Puh, was war das für ein Sturm in der letzten Nacht! Anja hat davon natürlich mal wieder nichts mitbekommen, als wir gegen kurz nach Mitternacht ins Bett gegangen sind, aber immer genau dann, als ich gerade ins Traumland abdriften wollte, zerrte eine neue Windböe an unserer Markise und hat mich damit wieder nach „Wachland“ zurück geholt. Bäh!
Halb im Dämmerschlaf und halb wach hab ich mir dabei in meiner Phantasie immer wieder Horrorbilder von zerrissenen Markisensäcken und im Wind flatternden Markisentüchern ausgemalt, die vor unserem Wohnmobil im Wind wehen…
Ist ja nicht so, als würden wir das nicht kennen!
Alles Quatsch natürlich, denn die Markise ist ja einerseits im Boden mit den Heringen verankert und hat zum anderen zusätzlich noch die Wäscheleine als Sturmabspannung schon am Ankunftstag erhalten.
Wir sind ja heute schlauer als seinerzeit in Ungarn! 😉
Richtig eingeschlafen bin ich aber erst, als der Wind endlich nachließ.
Zu diesem Zeitpunkt wurde es allerdings auch schon wieder hell draußen und die ersten Vögel begannen ein zartes Gezwitscher in den angrenzenden Bäumen. *grummel*
Das nächste, woran ich mich dann erinnere, ist das Klingeln von Anjas Handy- Notfallwecker.
Das Teil steht auf 10 Uhr und wenn ich eins und eins zusammen zähle, hab ich somit etwa so 6 Stunden geschlafen.
Naja, besser als nichts.
Dennoch beginnt der Tag für mich nun natürlich äußerst träge und ich schaffe es kaum, die Augen aufzuhalten.
Anja hat aber zum Glück ein Herz für schlaflose Ehemänner und übernimmt an diesem Morgen die wohl wichtigste Aufgabe, nämlich die Versorgung mit allerlei leckeren Frühstücks- Essentials.
Ich hingegen kann noch ein wenig im Alkovenbettchen liegen bleiben, ist das nicht lieb?
Nach einem kurzen Waschgang sattelt Anja also allein ihr Fahrrad und fährt in das etwa 2km entfernte Nordby, um dort die entsprechenden Einkäufe zu tätigen.
Ich wäre zwar nach Rindby Strand zum Merko gefahren (das mache ich ja immer so), aber wenn ich hier jetzt einen dummen Spruch loslasse, wo man die morgendlichen Brötchen kaufen muss, dann fährt Anja bestimmt nicht. Also lasse ich dies lieber und drehe mich einfach nochmals im Bettchen um. 😉
Lange kann ich aber nicht im Bettchen liegen bleiben, das schlechte Gewissen plagt mich dann doch, ich will ja kein Faulenzmann sein.
Also stehe ich doch auf, eile für eine Morgenwäsche kurz zum Servicehaus und kümmere mich danach um das Wohnmobil.
Einmal Bettchen machen, dann aufräumen und den Tisch draußen decken, denn auch heute haben wir wieder mal dank der Sonne absolut blauen Himmel und strahlenden Sonnenschein ganz ohne Wind.
Gegen halb 12 kehrt Anja dann zurück von ihrem Frühstücksausflug und berichtet mir, dass sie in Nordby beim Bäcker war, beim Metzgermeister Christiansen leckere Wurst besorgt hat und sogar unsere Postkarten auf dem Weg in die Heimat sind.
Die Post hatte wohl noch zu, aber in der Touristeninfo konnte man ebenso Briefmarken kaufen und die Postkarten gleich dort abgeben. Und sie erzählt, wie geschäftig das Treiben in Nordby schon sei, scheinbar sind alle Touristen gleichzeitig in den Straßen Nordbys unterwegs. Ah-ja! 😉
Ein paar Bilder von Ihrer kurzen Tour mit dem Rad hat Anja natürlich auch mitgebracht, die wir gerne zeigen:
Anja muss ganz allein die Einkaufsrunde drehen… unterwegs in Nordy: Hier beim Metzgermeister Christiansen
Leckere Auswahl beim hoch angesehenen Inselmetzger Und zur Krönung hängt die Wurst von der Decke 😉
Auch besucht: Die Nordby- Bäckerei so langsam füllen sich die Fahrradtaschen
Etwas verspätet beginnt also nun der Tag mit dem obligatorischen Campingfrühstück, welches aufgrund der von Anja mitgebrachten guten und reichhaltigen Auswahl an Wurst und Backwerk fast schon zu einem regelrechten Luxusfrühstück mit allen Schikanen ausufert!
Lange sitzen wir unter der Markise an unserem Frühstückstisch zusammen und lassen uns die Leckereien schmecken. Besonders der Schinken vom Metzgermeister Christiansen ist eine Wucht!
Gemeinsam beraten wir bei Kakao und Schinken- Mohnbrötchen, was wir heute am besten machen können.
Super- Campingfrühstück auf Fanö! Herrlich, wenn der Tag schon so startet! 🙂
2 Optionen stehen für den Tag zur Auswahl: Zum einen wäre ein Strandtag eine Idee, zum anderen können wir aber auch ein wenig Kultur und Geschichte hier auf Fanö erleben.
Hierfür habe ich mich ja bereits gestern in den Fanö- Touristguide eingelesen und heraus gefunden, dass gleich mehrere Ziele in unserer unmittelbaren Nachbarschaft hierfür in Frage kommen.
Ähnlich wie auf Römö im Sommer 2009 hat Fanö nämlich auch einige geographische Erhebungen zu bieten, die eine schöne Aussicht über die Insel versprechen.
Gleich 2 davon bietet uns der Reiseführer an.
Zum einen den Paelebjerg, der mit 21 Metern den höchsten natürlichen Punkt der Insel darstellt.
Von mir jedoch eher favorisiert wird aber der Kikkebjerg, der zwar nicht ganz so hoch ist, dafür aber einen schönen Ausblick auf Nordby, die Hafeneinfahrt und einen Fernblick auf Esbjerg ermöglichen soll.
Darüber hinaus liegt der Kikkebjerg strategisch deutlich besser, da er von unserem Campingplatz aus nicht so weit entfernt liegt und gleich 2 weitere Attraktionen in Nordby zu finden sind.
Da wäre nämlich noch das Seefahrermuseum von Nordby bzw. von Fanö zu nennen, welches sich mit der Geschichte der Seefahrertradition auf Fanö beschäftigt.
Aus dem Reiseguide wissen wir, dass Fanö damals die zweitgrößte Seehandelsflotte Dänemarks unterhalten hat. Da ist sicherlich so manche spannende Geschichte dabei!
Und damit man die Geschichte auch mal „live“ anfassen kann, steht laut Touristenheftchen als zweite Attraktion gleich gegenüber, am Kai von Nordby, das alte Segelschiff „Rebekka“ aus dem Jahre 1921 zur Verfügung.
Der aufmerksame Leser ahnt es bereits, der Trend geht ganz klar zu einem Kulturtag, denn von den Möglichkeiten am Strand ist der obigen Zusammenfasssung nichts zu lesen… 😉
Ausgerüstet mit Stadtplan und Reiseführer geht es gegen halb 2 los erneut auf den Fahrrädern los in Richtung Nordby, wo wir uns die oben genannten Ziele dann anschauen wollen.
Den Anfang macht das Fanö Schiffahrts- und Trachtenmuseum, Hovegaden 28 direkt auf der Flaniermeile von Nordby.
X- mal müssen wir eigentlich schon am Museum vorbeigelaufen und vorbeigefahren sein, aber nie ist es uns aufgefallen.
Als wir uns durch die Reihen der Touristen auf der Flaniermeile schlängeln und das Haus erreichen, wird uns auch schnell klar, warum das so ist. Von außen sieht das Haus nämlich gar nicht wie ein Museum aus, sondern gleicht eher einem Souvenirgeschäft.
Für Souvenirs sind wir natürlich immer zu haben und so schauen wir erst einmal in die fein sortierte Auslage bestehend aus Muscheln, Dänemark- Fähnchen, übergroßen Krebsen, bunten Rundflaschen im Takelage- Netz, Kerzenständern, Muschellampen und kleinen Fischerbötchen.
Wieder sind wir in Nordby unterwegs… …und erreichen das Heimat- und Seefahrermuseum
Zuerst schauen wir mal nach den Souvenirs Das hier könnte uns gefallen! Hoffentlich ist der tot 😉
Viele kleine andere Andenken stehen zur Auswahl Riesenmuscheln, Kerzen, Fähnchen, Schiffchen und noch mehr
Auch im Vorraum des Museum vermutet man zunächst nicht, dass man in einem Museum steht und ich würde fast drauf wetten, dass wir im Sommer 2007 hier nach Souvenirs Ausschau gehalten haben ohne zu merken, dass es hier eben auch das Heimatmuseum gibt.
Der Eintritt ist schnell entrichtet, 50 Kronen für 2 Personen sind akzeptabel.
Auch hier bekommen wir übrigens wieder so eine DIN-A4- Kladde kostenlos in die Hand gedrückt, wo die wichtigsten Informationen zur Ausstellung in deutscher Sprache enthalten sind.
Wir kennen diese Art der Informationsweitergabe schon, eine solche Mappe haben wir auch im Strandungsmuseum von Thorsminde im Sommer 2009 für den Rundgang mit an die Hand bekommen.
Lohnt sich wirklich, darin zu blättern und auch mal zu lesen, denn ansonsten bestaunt man ja doch nur die Ausstellungsgegenstände und hat in Wahrheit keinen Schimmer, was man da vor sich hat, oder welche Geschichte die Gegenstände erzählen können.
Wäre kein Schild da, hätten wir es verpasst! Das Museum! Wir bekommen eine Info- Mappe in deutscher Sprache 🙂
Und so setzen wir uns erst einmal in eine stille Ecke im ersten Ausstellungsraum, um uns in die Geschichte der Fanö- Seefahrt einzulesen und den Raum auf uns wirken zu lassen.
Und siehe da, die Geschichte der Seefahrt ist interessant und wird schnell lebendig!
Schon beim Betreten des Raumes fühlt man sich in eine andere Zeit versetzt. Der schwer wirkende Raum, dicke alte Seetaue auf dem Boden und ein unverwechselbarer modriger Geruch aus altem Salz, Seetang, und feuchtem Holz bestimmten die Sinne.
Alte Taue am Boden, ausgestellte Utensilien an Schauwänden. Es riecht nach Salz und Meer
Die Ausstellung selbst handelt von der Seefahrergeschichte im Zeitraum 1741 bis etwa 1900.
Zunächst sind natürlich nur kleine Schiffe wie Fischerboote und Küstenschiffe genannt. Mit zunehmendem Umfang der Flotte wurde aber zum Beispiel auch nach Südamerika, Amerikas Westküste, Ostindien und China gefahren.
Voraussetzung für die eigene Flotte war aber zunächst mal der Erwerb des Handels- und Seerechtes und dies gab es nur, wenn man die Insel besitzen würde. Und schon wird es interessant, denn die Bewohner von Fanö wollten dieses Privileg unbedingt.
Im Juli 1741 fand hierzu eine Auktion in Dänemarks ältester Stadt (in Ribe) statt, wo die Insel Fanö wohl zu Gunsten der dänischen Krone versteigert werden sollte.
Gute Karten auf den Erwerb der Insel hatte damals wohl der Gutsher von Trojborg, der offenbar sowas wie ein „Grimaldi des 18 Jahrhunderts“ war. Fett Kohle und keine Ahnung, was man damit anstellen konnte. Also kaufen wir mal ne schicke Insel inklusive Flotten- und Handelsrecht…
Die Delegation aus Fanö (bestehend aus Sonnich Jensen, Niels Sorensen und weiteren Persönlichkeiten aus Fanö) war wohl finanziell weitaus geringer bestückt und hätte in einem Kopf- an- Kopf Kräftemessen einer Auktion sicherlich die Insel verloren.
Also griff Sonnich Jensen zu einer List: Er wusste, dass der Auktionator vor seinen Auktionen gerne noch eine Ruhepause vor dem Hammerschwung nimmt.
Damit dieser aber nicht zu spät zur Auktion komme, beauftragte der Auktionator auch dieses Mal seinen Kammerdiener, dass er ihn auch in jedem Fall rechtzeitig wecken würde.
Sonnich schmierte daraufhin den Diener. Dies aber nicht, damit dieser den Auktionator einfach schlafen ließ, sondern er ließ die Rathausuhr einfach eine Stunde vorstellen!
So wurde der Auktionator eine Stunde früher geweckt und nur die Fanöer wussten um die ungewollte Zeitumstellung und die damit verbundene eine Stunde früher startende Auktion.
Die Fanöer konnten so dann auch die Auktion für sich gewinnen und die Insel ging inklusive Jagd- und Strandrecht zu einem „Spotpreis“ von 6000 Reichstalern tatsächlich in das endgültige Eigentum der Fanöer Bevölkerung über.
Der Gutsherr hingegen kam wohl erst am Rathaus an, als schon alles gelaufen war. Einspruch zwecklos, die Auktion war gelaufen und der glorreiche Aufstieg Fanös als Seefahrerinsel konnte beginnen.
Tja, mit ebay wär das wohl nicht passiert. 😉
Die Seefahrer wurden in der eigenen Navigationsschule ausgebildet. Fernrohr und Sechstant macht ja noch Sinn…
…aber wozu man Trinkhörner auf dem Schiff brauchte ?:-/ Auch ausgestellt: alte Karten, hier z.B. von der Karibik
Konsequent baute man nun in Fanö die Seefahrerschaft aus. Eine Seemannsschule wurde gegründet, ein eigenes Segelschulschiff unterhalten (die Fortuna) und einige Werften bauten die eigene Flotte direkt vor Ort zusammen.
Eigentlich ganz gute Voraussetzungen, wenn da nicht die beiden Unglücke wären, die Fanös Seefahrergeschichte ebenso begleiten.
Eine davon, das Unglück der Brigg „Claus“ hat hierbei sogar was Gruseliges, Gespenstisches!
Die Claus kam nämlich eines Nachts von Norwegen zurück, als sie direkt vor Fanö auf Grund lief.
Kurioserweise war zu diesem Zeitpunkt niemand am Strand unterwegs und auch die Strandwache hatte aufgrund des besonders guten Wetters wohl frei bekommen.
Erst am nächsten Morgen wurde das gestrandete Schiff dann entdeckt.
Im Ofen brannte noch ein Feuer, die Kaffeetassen standen auf dem Tisch und die Schiffskatze streifte umher. Einzige Unstimmigkeit: Die Besatzung war bis auf den letzten Mann mausetot!
Man fand bei den Wrackteilen (und das macht die Sache ein wenig gruselig!) übrigens auch einen Glücksbringer, ein sogenanntes „Fanö- Mädchen“, welches von einer Puppe dargestellt wird.
Beim anschließenden Rundgang durch den Ausstellungsraum entdecken wir eben jene original- Puppe in einer Glasvitrine. Schon beim Anblick der Puppe läuft uns ein kalter Schauer über den Rücken!
„Nur gut, dass die Puppe in einer Glasvitrine eingeschlossen ist!“ meint Anja.
„Ja, hast Recht. So fangen für gewöhnlich Horrorfilme an…“ pflichte ich bei einem eingehenden Blick auf die Puppe bei.
Schnell weiter 😉
Hintergründe zum See- Unglück der Brigg „Claus“. Gruselig: Die einzige „Augenzeugin“ des Unglücks 😮
Beim Rundgang durch den ersten Ausstellungsraum werden dann verschiedene Schiffsmodelle der Fanöflotte ausgestellt.
Insbesondere das Größenverhältnis der Schiffe ist schön zu vergleichen, da die Schiffe alle im Maßstab 1:48 gehalten sind.
So erkennt man eindrucksvoll, was wohl nur eine kleine Bark oder ein Küstenschiff war und was an Großseglern nach Indien und China aufgebrochen ist.
Übrigens: Die Fanöer blieben nach ihrem cleveren Inselerwerb auch weiterhin listig. Und vielleicht war es sogar einer der direkten Nachfahren von Sonnich Jensen der zum Beispiel die Idee hatte, eines der eher mässig bewaffneten Handelsschiffe mit Geschützluken beidseitig am Rumpf zu bemalen, sodass das Schiff von weitem wie ein Kriegsschiff aussah.
So wurde dieses von Piratenangriffen offenbar verschont.
Beim anschließenden Blick in die entsprechende Vitrine mit einem Modell dieses größten Schiffs der Fanö- Flotte, der „Copley“, zeigt sich nun auch eindrucksvoll, wie dies mit den aufgemalten Geschützluken zu verstehen ist.
Auf den ersten Blick sieht es wirklich so aus, als habe die Copley eine seitliche Reihe stattlicher Geschützpforten, wohinter sich dicke Kartaunen verstecken könnten.
Auf große Distanz und durch Fernrohre ist der Bluff bestimmt aufgegangen, zumal in den uns übergegeben Aufzeichnungen keine weitere Notiz von einem durchgeführten Piratenangriff auf die Copley zu finden ist.
Grund für Fanös Reichtum im 18. Jahrhundert: Die stattliche Handelsflotte! Hier im Modell recht detailreich nachgestellt.
Trickreich: Die „Copley“ mit aufgemalten Kanonenluken 😉 Natürlich sind auch normale Schiffe im Modell ausgestellt
Wir wechseln nun in die erste Etage des kleinen Museums und schon auf der Treppe begegnet uns weitere Geschichte. An der Wand finden sich nämlich Bilder der Abschlussklassen der damaligen Seeakademie. Beim genaueren Betrachten der Bilder fällt mir auf, dass die Leute nicht gerade besonders glücklich, sondern eher ziemlich ernst und finster dreinschauen.
Ein Glück, dass man heute auf Fotos viel mehr Emotionen rüberbringen kann und darf. Mal sehen, wie das in 100 Jahren ausschaut und man sich dann vielleicht über die Bilder unserer Zeit wundert…
Wir steigen auf und betreten die erste Etage des Museums Bilder mit finster dreinschauenden Kadetten an der Wand
Auf der ersten Etage wechselt die Ausstellung ein weg von der Seefahrertradition hin zu denjenigen, die daheim Haus und Hof hüteten, während die Männer mit dem Schiffchen unterwegs waren. Die Rede ist natürlich von Fanös Frauen.
Und was wird bei den einsamen Damen wohl das Leben bestimmt haben? Wohl kaum was anderes, was heute die holde Damenwelt bestimmt, wenn der Mann auf Arbeit ist.
Nein, nicht der Gärtner und auch nicht der Pool- Boy, sondern schlicht und einfach „Fashion, Chic und Pret-a-porter“, genauer gesagt die Mode der damaligen Zeit.
Die Ausstellung in der ersten Halle zeigt und die Trachtenkleidung der damaligen weiblichen Bevölkerung und ihre vielen unterschiedlichen Variationen. Jungfer, Verlobte, Braut oder Witwe, alle trugen damals bestimmte Kleidung, aus der man sofort den jeweiligen gesellschaftlichen Status erkennen konnte.
Ich frage mich dabei natürlich, ob auf Fanö damals so viele Menschen gelebt haben, dass man mittels Kleidung seinen „Status“ mitteilen musste. Ich meinte kannte damals denn nicht jeder jeden?
Was brauchte es da noch einen besonderen Hut, wenn man eh wusste, dass die Frau Sowieso Witwe war und die Frau Dieunddie dem Heiratsmarkt zur Verfügung stand?
Aber egal.
An der Kleidung war der gesellschaftliche Status der Damen erkennbar. Für uns sehen die alle gleich aus 😉
Wir betrachten einige der Kleidungsstücke näher und erfahren weitere Dinge über das männerlose Leben der Frauen, wenn der Mann mit dem Schiff unterwegs war.
Eindrucksvoll zeigen zwei weitere Wohnräume, wie man damals auf Fanö gelebt hat.
Nur ein Rätsel bleibt trotz aller Bemühungen übrig, nämlich warum einige der Frauen eine Vermummung vor dem Gesicht trugen. Ein wenig sehen die Damen wie Ninjas aus. Wozu war der Gesichtsschutz gut? Gegen den windigen Sand? Oder waren einige Damen so hässlich, dass sie eine solche Schutzmaske tragen mussten? 😉
Naja, wahrscheinlich hat diese Maske sicherlich einen ganz pragmatischen Grund, auch wenn er sich uns nicht so recht erschließt und leider auch aus der Info- Mappe trotz wildem Herumgeblättere nicht wirklich hervorgeht.
Ein weisser Ninja arbeitet auf dem Feld… …und hier der berüchtigte „Black Ninja!“ 😉
So gediegen lebte man früher auf Fanö, eine alte Wohnstube Wohnstube 2: So sah es bei meiner Oma aber auch aus 😉
Zum Schluss der Ausstellung landen wir wieder im Erdgeschoß und besichtigen den letzten Raum der Ausstellung. Hier gibt es zwei große Vitrinen, die Sonderho und Nordby zur Jahrhundertwende 19/20 Jahrhundert zeigen.
Bestimmend sind hier kleinere Gutshäuser, die alle über ein kleines Landstück verfügen, wo Vieh gehalten wurde. Dichter am Meer stehen die Häuser dann weiter zusammen und direkt an der Wasserlinie entdecken wir zum Beispiel in Nordby eine Werft, wo gerade ein Schiff gebaut wird.
Wirkt alles ein wenig wie die Kulisse einer Modelleisenbahn nur mit dem Umstand, dass es hier auf Fanö eben keine Eisenbahn gibt.
Hübsch gemacht ist sind die beiden Landschaftsmodelle trotzdem und mit viel Liebe zum Detail hergerichtet.
Blick in die Vitrine „im Überflug“ 😉 So sah es in Nordby im Jahre 1890 aus. Recht gemütlich eigentlich.
Mit dem letzten Ausstellungsraum endet unser Rundgang durch Fanös Geschichte. Wir geben am Empfang die Infomappe wieder ab, bedanken uns artig und stehen kurz darauf wieder in Nordbys wuseligen Gassen.
Das nächste Ziel unseres Ausflugs ist nun natürlich das passende Gegenstück zur antiken Geschichte mit ihren Modellen, ich würde gerne das Segelschiff Rebekka in Natura sehen, welches direkt hier unterhalb am Kai liegen soll.
Wir schieben die Räder ein Stück den Weg entlang und biegen dann zur Wasserlinie ab.
Dort angekommen steuere ich dann zielgerichtet auf das einzige Schiff zu, welches abgesehen von der Fähre am Kai auszumachen ist.
Schon von weitem wirkt das Schiff nicht wirklich wie ein altertümliches Segelschiff und als ich dann davor stehe, entpuppt sich das Segelschiff als „oller“ Fischkutter.
Die „Fanö“, so heißt der Fischkutter, liegt hier als einziges am Kai und bestätigt stumm, was ich schon geahnt habe: Die Rebekka ist gar nicht da!
Anja steht meine Enttäuschung ins Gesicht geschrieben ;o) Das einzige Schiff am Kai ist die „Fanö“, ein oller Fischkutter
„Kann ja nicht sein“ denk ich mir und als auch Anja mit skeptischem Blick längsseits der Fäno mit ihrem Fahrrad „anlegt“, kann sie sich einen bissigen Kommentar nicht verkneifen: „Das sieht nicht aus wie die Rebekka, oder?“
Jaja, schon gut!
Zum Glück ist die Touristeninfo gleich hier in Sichtweite, also sprinte ich schnell über die Straße und gleich darauf in die Touristeninfo rein.
„Entschuldigung, wo ist denn die Rebekka?!“
„Ja, nur raus rechts um die Ecke!“ Die nette Dame der Rezeption zeigt dabei mit ihrer Hand in Richtung Stadtzentrum. Häh?
Ein wenig bin ich schon irritiert!
Ja ist die Frau denn blind oder was? Könnte das Schiff vielleicht gerade eben in Richtung Hohe See abgelegt haben?
Ein altes Museumsschiff? Das wäre aber wirklich Zufall!
Und davon abgesehen passt ja auch die Richtung gar nicht, in der die Dame zeigt! Es sei denn, die Rebekka hätte gerade eben mit Kurs „Metzgerei Christiansen“ abgelegt 😉
Oder meint sie vielleicht hinter der Insel bzw. auf der anderen Seite?
„Nein, am Wasser bzw. am Kai ist sie nicht, ich komme gerade von dort, die Rebekka ist nicht da!“
„Doch, sie müssen nur richtig schauen! Raus, dann hoch und dann rechts!“
„Entschuldigung, aber wenn ich die Rezeption verlasse und dann rechts hoch gehe, stehe ich doch wieder in der Innenstadt! Das Schiff sollte aber doch, sofern es schwimmt, logischerweise am Kai liegen! Oder hat es etwa zur letzten Reise in Richtung Seefahrermuseum abgelegt?!“
„Welches Schiff?“
„Na die RE-BE-KA!, das Segelschiff, welches im Reiseführer für Fanö unter den touristischen Highlights genannt ist!“
„ACH SO! Sie meinen gar nicht den Bäcker! Ich dachte sie wollten zum Bäcker und hab schon gedacht, dass sie den Bäcker nicht finden!“
Hahaha, alle haben kurz was zu lachen 🙂
Leider weiß die Dame in der Rezeption auch nach der Aufklärung der kleinen Sprachbarriere nichts über die Rebekka und kann mir folglich auch nicht die Frage beantworten, wo sich das Schiff gerade im Moment aufhält.
Das ist aber blöd. Da steht extra im Reiseführer was über das Museumsschiff Rebekka drin. Nimmt man die Ortsbeschreibung des Schiffes aus dem Reiseführer zu Rate, sollte das Schiff aber mindestens hier in Sichtweite am Kai liegen. Komisch, dass die Dame hier in der Touristeninfo dann noch nie was von dem Schiff gehört haben will.
Und wenn dann in der Touristeninfo keiner was von diesem Schiff weiß, ist das schon ein wenig enttäuschend, oder?
„Wissen Sie denn vielleicht, wann es wieder kommt?“
„Nein, ich weiß gar nichts von einem Schiff Rebekka, das kenne ich nicht. Tut mir leid“
OK, dann eben nicht.
Ich spaziere zurück zu Anja, die sich einen Moment auf einer Bank vor der Fanö niedergelassen hat.
Gemeinsam lassen wir also die Rebekka aus (sie ist, obwohl ich noch einmal ganz genau hingeschaut habe, weder rechts noch links am Kai auszumachen) und gehen einfach zum nächsten und damit letzten touristischen Highlight für heute aus unserem Reiseplan an.
Dem Aussichtpunks Kikkebjerg, von dem man laut Reiseführer einen tollen Ausblick über Nordby, die Dünen, das Meer und die angrenzende Stadt Esbjerg haben soll.
Na dann, auf geht´s!
Wir radeln ein kleines Stück zurück auf der Einkaufsmeile, bis wir rechts in die nächste größere Seitenstraße weg vom Wasser einbiegen können. Der Lodsvej ist dieser Weg und wenn ich zwei und zwei zusammen zähle, könnte Lods ja durchaus Lotse bedeuten. Ergo wird auf diesem Weg früher der Lotse entlang gegangen sein, um am Ende des „Lotsenweges“ sicherlich den Aussichtspunkt erreichen zu können.
Und dort war dann wohl, so steht es zumindest im Reiseführer, der Treffpunkt für die Lotsen, um die sich annähernden Schiffe besser sehen zu können.
Meine Logik passt, zumindest erreichen wir kurze Zeit später tatsächlich ein Schild zum Kikkebjerg, wir sind also richtig.
Noch richtiger wäre übrigens die nächste Seitenstraße gewesen. Diese heißt nämlich bestechenderweise „Kikkebjergvej“. 😉
War ja klar. Da bin ich einmal der Meinung mit meiner Logik den richtigen Weg gefunden zu haben und schon stoße ich auf einen noch richtigeren Weg…
Der „Lotsenweg“ Lodsvej führt uns… …zum Kikkebjergvej und zum Kikkeberg, einer Anhöhe
Der Weg zum Lotsenberg ist zuerst noch beschaulich… …dann aber hat es die Steigung auf die Anhöhe in sich, puh!
Aber ob nun Lotsenweg oder Kikkebergweg, so oder so erklimmen wir um halb 3 den Aussichtspunkt Kikkebjerg, von dem aus man tatsächlich einen recht ansehnlichen Ausblick über Fanö, Nordby, den Hafen Nordby, die Fahrrinne und das in der Ferne liegende Esbjerg hat.
Wir schauen uns als erstes aber das kleine Lotsenhaus an, welches sich genau hier auf der Spitze des Berges befindet. Hatte ich also Recht mit meiner Vermutung „Lostenweg“!
Mehr noch, am Haus befindet sich eine kleine Infotafel, die über Sinn und Zweck des Aussichtspunktes und des Lotsenhauses aufklärt:
Schiffe, die damals in die Meerenge einlaufen wollten, mussten hier vorbei. Die Fahrrinne war allerdings schmal und auch die Gegebenheiten wechselten durch den stetigen Gezeitenwechsel schonmal, sodass ein Weg von vorigem Jahr vielleicht jetzt versandet war.
Ortsunkundige Schiffer erfragten daher die Hilfe der Lotsen, die von dieser Düne aus tatsächlich sich annähernde Schiffe ausmachen konnten und dann runter zum Wasser fuhren, um das Schiff aufzuentern und dann eben als Lotse zu fungieren und das Schiff durch die Fahrrinne zu führen.
Die Tafel berichtet weiter, dass vornehmlich ortskundige Fischer im 17. Und 18. Jahrhundert diesen Dienst übernahmen (natürlich gegen Bezahlung), bis im 19. Jahrhundert hauptberufliche Lotsen hierfür abgestellt wurden. Dies übrigens, nachdem sich wohl auch einige Schiffer über miese Qualität und die hohen Kosten für das Lotsen beschwert hatten.
Naja.
Ankunft am alten Lotsenhaus, mit Koordinaten eine Infotafel informiert über die Geschichte der Lotsen
einen königlichen Gedenkstein gibt es auch… …und diese Steinplatte mit den Himmelsrichtungen
Wir erfahren noch ein wenig was von den Gezeiten und den Folgen des Gezeitenwechsels in den vergangenen Jahrhunderten, so wird zum Beispiel von aufgegebenen Leuchttürmen berichtet, die versandeten oder im Meer versunken sind.
Eine solche Geschichte kennen wir natürlich schon, z.B. vom versandeten Leuchtturm bei Rubjerg Knude, den wir im vergangenen Sommer ein paar sehr viele Kilometer weiter nördlich von hier besichtigt haben.
Nachdem wir uns ausgiebig der Geschichte gewidmet haben, steige ich auf den Stein und mache von dort aus dann ein paar schöne Rundumblicke über die Insel, das Meer und die Aussicht in Richtung dänisches Festland mit der Hafenstadt Esbjerg:
Ausblick vom Lotsenberg über die offene Insel, weit am Horizont liegt die offene Nordsee
Blick vom Lotsenberg in Richtung Fahrrinne, dänisches Festland und der Hafenstadt Esbjerg
Als eine weitere Reisegruppe den Aussichtsberg erklimmt, schwingen wir uns wieder auf die Räder und radeln den Berg wieder hinab.
Dann fahren wir noch einen kleinen Bogen über den Kikkebjergvej und biegen kurz darauf wieder auf die Hauptstraße von Nordby ein, wo wir uns ein weiteres Mal durch die Gassen treiben lassen und immer wieder neue Eindrücke mitnehmen.
Nach dieser tollen Ausflugstour haben wir uns ein Eis verdient und nur wenig später schlecken wir auch schon ein leckeres Soft- Eis Vanille- Erdbeer!
Jetzt sausen wir die Anhöhe wieder hinab… Anja in voller Fahrt ganz ohne treten 😉
Wieder am Kikkebjergvej und in der Stadt… …holen wir uns erstmal ein leckeres Softeis. Mjam! 🙂
Bevor wir Nordby nun den Rücken kehren (immerhin haben wir 2 von 3 Zielen erreicht), schauen wir noch kurz im Dagli Brugsen in Nordby rein. Dieser ist allerdings proppevoll und entsprechend (so schätze ich mal) dürften die Preise sein.
Ist ein strategisch derart gut gelegener Supermarkt inmitten eines touristischen Einzugsgebietes positioniert, gibt es dort nunmal selten Sonderangebote. Warum auch?
Aber zum Glück weiß Anja Rat, denn gleich um die Ecke in Richtung Nordby Strand gibt es nämlich noch einen Spar- Markt, also steuern wir diesen einfach an.
Der Spar- Markt ist uns natürlich auch nicht ganz unbekannt! Als wir uns während unserer ersten Fanö- Rundreise mit dem Fahrrad komplett verfahren hatten, sind wir irgendwo dort in der Nähe aus dem Busch geklettert und hatten kurz darauf diesen rettenden Supermarkt gefunden. Der war dann auch bitter nötig, denn wir hatten nach dem langen orientierungslosen Ritt durch das Gras und über den Sand natürlich Durst ohne Ende!
Das war ein Ding damals! Wir hatten wirklich komplett die Orientierung verloren und sind ziellos über die Felder geirrt. Schon komisch, wie man sich auf einer vergleichsweise kleinen Insel so dermaßen mit der Route vertun kann…
Heute ist die Suche natürlich deutlich einfacher und nur 10 Minuten nach unserer Abfahrt in Nordby treffen wir um 10 nach 3 am Spar- Supermarkt ein.
Wir besorgen schnell die wichtigsten Sachen für das morgige Frühstück, müssen allerdings feststellen, dass der SPAR- Markt nicht über den leckeren Havarti- Käse verfügt, der besonders auf Mohnbrötchen herrlich schmeckt.
Naja, macht nix, dann bringe ich den einfach morgen mit, wenn ich wieder zum Merko fahre und dort fürs Frühstück Brötchen hole. 😉
Der Superspar. 2007 war der unsere Rettung 😉 Heute aber finden wir ohne Verfahren auch wieder heim
Gegen halb 4 sind wir zurück am Wohnmobil und ruhen uns nach der anstrengenden Radtour erst einmal ein wenig aus. Anja schnappt sich ihr Vampirbuch (noch immer Band 3 aus der Bis(s)- Reihe von Stephene Meyer) und macht es sich in der Hängematte bequem, ich hingegen setze mich an den Laptop und tippe gleich die heutigen Reisenotizen in den Computer.
So plätschert der Nachtmittag vorbei, bis wir gegen 19 Uhr allmählich Hunger bekommen.
Was tun? Eigentlich sind wir ja faul und würden uns am liebsten irgendwo Fast-Food besorgen. Aber jetzt wieder auf das Rad schwingen mag auch keiner und da wir eh wieder ein wenig sparen müssen, bemühen wir einfach ein weiteres Mal unsere Bordvorräte.
Gekocht und gleich gegessen wird natürlich in der modernen Küche des Servicehauses B gleich bei uns um die Ecke.
Für mich gibt es eine Dose Tomate- Nudeltopf mit Wursteinlage, Anja brutzele ich eine Pfanne mit Nudeln chinesischer Art auf der benachbarten Kochstelle.
Gegen halb 8 verbrennen wir uns dann gemeinsam an dem frisch aufgetischten Abendessen die Schnute und um kurz vor 8 wird auch gleich hier gespült.
Schon praktisch diese Super- Küche!
Echt super die Küche! Hier kann man sein Essen zubereiten und auch gleich kochen. Sogar 2 Essen zugleich, jeder was er mag
Und das beste: Den Dreck weg spülen kann man hier auch! So bleibt die Küche im eigenen Mobil sauber. Goil! 😉
Der Abend klingt dann wieder einmal gemütlich im Wohnmobil aus.
Draußen sitzen wäre eh nicht gegangen, denn auch heute wird es wieder ein wenig windiger und es kühlt sich auch recht schnell ab, sobald die Sonne vom Himmel verschwunden ist.
Schon komisch! Tagsüber ist es immer total schön und nahezu windstill, am Abend und in der Nacht hingegen windet es kräftig und oft kommt auch ein kurzer Schauer runter.
Dazu der doch deutlich spürbare Temperatursturz von um die 30 auf gut 16-18 Grad!
Nach und nach schließen wir also die Fenster, danach sogar die Dachluken, weil es tatsächlich kalt durch das Wohnmobil zieht, sodass wir fast die Heizung anmachen müssten!
Wir machen es uns aber lieber mit Decken ein wenig heimelig, Anja schaut ein wenig TV, ich tippe erneut am Reisebericht.
Gegen Mitternacht geht es dann ins Bett zum gegenseitigen Warmkuscheln. 🙂
Zitat des Tages beim opulenten Frühstück, Anja schnappt sich wie selbstverständlich als erstes die BILD- Zeitung. Ich zu ihr: „Hast du Primanoctis oder was?“
Sie zu mir fragend: „Wat is dat denn?“
Ich zu ihr: „Das ist frei übersetzt das Recht des ersten Zeitungslesers! Wer sie holt, darf sie zuerst lesen!“ 😉
Statistik des Tages:
Mit dem Fahrrad gefahrene Kilometer: 9,536
Anjas Bonuskilometer (Frühstückstour): 2,140