Wie erwartet, werden wir natürlich durch das Getute der ersten am heutigen Tag fahrenden Flåmbahn geweckt.
Ein Glück, dass die Flambahn keinen Berufsverkehr abdecken muss, denn ansonsten wäre bestimmt schon ab 5, aber doch allerspätestens ab 6 Uhr hier der Bär am tanzen…
So aber können wir immerhin bis kurz nach halb 9 schlafen und nach dem kurzen Wachpfiff auch gleich weiterschlafen. Der nächste Zug fährt zum Glück erst in einer Stunde…

Aber aus dem Plan wird nix, denn Anja ist wach und wenn Anja wach ist, dann beginnt nun einmal der Tag.
Da kann man nichts machen.
Etwas müde stehen wir also auf und für mich geht es sogleich zur Dusche.

         
     Der Tag erwacht auf dem Flam Campingplatz             Schön scheint die Sonne, auch auf die Miethütten

Dort angekommen bin ich allerdings ein wenig überrascht, denn anstelle das zweite Servicehaus für Gäste zu öffnen, steht ein kleiner Stau vor dem einzigen geöffneten Servicehaus 1 und vor den 4 vorhandenen Duschen. Das ist aber blöd! Wenn es hier doch mal ein paar mehr Serviceräume gibt, warum dürfen sie dann nicht genutzt werden?
So, mit dem abgeschlossenen Serviceraum 2, ist es so, als wenn es nur einen einzigen Serviceraum geben würde. Und das ist eigentlich gemessen an der wirklich guten Auslastung des Campingplatzes zu wenig!
Gestern hatte ich die beiden Serviceräume noch gelobt, echt schade, denn nun muss ich in der Schlange für eine Dusche anstehen.
Zum Glück werden gerade just im Moment 2 Duschen frei, sodass ich nach nur kurzer Wartezeit auch in den Genuss einer Dusche komme.
Noch eine Sache fällt mir auf: Auf den anderen norwegischen Campingplätzen war es bislang so, dass bei Zahlpflicht für Warmwasser in der Dusche immer auch alternativ kostenlos eine einfache Waschkabine mit Waschbecken zur Verfügung stand.
Hier ginge dies zwar theoretisch auch, allerdings sind hier die Waschbecken „offen“ was bedeutet, dass ich keine persönliche Kabine habe.
Maximal das Gesicht waschen und sich eben die Zähne putzen wäre also denkbar, wenn man sich nicht gerade nackt zwischen den anderen Gästen in der Warteschlange der Dusche waschen möchte.
So werden die Leute natürlich auch in die kostenpflichtige Dusche getrieben.
Naja, ich wollte eh duschen und hätte die „Waschbecken- Katzenwäsche“ eh in keinem Fall in Erwägung gezogen, es sei hier daher nur der Vollständigkeit halber erwähnt.

         
     warmes Duschwasser kostet 10 Kronen für 5 Minuten      Alternative Waschkabine: Leider ohne „Kabine“…   :-/

Gegen 9 bin ich zurück am Wohnmobil, wo Anja bereits mit ihrer Morgendusche fertig ist und sogar schon „klar Schiff“ im Wohnmobil gemacht hat.
Die Bettwäsche liegt schön draußen in der Sonne und lüftet mal gründlich aus, der Frühstückstisch mit Blick auf die Strecke der Flambahn ist auch bereits zur Hälfte gedeckt und auch die Brötchen hat Anja in der Rezeption schon abgeholt.
Wow! Was für ein fleissiges Bienchen meine Frau doch sein kann 😉

Auch die Rezeptionistin hat übrigens Recht gehabt, als sie mit ihrem Hinweis von gestern bei Anjas Brötchenbestellung auf die Größe des Backwerks hingewiesen hat.
Die Brötchen sind wirklich riesengroß!
Beim anschließenden Frühstück schaffen wir daher nur insgesamt 3 Brötchen zu verputzen, das dritte teilen wir uns dabei sogar!

         
     Natürlich decken wir unseren Frühstückstisch draußen!   Ui! Die Riesenbrötchen sind fast so groß wie der Teller!

Wir wollen gerade Bilder vom Frühstück in der Sonne machen, da kommt eine Dame auf uns zugelaufen.
„Entschuldigen Sie, dass ich Sie stören muss, aber Sie sind doch der aus dem Internet, oder?“
„Äh, der aus dem Internet?!“ ich schaue fragend.
„Ja, ich hab Sie schon am Servicehaus erkannt und nun sehe ich auch hier das Wohnmobil, steht doch transitfrei drauf!“
„Ja, der bin, bzw, *stammel* ja äh wir sind Team Transitfrei, gestatten Anja und Björn!“
Tja, wer hätte das gedacht?! Da fahren wir tausend Kilometer nach Norden und werden hier tatsächlich von unseren Lesern aufgespürt. Das erste Mal übrigens, dass wir nur aufgrund dieser Tatsache angesprochen werden.
Echt nett!
Wir wechseln ein paar Worte über die Reise, unser ja gerade erst repariertes Wohnmobil und natürlich über die Flambahn.
Auch die Dame möchte mit ihrem Mann heute mit der Flambahn fahren und weil sie wohl schon für sofort eine Fahrt planen und eigentlich auf dem Weg zum Bahnhof sind, verabschieden sich die Dame und ihr Mann auch gleich wieder.
Gute Fahrt!

Wir beenden noch unser Frühstück, räumen noch in aller Ruhe unsere Sachen weg und können nun, gegen kurz nach 10, ebenfalls das Abenteuer Flambahn angehen, auf das wir uns natürlich richtig freuen!
Immerhin war die Flambahn ebenfalls eines der Schlüsselsehenswürdigkeiten, die wir uns für diese Reise vorgenommen haben.

Kurz, bevor wir mit dem Rad zum Bahnhof abfahren wollen, kommen unsere „Fans“ vom Frühstück wieder um die Ecke.
Sie schauen ein wenig bedröppelt drein und teilen uns mit, dass sie kein Ticket für die aktuellen Abfahrten bekommen haben und erst später, für was um 13 Uhr, ein Ticket kaufen konnten. Alle anderen Abfahrten wären bereits restlos ausverkauft. Wow!
Da muss aber ein großes Kreuzfahrtschiff angekommen sein und wenn wir unsere Karten nicht bereits gestern Abend gekauft hätten, wären wir bestimmt erst zum Nachtzug dran!
Reservierte Karten hin oder her wird es sicherlich auf jeden Fall voll im Zug werden und da die reservierten Karten keine Platzkarten bedeuten, wird es sicherlich auch einen kleinen „Run“ auf die besten Plätze direkt an den Fenstern geben.
Auch wir wollen natürlich beste Plätze und so schwingen wir uns gleich aufs Fahrrad, obwohl unser Zug erst in einer Stunde fährt und wir nur 5 Minuten bis zum Bahnhof vom Campingplatz brauchen.
Schon verrückt! Das ganze Jahr über ergibst du dich mehr oder weniger im Alltag deinem Schicksal, indem du dich an die Bahn und ihre Züge anvertraust, die dich täglich zur Arbeit bringen. Und kaum hast du Urlaub, fällt dir nichts Besseres ein, als mit dem Zug zu fahren und fährst dann sogar eine Stunde früher los, weil du es nicht mehr erwarten kannst.
Schizophren? Ja, vielleicht ein wenig.
Aber hey, es ist die Flambahn!

Schon auf der Fahrt zum großen Bahnhofsareal fällt uns ein wirklich riesiges Kreuzfahrtschiff auf, welches dort am Kai angelegt hat. Ein richtig dicker Pott und total surreal!
Der idyllische Fjord, die grüne Natur, die massiven Bäume an den Felshängen, die kleine Eisenbahn, der Bahnhof mit den vielen schnuckeligen Holzhäuschen, die Busse und Wohnmobile rund um das Areal und dann dieses RIESIGE Kreuzfahrtschiff, welches die Szenerie total dominiert und man den Eindruck gewinnt, das alles um uns herum wie bei einer Modelleisenbahn in Spur N 1:200 gebaut wäre und irgendwer das Schiff im falschen Maßstab H0 1:87 in diese Landschaft gesetzt hätte!
Es passt irgendwie nicht und man muss schon ein paar Mal hinschauen, bis man sich an diesen Anblick gewöhnt.
Und wenn ich mir jetzt noch vorstelle, dass dieses Kreuzfahrtschiff wohl ein paar Tausend Passagiere ausspuckt, die alle mit der kleinen Flambahn fahren wollen, dürften wir wohl Indien- ähnliche Verhältnisse im Zug zu erwarten haben, inklusive Gästen auf den Puffern, dem Zughaken und natürlich auf den Wagendächern…

         
     Wir radeln rüber zum Bahnhof für unsere Zugfahrt     Schon auf dem Weg entdeckt: Ein dickes Schiff hat angelegt

Das hier natürlich ein Kreuzfahrtschiff dieser Größe und Klasse überhaupt anlegen kann, ist übrigens der Besonderheit des Sognefjordes geschuldet!
Schaut man sich mal eine Karte von Norwegen an wird klar, wie tief sich der Sognefjord doch eigentlich ins Landesinnere schneidet.
Natürlich machen dies auch andere Fjorde, aber ich glaub, der Sognefjord ist hierbei der, der sich wirklich am weitesten in das Land hinein frisst.
Und dies sogar rein optisch auf der Karte schon gut bis zur Hälfte der Landesbreite!
Und wir reden hier nicht über die nördlichen dünnen Zipfel, sondern um eine durchaus breite Stelle hier in Südnorwegen!
Erst diese geografische Besonderheit macht es ja nun überhaupt erst möglich, dass eine solche surreale Kulisse wie die verträumten Berge und das kleine Dörfchen mit Holzhäuschen und Bahnstation plötzlich von einem dominierenden Passagier- Kreuzfahrtschiff dieser Größe angefahren werden kann und wir hier Bauklötze staunen!
Faszinierend die Vorstellung, dass dieses Schiff hier so tief ins Landesinnere vorgedrungen ist.
Vom Deck aus hat man während dieser Fjordfahrt bestimmt ganz tolle Eindrücke in die Natur und die Fjordlandschaft.

Fremdgelesen – Lesetipp: Übrigens, wenn ihr euch für das Ausflugsabenteuer Flambahn aus Sicht eines Kreuzfahrt- Urlaubers interessiert, unser Bloggerkollege Daniel von fernwehblog.net beschreibt in diesem Reisebericht über seine Erlebnisse als Kreuzfahrer in Flam. Schaut doch mal rein: fernwehblog.net/flambahn

 

Vielleicht machen wir ja auch mal eines Tages so eine Schiffsreise, wenn es mit dem Wohnmobil nicht mehr geht. Es sieht jedenfalls interessant aus!
Oder noch besser: Anja schlägt aus Spaß vor, dass wir versuchen sollten, uns einfach an Bord der Azura, so heißt das Kreuzfahrtschiff der Reederei P&O, zu schleichen und dann als „blinde Passagiere“ einfach ein wenig mitfahren.
Es dürfte zwar schwierig werden das Wohnmobil unbemerkt über die Ankerkette an Bord zu bekommen (das lassen wir ja nicht zurück…), aber auch da wird uns schon was einfallen. 😉

     Die Azura hat im Hafen von Flam angelegt
     Da liegt sie und dominiert die Landschaft: Die „Azura“ der Reederei P&O im Hafen bzw. am Kai von Flåm

Nun, dem Schiff entsprechend finden wir natürlich auch zahlreiche Touristen rund um das Areal vor, welches uns gestern eigentlich eher verwaist vorgekommen ist.
Heute zur besten Reisezeit ist es natürlich proppenvoll und es zeigt sich, wie richtig und wichtig doch die zahlreichen Geschäfte sind, um einerseits die kreuzfahrenden Gäste aufzunehmen und andererseits, um diesen auch ein einigermaßen abwechslungsreiches Angebot bieten zu können.

Nur eine Sache fehlt: Der Zug!
Stumm weist uns die Abfahrtstafel am Bahnsteig darauf hin, dass wir um 11 Uhr für unseren Zug auf Spoor 4 die Abfahrt erwarten dürfen, aber vom Zug selber ist noch gar nichts zu sehen!
Hmm, das ist ja blöd! Da haben wir uns ja ganz umsonst so früh auf den Weg gemacht!
Da der Bahnsteig leer ist und sich auch rund um den Bahnsteig keine Schlange mit „Vorcharakter für die besten Plätze“ gebildet hat, wollen wir natürlich auch nicht teilnahmslos in der Gegend rumstehen.
Rumstehen am Bahnsteig können wir zuhause im Alltag noch genug 😉

         
     Wir spazieren über den heute deutlich volleren Kai        von unserem Zug ist nämlich noch nichts zu sehen…

Wir entscheiden uns stattdessen auch eine kleine Runde über das Areal spazieren zu gehen und dabei einfach so zu tun, als wären wir ebenfalls Kreuzfahrtgäste auf Landgang.
Wir wissen zwar nicht, in wie weit sich ein Kreuzfahrttourist von uns als Wohnmobiltourist unterscheidet, aber wir werden es schon herausfinden…  😉

Unser erster Weg führt uns, nachdem Anja die bereits geschriebenen Postkarten eingeworfen hat, mal zum kleinen Supermarkt.
Ein paar Reisevorräte einkaufen und so!
Im Zug wird es für die kurze Fahrt sicherlich kein Speisewagen geben und wenn doch, würden wir uns dort aus Knauserigkeit sowieso nicht versorgen.
Aber auch Cola oder Sandwich vom Servicewagen muss nicht sein und so schauen wir mal im Supermarkt, was wir gutes für unterwegs besorgen können.
Ein paar gekaufte Snacks und Getränke später spazieren wir zurück zum Bahnhof.
Mal schauen, ob unser Zug auch wirklich pünktlich ist…
Tatsächlich entdecken wir sowas wie eine elektronische Abfahrtstafel. Allerdings dient diese weniger dazu mögliche Verspätungen anzuzeigen, sondern offenbart das, was unsere Nachbarn vorhin schon berichtet haben. Die nächsten 3 Flambahnfahrten sind ausverkauft!
Erst für die vierte Fahrt an diesem Tag um 14:50 Uhr könnte man noch Tickets bekommen.
Tja, sieh mal an.

         
     Ein Schlauchboot fährt auf dem Fjord spazieren        Nicht vergessen: Die Urlaubsgrüße einwerfen 🙂

         
     Wir spazieren zum Supermarkt (im Schiffsschatten 😉     überschaubares aber durchaus reisetaugliches Angebot

         
     Ach sieh am, die nächsten 3 Fahrten sind ausverkauft    So langsam wird es voll am Bahnsteig!

Gegen halb 11 spazieren wir zurück an den Bahnsteig.
So langsam tut sich hier nämlich was und wir können erkennen, dass die erste Sperrkette geöffnet wird.
Hui, jetzt aber schnell!
Zum Glück haben noch nicht viele Gäste mitbekommen, dass es hier gleich losgehen wird, denn so können wir uns noch einen recht guten Platz relativ weit vorne sichern.

Noch vor dem Zugang zum Bahnsteig werden unsere Tickets kontrolliert. Der Bahnsteigwart schaut dabei nach, ob die handschriftlich auf unseren Tickets vermerkte Uhrzeit mit der Abfahrtszeit übereinstimmt.
Da dies passt, dürfen wir den Bahnsteigbereich betreten.
Auf dem Bahnsteig finden sich dann mittels kleinen Sperrketten weitere Bereiche, die wohl so einer Art Gruppenbildung dienen.
In jede dieser Gruppen packen die Einweiser nämlich nun in etwa so viele Leute, wie von unserem fachmännischen Auge geschätzt in einen Personenwagen passen.
Wir suchen uns relativ weit vorne eine Gruppe aus, wobei ich gerne in den Wagen hinter der Lok aufgerückt wäre.
Wäre für unterwegs wohl mit Sicherheit eine der besten Fotopositionen, wenn man aus dem Fenster heraus fotografiert.
Die Bahnsteigaufsicht macht mir allerdings einen Strich durch die Rechnung, indem sie uns auf eine der mittleren noch leeren Gruppen zuteilt. Schade.

Nur wenige Minuten später fährt dann unser Zug mit der kraftstrotzenden Lok 17 2231 gegen kurz nach halb 11 ein.
Und wieder einmal müssen wir uns über uns selber wundern!
Im Alltag sehen wir die Züge immer in den Bahnhof einfahren. Mindestens 2x am Tag, mit Umsteigen auch 4x. Und niemals ist das etwas besonderes.
Aber heute? Da kribbelts!
Warum nur?
Irgendwas Besonderes muss schon an diesem Flambahnzug dran sein!
Natürlich wird es zum einen die Strecke sein. Wir fahren ja nicht mit diesem Zug, weil wir ein besonderes Ziel erreichen wollen, sondern weil die Bahnfahrt ansich ja das Highlight darstellt.
Aber es ist vielleicht auch ein ganz klein wenig der Umstand, wie die Bahn hier regelrecht „zelebriert“ wird!
Zuerst das vorgefertigte Ticket, dann die abgesperrten Bahnsteige, der große Andrang und natürlich die vielen Bahnbediensteten, die hier irgendwie gefühlt einen viel größeren Stellenwert besitzen, als ihre deutschen Kollegen auf den Bahnsteigen und Zügen unserer Region.
Und natürlich liegt es auch ein bisschen an der Klientel der Fahrgäste.
Alle freuen sich auf die Fahrt, das merkt man!
Und es erscheint ein wenig so, als würden die, die jetzt und hier mit dem exklusiven 11 Uhr- Zug fahren dürfen, dies ganz besonders genießen.
Fast so, als wäre man in einem exklusiven Club oder sowas.
Spontan fällt mir das Klischee des „Orient Express“ ein, wo man ja auch nicht mit einem Fahrausweis des Verkehrsverbundes so mir nichts dir nichts einfach einsteigen konnte.

     17 2231 Einfahrt in Flam
     Hurra, da kommt ja unser Zug! Die Flambahn mit der Lok 172231 fährt an den Bahnsteig 4

Wir haben auch ein kleines Video von der Einfahrt des Zuges an den Bahnsteig gedreht:

Der Zug kommt am Bahnsteig zum Halten und spuckt natürlich zunächst mal unglaublich viele Fahrgäste aus.
Boah, kommen die ALLE aus diesem Zug?
Man mag es kaum Glauben und trotzdem dauert es wirklich einige Minuten, bis sich der Bahnsteig vom Tross der eingetroffenen Fahrgäste erholt hat.
Und noch immer tröpfeln letzte Fahrgäste nach.
Einige machen noch Bilder, andere trödeln einfach nur so vor sich hin.
Trotzdem werden sie mehr oder weniger von einer Kolonne Bahnbediensteter vor sich her getrieben, die parallel über den Bahnsteig und durch den Zug gehen, damit auch ja kein Schwarzfahrer für eine mögliche zweite Tour zurückbleibt.
Während wir also auf die Freigabe des Bahnsteigs warten, schauen wir uns unsere Mitreisenden ein wenig an.
Fast schon instinktiv haben wir während der ganzen Zeit hier am Bahnsteig recht leise gesprochen.
Muss ja keiner mitbekommen, dass wir Deutsche sind!
Natürlich nicht, weil uns dessen schämen würden, sondern eher aufgrund der Tatsache, dass die Azura (also das Kreuzfahrtschiff) gefühlt so an die 99% Passagiere aus England an Bord hat, die nun natürlich auch mit uns hier im Pulk der Wartenden stehen!
Und wer sich nun an den gestrigen Tag mit einem grandiosen Fußballspiel Deutschland gegen England zurück erinnert und sich dabei besonders die durch den Fehlentscheid des Schiedsrichters verpasste Chance für die Insulaner zurück erinnert, dem wird klar, warum wir als 2 einsame Deutsche hier in einem Pulk voller „Tommies“ nicht den Fritz machen wollen!
Zugegeben, um uns herum stehen jetzt nicht gerade Britains beste Fußballraudies oder Hooligans aus Glasgow, sondern eher ältere Menschen im „besten Kreuzfahrtalter“.
Natürlich könnte ich also, wenn man sich mal ein mögliches GAU- Szenario für den Bahnsteig überlegt, locker die ersten 10 noch umnieten. Aber wenn dann Gebisse und Gehilfen aus allen Richtungen fliegen, dann trifft mich zwangsläufig irgendwann was am Kopf und Anja wäre den älteren Herrschaften hilflos ausgeliefert. 😉
Also geben wir unsere Identität jetzt mal nicht so offensichtlich preis, wie man es nach einem erdrutschartigen 4- Tore- Sieg gegen unsere „Hassliebe“ England sicherlich auch mal sein dürfte.
„Genugtuung für Wembley“ war gestern der einhellige Tenor im Fernseher, was sicherlich auch stimmt. Aber müssen wir es deswegen gleich den Leuten hier unter die Nase reiben, dass uns dies freut?

Gegen viertel vor 11 gibt das Servicepersonal grünes Licht und wir können rein in den Zug. Super!
In bester Kölner- Raum- Nahverkehrsmanier (das ist wie Guerilla- Krieg, nur schlimmer 😉 suchen wir uns sofort nach dem Einsteigen 2 sehr gute Plätze in einer kleinen 4er- Sitzgruppe des Großraumwagens.
Natürlich belegen wir dabei die beiden Fensterplätze, wir wollen ja auch was sehen!
Schnell richten wir uns ein, damit ich noch ein paar Bilder von drinnen und draußen machen kann.
Besonders von innen gewinnt der vorhin bereits kurz erwähnte Eindruck des „Orient- Expresses“ neuen Vortrieb!
Dieser Wagen hat mit seiner Einrichtung wirklich kaum was von dem, was man in unseren Zügen vorfindet.
Die deutsche Funktionalität (soll heißen möglichst viele Fahrgäste auf möglichst wenig Raum) steht hier gediegenem Ambiente mit stoffbezogenen Sitzen in großzügigen Sitzgruppen mit holzvertäfelten Wänden und Decken gegenüber.
Echt klasse! Reisen mit Stil!

         
     Einsteigen in den Zug (sorry, wegen der Hektik verwackelt)  Edles Ambiente: Rote stoffbezogene Sitze wie im Orient Ex.

Schnell husche ich natürlich aus dem Zug nach draußen, damit ich auch noch ein Bild von Anja im Zug machen kann, während die übrigen Fahrgäste weiter in den Zug steigen.

Spontan bietet mir ein Herr an, doch ein  Bild von Anja und mir im Zug zu machen.
Ich zögere kurz (man kennt ja die Geschichte vom Kameradieb mit einer solchen Aktion…), gebe dem Mann aber dann doch die Kamera.
Der wird ja wohl kein Ticket gekauft haben, um dann anderen Reisenden die Kamera klauen zu können. Und ohne Ticket hätte er es nicht hier auf den Bahnsteig geschafft.
Nun, wie man sieht hat der Mann nicht unsere Kamera geklaut, denn wir können dieses Beweisbild von uns in der Flåmsbana – Flambahn vorzeigen:

     Die VIPs der Flambahn ;-)
     Hier das Beweisbild: Anja und ich im Flambahnzug nach Myrdal 🙂

Absolut mega- pünktlich rollt der Zug um 11 Uhr vom Bahnsteig ab!
Respekt, bei dem Reisendenandrang eine gute Leistung!
Nach nur wenigen Metern Fahrt hören wir dann das erste vertraute Hupen der Flambahn, was uns heute früh ja auch aus dem Schlaf geweckt hat.
Und daher wissen wir, dass wir gleich am Campingplatz und an unserem Wohnmobil vorbei fahren:

         
     Die letzten Fahrgäste steigen ein, wir fahren ab…          Wir passieren den Campingplatz „Flam Camping“

         
     Jetzt geht es schön durch die norwegische Landschaft    Vorbei an Hügelketten und Wasserfällen

Wir sind kaum losgefahren, da bremsen wir auch schon wieder!
Nanu, was los?
Selbstmörder? Lokstörung? Signal defekt?
Nichts davon.
Es ist die erste von insgesamt 8 Haltestellen dieser Fahrt und wie man es fast erwarten könnte, steigt hier in „Lunden“ auf 16 Höhenmetern (die jeweilige Höhe steht extra unter dem Bahnhofsschildchen drunter) weder jemand in den Zug ein, noch aus.
Hab ich auch nicht erwartet.
99,99 % der Fahrgäste werden Touristen sein, die die ganze Strecke von Flam bis Myrdal fahren und ich bin sicher, dass auch weit über die Hälfte mit dem gleichen Zug wieder zurück nach Flam fahren und nicht in Myrdal in einen Zug nach Bergen oder Oslo umsteigen werden.
Auch wird der kleine Bahnsteig nebst Holzbretterbude als Windschutz diesem Zug gar nicht gerecht! Der Zug passt ja noch nicht einmal an den Bahnsteig dran und steht hinten wie vorn um mehrere Wagen über!
Trotzdem erkennt man an dem kurzen Halt, dass es sich doch noch um eine Eisenbahn handelt, die mal in erster Linie für die Überwindung einer Strecke gedacht war.
Und nicht als Vergnügungsfahrt.
Und so halten wir eben in Lunden und auch der Schaffner kümmert sich mit Bahnsteigsicherung und Abfahrtauftrag mit der Kelle um seinen Job.
Weiter geht´s…

         
     Der erste Bahnhof mit (viel zu) kurzem Bahnsteig         Niemand steigt ein oder aus, also fahren wir weiter

Keine vier Minuten später stehen wir schon wieder.
Erneut ein kleiner unterdimensionierter Bahnsteig mit einem weiteren gelbem Weterhäuschen und erneut halten wir nur, um wenigstens dein Eindruck einer „echten Eisenbahn“ zu erzeugen. Erneut passt der Zugbegleiter auf, dass keiner die Bremssohlen klaut oder ohne Fahrkarte einsteigt…
Nur ein kleiner Unterschied: Am Bahnhofsschild steht nun „Håreina“ und wir befinden uns auf 48 Höhenmetern.
Naja.
Ich nehme mir vor, für den Rest der Fahrt nicht mehr extra zu erwähnen, wenn wir an einem Bahnsteig halten, es sei denn, dort passiert auch mal was…

         
     Wieder ein schmaler Bahnsteig mit kleinem Häuschen    Bahnhofsschild Håreina mit Info: 48 Höhenmeter

Kaum fahren wir weiter, wird die Landschaft auch deutlich schöner!
Und damit wir auch wissen, was wir gerade sehen, lauschen wir natürlich den Durchsagen im Zug!
Immerhin wird neben Norwegisch nämlich auch auf Englisch durchgesagt, was wir uns gerade anschauen. Wenn auch manchmal etwas zeitversetzt.
Schön dabei ist, dass wir dabei wirklich die ganze Zeit die Köpfe aus dem geöffneten Fenster halten können und dabei zahlreiche Bilder machen.
Und sogar meine Sorge bezüglich einer möglichen Überfüllung des Zuges ist ausgeblieben.
OK, der Zug ist gut mit Fahrgästen bestückt, keine Frage.
Aber niemand muss stehen und sogar die beiden Plätze in unserer 4er Gruppe sind frei geblieben, sodass wir uns sogar ein wenig ausdehnen können.
Sehr schön!

Mit dem Bildermachen aus dem fahrenden Zug ist natürlich eine schöne Sache.
Aber man muss dabei auch gut aufpassen!
Denn nicht selten kommen dicht stehende Masten von Signalen, aber auch mal Felsen und Vorsprünge, die den herausgestreckten Arm oder Kopf schnell 2 Wagen weiter hinten einsortieren würden!
Ich bin hin und her gerissen, ob ich das gefährlich finden soll, oder ob ich es lieber genießen soll.
Am Ende entscheide ich mich dann aber doch für letzteres, die Eindrücke mit Kopf aus dem Fenster und Fahrtwind im Gesicht sind einfach zu schön.

Schnell passieren wir eine kleine Siedlung, die aufgrund der bereits gut angestiegenen Trasse von oben fast schon wie eine Spielzeuglandschaft aussieht.
Locker könnte man dieses Fleckchen Erde 1:1 hier rausreißen und bei Außerirdischen oder einem Riesen als Modelleisenbahn fahren lassen.
Perfekte Bahnweltidylle!
Überall alles herum grün, nur eine sehr schmale Straße und kleine Häuschen in einem Dorf.
Dazu ein paar Berge und Hügel drumherum, die die Szenerie abrunden.
Schöner kann selbst die beste Modelleisenbahn nicht aussehen!
Das Dörfchen, so erfahren wir übrigens über die Lautsprecherdurchsage, ist das eigentliche Dörfchen „Flåm“. Die aus dem Jahr 1667 stammende Kirche ist dabei das wohl älteste Bauwerk und wird besonders erwähnt.

     Die historische Kirche in Flåm
     Wie eine Modellbahnlandschaft, Teil 1: Hier die historische Kirche zu Flåm

     Fahrt durch das Grüne mit der Flambahn
     Wie eine Modellbahnlandschaft, Teil 2: ein kleiner Fluss mit Holzbrücke, grüne Wiesen und Bäume

     Blick auf das Dörfchen Flam
     Wie eine Modellbahnlandschaft, Teil 3: Hier noch der komplette Blick auf das Dörfchen Flåm vom Zugfenster aus

Übrigens, nochmal zurück zum kleinen Weg neben der Bahnschiene. Tatsächlich folgt die schmale Straße die ganze Zeit mal mehr mal weniger parallel der Bahntrasse.
Das gefällt mir gut und so überlege ich, ob das Fahren auf diesem Weg auch mit unserem Wohnmobil möglich wäre.
Meine Idee reift und ich könnte mir zum Beispiel gut ein Bild mit Wohni und der Flambahnlok vorstellen!
Idealerweise klappt dies ja vielleicht an einer der kleineren unteren Bahnstationen. Der Bahnsteig ist ja eh nicht über die ganze Zuglänge verteilt und so könnte man vorne wie hinten an den Zug ganz dicht heran fahren!
Nur Anja ist merkwürdigerweise von meiner Idee nicht begeistert, weist an einigen Stellen auf eine mögliche Engstelle des Weges und der Inkompatibilität mit dem Wohnmobil hin.
„Ach was, papperlapapp, das geht schon!“
„Na wenn du meinst…“
„Muss ja nicht ganz oben sein! Reicht ja auch im Tal oder so.“
Naja, schauen wir morgen.

Nachdem wir das historische Dörfchen Flåm hinter uns gelassen haben, wird die Strecke nun gebirgsartig. Man merkt regelrecht, wie die Strecke nun deutlich steiler wird und wir den Berg erklimmen.
Auch fährt die Bahn nun die ersten sehr umfangreichen Bögen, sodass wir, neben der nach wie vor tollen Landschaft auch aus dem fahrenden Zug heraus die Lok nebst der ersten Wagen im Bogenradius schön fotografieren können:

     Die Flambahn schlängelt sich den Berg hinauf
     Die Flambahn schlängelt sich den Berg hinauf „Ich schaff es noch, ich schaff es noch, ich schaff es noch…“ 😉

Wieder stoppt der Zug, wieder halten wir für das Alibi „Wir sind als Eisenbahn ja eigentlich ein Transportmittel und unterwegs steigen Passagiere zu und aus…“ an einem kleinen Bahnhof an.
Dieses Mal ist es Dalsbotn (auf 200 Höhenmetern) und eigentlich wollte ich es auch gar nicht erwähnen.
Denn auch hier steht ein kleines gelbes Wetterschutzhäuschen und auch hier steigt in Wahrheit niemand zu oder aus.
Ich erwähne es eigentlich nur, weil es hier nun noch nicht einmal mehr einen Bahnsteig gibt!
Hier steht einfach nur das kleine Haus und das wars!
Eine einfache Bordsteinkante haben sie aber immerhin aufgebaut, sodass man immerhin nicht höhengleich mit der Schienenoberkante einsteigen muss.
Aber ansonsten? Ginge das Zu- und Aussteigen wohl nur mittels einer Trittleiter oder vielleicht einem aus dem Zug hängenden Seil 😉

Weiter geht die Fahrt, wieder müssen die beiden am Zug befindlichen Elektroloks (eine vorne, eine hinten) ordentlich den Zug ziehen bzw. schieben.
Auch geht es wieder durch Tunnel durch, wenn ich richtig gezählt habe, fahren wir hinter Dalsbotn nun sogar schon in den dritten hinein.

         
     Wieder ein Tunnel, davon gibt es hier reichlich…      Vorsicht beim Blick aus dem Fenster, die Kante kommt nah!

In recht kurzem Abstand folgen noch 2 weitere Tunnel, dann eine Brücke, eine Fahrkartenkontrolle und noch 2 weitere Tunnel, bis wir etwa auf der Hälfte der Strecke in Berekvam eintreffen.
Hier ist der Bahnhof dann sogar schon etwas größer!
Es gibt ein Klo, ein kleines überdachtes Bahnhofsgebäude mit Tür und sogar einen richtigen Bahnsteig, an den mal mehr als nur 2 Wagen dran passen, wenn auch nicht wirklich viel mehr…
Es gibt sogar eine örtliche Aufsicht hier, die zusammen mit dem Schaffner die Reisenden sichert.
Einige steigen hier sogar aus, aber nicht, weil sie schon immer mal sehen wollten, was Berekvam so zu bieten hat.
Viel mehr geht es um die beste Fotoposition, denn allein schon das Vorhandensein eines zweiten Gleises mit Bahnsteig neben uns deutet an: Gleich kommt hier ein zweiter Zug!
Die Flambahn ist nämlich eingleisig, also wird hier in Berekvam eine eisenbahntechnisch erforderliche „Kreuzung“ von Zügen stattfinden.

„Da, da, DA, guck!!! Das geht!“ triumphierend zeige ich auf ein Wohnmobil, welches doch tatsächlich den schmalen Versorgungsweg hier an der Flambahn entlang fährt.
Geht doch! Und wenn der hier mit einem dicken Hymer- Alkoven entlang fahren kann, schaffen wir dies doch auch ganz bestimmt mit unserem Wohni!
Anja schaut zwar nach wie vor skeptisch, aber gegen die offensichtliche Tatsache, dass auch andere Wohnmobile hier rauf fahren, kann sie ja eigentlich keine weiteren Einwände mehr haben.
Also schauen wir mal morgen, ob wir nicht auch mit unserem Wohnmobil mal für ein paar schöne Fotomotive hier an der Flambahn entlang fahren.

         
     Einfahrt in den Bahnhof Berekvam                                Der örtliche Aufsichtsbeamte ist auf seinem Posten…

         
     Der Bahnhof von Berekvam ist wieder etwas größer      Versorgungsweg neben der Flambahn: Ein Wohnmobil!

Während wir auf den Gegenzug warten überlege ich kurz, ob ich den Zug vielleicht für ein paar Bilder verlassen soll, entscheide mich dann aber doch dagegen.
Aus dem Fenster heraus kann man ja auch schöne Bilder machen und so warten wir gemeinsam auf den Zug, der sich nach etwa 10 Minuten Wartezeit mit lautem ankündigenden Gepfeiffe gegen 11:26 Uhr am Nachbarbahnsteig einfindet.
Und schon stehen 2 komplett besetzte Reisezüge am Bahnsteig in Berekvam und man könnte meinen, wir wären hier am Kölner Hauptbahnhof! 😉
Nur passt nicht ganz dazu, dass so gar niemand umsteigen will!
Stattdessen beäugen etwa 50 Augenpaare aus dem gegenüberliegenden Zug uns und wir beobachten etwa die gleiche Anzahl Fahrgäste im anderen Zug.
Irgendwie komisch.
Aber hey, das ist doch lustig!
Genau uns gegenüber sitzt eine Gruppe Asiaten, mit Kameras von klein bis groß wohl behangen!
Und weil die sicher ein nettes Fotomotiv gebrauchen können, winke ich einfach mal!
Einfach so!
Huhu, ihr da hinten!!!
Sofort winken die freundlichen Asiaten zurück und lächeln durch das Fenster.
Wir lächeln und winken weiter, sodass wir uns nun sogar gegenseitig lächelnd und winkend fotografieren.
Witzig wäre jetzt noch, wenn auch die Asiaten vielleicht ein online- Reisetagebuch führen würden, wie wir es tun!
Denn wir haben sie und sie hätten uns, sodass  wir vielleicht auf einer asiatischen Ausgabe der „transitfrei.de Homepage“, *äh*, ich meine natürlich der „tlansitflei- Homepage“ gerade winkend am Flambahnzug gezeigt werden. 😉

         
     So, der Gegenzug kommt. Na endlich!                       Quizfrage: Woran erkennt man den asiatischen Touristen? 😉

         
Genau: Immer lächeln und ne Kamera!   Winke-winke 🙂    Nur ein kurzer Stopp, dann ist der Gegenzug wieder weg

Kurze Zeit später verlässt der talwärts fahrende Zug mit unseren winkenden Asiaten die Station wieder und auch wir fahren kurz darauf weiter.
Sofort wird die Strecke abenteuerlicher und nicht selten muss man auf seinen Kopf aufpassen, damit dieser nicht in einem der Gleisbögen an einer plötzlich und scharf auftauchenden Felswand hängen bleibt.
Das kann dann nämlich wirklich buchstäblich „ins Auge gehen“!

         
     Mit den Felskanten muss man wirklich vorsichtig sein      Teilweise geht es wirklich sehr eng zu!

Während sich die Flambahn immer wieder durch Bögen und Tunnel schiebt, bietet sich auf unserer Seite der Strecke erneut ein schöner Blick in ein fast ursprünglich wirkendes Tal.
Grüne Wiesen, Büsche, Bäume. Dazu Wasser in einem Fluss und natürlich wieder die charakteristischen Wasserfälle, die wir schon auf der Fahrt hierher am gestrigen Tag entdeckt haben und die man auch von unserem Campingplatz aus sehen kann.
Sieht schon stark aus und es ist mal eine willkommene Abwechslung, dass wir uns beide auf die Natur und sich nicht einer auf das Fahren konzentrieren muss.
Die Strecke ist wirklich zu Recht eine der schönsten Bahnstrecken in Europa und wir bereuen die teuren Fahrkarten nicht eine Sekunde.
Auch unsere Plätze haben wir bestens gewählt! Mit deutlicher Mehrheit sind nämlich die Aussichten auf unserer Seite (also in Fahrtrichtung rechts) viel schöner, als auf der gegenüberliegenden Seite, wo man eher öfter auf Felswände schauen darf.
Nicht selten kommen daher auch die Damen und Herren aus der uns gegenüberliegenden Sitzgruppe zu uns rüber, um aus unserem geöffneten Fenster ebenfalls ein paar Bilder vom Tal und von den Wasserfällen zu machen, die sich uns offenbaren.

         
     Die Strecke führt dicht am Fluss entlang                       Kleine alte Häuser stehen am Ufer

          
     Wir fahren höher! Jetzt können wir die Wasserfälle bewundern, von denen es hier einige gibt! An jedem Hang fließt Wasser

     Tal am Fluss und Wasserfall der Flambahn
     Wieder die schönsten Ausblicke während der Fahrt: Hier in ein total idyllisches kleines Tal am Fluss und Wasserfall

     Versorgungsweg neben der Flåmbahn
     Hier sieht man mal schön den Versorgungsweg neben der Flambahn. Geht auch mit dem Wohnmobil, oder? 😉

    
     Hier sieht man einen Halbtunnel, die Bahnstrecke durchfährt später an dieser Stelle einen Wendel

Ein weiteres Mal stoppt der Zug.
Dieses Mal aber erkennbar nicht mehr vor dem Hintergrund, dass man ja eine Eisenbahn zwecks Transportgründen betreibt, sondern wohl eher nur der Touristen wegen.
Denn hier, in bzw. an der Station Kjofossen befindet sich mal überhaupt nichts, was einen Stopp rechtfertigen würde.
Wir stehen inmitten einer Felswand, halb im Tunnel.
Rundherum gibt es nichts, kein Haus, keine Scheune, keine Siedlung.
Selbst die obligatorische „Milchkanne“, an der jeder Bummelzug normalerweise halten muss, fehlt hier!
Dafür aber gibt es einen besonders schönen Einblick in einen Wasserfall, der von einer hölzernen breiten Plattform aus betrachtet und sogar „hautnah“ erlebt werden kann!
Denn der Wasserfall schleudert Millionen von kleinen Wassertröpfchen als Gischt über die sich schnell auf dem Plateau sammelnde Menge von Touristen und überzieht diese mit einem feuchten Beschlag. Haut und Haar, Hemd und Hose und natürlich die Kameras werden vom Sprühnebel nicht verschont, sodass man hier durchaus auch eine Ganzkörperdusche problemlos mitmachen könnte.
Auch Anja steigt nach kurzem Zögern aus, um ein paar schöne Bilder zu machen.
Ich selbst bleibe im Zug zurück, damit wir unsere Plätze nicht verlieren, auf die eine Dame in der Sitzgruppe neben uns schon die ganze Zeit irgendwie ein Auge geworfen zu haben scheint.
Hier aber erstmal 2 Bilder von Anja, bevor die Reise weitergeht:

          
     Gedränge am Haltepunkt Kjofossen…                          Alle wollen den Wasserfall tosen und toben sehen!

Ach ja, fast hätte ich es vergessen!
Wir stehen kaum, da beginnt eine ganz besondere „Show“ nur für die Touristen mit Klängen und Theaterspiel!
Nur zu gerne würde ich von dieser kleinen Darbietung genauer berichten, aber Anja und ich haben beschlossen, nicht gleich alles von der Flambahn zu verraten, damit wir den neugierigen Lesern dieser Reise wenigstens noch ein Geheimnis lassen, welches es zu erkunden gibt. 😉
Wir fanden es jedenfalls ganz toll, dass sich die Flambahn hier diese kleine nette Idee hat einfallen lassen, um den Touristen was zu bieten, ohne dabei großen Aufwand zu betreiben.
Trotzdem kam das unerwartet und hat uns daher auch so gut gefallen.
Sehr schön!
Achtung, wichtig!: Das kleine Plateau mit der „Showeinlage“ ist gerade mal 2 auf 3 Wagenlängen lang! Da der Zug mehrere Wagen führt, stehen die Wagen ganz vorn und ganz hinten zwangsläufig im Tunnel!
Wer also mal mit der Flambahn fährt und sich plötzlich wundert, warum der Zug stoppt, sollte mal schauen, ob sich der Zug vielleicht gerade hier befindet. Dann aber schnell in die Mitte und raus! Sonst verpasst man das Schauspiel! 😉

Nach dem Stopp und dem Aufsammeln aller auf dem Plateau rund um den Wasserfall versprengten und auch leicht durchnässten Fahrgästen geht die Reise weiter.
Noch immer klettert unser kleiner Zug tapfer die Anhöhe und es fehlt subjektiv nicht mehr viel, bis wir bei Petrus wohl am Himmeltor vorbei fahren werden.

Die Strecke hat ein weiteres Highlight zu bieten.
Wir fahren nämlich kurz darauf durch den bereits vorhin von außen gesehenen „Halbtunnel“, wobei die rechte Seite offen ist und nur mit Stelzen und Stützen gegen das Herabstürzen gesichert ist.
Diese Stützen sind Teil einer etwas abenteuerlich anmutenden Holzkonstruktion, die bei uns ein wenig das Feeling der „Silbermine“ im Phantasialand aufkommen lässt.
Oder vielleicht ein „Holz- Rollercoaster“, also eine amerikanische Achterbahn aus Holz.
Wir fahren gefühlt eine komplette Runde im Kreis nur mit dem Unterschied, dass wir am Tunnelausgang ein gutes Stück höher sind, als am Eingang.
Wir sind also tatsächlich durch einen Kehrtunnel gefahren.
Auch absolut ungewöhnlich und schon etwas besonders!

         
     Weiter zieht unsere tapfere Lok den Zug den Berg hoch   Wir kommen der Himmelspforte immer näher 😉

         
     Abenteuerlich! Holzkonstruktionen im Tunnel               Hier ist es wenigstens eine Betonwand…

Noch 2 Mal stoppen wir unterwegs, wobei wir in Vatnahalsen (811 Höhenmeter) zum ersten Mal nennenswert einen Passagierwechsel erleben.
Viele Leute steigen hier aus, um wohl das letzte Stück nach oben zu laufen.
Auch unser WOMO- Reiseführer empfiehlt sogar auf einer ganzen ausführlich beschriebenen Seite einige Wandermöglichkeiten rund um die Flambahn, denen wir aber nicht wirklich zugeneigt sind.
Wir haben ja nicht umsonst eine Hin- und Rückfahrkarte gelöst 😉

         
     In Vatnahalsen (811 Höhenmeter)…                          …steigt eine ganze Schar wanderfreudiger Gäste aus

Etwas mehr als einen Kilometer fahren wir daraufhin noch, bis wir um kurz nach 12 an der Endstation in Myrdal (mit 866 Höhenmetern) ankommen.
Die Flambahn endet (und wendet) hier, aber man hätte von hier aus Anschluss an die norwegischen Fernzüge sowohl nach Bergen, als auch nach Oslo.
Der Bahnhof hier ist sogar ein bisschen größer, sodass unser Zug komplett an den Bahnsteig passt und auch auf den anderen Bahnsteigen erkennt man schon einen typischen Umsteige- Knotenpunkt für Bahnreisende.

Einige Passagiere verlassen nun natürlich den Zug.
Auch wir hatten überlegt, ob wir uns vielleicht hier in Myrdal einmal umschauen sollten.
Aber als wir gestern die Fahrkarten gekauft haben, hat man uns diese Idee leider verhagelt.
Denn die Hin- und Rückfahrkarte wird direkt für den Folgezug ins Tal ausgestellt, sodass wir mit der gleichen Fahrzeuggarnitur zurückfahren müssen.
Wir könnten zwar, so hat man es uns gesagt, auch aussteigen und z.B. einen Zug später nehmen, dann aber würden unsere Tickets nicht mehr auch als Garantie für einen Sitzplatz gelten.
Wäre dann etwas frei, OK, aber wenn nicht, müssten wir im schlimmsten Fall bis zum nächsten Zug oder sogar auf noch spätere Züge warten.
Und das war uns zu heikel, sodass wir uns schon gestern Abend entschieden haben, den Zug gar nicht erst zu verlassen und gleich auf die Rückfahrt um kurz nach 12 zu warten.
Viel hätte Myrdal eh nicht zu bieten, wie ein Blick aus dem Zugfenster beweist.
Der ganze Ort bzw. die paar Häuser rund um den Bahnhof scheinen wirklich nur als Kulisse für den Bahnhof zu dienen, weil sich hier nunmal die Fernbahn und die Flambahn treffen.
Mehr nicht.

         
     Einfahrt nach Myrdal, die Endstation der Flambahn     2 Loks stehen am Tunnel zur Fernbahn Oslo – Bergen

          
     Schau an, ein richtiger Bahnsteig 😉                          Hier das Beweisbild: Myrdal mit knapp 867 Höhenmetern

Mit Blick auf viel Natur aber wenig Zivilisation rund um Myrdal sind wir über unsere Entscheidung eine Besichtigung auszulassen auch nicht traurig, als wir uns um 12:13 Uhr nun talwärts in Bewegung setzen.
Neben der Fahrtrichtung haben wir übrigens auch den Platz gewechselt!
Obwohl der Fensterplatz auf der Bergfahrt in Fahrtrichtung rechts mit der besseren Aussicht aufwartet, wollen wir nun auf der Talfahrt nun auch mal auf der anderen Seite aus dem Fenster schauen.
Auch geben wir die schöne 4- er Sitzgruppe frei, damit andere den schönen Ausblick genießen können.

         
So, alle rein jetzt, wir wollen abfahren *drängel-schubs*    Haben alle einen Platz? Sieht jedenfalls so aus… 😉

         
     So, Türen zu, das Signal zeigt auch schon Fahrt…      Fehlt nur noch der Abfahrauftrag. Juchu! Auf Wiedersehen!

Von der Talfahrt werden wir übrigens nicht so umfangreich berichten, wie wir es von der Bergfahrt gemacht haben.
Im Prinzip passiert ja genau das gleiche, nur umgekehrt.
Wir stoppen an den einzelnen Bahnhöfen, halten natürlich auch wieder am Wasserfall mit dem Aussichtsplateau (inklusive neuer „Showeinlage“ 😉 und auch sonst ist die Fahrt nicht viel anders.
Der Zug kommt uns vielleicht ein klein wenig voller vor, dies kann aber auch an der neuen Sitzverteilung im Zug liegen.
Vielleicht wäre noch erwähnenswert, dass wir neben den beiden bestehenden Loks noch eine dritte Lok mit an den Zug bekommen haben.
Es ist die gleiche Baureihe Typ EL 17, allerdings ist die mitgeschleppte Schlusslok in roter Farbgebung unterwegs und zeigt somit eine offizielle „NSB- Lok“.
Vielleicht ist ja im Tal eine Lok kaputt oder so, sodass sie die Lok hier zusätzlich mitnehmen.
Ein schönes Fotomotiv in einer der vielen folgenden Gleisbögen ist es, neben einigen anderen Fotomotiven der Rückfahrt im Schnelldurchlauf, in jedem Fall:

         
     Abfahrt in Myrdal, dieses Mal mit Blick auf die andere Seite   Hier ein kleiner See mit Häuschen am Wasser

         
     Wieder stoppen wir an kleinen gelben Bahnhofshäuschen   Wieder fahren wir durch abenteuerliche Holzbauten

         
     Stopp im Tunnel? Ganz klar, wir sind wieder…               …am Wasserfall Kjofossen!

         
     Sieht noch genauso aus, wie vorhin 😉                        Sogar mit Schild! 93 Meter freier Wasserfall…

         
     Für den besonderen „Haltewunsch“ an schönen Stellen 😉  Kann man das sehen? Wir schleppen eine rote Lok mit…

In Berekvam findet gegen viertel vor 1 wieder eine Kreuzung mit einem bergwärts fahrenden Zug statt.
Dieses Mal fahren wir in den Bahnhof auf das linke Gleis am Bahnsteighaus ein und der aus Flam kommende Zug steht schon wartend auf dem rechten Gleis bereit.
Sehr schön, so hab ich es nämlich erhofft und ich kann ein schönes Bild vom wartenden Zug machen, was jedes Herz eines Eisenbahnfotografen und Trainspotters (oder im Fachjargon auch „Fuzzy“ genannt) höher schlagen lassen wird:

     Kreuzung der Flambahn in Berekvam
     Der bergwärts fahrende Zug der Flambahn wartet in Berekvam darauf, dass wir das Gleis nach oben freigeben…

Beim Blick in den gegenüberliegenden Zug entdecken wir erneut etwas Kurioses.
Zwar ist dieses Mal keine asiatische Reisegruppe dabei, aber wir entdecken bei der Ausfahrt immerhin einen Bahnbediensteten im Dienstabteil, der seine Füße auf einen Tisch gelegt hat.
Komplett mit Schuhen.
Gelangweilt schaut er aus und es ist schade, dass durch ein solches Bild der vorhin im Tal noch gewonnene positive Eindruck der Bahnmitarbeiter so ein wenig leidet.
OK, er muss ja nicht gerade schaulaufen, aber wenn ich doch weiß, dass aus dem vorbeifahrenden Zug ein paar hundert Köpfe aus dem Fenster schauen, lege ich doch als Bahnangestellter (und damit Aushängeschild der Flambahn!) nicht die Füße auf den Tisch!
Naja, was soll´s (wir haben uns übrigens entschieden, das Bild aufgrund des Persönlichkeitsrechts nicht öffentlich zu zeigen, wir bitten um Verständnis).

         
     So, der „Bergzug“ kann weiter fahren…                   Hier nochmals gezoomt: Wir schleppen eine rote Lok mit

Der Rest der Talfahrt verläuft unspektakulär.
Wie wir erwartet haben, schauen wir nun mehrheitlich direkt auf Hang, Fels und Baum am Schienenweg und weniger in die aussichtsreichen Täler auf der anderen Seite.
Aber das macht gar nichts.
Denn seit ein paar Minuten hat es sogar angefangen zu regnen, was nun überhaupt keinen Spass mehr macht!
Durch den Fahrtwind peitscht einem der Regen nicht nur ins Gesicht, er nässt auch die Kamera voll, die für Wasser auf Objektiv, Gehäuse und Linse so gar nicht zu haben ist.
Wir freuen uns natürlich, dass es erst jetzt zu regnen anfängt, denken aber auch gleichzeitig an die armen Fahrgäste (wie unsere Nachbarn vom Campingplatz), die heute noch ihre Flambahnfahrt erleben wollen.
Und im Regen ist das bestimmt bei weitem weniger schön, als unsere Bergfahrt.
Bei uns hat wirklich alles gepasst und wir hatten sowohl mit der Seite wie auch mit dem Wetter Glück.
Aber alle die nach uns fahren, müssen zumindest Abstriche beim Fensterstehen hinnehmen.
Je tiefer wir fahren, desto mehr regnet es sich ein.
Fast scheint es so, als seien die Wolken über den Sognefjord gezogen und würden nun am Höhenzug festhängen und sich erstmal ausregnen, bevor sie an Höhe gewinnen und weiterziehen können.

         
     Es geht talwärts, hier rechts nochmals der schmale Weg   Schöne Ausblicke in türkisblaue Flüsse

         
     Die Flambahn fährt erneut durch die Tunnel            Die „Ersatzflambahn“ für alle ohne Fahrschein 😉

Um kurz nach 13 Uhr fahren wir mit wildem Gepfeife (was eigentlich als Achtungspfiff für den am Bahnhof befindlichen Bahnübergang und weniger zur Vorankündigung für Touristen und Fahrgäste gedacht ist) wieder in den Bahnhof ein.
Sofort setzt reges Treiben ein und die allermeisten Passagiere können es kaum erwarten, den Zug zu verlassen.
Auch wir packen natürlich unsere Sachen zusammen und schauen besorgt aus dem Fenster, wo sich ein doch recht starker Regen gerade ausregnet.
Puh, wir haben gar keinen Schirm dabei!!

Eigentlich sind wir viel zu früh wieder in Flåm, der Tag ist ja gerade mal zur Hälfte rum!
Ein bisschen ärgern wir uns jetzt schon darüber, dass wir wieder zurück auf den Campingplatz müssen und wir wahrscheinlich in Ermangelung von Alternativen aber auch aufgrund des Regens den restlichen Tag dort im Wohnmobil verbringen werden.
Hier rundherum kann man ja nicht sehr viel machen, außer vielleicht mit den Rädern durch einen den längsten Straßentunnel der ganzen Welt durchfahren!
Gleich hinter Flåm im Verlauf der E 16 beginnt er nämlich, der sogenannte Lærdalstunnel und wartet mit 24,5 Kilometern Länge auf und gegen Regen wären wir darin ja auch geschützt.
Puh, das wäre aber doch eine ganz schöne Tour mit dem Rad, denn auf der anderen Seite angekommen müssten wir ja auch wieder umdrehen und den ganzen Weg zurück fahren…
Davon abgesehen, dass man uns mit dem Rad da wohl sowieso kaum reinlassen wird, ist die Idee eh in der Praxis nicht durchführbar.
Wer will schon freiwillig 50 Kilometer per Muskelkraft durch einen Tunnel fahren, nur weil er gerade nichts Besseres zu tun hat???

Und so belassen wir es dabei, dass der Tag ein Faulenztag wird.
Klüger wäre es aber in jedem Fall gewesen, nur eine Nacht von gestern auf heute auf dem Campingplatz zu verbringen.
Wir wären dann heute früh mit dem Wohnmobil vom Campingplatz auf den tagsüber kostenfreien Parkplatz hier rüber gefahren und hätten dann jetzt, nach der imposanten Bahnfahrt, das Wohnmobil wieder startklar gemacht.
Machen viele so und stehen den Tag über für eine Bahnfahrt hier, um dann am Abend (der Parkplatz hat ja Nachtsteherverbot) wieder abzufahren.
Auch wir könnten jetzt ganz toll noch ein kleines Stückchen nach Norden fahren und zum Beispiel den Eisgletscher Nigardsbreen besuchen fahren.
Steht ja immerhin auf meiner Wunschliste (siehe Prolog) drauf!
Dieser wäre etwa 140 Kilometer in Richtung Nord entfernt und wir müssten dann sogar wirklich einmal durch den längsten Straßentunnel der Welt fahren, was ja auch was ganz besonderes wäre.
Aber so? Müssen wir morgen allmählich den Weg nach Süden antreten, wenn wir auf die letzten Tage in Norwegen nicht noch in Eile verfallen wollen.
Echt blöd!

Nun, wir betreten wieder den Bahnsteig und nehmen die Beine in die Hand, um so schnell wie möglich zu den Rädern zu sprinten.
Der Regen ist fies, weil die Tropfen richtig kalt sind!
Und da ich noch nicht einmal eine Jacke dabei habe, ist das Laufen durch den Regen nur im T- Shirt keine schöne Sache.
Anja hat immerhin noch eine Kapuze an ihrem Pullover, aber auch das hilft bei den dicken Tropfen nicht wirklich weiter, sodass wir auf dem Weg zu den Rädern schon gut nass werden.
Schnell schließe ich die Räder auf und wir machen, dass wir Land gewinnen.
Anschauen wollen wir im Regen nichts mehr, zumal wir uns ja gestern ausgiebig umgeschaut haben und auch vom Supermarkt nichts brauchen.

         
     Einfahrt in Flam, die Fahrt geht zu Ende                     Mit dem Rad geht es weiter. Durch den Regen! 🙁

Im Eiltempo radeln wir über die Brücke und rauschen zum Campingplatz und obwohl es wirklich nur ein paar hundert Meter bis zum Campingplatz sind, werden wir vom Starkregen komplett durchnässt bis auf die Knochen!
Nein, so macht Norwegen natürlich keinen Spass!

         
     Einfahrt zum Campingplatz (im Hintergrund die rote Lok)  Oh- weia, das sieht aber grau und trist an den Bergen aus…

An unserer Parzelle angekommen dann das nächste Ärgernis.
Mit Regen haben wir ja nicht gerechnet, daher haben wir es versäumt, unsere Campingmöbel unter die Markise zu stellen!
Nun sind Tisch und Stuhl natürlich komplett durchnässt und sogar unser Wäscheständer ist umgefallen, sodass die heute Morgen gerade noch einigermaßen trockenen Handtücher nun wieder komplett feucht und darüber hinaus auch noch dreckig sind.
Bah, da will man wirklich gar nichts mehr machen.

    
     Na toll! Alles nass und der Wäscheständer umgefallen 🙁

Schnell sichern wir unsere Sachen und verkrabbeln uns dann ins Wohnmobil.
Mit dem Regen zieht nämlich auch ein recht frischer, ja fast schon kalter Wind um die Ferienfahrzeuge, sodass sich eigentlich niemand freiwillig draußen aufhält, auch nicht unter möglichen Markisen oder in den Vorzelten.
Leid tut es besonders Anja natürlich um unsere Nachbarn, die wohl jetzt gerade ihre Flambahnfahrt machen. Bedingt durch die über uns immer dichter werdenden Wolken und natürlich durch den kalten Regen werden sie keine so schöne Aussicht genießen können, wie wir sie auf der Hinfahrt hatten, wenn man bei diesem kalten zugigen Wind und dem Regen überhaupt am geöffneten Fenster stehen kann!
Echt schade.

Das wir so früh zurück sind, hat natürlich auch sein Gutes.
Denn so können wir uns ganz in Ruhe etwas Leckeres zum Mittagessen zubereiten.
Und wer unsere Packliste zu Beginn dieser Reise im Prolog aufmerksam verfolgt hat, ahnt vielleicht, was es geben wird.
Richtig, Nudeln! 😉
Leckere Spiralnudeln mit Tomatensoße wollen wir uns zubereiten, dann aber der Schreck: Wir haben schon wieder kein geeignetes Kochgeschirr dabei!
Schon auf unserer Reise durch Dänemark wurde auf Römö unser geriffelter Pfannenwender zum Nudelsieb und hat uns mehr oder weniger Etappennudeln ermöglicht. Naja.
Immerhin, an den zweiten Topf haben wir gedacht, sodass wir nicht Nudeln und Sosse nacheinander machen müssen.
Aber wie kann man sich bitte das Wohnmobil mit Nudeln voll machen und dann das Nudelsieb vergessen?!
Nun, andererseits hätten wir für dieses große sperrige Ding eh keinen Platz in den Schränken, sodass wir uns so oder so mit Hilfsmitteln hätten aushelfen müssen.
Und so wird es eben der Pfannenwender, weil sich dieser ja schon einmal bewährt hat 😉

         
     So, erstmal lecker Mittagessen machen 🙂                   *grummel* Der Pfannenwender wird zum „Nudelsieb“ :-/

Nach dem Essen spülen wir schnell ab und lassen uns dann von oben mit Regen berieseln.
Was soll man auch anderes machen?
Wir schauen ein wenig fern, lümmeln rum und machen es uns im Wohnmobil gemütlich, wobei mir sogar die Augen zufallen und ich ein wenig vor mich hin döse.
Da das in der Sitzgruppe nicht so gut geht, verschwinde ich sogar final in den Alkoven, wo ich ein wenig an der Matratze horche.

*schnarch*  😉

Erst gegen Nachmittag werde ich wieder wach.
Es hat mittlerweile aufgehört zu regnen sodass wir ja eigentlich noch was machen könnten.
Da die Uhr uns gerade 16 Uhr zeigt, ist vielleicht das große Kreuzfahrtschiff noch da und wir können dabei sein, wenn es nachher ablegt.
Das Schiff hat nämlich vor ein paar Minuten getutet und das könnte ja zum Beispiel ein Signal für die an Land noch umherspazierenden Gäste sein, dass man sich ja nun so langsam zum Schiff begeben möge.
Auch passt das gerade ungefähr mit der Uhrzeit, wann auch gestern das Schiff abgelegt haben muss und wenn wir in Richtung Schiff schauen, ist eine kleine Rauchfahne an den Schornsteinspitzen zu sehen. Da tut sich also was!
Und wenn das große Kreuzfahrtschiff ablegt, ist das doch bestimmt ein sehenswertes Spektakel.

Wir schwingen uns also erneut auf die Räder, nachdem wir Lenker und Sattel kurz von den Resten des Regens befreit haben und fahren ein weiteres Mal in Richtung Bahnhof und Hafen, um der Azura und ihren Kreuzfahrern bei der Ausfahrt zuzuwinken.
Noch immer ist die Luft vom Regen sehr frisch und riecht ehrlich gesagt fantastisch!
Sogar noch nach einem derart heftigen Regenschauer ist Norwegen attraktiv!
Wie frisch gewaschene Wäsche duftet das Land, erfrischt nur durch bloßes Einatmen alle Sinne und lässt einen richtig aufatmen.
Die Luft ist so klar, schmeckt fast schon lecker und bietet Erholung pur.
Schon einzigartig!

Tatsächlich liegen wir richtig mit unserer Vermutung, das Schiff wird in Kürze auslaufen. Zumindest deutet eine kleine Rauchfahne über den Schornsteinen auf warm laufende Motoren hin.

     
     Wir fahren ein weiteres Mal rüber zum Anlegekai, die Azura scheint sich startklar zu machen…

Wir fahren gleich durch zum Zugang zum Fjord und positionieren uns strategisch günstig auf einem kleinen grasbewachsenen Erdhügel in der Nähe der hölzernen Ferienlodge mit unmittelbarem Blick auf das wirklich riesige Kreuzfahrtschiff.
Auf dem Schiff schallt schon von weitem Partymusik auf uns herab, ein DJ heizt auf dem Oberdeck mit flotten Sprüchen zusätzlich die Passagiere an.

         
     Wir radeln am Schiff vorbei in Richtung Heck          Schon imposant, wie groß das Schiff ist

Nicht wenige Passagiere haben sich auf dem großen Oberdeck und auf den zahlreichen Balkonen der Außenkabinen eingefunden.
Tja, den Luxus würde ich mir wohl auch gönnen! Hier die Fjordfahrt mitmachen und dann vom eigenen Balkon die vorbeiziehende norwegische Landschaft genießen!
Muss unglaublich toll sein!

         
     Wohl dem, der eine Außenkabine mit Balkon hat…      …das „gemeine Volk“ ohne Balkon steht auf dem Oberdeck

         
     Direkt unter der Kapitänsbrücke…                          …darf auch die Mannschaft aus einer kleinen Luke gucken

„Leinen los“ heißt es exakt um 16:43 Uhr, wobei wir buchstäblich das Losmachen der Leinen beobachten können.
Vorne wie hinten werden die dicken schweren Taue ins Wasser geworfen, kurz darauf werden die Seile auch schon eingefahren.
Mehrfach tutet das Schiff dabei, das laute Horn hallt von den Hängen des Fjords zurück auf uns und einige andere Schaulustige, die sich mittlerweile rund um die kleine Anhöhe zum Gucken eingefunden haben.

         
     „Høiii Olav, mak dit Leinen løt!!!“                                   „Jaja, du alter Antreiber, ich mach ja schon…“ 😉

         
      Olav hat´s geschafft, die Leinen sind los. 😉                  Motoren an! Die Azura stößt sich kraftvoll vom Kai ab

Jetzt, wo natürlich die allermeisten Engländer wird auf ihrem Schiff sind und schon ein guter Meter Wasser zwischen uns und den Tommies liegt, sticht mich natürlich doch wieder der Hafer!
Vorhin, als wir auf die Flambahn am Bahnsteig gewartet haben, war mir die britische Überlegenheit natürlich klar. Aber jetzt, wo sie meiner nicht mehr habhaft werden können, würde ich den Tommies schon gern mal so richtig ihre gestrige 4:1- Schmach entgegen rufen.
Wäre doch witzig!
Vielleicht zeige ich denen ja auch meinen nackten Hintern und singe dabei lauthals „Rule Britania, Britania rule nach Haus!“ 😉
DAS hätte doch mal richtig Stil, oder???  :-))
Nur Anja findet meinen Plan natürlich wieder mal nicht so toll. Pah, Spielverderberin!
Aber sie hat natürlich recht damit, dass die Briten zwar abgelegt haben, aber dennoch von ihren Kabinen oder vom Oberdeck Dinge wie Klappstühle, Koffer Nachtischlampen oder auch (die, die oben stehen) einfache vom Boden rausgerissene Decksplanken nach uns werfen könnten.
OK, ok, habs verstanden, dann lasse ich meiner Schadenfreue eben nicht freien Lauf 😉

Wir schauen zu, wie die Azura grazil und dennoch mächtig im engen Hafenbecken eine komplette Wende durchführt, um richtigerweise mit dem Bug voraus aus dem Hafenbecken ausfahren zu können.
Kaum hat das Schiff gedreht, gibt sie ein letztes „Gratiskonzert“ mit dem Schiffshorn, welches wir sogar auf Video aufnehmen können und es gern hier zeigen.
Besonders imposant ist es, wie durch das Stoßblasen des Horns und dem Wiederhall von den Fjordhängen ein einzigartiges Echo und eine imposante Geräuschkulisse entsteht:

         
     Richtig erhaben gleitet die Azura rückwärts aus dem Hafen    Kaum hat sie etwas Abstand dreht sie eine Pirouette

         
     Einmal um die eigene Achse zur Schokoladenseite…        Extra für uns, damit wir tolle Bilder machen können 🙂

Zum Abschied tutet die Azura im Hafenbecken von Flam, der Hall klingt von den Wänden der Fjorde zurück:

Eine gute Viertelstunde hat das Ablegen des Schiffs gedauert, bis es in die Weiten der Fjorde eingebogen ist.
Jetzt, wo es sich schon deutlich vom Kai entfernt hat, sieht es irgendwie gar nicht mehr so mächtig aus.
Jetzt dominieren wieder die grün bewachsenen Fjordberge und Hänge rund um uns herum und das Schiff nimmt wieder den Platz ein, den es richtigerweise einnehmen sollte: Als Gast in diesem Wasser.
Kurz schauen wir noch hinterher, dann aber machen wir uns als eine der letzten Schaulustigen auf den Rückweg zum Campingplatz.

         
     So, die Azura hat abgelegt und fährt neuen Abenteuern entgegen.   Auch wir „legen ab“ und verlassen den Hafen

         
     Vorbei führt unser Weg an der schönen Holz- Lodge      Und über die Holzbrücke…

         
     …wieder zurück zum Campingplatz.                           Auf den tollen Tag erstmal eine leckere Tasse Tee 🙂

Wir kommen gerade rechtzeitig zurück, um noch das Ende des Fußballspiels Holland gegen die Slowakei zu sehen.
Es scheint für die Holländer gut zu stehen, immerhin liegen sie tortechnisch in Führung.
Hmm, irgendwie gönne ich das den Holländern nicht!
Einerseits würde ich mich natürlich schon auf ein Finale Deutschland – Holland freuen, aber andererseits wäre es eine ziemliche Schmach für die Oranjes, wenn sie von den Slowaken das Rückflugticket „geschenkt“ bekämen. Hihi!
Anja hingegen meint, dass das gemein wäre!
Immerhin habe ja unser Nachbar (auch Holländer) gestern mir gratuliert, als Deutschland gegen England gewonnen hat und ich lauthals gejubelt habe.
Nun jubelt mein Holländer neben mir und Anja meint, ich solle ihm später auch gratulieren, wenn er mit seiner Nation gewonnen hat.
„Und wenn es doch nicht klappt, trösten wir sie mit einer Frikandel!“
„Mit einer… was? WAS?“ Ich muss sofort laut loslachen und kann mich kaum noch halten.
„Naja, wenn die Holländer doch verlieren, können wir sie ja mit einer Frikandel trösten!“
Jetzt müssen wir beide lachen.
Nicht, dass wir Frikandeln dabei hätten, aber allein die Vorstellung sorgt für Heiterkeit.
Man stelle sich vor: Die Slowaken knallen jetzt noch 3 Tore rein. Ein trauriger Oranje trottet aus seinem Wohnmobil und lässt den Kopf herab hängen.
Doch dann kommt Anja lächelnd aus dem Wohnwagen und reicht dem Holländer in bester Werbefilmmanier eine kleine weiße Plastikschale mit einer klein geschnittenen Fleischrolle, garniert mit Zwiebeln, Majo und Ketchup.
Der Holländer nimmt die Schale und lächelt wieder.
Könnte doch locker aus einer Kaffeewerbung stammen.
Oder Pudding!
Oder eben: „Frikandel Harmonie“, die neue Sorte von den 2 Brüdern von Venlo.
Ich muss mir den Bauch bei der Vorstellung halten, so urig finde ich das.  😀

Natürlich gewinnen die Holländer später, woran auch der slowakische Anschlusstreffer nichts mehr ausrichten kann.
OK, ich bleibe Sportsmann und gratuliere natürlich meinem gelb beschilderten Nachbarn, der wie ich schon jetzt ein glorreiches Fußballfinale zwischen Holland und Deutschland vorhersagt.
Na warten wir es mal ab, ein paar Spiele kommen vorher ja noch…

Den Abend lassen wir gemütlich im Wohnmobil ausklingen.
Ich tippe ein weiteres Mal die Reisenotizen in den Computer, während Anja ein paar Vorbereitungen für die morgige Abreise trifft und ein wenig Fernseh schaut.

Weil vermutlich jeder Leser dieses Reisetages drauf gewartet hat. Hier ist sie, die brandaktuelle…
Mückenstichstatistik:

Björn: 28 (ja, es sind noch 2 dazu gekommen!)
Anja: 2 (die eigentlich längst verblasst sind und gar nicht mehr richtig zählen…)
*grummel*

2 Kommentare

  1. Toller Kommentar betreffs Flam-Bahn.
    Wir sind am 10.4.20 in Flam mit AIDAluna, wollen die Flambahn gerade buchen.
    Viele unserer Fragen im Vorfeld haben SIE schon beantwortet.
    Danke
    Wilms

    • Das freut uns!
      Eine tolle Tour wünschen wir und viele schöne Reiseerlebnisse in Flam und auf er Kreuzfahrt.
      Beste Grüße
      Familie
      Tim, Nils, Anja und Björn Seifert

Schreibe einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Kommentar absenden