, immerhin sind wir seit Duisburg durchgehend unterwegs, ich sogar seit Köln und damit seit gut 3 Stunden auf dem Bock und damit für die Pause überfällig.
Frische Luft macht wieder munter, wir sprechen über das, was passiert ist, jeder aus seiner Sicht. So lässt es sich besser verarbeiten.
Nachdem wir uns sicher sind, dass der Vollzeitidiot mit einem Gehirn groß wie eine Murmel weit weit weg sein muss, trauen wir uns wieder auf die Autobahn.
Die Gedanken kreisen auch irgendwann wieder „um Urlaub“ und es wird wieder schön, dass man unterwegs ist.
Die Idee mit dem weg fahren hatten offenbar auch noch ein paar andere Camper, wir überholen teilweise Karawanen von Camperfahrzeugen ob nun Gespann oder Wohnmobil.
Da hatten wohl ein paar andere Camper die gleiche Idee wie wir… 😉
Zwischen Eindhoven und Tilburg haben wir auch einen kleinen Stau, der jedoch nicht lange dauert, die Polizei hat hier offenbar einen kleinen Unfall aufgenommen und so hat es sich eben zurück gestaut.
Bainahe schade, dass keine mir bekannten LKW hierin verwickelt sind.
Stau… …aber nur weil alle hier mal Polizei im Einsatz gucken
Anja hat derweil hinter mir in der Sitzgruppe Platz genommen und studiert den ACSI Campingführer auf mögliche Ziele, die wir anfahren könnten.
Gegen 16 Uhr macht sich der Hunger bemerkbar.
Immerhin habe ich das Mittagessen ausfallen lassen, um möglichst schnell in Duisburg zu sein.
Wir steuern also einen Rastplatz der Autobahn an.
Leider hat am Rastplatz Molenheide nur das a la carte Restaurant geöffnet. Die Snack/Sandwich- Bar und das Cafe haben geschlossen. Und das in der Ferienzeit an einem Feriensamstag?
Im Restaurant wollen wir jedoch nicht essen und so gibt es nur einen kleinen Snack von der benachbarten Tankstelle.
Danach geht es weiter, tanken muss ich noch nicht, offenbar habe ich in Deutschland heute Morgen so viel getankt, dass ich gar nicht tanken muss. Vielleicht reicht es sogar bis zum Urlaubsort?
Pause am Rastplatz Moldenheide, nix los für einen Feriensamstag
Ach ja, der Urlaubsort.
Wir wissen ja noch gar nicht so genau, wo wir eigentlich hin wollen! Nun müssen wir aber langsam eine Entscheidung treffen.
Rechts hoch Richtung Rotterdam, geradeaus Richtung Zeeland oder links runter Richtung Nordbeveland?
Offenbar tut sich gerade eine Schwäche des mobilen Reisens ohne Ziel auf:
Wir haben kein Ziel, und wo wir hin wollen wissen wir auch nicht so recht.
Was nun?
Ich erinnere mich an einen Eintrag aus dem Wohnmobilforum, wo ein Campingplatz südlich von Rotterdam empfohlen wurde, instinktiv steuere ich daher die Gegend um Rotterdam an und fahre auf die A 29 Richtung Rotterdam.
Direkt neben der Autobahn verläuft eine Bahntrasse und so gelingen mir ein paar Bilder eines neben uns fahrenden Güterzuges mit einer Lok Baureihe Class 66 von Veolia Cargo.
Fernziel des Zuges dürfte wahrscheinlich einer der Häfen von Rotterdam sein.
Gleichen neben uns fährt ein Güterzug mit etwa 80 km/h
Anja hat mittlerweile das Studium des ACSI Campingführers beendet und präsentiert mir nun das Ergebnis, denn wollen für die erste Nacht möglichst wenig bezahlen.
Wir halten für die Wahl unseres Nachtquartiers erstmal auf einem weiteren Rastplatz, diesemal in Moerdijk an und beratschlagen uns.
Leider sind alle guten Campingplätze, die an der Küste gelegen sind, mit etwa 30 € pro Nacht ziemlich teuer.
Das ist uns zu viel.
Es gibt einige Campingplätze, die liegen nicht so attraktiv, sind zur Wasserlinie des „kleinen Meeres“ Roompot oder Oosterschelde hin ausgerichtet und haben meist keine größere Stadt zur Erkundung in der Nähe.
Ich würde gern den Campingplatz nehmen, den ich im Forum gesehen hatte, dummerweise fällt mir der Name nicht mehr ein und im Campingführer kann ich ihn auch nicht wiedererkennen.
Also bleibt mir nichts anders übrig, als das Handy an den Leppi zu klemmen und im Wohnmobilforum nachzuschauen.
Ich suche und suche, leider kann ich den Eintrag einfach nicht mehr finden und so haue ich die Kohle fürs Internet per Handy raus, ohne das wir zu einem Ergebnis kommen.
Mist 🙁
(Anmerkung vom 18.07.07: Die Rechnung von eplus ist da: wir haben insgesamt 2,8 MB herunter geladen und bezahlen dafür 36,- €!, Wahnsinn!)
Nun müssen also erstmal mit dem Angebot Vorlieb nehmen, welches uns der Campingführer vorschlägt.
Da wir bereits 17 Uhr durch haben, werden wir heute eh nicht mehr viel unternehmen können und so entscheidet letztendlich die Brieftasche, dass wir die grobe Richtung östliches Zeeland / Oude-Tonge / Bruinisse wählen, um bei Nieuwe-Tonge den günstigsten Campingplatz „de Grevelingen“ anfahren zu können.
Aus einem früheren Besuch mit dem Auto weiß ich jedoch, dass es oft kleinere nicht im ACSI Führer verzeichnete Mini-Camings gibt. Dies sind meist Bauernhöfe, und ehemalige Gehöfte, deren Besitzer eine nicht mehr genutzte Wiese oder Stellfläche zum Stehplatz für Camper umfunktioniert haben.
Vielleicht haben wir Glück und finden so einen Mini- Camping und falls nicht, steuern wir wenigstens einen Campingplatz an, der unsere Reisekasse nicht über Gebühr beansprucht.
An der Ausfahrt Middelharnis / Zierikzee verlassen wir die Autobahn, es geht weiter über die Landstraße.
Unterwegs erreichen wir auch eine kleine freie Tankstelle, wo wir den Diesel für 1,04 € bekommen, selbstredend, dass wir den Tank erstmal komplett voll laufen lassen.
Wir verlassen die Autobahn, das Wetter wird immer schlechter 🙁
Gegen viertel vor 7 erreichen wir den Ort Nieuwe-Tonge und finden den ausgeschilderten CP recht schnell. Nachdem wir den Ort bereits passiert haben, steht plötzlich an einer Weggabelung zum ausgeschildteren CP „de Grevelingen“ ein weiteres Hinweisschild für einen CP, der jedoch nicht im ACSI verzeichnet ist. Es ist der CP t`Anker. Wir halten uns aber zunächst an den Campingplatz de Grevelingen, den wir kurz darauf auch erreichen.
Ich parke vor der Rezeption und gehe zu Fuß zum Empfang.
Leider ist niemand da und ich betätige die anliegende Klingel.
Nichts passiert.
Nach ein paar Minuten des Wartens kommt ein weiteres Fahrzeug, ein gelber Mercedes Vito mit belgischem Kennzeichen, auch er will hier wohl nächtigen.
Die beiden aus dem Mercedes steigen aus und kommen ebenfalls zum Empfang.
Keiner der beiden sagt ein Wort, wieder mal ein netter Beitrag zur Völkerverständigung, vielleicht hätten sich die zwei ja über eine gemeinsame Schale Pommes gefreut, dummerweise haben wir unsere Friteuse zuhause vergessen und nach deren Pommesschmiede will ich nicht wirklich fragen…
Sicher wären 2 stumme belgische Stockfische an normalen Tagen total egal, aber heute habe ich eh schon einen „freundlichen“ Eindruck von den Belgiern und so werde ich an dieser Stelle auch nicht den ersten Schritt tun.
Wortlos stehen wir drei also nun mehrere Minuten lang vor der Rezeption.
Ich klingele noch einmal, leider erneut vergeblich und ohne Reaktion.
Da mir die Optik des Campingplatzes schon von hier aus nicht gefällt, entscheide ich mich nicht hier zu bleiben.
Ich gehe zum Wohnmobil zurück und erkläre Anja, dass es hier blöd ist und wir mal den anderen CP ausprobieren, der auch wie oben beschrieben am Ortsrand ausgeschildert war.
Die Entscheidung war richtig und vor allem Gold wert.
Wir erreichen nach wenigen Minuten die Rezeption des CP t`Anker in Nieuwe-Tonge.
Auch hier ist zunächst niemand anwesend, nach dem klingeln kommt jedoch ein nettes niederländisches Mädel, dass kein deutsch, dafür aber sehr gutes Englisch spricht.
Sie meint ihr Vater wäre gerade einkaufen, sie könne uns aber einen Stellplatz auf der Wiese inmitten des Platzes anbieten.
Auf meine Frage nach den Kosten meint sie es seien etwa 12,- € pro Nacht.
Das ist doch super und die Hälfte von dem, was wir auf dem CP de Grevelingen bezahlt hätten!
Das Mädel geht vorraus und weist uns in einer einsamen Reihe bestehend aus 3 Stellplätzen die freie Auswahl zu.
Wir nehmen gleich den ersten und freuen uns, dass wir neben Strom auch fließend Wasser am Stellplatz haben.
Das ist ja Luxus pur!
Die Parzellen sind klein, vielleicht eher für Wohnwagen gedacht (ein Parkplatz für PKW ist vor der Wiese vorhanden), dennoch haben wir dank unseres kleinen Mobils genug Platz.
Es hat wieder angefangen zu regnen und somit fällt häuslich einrichten mit Tisch und Stühle raus stellen flach.
Wir verwenden zum ersten Mal die Auffahrkeile, weil die Wiese etwas abschüssig ist.
Das Befahren der Keile klappt auffallend gut und bereits nach dem zweiten Versuch stehen wir genau gerade, was uns die Luftblase im Wasserauge beweist.
Nachdem wir nun offiziell angekommen sind, macht sich Anja auf den Weg den Platz und seine Serviceeinrichtungen zu erkunden, ich genieße einen Moment Ruhe ohne brummenden Motor, setze mich in die Sitzgruppe und lese die Bild- Zeitung von heute, die wir aus Deutschland mitgebracht haben. Anja nimmt die Kamera mit und schiesst ein paar Bilder vom Campingplatz.
Der Pfau auf dem Parkplatz… …und auf dem Zaun Dazu ein paar Hühner und Enten
Einfacher Kinderspielplatz und das „Outdoor-Activity-Center“ 😉 legst du mir morgen früh ein frisches Ei ?
Nach einiger Zeit hat das Mädel die Platzmiete offenbar korrekt berechnet und kommt bei mir noch mal vorbei.
Wir zahlen mit Strom, 2 Personen und dem Wohnmobil 13,75 € für die Nacht.
Das ist nicht teurer, als auf einem Stellplatz. Und mehr Platz sowie fließend Wasser+Strom am Platz haben wir auch.
Ich trage nur noch meinen Namen und Kennzeichen in der Anmeldung nach und bezahle auch gleich, dann gibt es morgen früh keine Wartezeit.
Ich bin jedenfalls zufrieden, wir bleiben ja nur eine Nacht, wollen uns morgen eventuell direkt an der „echten“ Küste etwas suchen.
Nach einigen Minuten höre ich Anja von draußen rufen, sie hat Ihre Spähermission beendet und da ich auch ein bisschen frische Luft schnappen will, machen wir uns nun gemeinsam zu Fuß auf die Gegend am und um den CP zu erkunden:
(Dies stellt auch gleichzeitig das Fazit Reisebericht / Bewertung für den Campingplatz t`Anker in Nieuwe-Tonge dar)
Ansicht des Hauptversorgungsweges Ich winke mal aus dem Wohni,
im Hintergrund türmt sich was zusammen…
Es gibt nur ein kleines Servicehaus am Eingang.
Dies ist offenbar eine Art ehemaliger Wohn-Container, jedenfalls ist es kein festes Haus.
Dort finden sich insgesamt 4 Duschen (nicht nach Geschlecht getrennt), 1 Damenklo, 1 Herrenklo, ein „kleines“ Herrenklo (Pissoir) ein Waschraum und eine Entsorgungsmöglichkeit für den Fäkaltank vor.
Das „Service-Haus“
Waschgelegenheit die Toiletten und die Duschen, alles in allem einfachste Verhältnisse, aber wenigstens sauber
Der CP selbst scheint gar kein richtiger CP mehr zu sein. Vielleicht war es früher mal ein „normaler“ CP, heute sieht das ganze jedoch etwas anders aus.
Die Parzellen haben eine Ausbaustufe erreicht, die eigentlich mehr an eine Kleingartensiedlung erinnert.
Kein kleiner Jägerzaun, eher ganze Einfriedungen und Hecken sichern die aus Stein und Holz gebauten Campinghäuschen gegen Betreten ab.
Auch sind Wohnwagen als ausgebautes Basishaus nur selten anzutreffen.
Stattdessen hat fast jeder hier eine vollständig ausgebaute Unterkunft, manchmal steht ein Wohnwagen noch zusätzlich vor der Tür.
Ich bin mir sicher, dass die Gäste hier nicht mehr auf die Sanitäreinrichtungen angewiesen sind und daher die Serviceeinrichtungen durch diese „Nasszellencontainerlösung“ ersetzt wurden.
Auch finde ich nur die drei Stellplätze in unserer Reihe als wirkliche Stellfläche für Wohnwagen / Wohnmobil geeignet. Alles andere ist fest verbaut und schein vermietet zu sein.
Der CP selbst hat außer dem Eisverkauf nur noch einen kleinen Spielplatz und ein Freigelände mit ein paar Hühnern und einer Pfaufamilie zu bieten.
Die angrenzende Siedlung besteht nur aus ein paar Häuschen und dem zu Fuß erreichbaren Yachthafen.
Etwas zu kaufen gibt es nicht, nicht mal einen Kiosk.
Ob wir hier für morgen ein Brot oder ein paar Brötchen bekommen wage ich zu bezweifeln.
Der CP ist für Wohnmobile nur insoweit geeignet, dass man hier eben die Nacht stehen kann.
Erkundigungen zu Fuß können nur zum kleinen und einsamen Yachthafen erfolgen, mit dem Fahrrad ist man zum Dorf Nieuwe-Tonge mit Sicherheit ein paar Kilometer unterwegs.
Das Wetter (starker Wind und wechselnder Regen) machen einen Ausflug mit dem Fahrrad für uns leider unmöglich.
Trotzdem wollen wir uns noch ein wenig die Beine vertreten und gehen daher eine Runde spazieren. Es regnet im Moment mal nicht, daher nehmen wir auch keinen Schirm mit. Kluge Entscheidung…
Der kleine Yachthafen ist zu Fuß in wenigen Minuten erreicht.
Wir wundern uns für die Hausbauweise der Niederländer. Die Fenster sind ohne Vorhang und so tief gebaut, dass jeder, der draußen vorbei geht, den Leuten direkt ins Ess- oder Wohnzimmer gucken kann…
So nehmen wir stets für die Schrittdauer am Fenster am Leben der hier Einheimischen teil.
Ungewöhnlich, mir würde das nicht gefallen.
Ansichten unserer kleinen Siedlung
Wir erreichen den Deich und den kleinen Yachthafen von Nieuwe Tonge
Am Yachthafen angekommen fängt es plötzlich an zu regnen, Anja hat an meiner Windjacke wenigstens eine überziehbare Mütze für Ihre Haare. Natürlich überlasse ich ihr das gute Stück, man ist ja Gentleman…
Der stark aufkommende Wind peitscht uns den Regen ins Gesicht und an die schnell durchnässte Kleidung, drückt das Wasser quasi durch die Fasern des Stoffes.
Wir eilen hurtig zurück zum Wohnmobil. Als wir den Platz erreichen ist der Regen ist mittlerweile in Starkregen übergegangen, sodass man kaum die Hand vor Augen sieht.
Pitschnass bis auf die Unterwäsche erreichen wir gegen 20 Uhr das rettende Wohnmobil.
Schnell alle Dachfenster schließen, bevor es rein regnet, dann abtrocknen und die nassen Klamotten vom Leib.
Schließlich machen wir es uns erstmal mit einer heißen Tasse Pfefferminztee gemütlich.
So lässt sich auch der stärkste Regen aushalten.
Regen im Wohnmobil hat eh was ganz besonders für sich.
Es klopft die ganze Zeit aufs Dach, der Wind schaukelt ein bisschen am Wohnmobil.
Dazu die Luft, die vielleicht durch eine bullernde Truma noch schön angewärmt wird.
Was brauche ich einen Kaminfeuer zuhause, wenn ich hier quasi direkt im Regen meine kleine Truma habe?
So lässt es sich übrigens auch toll schlafen, ich freue mich schon darauf!
Anja hat heute Nachmittag ihr Baguette an der Tankstelle nicht gegessen, folglich ist sie es nun hier zum Tee.
Und als kleines Mittag/Abendbrot durchaus ausreichend.
So sieht ein belegtes Brodje von der Tankstelle aus Anja dekoriert sich das Brodje erstmal um, wie sie es mag
Vorne links steht meine Tasse mit heissem Pfefferminztee
Bedingt durch den Regen nutzen wir heute Abend den Waschraum des Wohnmobils, zum Servicehaus und damit raus in das Schmuddelwetter will heute keiner mehr von uns beiden.
Der Regen hört gegen 22 Uhr auf, der Wind bleibt jedoch beständig und rüttelt ein wenig am Wohnmobil.
Wie ich erwartete habe, ist der Wind, die frische Luft und die raue Natur draußen sehr beruhigend für mich und so dauert es nicht lange, bis ich mich an meine Frau und in die Decke kuschelnd in den Schlaf schaukeln lasse.
Für morgen ist auf jeden Fall besseres Wetter angesagt, mal sehen, ob der Wind über Nacht die bösen Wolken weg pusten kann…