Wir haben vielleicht ein bisschen lang geschlafen. 9 Uhr! Oh-Mann!
Warum sind die Reisetage eigentlich nur so anstrengend, dass wir so lange schlafen? Sind es die Eindrücke des Tages? Gestern war doch ein Jokertag! Da ist doch gar nicht so viel passiert! Viel zu verarbeiten gab es da doch in der Nacht gar nicht! Und dennoch ist die ganze Truppe bis kurz vor 9 in der Pofe, sogar die Kinder! DAS ist ungewöhnlich! Umso mehr kommt uns entgegen, dass wir uns gar nicht lange mit dem Frühstück aufhalten. Brot haben wir keines mehr, in der Rezeption gibt es auch keins (noch nicht einmal ein hartes Schwarzbrot, was wochenlang haltbar wäre). So bleibt uns nur übrig, ein weiteres Mal etwas grimmig in die Cornflakes zu beißen, die uns schon gestern mehr oder minder das Frühstück gerettet haben.
*crunch*
Hmm, gar nicht so schlecht so ein Cornflakes- Frühstück! Nennt man glaub ich „continental economy“ oder so. 😉

Nach dem Frühstück kümmere ich mich um die Herstellung der Abfahrbereitschaft. Erst spülen, dann alles im Wohnmobil aufräumen, dann mit dem Wohnmobil auf die VE- Station des Campingplatzes fahren und auch der Klotank wird entleert! Wir haben ja noch keinen Platz für die kommende Nacht und je nachdem, wie es sich ergibt, könnte durchaus auch wieder ein Stellplatz rausspringen! Auf diese Möglichkeit möchte ich natürlich gerne bestmöglich vorbereitet sein.
Anja geht derweil mit den Kindern noch eine Runde Schaukeln und Rutschen auf dem Spielplatz. Oder besser: Sie geht den Kindern hinterher, die im Kinder-/Elternrat solidarisch mit einem Patt von 2:2 beschlossen haben, den Vormittag durchaus noch auf dem Spielplatz zu verbringen.
Na von mir aus, habe ich wenigstens keine „helfenden Hände“ beim Ausleeren des Wassertanks, die ein anschließendes Umziehen des Nachwuchses bedingen. 😉

Es dauert dennoch bis 11 Uhr, bis wir mehr oder minder abreisebereit an der Rezeption stehen. Noch kurz verabschieden, die weitere Route nach St. Mawes einprogrammieren, dann geht es auch schon weiter. Nur irgendwas ist heute anders als sonst.
Was kann es nur sein? 😉

Das erste Ziel des Tages soll das pittoreske Altstädtchen St. Mawes an der Kanalküste sein! Der Reiseführer überschlägt sich förmlich mit lobenden Worten für das ehemalige Fischer- / Piraten- / Küstendörfchen mit seinem eindrucksvollen Castle, eine Festung aus der Zeit Heinrich VIII.
Viel spannender ist aber, das steht allerdings nicht im Reiseführer, ist der alte Hafen und dem dort befindlichen Hotel „The Ship and Castle“! Denn dieses Hotel ist einer der Drehorte des Filmklassikers, Mörder Ahoi aus dem Jahre 1964 mit einer unverwechselbaren Margaret Rutherford, besser bekannt als Miss Marple, ihren vielleicht spannendsten Fall gelöst und ein Ständchen (nichts Geringeres als die Nationalhymne versteht sich!) zum Besten gegeben, ja regelrecht heraus geschmettert hat! (Den heroischen Einsatz an der Stimmgabelfront könnt ihr übrigens hier auf youtube anschauen: „Miss Marple singt Rule Britannia„)

Nicht nur das Hotel, wo seinerzeit der getreue Mr. Stringer abgestiegen ist, ist übrigens Schauplatz des Films, auch die malerische Bucht, die der Reiseführer beschreibt, ist im Film eindrucksvoll zur Geltung gestellt. Denn es ist die Bucht, wo die legendäre „HMS Battledore“, das Schulschiff mit dem später toten Kuratoriumsmitglied, vor Anker lag! Szenerie und altes Hotel soll übrigens noch genau so erhalten sein, wie seinerzeit im Film aus dem Jahre 1964!
Hammer, oder?
Eine Welt nur in schwarz-weiß und ganz ohne Farbe und sie liegt nur etwa 18km in südlicher Richtung! 😉

Die Zufahrt nach St. Mawes gestaltet sich zunächst wenig spektakulär. Zwar sind auch hier die Straßen nicht wirklich breit, aber an diesem heutigen Dienstag ist relativ wenig Verkehr. So haben wir die ganze Straßenbreite eigentlich fast für uns. Mit einigen wenigen Ausnahmen mal abgesehen.
Zum Glück wachsen die Büsche nicht wieder meterhoch am Straßenrand. Wir können auf den Randstreifen zwar nicht immer ausweichen, aber immerhin können wir uns die englische Landschaft anschauen, bestaunen und sie regelrecht bewundern!
Dieses Grün und dann in oft so unterschiedlichen Ausführungen von grün, man müsste die Farbpalette eigentlich erweitern! So toll schaut es aus.

Durch einen Fotostopp zieht sich die Fahrt dann doch etwas. Es wird Mittag durch, bis wir St. Mawes erreichen.
Schon auf der Zufahrtsstraße wird klar: Das wird eng werden! Schon hier stehen, an Hauseinfahrten und vereinzelt Grundstücken, Schilder, die das Parken verbieten! Dabei sind wir noch gut einen Kilometer von der historischen Altstadt und dem Hafen entfernt! So etwas ist immer ein schlechtes Zeichen, wenn derart abseits vom Schuss das Parken verboten wird, dann sind die Parkmöglichkeiten dort, wo dann wirklich alle hinwollen, meist arg begrenzt!
Kommt dann noch dazu, dass wir uns ja nicht mit einem PKW, sondern mit einem Wohnmobil bewegen, wird die Situation ja nochmals verschärft! Wir beginnen also schon jetzt nach geeigneten Abstellplätzen für unsere Landyacht Ausschau zu halten. Kann nicht schaden.

Nach einer recht steilen Abfahrt fahren wir durch geschwungene und mitunter recht enge Altstadtgässchen. Nach einer weiteren Ecke ploppt die malerische Bucht von St. Mawes dann plötzlich vor uns auf! Hammer!
Ist das schön hier!

Spontan stellen sich Assoziationen an die Karibik, kleine Piratendörfchen, Tortuga und Jamaica ein. An die Freibeuter- Zeit des 15, 16 und 17. Jahrhunderts! Gleich wird Captain Jack Sparrow aus einer der alten englischen Eichentüren stürmen, die so manchen Hauseingang zieren. Im Schlepptau eine Horde Rotröcke, die ihm ans Leder will!

Ehe wir uns versehen, stehen wir plötzlich mitten im Hafen! Sackgasse! Endstation! Ein Trubel an Menschen um uns herum, die herumwuseln und uns in etwa so betrachten, wie einen Stachel im Fleisch! Störend und absolut unwillkommen!
Und es ist uns auch peinlich, dass wir hier gelandet sind! Aber ehrlich, es gab keine Alternative! Keine Wendemöglichkeit auf dem gesamten Weg von den ersten Schildern „Parken verboten“ bis zur kleinen Kaimauer, auf der vereinzelt Autos parken. Völlig ungeeignet für unser Wohnmobil. HIER wird es definitiv nichts mit Parken!

Unter wirklich zahlreichen entschuldigenden Blicken gegenüber den zahlreichen Fußgängern, die noch immer um unser Wohnmobil herum wuseln, versuchen wir in der schmalen Parkplatzzufahrt auf der Kaimauer zu drehen! Ein Himmelfahrtskommando ohne Rückfahrkamera! Ich kann eigentlich nur hoffen,  dass keine militanten Wohnmobilgegner absichtlich im Weg stehen bleiben und dann von mir angefahren werden. Denn hinter mir sehen würde ich sie nicht!
Ja, es ist eine Totsünde mit dem Wohnmobil ohne Überblick rückwärts zu fahren! Selbst wenn man sich auf bekanntem Terrain bewegt, wie ich selbst schon schmerzlich feststellen musste.
Hier auf diesem unbekannten und wusligen Parkplatz ist es eigentlich unverantwortlich!
Dennoch geht es gut! Nach gefühlt 32 Zügen stehen wir mit der Schnauze in die Fahrtrichtung, aus der wir gekommen sind. Puh, wir müssen uns etwas anderes suchen!
Ein paar Meter in der schmalen Gasse weiter kommt wohl der „offizielle“ Parkplatz von St. Mawes. (N 50.159799°, E -5.014204°)
Wir haben diesen eben zwar beim Vorbeifahren gesehen, ihn aber als „voll“ eingestuft, auch wenn wir nicht den totalen Überblick hatten. Er wirkte da aber schon recht klein, was sich jetzt, bei unserem Versuch dort eine Parklücke zu finden, nicht nur bewahrheitet, sondern sogar noch schlimmer darstellt! Den hinteren der beiden Parkbereiche können wir gar nicht befahren. Zu schmal und steil ist die Zufahrt!
Der vordere befahrbare Teil ist ebenfalls nicht ohne Hindernisse. Die Parklücken sind, selbst wenn hiervon auch nur eine einzige frei wäre, viel zu eng für unser Wohnmobil! Sowohl in Länge, als auch in der Breite passen wir hier nirgendwo hinein!
Es gibt 2, 3 Busparkplätze, die aber laut Beschilderung natürlich ausdrücklich für Busse vorbehalten sind und die wenigen übrigen Parkflächen, die in Frage kommen könnten, sind ebenfalls recht eindrucksvoll als Privatparkplatz gekennzeichnet.
Ganz klar: St. Mawes hat durch die Bucht eine traumhafte Lage! Aber eben auch durch die enge Bebauung (wie das in einer Bucht mit Klippenlandschaft drumherum nunmal so ist) das topografische Problem, dass es eben kaum Parkraum zur Verfügung stellen kann. Besonders nicht für uns mit einem eher „neuzeitlichen“ Platzbedarf eines Wohnmobils. Als dieser Parkplatz gebaut wurde, war eben der Mini Cooper in Mode und für seine Maße sind die Parkplätze hier auch unverändert erhalten geblieben! *zähneknirsch*!
Ist halt ein wenig wie damals unser Besuch der Cinque Terre mit dem Wohnmobil! Dort war es auch unglaublich eng. Aber immerhin gab es einen Parkplatz im Zentrum, wo noch genau eine matschige Parklücke für uns (gegen Gebühr versteht sich) frei war. Hier hingegen gibt es das nicht.
Wir überlegen, im Parkverbot stehend, ob wir kurz in der Touristeninformation nachfragen sollen, wo wir am besten mit dem Wohnmobil parken sollen.
Da wir allerdings, obwohl wir erkennbar im Fahrzeug sitzen (und jederzeit wegfahren könnten), schon wieder sehr kritisch beäugt werden, was wir hier wohl mit dem Wohnmobil wollen, möchte ich lieber nicht noch länger hier im Weg stehen.
Wir starten also den Motor wieder und versuchen auf eigene Faust auf der Ausfallstraße, auf der wir in die engen Gassen des Hafens gekommen sind, irgendwo doch eine Nebengasse zu finden, wo wir dann vielleicht parken können. So haben wir auch auf früheren Reisen öfter mal ein Plätzchen gefunden, wo es eigentlich keines mehr gab.
Gesagt getan fahren wir aus dem Hafenbereich wieder heraus. Das Wohnmobil erklimmt im niedrigen Gang daraufhin souverän die Steigung und wir kommen gut vorwärts. Leider auch gut weg vom Altstadtkern! Und als wir ENDLICH eine Lücke am Wegesrand entdecken, wo wir unser Wohnmobil wohl gefahrlos abstellen könnten, sind wir so weit und im Besonderen so hoch vom Hafen entfernt, dass der Anmarsch, aber besonders der Fußmarsch zurück zur wahren Tortur werden würde.
So langsam dämmert uns, dass wir nun entweder sehr viel Muskelschmalz oder sehr viel Zeit und Nerven investieren müssten, um St. Mawes wirklich einen Besuch abzustatten. Hier und heute ist zum ersten Mal das Wohnmobil einfach nur untauglich!
OK, halb Südengland ist eigentlich wohnmobiluntauglich! Die Straßen hier sind offensichtlich, anders als Autos und besonders Wohnmobile, hier eben nie mitgewachsen! Aber dass es jemals so schlimm werden würde, dass wir selbst nach bald einstündiger Kurverei keinen Parkplatz bekommen, das ist neu.
Nein halt, das stimmt nicht ganz. Damals, in Kühlungsborn hatten wir ein ähnliches Erlebnis mit unserem alten Wohnmobil. Da gab es auch mal absolut NICHTS, wo wir mit dem Wohnmobil parken durften oder konnten.
Hier in St. Mawes ist es nicht anders, obwohl ich zu Gunsten von St. Mawes anmerken möchte, dass die Bebauung eben keine anderen Parkflächen zulässt. Das war in Kühlungsborn anders, denn dort war es schlichtweg verboten! Das ist ein Unterschied!
Denn in Kühlungsborn fanden wir nach endloser Kurverei dann doch noch ein Plätzchen in einer Nebengasse, wo es nicht verboten war. Hier in St. Mawes kannst du das alles knicken, weil es grundsätzlich keinen Platz dafür gibt.
Hier ist NICHTS, wo wir parken können!
Wir akzeptieren dies jetzt einfach! Und lassen St. Mawes aus. Ja, ich weiß, wir werden uns später deswegen ärgern (Anmerkung der Red. nach der Reise: JA! Das tun wir!!) werden. Aber für den Moment ist das Durchfahren der alten schmalen Hafengassen so ganz ohne Alternative und ohne Aussicht, überhaupt einen Parkplatz zu finden (der ja auch für unser Schiff groß genug sein muss!) so nervenaufreibend, dass wir den Ort einfach auslassen. SO toll kann es in St, Mawes gar nicht sein, dass sich der Stress und der Zeitaufwand hierfür lohnt, zumal wir ja schon den Hafen von allen Seiten gesehen haben.
Komm, Strich drunter, Haken dran, nächstes Ziel!

Die verwucherte Kirche von St. Just.
Keine 4km von hier und auf dem Weg zurück, auf dem wir gekommen sind, zweigt eine kleine Nebenstraße nach St. Just in Roseland ab. Dort findet sich eine halb verfallene, halb versunkene und halb mit Grünzeug bewucherte Kirche wie aus dem Dornröschenschlaf! Nur dass ich nicht erwarte, dort eine schlafende Prinzessin vorzufinden, sondern stattdessen den heiligen Gral!
Wäre doch möglich, dass „Dornröschen“ als symbolisches Anagramm eigentlich für die Rosenlinie steht! Das Märchen ist in Wahrheit ein Rätsel und die Prinzessin eben niemand Geringeres, als Maria Magdalena, der „Kelch“!
Ja, ok, gut, die Gralslegende geht wieder mit mir durch! Anja fühlt mir die Stirn und ist gleichzeitig besorgt, als wir auf der A 3078 wieder nach St. Just in Roseland einfahren. Denn die kleine und zierliche Straße, die von der Hauptstraße A 3078 nach links abbiegt und zur Kirche führt, sieht alles andere als vertrauenserweckend aus!
Kommen wir da wirklich gefahrlos durch und zur Kirche hin?
So ein Desaster wie eben in St. Mawes möchten wir jedenfalls kein zweites Mal erleben! Am Ende jagen sie uns noch mit Mistgabeln und brennenden Fackeln aus dem Ort, weil wir dem Pastor dort die einzige Zufahrtsstraße zur Kirche blockieren!
Da die Straße zusätzlich als Sackgasse beschildert ist und wir Sorge haben müssen, am Ende die ganze Strecke wieder rückwärts hoch zu fahren, kommen wir vom wütenden Mob vielleicht gar nicht schnell genug weg!
Nein, dieses Mal sind wir schlauer! Direkt an der Kreuzung entdecken wir ein kleines Parkareal (der St. Just Cross Car Park, Parken kostenlos, jedoch Übernachtung verboten!), wo wir hoffen einen Parkplatz zu finden. Dann laufen wir eben das kleine Stück einfach! Auf dem Schild, wo bereits die Kirche ausgeschildert steht, gibt es keine Entfernungsangabe. Wohl aber zur Fähre! Und das wären immerhin 3 Meilen.
Hmm. Wie weit mag es dann bis zur Kirche sein?

Ich will versuchen, diese Information vom nächsten dahergelaufenen Passanten zu erfahren. Anja und die Jungs warten derweil am Wohnmobil. Denn leider bekommen wir auf dem kleinen Parkplatz keine Parklücke, sodass wir uns mehr oder minder in die zweite Reihe stellen müssen. Wenn jetzt jemand kommt und weg fährt, muss Anja eben das Wohnmobil eben umrangieren und mit Glück kann sie die freiwerdende Parklücke übernehmen. Wenn es passt. Oder eben wir bekommen die Info, dass die Kirche ebenfalls noch einen Parkplatz bietet und wir diesen mit dem Wohnmobil gefahrlos ansteuern können. Schauen wir mal!

Ich tigere zur Kreuzung und versuche Leute zu finden, die mir etwas über den Weg zur Kirche sagen können. Natürlich kommt genau JETZT niemand des Weges! War ja klar!
Ich versuche es an einem Haus, aber alles wirkt tot. Verlassen irgendwie. Letzte Chance wäre ein Auto anzuhalten. Wenn denn mal eins aus der Sackgasse kommen würde! Aber auch hier habe ich kein Glück. Ich gehe ein paar Schritte die Straße hinunter und versuche, ob ich vielleicht die Entfernung zur Kirche abschätzen kann. Dann wüssten wir zumindest, dass wir die Strecke schaffen und das steile Wegstück nicht zu lang ist.
Aber auch das gelingt mir nicht.

Kurz darauf höre ich es hupen! Das könnte Anja sein! Vielleicht wird ein Parkplatz frei oder sie schafft es nicht, in einen frei gewordenen Parkplatz zu rangieren, was keine Schande wäre! Immerhin ist sie das Wohnmobil ja noch gar nicht gefahren und dann aus dem Stehgreif auf diesem engen Areal einparken, das ist auch nicht so einfach! Oder noch schlimmer: Wir blockieren jemanden und derjenige muss raus!

Ich spurte also zurück zum Parkplatz, nur um Anja beim Studium des Campingplatzverzeichnisses anzutreffen. Sie ist überrascht, dass ich so eiligst angelaufen komme. Offenbar war sie nicht diejenige, die gehupt hat. Die Situation auf dem Parkplatz ist unverändert, noch immer sind alle Parkplätze belegt.
Mist.
Was nun?
Noch während ich grübele gibt Anja mir die Info, dass die nächsten Kilometer bis Plymouth nur wenige Campingplätze zu erwarten sind und es bis Plymouth bzw. hinter Plymouth locker 100km sind, bis die Campingplatzdichte wieder etwas zunimmt. Einen Stellplatz können wir auch in unserer App bis Plymouth nicht ausmachen und schauen wir auf die Uhr, zeigt diese schon halb 2!
Puh!
Wahrscheinlich sind 100km zu fahren. Dann müssen wir noch zwingend einkaufen, wenn wir morgen nicht die Reste aus der nunmehr arg gebeutelten Cornflakes- Packung frühstücken wollen!
Das wichtigste ist aber der Nachtplatz! Noch einmal möchten wir unser Glück ungern heraus fordern und wieder mit einem „sorry, full!“ empfangen werden, wie bei unserer Ankunft kurz vor Land’s End!
Ich beginne also die im ACSI Campingführer genannten Campingplätze abzutelefonieren, die bis Plymouth auf der Route liegen. Viele sind es nicht und schon der erste meldet: „Sorry, fully booked!“
Na super Aussichten!
Der zweite ist unwirsch und skeptisch, als ich nach einer Nacht frage. Dann aber ist er doch einverstanden, wenn wir zwei Bedingungen erfüllen. Erstens: Wir müssen bis 17 Uhr dort sein (denn dann schließt bereits die Rezeption!) und zweitens: Er verlangt vorab unsere Kreditkarte, um die Buchung zu bestätigen!
Wir beratschlagen uns kurz, was wir jetzt machen wollen.
Das Problem ist, dass wir für eine zeitige Ankunft PLUS Einkauf unterwegs (der Campingplatz liegt mitten in der Pampa, dürfte sehr unwahrscheinlich sein, dass dieser ein besseres Angebot an Lebensmitteln hat, als der letzte Platz) jetzt langsam losfahren müssen!
Sonst schaffen wir es vielleicht nicht!
OK, wir sagen zu!
Ich gebe meine Kreditkartendaten durch und wir lassen ein zweites Mal an diesem Tag eine Sehenswürdigkeit aus!
Adios Dornröschen, schlaf weiter heiliger Gral. Vielleicht schaffen wir es beim nächsten Mal…

Wir folgen der A 3078 Richtung Nordosten. Die Strecke ist anstrengend zu fahren, da die Straße schmal und von Hecken links wie rechts gesäumt wird. Es macht keinen wirklichen Spaß und besonders Anja bittet mich einmal mehr wie sonst für den Rest des Urlaubs auf diese extrem engen Straßen zu verzichten. OK, wir wussten es vorher, dass die Straßen hier in Cornwall sehr „cornish“ sind. Also eng. Sie zählen mit zu den engsten in Europa! Zwar waren die Straßen auch in Schottland sehr eng und wir mussten auf Single Track Roads öfters mal ausweichen, aber dort war das alles viel entspannter! Weil man nicht nur weniger Hügel hatte und den Gegenverkehr viel früher erkannt hat, sondern weil dort auch die zahlreichen meterhohen Hecken fehlen! Man hat also auch einen viel besseren Überblick und muss nicht an jeder Engstelle fürchten, dass plötzlich Gegenverkehr aufploppt und man in die Eisen gehen muss (trotz vorsichtiger und umsichtiger Fahrweise), sondern dass auch hinter dichtem Buschwerk so mancher Stein lauern könnte, der uns eine Delle in Mietmobil drückt. Die Kaution bliebe dann beim Vermieter…

Um euch auch mal mit „bewegten Bildern! einen ungefähren Eindruck zu geben, haben wir statt Bilder auch mal ein kleines Video während der Fahrt gedreht. Ja, der Ton ist shice, es rauscht der Wind und die kleine Kamera macht eben keine 3D Ultra-HD Aufnahmen. Aber für einen kleinen Einblick reicht es bestimmt.
Zunächst wollten wir euch die Hecken zeigen. Aber als uns dann plötzlich ein Transporter entgegen kommt…

Anja hält so gar nichts mehr von der Route und dem Tingeln über die Landstraßen. Ostdeutsche Allen? Jederzeit sehr gerne! Auf geschwungenen Hügeln vorbei an toskanischen Zypressen? Auch sehr gerne! Aber die Furche hier im Dickicht, die sich Landstraße nennt, ist wirklich WIRKLICH anstrengend!
Diese Erfahrungen fließen nun auch in unsere weitere Routenplanung ein, sodass wir in Tregony einen Bypass in nordöstlicher auf der B 3287 direkt zur A 390 mit Fernziel Plymouth auslassen und stattdessen einen Umweg von etwa 20km fahren und der A 3078 weiter folgen, bis diese deutlich weiter westlich direkt auf die A 390 trifft.
Dies machen wir übrigens gegen die Empfehlung des Navis, sondern aufgrund der navigatorischen Fähigkeiten von Anja, die dem Navi längst nicht mehr traut und auf den Road- Atlas setzt, den wir im Tesco gekauft haben. Denn damit sieht man prima, was einen für eine Streckenführung erwartet.
Und ich gebe zu, die B 3287 würde sicherlich so manche Überraschung bereithalten…
Der Umweg kostet aber dennoch ein weiteres Mal wertvolle Zeit und wir müssen uns auf der gut ausgebauten autobahnähnlichen A 390 nun ein bisschen ranhalten, dass wir die Zeitvorgabe schaffen! Und einkaufen müssen wir ja auch noch!

Anja entspannt sich trotz flotter Autobahnfahrt dennoch und wir überlegen ein wenig, wie wir die weitere Route gestalten. Soll heißen: Wir diskutieren innig darüber, ob die Route nun der anspruchsvollen aber landschaftlich schöneren Strecke abseits der Haupt- Wege, der „A“s folgen, oder eben auf den Schnellstraßen bleiben und dabei in Kauf nehmen, dass die Fahrt eben recht trist verlaufen wird.
Knapp kann ich mich durchsetzen und wir entscheiden, wann immer eine schöne Route oder eine Sehenswürdigkeit auf dem Weg folgt, wo es kein Umweg oder sogar kürzer ist, die kleinere Straße zu nehmen, nehmen wir diese!
Wo immer der schönere Weg ein Umweg sein wird oder wir knapp mit der Zeit werden, wie heute, nehmen wir die Autobahn.
Das ist der Deal und er kommt ehrlich gesagt auch zustande, weil der heutige Tag bislang ein wenig „verschenkt“ wirkt! St. Mawes? Nicht geschafft! St. Just? NICHT GESCHAFFT! Stattdessen sitzen wir nur im Wohnmobil und steuern auf Plymouth zu, welches zugegeben mit dem National Marine Museum zwar ein festes Ziel unserer Reise sein soll, aber eben für heute wohl nicht mehr rausspringt, als Einkaufen und auf einem weiteren Campingplatz anzukommen! Das kann ja auch nicht reiseerfüllend sein!

Eingekauft wird übrigens in St. Austell ganz in der Nähe des Eden Project, wo eine futuristisch angelegte Gartenanlage im tropischen Stil optisch was von der Marskolonialisierung hat. Wir hatten das Eden Project sogar auf unserer Sightseeing- Liste, aber aus dem gleichen Grund, warum wir St. Just ausgelassen haben, lassen wir auch das Eden Project jetzt zähneknirschend aus. Keine Zeit!
An dieser Stelle fällt uns vielleicht ein wenig die überhastete Reiseplanung auf die Butterseite! Ziele wie das National Marine Museum in Plymouth oder die Historic Dockyards in Portsmouth sind Ziele, die uns für den Moment einfach etwas wichtiger erscheinen, als ein tropischer Garten unter einer futuristischen Weltraumkuppel. Zumal die erstgenannten Ziele ja auch mehr oder minder auf dem Weg liegen, wir aber für das Eden Project aber morgen einen Umweg fahren müssten! Einen recht großen noch dazu, denn der Campingplatz, auf dem wir für die Nacht ein Plätzchen reserviert haben, liegt von uns aus gesehen ein gutes Stück HINTER Plymouth!
Das bedeutet, dass wir morgen erstmal wieder ein gutes Stück zurück und im Berufsverkehr wieder nach Plymouth rein und danach auch wieder raus müssen. In die Richtung, aus der wir gekommen sind.
Puh!
Das gefällt mir auch nicht so wirklich, denn das bedeutet nicht nur Stress morgen, sondern schließt auch endgültig aus, dass wir uns doch noch wenigstens das Eden Project anschauen, bevor wir ins National Marine Museum fahren.
Ein Campingplatz VOR Plymouth wäre also das richtige und obwohl wir bereits eine Reservierung für den anderen Platz haben, telefoniere ich ein weiteres Mal anhand unseres Campingführers mögliche Plätze ab.
Einer gefällt mir ganz besonders und als ich Telefon die Info bekomme, dass es noch eine freie Parzelle für eine Nacht auf den Klippen mit Blick über die Bucht gibt, bin ich sofort Feuer und Flamme!
Der Campingplatz Whitsand Bay (der wird tatsächlich ohne „e“ geschrieben!) soll neben Blick auf die Bucht auch ein Schwimmbad bieten und liegt darüber hinaus in mitten einer alten Festung direkt am Meer. Und da die Rezeption hier deutlich länger geöffnet hat und wir von Austell aus nur etwa 50 statt 120km zum Campingplatz fahren müssen, sage ich den Platz zu.
Ist ein Bauchgefühl damit alles richtig zu machen! Kennt ihr vielleicht auch, manchmal passt es einfach nicht und man muss vom Plan abweichen.
Vielleicht, weil ich wenigstens durch das Fort, das Schwimmbad, den versprochenen atemberaubenden Blick auf die Klippen und den Umstand, dass wir von dort aus doch noch einen Abstecher zum Eden Project machen könnten und sogar in der richtigen Richtung für Plymouth stehen, den bis jetzt verkorksten Tag irgendwie ausgleichen möchte!

Schnell rufe ich beim zuerst gebuchten Platz an und frage nach, ob er die Reservierung stornieren könnte. Kann er.
Kostet aber die Übernachtungsgebühr an Stornierungsgebühr!
Ich würde mich damit sogar zähneknirschend abfinden, wenn der eher unfreundlich wirkende Mann an der Rezeption sich nicht am Telefon darüber aufregen würde, dass er den Leuten, die gerade in seiner Rezeption stehen und denen er gerade schon abgesagt hat, nun doch zusagen muss!
Zusagen MUSS!
Wie ein Ärgernis.
Damit ich das nicht falsch verstehe und ausschließe, dass die Leute nicht schon weg sind, frage ich nach:
„So, there are actually NOW standing people in front of you. At your desk? And they want the pitch that you reserved for us?“
„YES!“
„And they will take it?“
„Yes, i think so!“
„And even if there are people, that will pay for the night you force me to pay fort he pitch, too?“
„Yes, because you booked and now i have to clean up the reservation and give the pitch to the people here!“
Mir fehlen fast die weiteren Worte! Wäre ich doch nur ein ganz klein wenig schlagfertiger, hätte ich mir die Leute geben lassen und sie auf unsere Kosten eingeladen! Der Pitch ist ja bezahlt, bzw. ich werde ihn bezahlen! Und die Leute zahlen ihn ein weiteres Mal.
Abzocke!
Der Typ verkauft mir die Stornogebühr noch als eine Art Verwaltungsgebühr. Nun. Sei es drum! Auf den Platz möchte ich schon gar nicht mehr und wenn er mit den 20, 25 Pfund, die die Nacht gekostet hätte, glücklich wird, dann gönne ich es ihm!
Drop the thought! Befreie dich von dem, was dich belastet! Wusste schon Hape Kerkeling und gab uns diese eindrucksvolle Weisheit schon vor einigen Jahren mit seinem Buch „Ich bin dann mal weg“ mit auf den Weg.
Hier passt dieser Leitspruch einmal mehr wie die Faust aufs Auge!
Gedanklich den alten Platz abgehakt steuern wir nun Freathy an.
Ein Ort, den Anja auf der Karte regelrecht suchen muss. Das Navi übernimmt wieder die Zielführung.
Hätte ich geahnt, was das gleich bedeutet, ich wäre besser auf den Platz mit dem missmutigen Rezeptionisten gefahren…

Die 390 führt bei Dobwalls auf die A 38. Eine noch größere, breitere und angenehmere Straße. Und langweilig!
Ich bin daher gar nicht traurig, als wir am Trerulefoot Roundabout den Kreisverkehr zu Gunsten der A 347 verlassen und durch schöne südenglische Küstenlandschaften im beginnenden Sonnenuntergang tingeln.
SO richtig eindrucksvoll wird es aber erst, als wir von der A 347 kurz vor Sheviok rechts auf die B 3247 abbiegen. Eine Küstenstraße!
Und eine traumhafte noch dazu! Und: Der Campingplatz ist hier sogar schon ausgeschildert!

Ja, der Weg, der nun folgt, ist UNGLAUBLICH eng! Rechts nichts als der steile Abhang und metertiefe Klippen, die Anja „bewundert“. Und links auf meiner Seite ein Erdwall, der uns von jetzt auf gleich auf 0 km/h entschleunigt, sollten wir aufgrund plötzlich auftretenden Gegenverkehrs und zur Vermeidung eines Unfalls in diesen ausweichen müssen!
Anja lässt sich nur damit ein wenig beruhigen, dass wir auf der „Landseite“ fahren und somit nicht Dutzende Meter tief in die Meeresbrandung stürzen und am Strand aufschlagen, sondern wir diejenigen sind, die eine Motorhaube als Knautschzone und die Airbags haben. 😀

An einer besonders schönen Stelle MUSS ich anhalten, aussteigen und ein Foto machen!

Eigentlich ist der schmale Streifen rechts sicherlich nur eine Ausweichbucht, aber dennoch. Ich muss einfach! Ich bin Tourist, ich darf das. Also falls einer fragt. 😉
Das wird super werden hier! Wir sind gerade noch früh genug an diesem Nachmittag, dass wir noch eine tolle Runde schwimmen gehen können und danach in Ruhe das Abendessen bereiten. Wenn wir die Kinder dann etwas früher zu Bett gebracht haben, werden Anja und ich gemeinsam vor dem Wohnmobil sitzen und dem Rauschen des Meeres zuhören. 🙂

Das kleine Örtchen, welches vor uns liegt, hat was von Hitchcocks „Die Vögel“. War das Bodega Bay? Ich weiß es nicht genau. Aber so ein kleines gedrungenes Küstenstädtchen in einer Bucht, nur die Klippen sind hier deutlich steiler und die Wege eben deutlich schmaler.
Schade, dass der Campingplatz hier dann doch nicht direkt am Meer liegen kann, denn das Navi verlangt von uns, dass wir gleich irgendwo links abbiegen und dann noch etwa 2km fahren.
Nur passt diese Wegführung nicht so ganz mit der Beschreibung des Campingplatzes, der ja angeblich direkt in den Klippen liegen soll!

Die Beschilderung zum „Whitsand Bay Fort Holiday Park“, der wir gegen die Empfehlung des Navis eher intuitiv folgen, endet an einer Ferienhaussiedlung.
Von Wohnmobilen, Wohnwagen und Camping hingegen keine Spur! Das kann doch nicht stimmen!
Also geben wir unseren Instinkt auf und folgen nun doch dem Navi, welches den einprogrammierten Campingplatz noch immer etwa 2 km weiter im Landesinneren ausweist.
Das Damokles- Schwert, welches über uns schwebt, bemerken wir indes nicht…

Wir drehen auf einem Parkplatz an der Rezeption des Ferienparks und biegen an der Ausfahrt nach LINKS ab. Auf der Karte später werden wir sehen, dass der Ort etwa 2km im Inland Milbrook heißt.

Sofort wird der Weg extrem unfahrbar! Einspurig und eng wie noch keine Straße hier oben zuvor! Steil geht es bergab!
Dazu eine dichte Bewaldung, wo richtig dicke Äste auch in den Fahrweg ragen!
Zum ersten Mal bereue ich es richtig, jetzt in einem Wohnmobil zu sitzen! Der Weg ist noch nicht einmal für einen heute handelsüblichen SUV ohne Probleme fahrbar, wahrscheinlich würden wir sogar mit unserem Familienvan hier Probleme bekommen! Über Minuten sind wir beide höchst angespannt! Wobei ich noch den Vorteil habe, dass ich mich immerhin am Lenkrad festhalten kann! Anja hat diesen Vorteil nicht und hält sich am Griff über der Tür fest, während sie sich mit der anderen Hand am Armaturenbrett abstützt!
Im Kopf höre immer nur die Worte der Angestellten bei der Vermietstation, als ich seitliche Kratzer auf beiden Seiten ins Übergabeprotokoll habe schreiben lassen. „It’s from the trees! You will see!“
Und ja, ich werde sehen! Genau hier!

Ich halte es für völlig ausgeschlossen, dass hier auch nur ein einziges Wohnmobil durchkommt, welche auch nur Zentimeter größer oder breiter als unseres ist! Noch hier auf dem Weg schwöre ich, dass wir ab sofort NUR NOCH Autobahn fahren! Mit diesen „schnuckeligen, pittoresken, beschaulichen, naturnahen“ englischen Landstraßen ist für Rest der Tour Schluss!
Wenn im weiteren Verlauf jetzt eine Fahrbahneinschränkung kommt, die für uns nicht passierbar ist, dann müssen wir den ganzen Weg zurück! Rückwärts! Den Berg rauf!!
Denn drehen, das kannst du hier nirgendwo!
Als wir Milbrook erreichen, scheint es fast so weit zu sein!
Eine enge Hauswand rechts neigt sich gefährlich in unsere Richtung. Rein optisch sieht es NICHT so aus, als würden wir dort durchpassen!
Schilder, die die Breite angeben würden, stehen hier aber auch nicht! Das ist einzig und allein Augenmaß!
Wird es passen? Die Alternative ist wie gesagt zurückfahren. Im Rückwärtsgang!
Nicht wirklich eine Option.
Wir tasten uns so langsam vor, dass uns eine Oma mit Rollator wahrscheinlich mit Fernlicht anblicken und dann überholen würde!
Zum Glück warten weder hinter noch vor uns Omas mit Rollatoren oder andere Verkehrsteilnehmer, sodass wir zumindest niemanden blockieren oder behindern. Anja kurbelt auf ihrer Seite das Fenster runter. Ich auf meiner. Und dann gucken wir beide jeweils in Richtung des Aufbaus, ob wir hier durchpassen.
Zum Glück passt es, wenn auch knapp!
Wäre das Wohnmobil nicht so kompakt, es würde hier nicht durchpassen. Müsste ich schätzen, würde ich sagen 2,30 Meter. Aber auf keinen Fall mehr, eher weniger. Vielleicht sind es auch nur 2,25. Jedenfalls passen rechts wie links kaum mehr als eine flache zwischen unserem Wohnmobil und der Hauswand…
Mit unserem Wohnwagen, der übrigens 2,30 breit ist, hätten wir hier NICHT durchgepasst!
Wir haben leider nicht so viele Bilder machen können. Verständlich vielleicht, denn unser Augenmerk lag darin unsere Kaution für das Wohnmobil nicht an einer Hauswand buchstäblich „hängen“ zu lassen!

Wenn ihr Lust und so 5 auf 10 min Zeit habt, dann fahrt die Strecke doch einmal mit google Street View ab!
Wir haben euch unter diesem Link die Einfahrt des Campingplatzes markiert. Folgt der Donkey Lane und im weiteren Verlauf der Radford Lane ins Tal hinab durch enge Schluchten und Wege, bis ihr in Milbrook auf der West Street ankommt! Und vergesst nicht euch dabei vorzustellen, ihr würdet im Wohnmobil sitzen!
Kaum vorstellbar? Können wir heute auch kaum glauben, dass wir dort wirklich schadlos durchgepasst haben!

Als wir endlich kurz darauf die Position erreichen, wo das Navi den Campingplatz vermutet, stehen wir am Dorfteich von Milbrook! Fürs Enten füttern wären wir hier absolut richtig, nur campen wird etwas schwierig…
Das kann auch nicht richtig sein! Hier ist weit und breit kein Campingplatz! Hier sind nur extrem enge Straßen, Sackgassen, keine Schilder und keine Idee, wie wir jemals aus diesem Labyrinth wieder hinausfinden können!
Tatsächlich landen wir beim anschließenden Versuch fast wieder in der gleichen schmalen Gasse, aus der wir eben gekommen sind! Wir schaffen es nur auszuweichen, weil wir auf einem extrem engen Kirchenparkplatz drehen, der -wenig christlich irgendwie- schon auf dem Parkplatz durch extrem einschüchternde Beschilderung bei Androhung drakonischer Strafen davor warnt, hier unberechtigt zu parken! Mein englisch ist nicht gut genug, aber wenn ich es richtig verstehe, werden Falschparker hier möglicherweise sogar exkommuniziert!
Wir bleiben keine Sekunde länger hier und fahren ein Stück zurück, bis wir wieder auf den kleinen schmalen Parkplatz treffen, der am Stadtteich liegt.
Wir halten und atmen jetzt erstmal durch! Stress pur!
Nachdem wir den Motor abgeschaltet und erstmal einen Moment zur Ruhe gekommen sind, rufe ich kurzerhand den Campingplatz an und frage nach!
Zuerst aber entschuldige ich mich dafür, dass wir nicht pünktlich da sind. Bei unserem ersten Telefonat hatte unser Navi ja eine Ankunftszeit orakelt, die wir der freundlichen Dame am Telefon auch mitgeteilt haben und sie gemeint hat, dass sie bis dahin unseren Platz frei hält.
Diese Frist hatten wir übrigens überschritten, als wir uns wie ein trockenes Zäpfchen durch einen viel zu engen Spalt gequetscht haben! Inzwischen sind wir fast eine halbe Stunde überfällig!
Die Dame ist zum Glück noch die gleiche und zum richtigen Glück total tiefenentspannt.
Ich beschreibe ihr, wo wir eben in der Einfahrt bei den Holzlodges gestanden haben und sie bestätigt mir, dass DAS der Campingplatz gewesen ist! SO ein MIST!
Hätte ich doch mal auf unser beider Instinkt gehört! Wäre ich doch wenigstens mal ausgestiegen und hätte nachgefragt! Nein, stattdessen muss ich ja tumb dem Navi hinterher fahren und mich durch den blödesten Weg quälen, den wir jemals mit einem Kraftfahrzeug gefahren sind! Zu einem Ort, der gar nicht der Campingplatz ist, sondern der Dorfteich eines nichtssagenden Nachbardörfchens, wo man noch nicht einmal tot über dem Zaun hängen möchte!
Jetzt stehen wir hier! Das entspannte Bad im Schwimmbad, das können wir uns wohl abschminken. Es ist einfach zu spät.
Wichtig ist jetzt aber erstmal, überhaupt zum Campingplatz zu gelangen! Denn allzu lange ist die Frau auch nicht mehr in der Rezeption, wie sie uns mitteilt. Nur für uns würde sie jetzt noch eine halbe Stunde extra warten!
Wie lieb! Aber wir müssen uns schon ranhalten. Nur, wie kommen wir hin?
Jedenfalls nicht auf der schmalen und steilen Straße! Wir müssen irgendwie wieder zurück zu einer Hauptstraße!
Mit der Kartenscrollfunktion im Navi versuchen wir durch die wirren Straßen, Wege, Sackgassen und Einbahnstraßen eine Art Muster zu erkennen. Eine Straße, die auf einem anderen Weg aus dem Ort hinaus fährt, auf dem wir hinein gekommen sind. Und wir werden fündig.
„Könnte klappen“. Wie Johann, das Gespenst, der eine Rolle Draht zum Überbrücken der kaputten Batteriezellen gefunden hat. Hoffentlich kommen wir hier jemals wieder weg!

Wir folgen so ungefähr den Wegen, die uns aus dem Ort führen müssten. Und JUCHU! Wir kommen einen Schritt weiter! Zwar sind wir noch nicht raus aus Milbrook und wieder auf dem richtigen Weg, aber wir finden eine Straße, die zumindest breit genug ist, dass sie uns gefahrlos aufnehmen kann! Denn wir entdecken ein Bushaltestellenschild! Selbst, wenn hier nur ein kleiner Bus durchfährt, fährt hier immerhin ein kleiner Bus durch! Der ist auch nicht viel kleiner, als unser Wohnmobil! OK, bei einem Anrufsammeltaxi ginge der fromme Wunsch wahrscheinlich in Wohlgefallen auf. Aber wir im weiteren Verlauf ein weiteres Haltestellenschild entdecken und die Straße sogar wieder so etwas wie einen Mittelstreifen bekommt, sind wir wohl auf dem richtigen Weg!
Kurz darauf ist sogar ein Schild zu finden, welches uns den Weg zur B 3247 weist! Eine B- Straße! Immerhin!
Glücklich verlassen wir Milbrook, wie man einen solchen verhexten Ort nur glücklich verlassen kann. Dann treffen wir recht  schnell wieder auf die gleiche Küstenstraße, in die wir vorhin rechts abgebogen sind. Nun kommen wir aus der anderen Richtung, biegen links ab und können uns orientieren.

Als ob wir schon Dutzende Male diesen Weg gefahren wären, kommen wir souverän an der Rezeption zum Stehen. Die Fahrt auf der schmalen Klippenstraße hat ihren Schrecken von vorhin verloren und auch die Einfahrt mit dem Ferienpark im Center Parcs Stil lässt uns nicht mehr zweifeln.
Richtig sind wir hier tatsächlich, wie mir die freundliche Dame an der Rezeption bestätigt.
Geschafft!
Sie hat eine kleine schnuckelige Parzelle für uns auf bzw. in (!) der alten Festungsmauer und rüstet uns mit umfangreichem Informationsmaterial aus. Fast werden wir empfangen, als würden wir 3 Wochen hier bleiben! Dabei stehen wir doch nur über Nacht hier.

Wir finden auf Anhieb unsere Parzelle und stecken nur das Stromkabel ein. Dann packen wir sofort die Schwimmsachen und wollen wenigstens in der verbleibenden halben Stunde, die das Schwimmbad noch geöffnet hat, einmal ins Wasser springen! Die Kids freuen sich so sehr darauf!

Das Schwimmbad ist alt und hat definitiv schon bessere Zeiten gesehen. Aber egal. Wir planschen die halbe Stunde, toben mit den Kids im Wasser, tauchen und ziehen zum Schluss ein paar entspannende Bahnen. OK, wir sind dabei von der Geschwindigkeit her kaum schneller als Treibgut. Jeder Frühsportrentner hätte uns wahrscheinlich gnadenlos abgehangen. Aber egal. Es tut gut nach der wirklich anstrengenden Anreise, sich ganz gemütlich zu bewegen, soweit die Kinder uns lassen.
Dann ist auch schon Schluss! Das Schwimmbad schließt. Schade. Aber lieber eine knappe halbe Stunde im Wasser, als gar nicht schwimmen gewesen.

Jetzt nur noch schnell duschen und dann zurück zum Wohnmobil. Pizza zum Abendessen machen!

Als wir um die Ecke schlendern, erkenne ich das der letzte freie Platz neben uns nun nicht mehr frei ist. Offenbar ist tatsächlich noch jemand nach uns gekommen. Ein VW Bus mit Aufstelldach hat dort eingeparkt.
Am VW Bus dran: Ein großer brauner Hund an einer langen Leine, die problemlos bis zu unserem Wohnmobil reicht. Das Tier stellt sich sofort auf, als wir uns nähern. Zuerst knurrt es, dann versucht uns der Köter lautstark zu verbellen.
Ein festes „We have Kids here! Please make sure, that your Dog won`t eat them!“ und die Besitzer, die dem Theater ihres Hundes zunächst noch ganz entspannt zugesehen haben, erkennen, dass wir ihre Nachbarn sind!
Sie sitzen da mit einem übergroßem knurrenden Hund (muss ein Hund aus der Linie der Baskervilles sein…) und einer Laufleine, die locker bis zu unserem Wohnmobil reicht. Wir stehen im gehörigen Abstand etwas ratlos mit 2 kleinen Kindern.
Das größte Problem hierbei ist, dass sie falsch herum eingeparkt haben! Jede eingefasste Parzelle hat eine Parkfläche und ein kleines Stückchen Wiese, die dazu gehört.
Alle parken so, das aus ihrer Aufbautüre die Wiese quasi zu Füßen liegt. Auch unser Nachbar. NUR: Mit seiner Tür in Richtung unserer Wiese!
Auf seiner Seite ist die Wiese nämlich nur als kümmerlicher Rest angedeutet. Die schwere Festungsmauer hat verhindert, dass sie auf ihrer Seite eine vollwertige Wiese eingerichtet werden konnte.
Wenn wir könnten, würde ich drehen! Aber dann hätten wir unsere Türe auf der schmalen Nachbarwiese. Das geht ja auch nicht.
Ich musste ja eh schon vorwärts einparken (und nicht wie alle anderen rückwärts), weil wir mit unserem deutschen Wohnmobilaufbau (die Türe ist rechts in Fahrtrichtung und nicht links wie bei vollwertigen Wohnmobilen hier aus England) sonst nicht auf unserer Wiese gestanden haben. Der Nachbar hat seine Türe links und so sitzen sie nun mit ihrem Hund auf unserer Wiese.
Normalerweise würde ich deswegen jetzt keinen Aufriss machen. Die haben ja auf ihrer Seite wirklich nur ein ganz schmales Stück Grünstreifen. Wir könnten uns die Wiese ja auch teilen, unter anderen Umständen ergäbe sich vielleicht ein netter Kennenlernabend!
Das sie ihrem Hund aber so viel Leine lassen, dass er problemlos bis an und in unser Wohnmobil kommen kann, das geht gar nicht!
Der männliche Part der VW- Besatzung steht auf und schnappt sich den Hund. Dann gehen seine Frau und er wortlos in ihren VW Bus, *ratschbumm* und die Schiebetüre des VW ward geschlossen!
Ohne ein weiteres Wort.
Hammer.

Wir gehen ebenfalls ins Wohnmobil, schließen ebenfalls die Türe und verrammeln alles. Nur für den Fall, dass der Hund doch nochmals raus hüpft. Dann packen wir uns eine leckere Pizza in den Wohnmobilbackofen und lasen sie vom Gas schön knusprig brutzeln! Lecker! Fast so lecker, wie aus einem echten italienischen Steinbackofen und auf jeden Fall deutlich besser, als aus dem „normalen“ Ober-/Unterhitze- Ofen zuhause!

Nach dem Abendessen spülen wir und räumen auf. Die Uhr zeigt bereits halb 9 und da Tim schon fast übermüdet ist, bringt Anja ihn auch sofort ins Bett.
Ich selbst mag noch nicht zur Abendruhe kommen und würde gerne noch ein paar Schritte gehen. Vorsichtig luge ich hinter dem Vorhang hervor. Keine Nachbarn, kein Hund! Prima! Auch Nils hat noch Lust auf eine kleine Runde und so gehen wir gemeinsam.
Ich würde mir gerne die Festung etwas näher anschauen. Vielleicht lässt sich etwas zur Geschichte herausfinden?! Und natürlich mag ich aufs Meer hinaus schauen, den Blick genießen, das beginnende Abendrot über dem Meer mit Blick von den Klippen ins marine Panorama in mich einsaugen.

Schnell erklimmen wir einen kleinen Pavillon aus Holz, der auf einer Anhöhe auf der Festungsmauer steht. Der Anblick ist gigantisch! Wie weitläufig doch der Ärmelkanal ist! Glaubt man gar nicht! Fast wirkt es so, als würden man in die Weiten des Atlantiks blicken!

Spontan spazieren Nils und ich ein paar Schritte auf der Festungsmauer entlang. Unter uns die schmale Straße, auf der wir vorhin noch entlang gefahren sind. Und dahinter, unterhalb einiger versprengter kleiner und sich in die Klippenflora duckende Häuschen liegt der Strand und die Brandung. Da würden wir gerne hin!
Allerdings ist der Weg dorthin nicht ganz leicht! Wir orientieren uns zunächst rechts – und stehen kurz darauf in einer alten Bunkeranlage!
Die ist definitiv nicht so alt, dass sie seinerzeit mal die spanische Armada abgewehrt hat! Stattdessen bin ich fast sicher, dass wir hier am „Gegenpol“ unseres Atlantikwalls stehen! Der letzten Barriere, die die Insel vor einer deutschen Invasion im zweiten Weltkrieg bewahrt hat!
Wir entdecken ähnliche Ringkonstruktionen, wie wir sie z.B. in Südnorwegen am Südkap oder am Atlantikwall in Dänemark vorgefunden haben. Einzig die Mauern wirken weit weniger stabil und weniger massiv, als „Opas Bunkerbauten“ von vor knapp 80 Jahren. Ob diese Mauern hier wirklich einem konzentrierten Luft- und Marineangriff mit schwerer Schiffsartillerie standgehalten hätten? Ich bin kein Militärhistoriker, mag dies aber rein von der persönlichen Einschätzung her arg bezweifeln!
Auch Nils ist natürlich neugierig! Er will wissen, wofür diese alte und halb verfallene Anlage einmal gedacht war. Tja, was sage ich ihm jetzt?
Mir fällt eine einigermaßen zufriedenstellende Antwort für ihn ein, sodass wir unseren Weg raus aus der Bunkeranlage und weiter in Richtung des vermuteten Abstiegs zum Strand fortsetzen können.

Unser Weg entpuppt sich als Sackgasse. Mist!
Wir kommen auf dieser rechten Seite nicht aus der Anlage heraus!
Aber wir ärgern uns nicht, im Gegenteil! Denn hier am Ende des Whitsand Bay Holiday Centers stehen ein paar traumhafte Lodges mit einer tollen Terrasse. Von diesen Terrassen hat man einen noch tolleren Blick auf die Küstenlandschaft!
Und wieder es ist das unverwechselbare Grün, was uns jetzt ganz besonders im Abendrot in seinen Bann zieht! Wie eine warme grüne Decke deckt sich die Natur hier selber zu, wirkt kuschelig und gemütlich! Schaf müsste man sein! Also wenn man nicht bei Tesco im Kühlregal landen würde. Denn dann hätte man hier ein wohl unbesorgtes Leben inmitten der saftigsten Weiden, die man sich vorstellen kann!

Das Meer bleibt dennoch unerreicht. Das wollen wir ändern! Auf der tiefsten Terrasse, die wir von hier aus erreichen können, spazieren Nils und ich den Weg zurück und nun in die entgegengesetzte Richtung. Unterhalb des Pavillons erreichen wir kurz darauf den Ausgang aus dem Park in Höhe der Einfahrt, wo wir eben auch mit dem Wohnmobil reingefahren sind.

       
Wir probieren es in die andere Richtung, ob wir einen Ausgang finden! DA! An diesem Warnschild können wir treppab Ri. Strand gehen!

„Sollen wir noch zum Meer runtergehen Nils?“
„Muss ich denn noch nicht ins Bett?“
„Bist du denn schon müde?“
„Nein!“
„Dann gehen wir!“
Ist ja Urlaub! Da darf es auch mal später werden.
Der Weg zum Meer ist richtig anspruchsvoll! Die Stufen sind übelst steil und die Wege schmal. Auch geht hier nicht selten ein steifer Wind durch! Stumme Zeugen der Natur beweisen dies eindrucksvoll.

Ganz toll gefallen uns natürlich auch die vielen kleinen Hütten und Häuschen, die hier dicht und gedrungen an die Klippen gebaut sind. Die allermeisten haben ein kleines Grundstück dazu und einen Privatweg. Wie man auf diesen Wegen jemals z.B. ein Möbelstück dort in die Häuser geschafft hat, ist mir ein Rätsel! Wir können uns selbst ja kaum tragen ohne abzurutschen, wie soll man dann noch Lasten dazu tragen! Hat man aber eine solche Hütte mit diesen wahnsinnigen Ausblicken erst einmal eingerichtet, muss es urgemütlich sein! Egal, ob an einem ruhigen oder sonnigen Abend wie dem heutigen, oder bei Sturm und Wind! Bei einer heißen Tasse Tee und einem prasselnden Feuer im Kamin muss hier gerade bei Sturm ein wundervoller Ort sein! Würde ich jemals professionell ein Buch schreiben wollen, eine solche Hütte hier wäre zweifellos der richtige Ort, um sich dafür einzugraben!

Nils zieht es weiter die Treppen herab. Wir erreichen eine kleine Surferbar, das Eddystone Cafe mit angeschlossener Surfschule. Leider ist es um diese Uhrzeit schon geschlossen! Sonst hätten wir uns ein Bier und eine Milch mit Blick aufs Meer gegönnt. Ich mag meine Milch übrigens gerne kalt. 😉
Übrigens, am Eddystone Cafe entdecken wir eine recht rudimentäre Seilbahnkonstruktion, mit der offensichtlich die Vorräte für die Bar von der Hauptstraße aus nach hier unten transportiert werden können. Wenn wir gleich keinen Bock haben zurück nach oben zu laufen, müssen wir mal schauen, ob wir das Ding in Betrieb genommen bekommen. 😀

Natürlich zieht es uns wie magisch zum Meer!
Nils mag unbedingt seine Hand ins Wasser halten und das machen wir auch. Das Spiel mit den anbrandenden Wellen spielen wir eine ganze Weile! So nah wie möglich ran und dann die Hand ins Wasser. Bis das Wasser so nah kommt, dass es einem die Füße unterspült! Der Trick ist natürlich, rechtzeitig bevor das passiert seine Schuhe, Socken und Füße durch einen beherzten Sprung nach hinten vor der drohenden Flut zu retten! 😉

Nicht nur das Meer fesselt unsere Aufmerksamkeit, auch der sich ankündigende Sonnenuntergang hat etwas Magisches! Natürlich wäre ein Sonnenuntergang IM Meer etwas, was wir uns auch sehr gerne gewünscht hätten, aber der gleißende Feuerball über den Klippen als dunkle Kulisse hat auch was! Diese „besonderen Momente“, wo man sich irgendwie „gesegnet“ fühlt. Wisst ihr, was wir meinen? Diese Kraft, diese Energie, die von Sonnenuntergängen am Meer wie diesen ausgeht? Man wird irgendwie melancholisch, weiß aber gleichzeitig auch auf alle Fragen eine Antwort! Oder besser: Es stellen sich in solchen Momenten einfach keine Fragen! 😉
Alternativ kann der Feuerball aber auch Saurons Auge sein! Wenn gleich Orks am Strand auftauchen, sollten wir machen, dass wir hier weg kommen… 😉

Wir spazieren über den felsigen Strand und lassen uns mehr als einmal auf einem Felsbuckel von der Brandung umschäumen. Nils hat einen Riesenspaß dabei, besonders als eine größere Welle meinen Stein überspült und ich ein paar Wasserspritzer auf die Schuhe bekomme. Na super. Zum Glück werden meine Füße nicht richtig nass, nur ein paar Spritzer. Ist schon OK.

Die Bilder sind schon wunderschön geworden, werden aber natürlich allen Sinnesreizungen an diesem Abend nicht gerecht. Es fehlt der Geruch des Meeres, das Rauschen, der Wind um die Ohren. Um euch aber wenigstens nicht nur was für die Augen, sondern auch für die Ohren anbieten zu können, haben wir wieder einen kleinen Videosnack für euch:

Auch die „garstigen“ Muscheln, die wir schon am Südkap bei Lizard Point gefunden haben, treffen wir hier wieder. Sie saugen sich hier nicht weniger stark an den Stein fest, als ihre Kollegen am Südkap. Auch hier bekommen wir sie vom Stein nicht gelöst, obwohl wir es probieren.

Eine gute Viertelstunde bleiben wir. Dann wird es schlagartig frisch, als die Sonne sich mit den letzten Sonnenstrahlen verabschiedet. Und es wird schnell dunkel! Jetzt aber flott, bevor wir uns unseren Weg gleich im Dunkeln über die Stufen nach oben ertasten müssen! Denn künstliches Licht, das gibt es hier nicht auf dem Weg. Ein Glück, dass Nils so gut zu Fuß ist und mich fast schon abhängt auf dem Weg nach oben.
Mit jedem Schritt steigt auch eine Art erhabenes Gefühl in uns. Eine Zufriedenheit, die man nur schwer beschreiben und vielleicht auch nur wirklich nachvollziehen kann, wenn man sie einmal selbst erlebt hat. Ich hoffe, dass wir dieses Gefühl von heute später in den Alltag mitnehmen können.

Oben angekommen spazieren wir sofort zurück zum Campingplatz und unserer Parzelle. Anja erwartet uns schon und war schon etwas besorgt, warum „ein paar Schritte gehen“ locker eine Stunde und länger gedauert hat! Doch noch bevor Anja etwas sagen kann, berichtet Nils stolz wie überschwänglich über unseren tollen Ausflug in die Festung, den Ausblick und den Weg zum Meer. Und natürlich, wie Papas Schuhe nass geworden sind. Offenbar hat dem Bub der Ausflug richtig gut gefallen.

Nachdem Nils alle Abenteuer noch einmal erzählt hat, bringen wir den Bub ins Bett. Er schläft fast augenblicklich tief und fest ein!
Den Abend und die einbrechende Nacht genießen wir vor dem Wohnmobil. Die Nacht ist klar und frisch. Wir würden wohl einen traumhaften Sternenhimmel genießen können, wenn nicht vor uns das Dörfchen Milbrook und in der Ferne die Lichter von Plymouth die Nacht von vorn, und hinter uns ein stattlicher Mond die Nacht von hinten erhellen würde.

Dennoch ist es ein ganz toller Abend, es fehlt eigentlich nur eine schöne Flasche Wein.
Wir quatschen über alles Mögliche. Über den Tag, über das Reisen im Wohnmobil, ob wir uns wieder ein eigenes kaufen sollen, was wir vom Rest der Reise noch sehen wollen und wir sinnieren gemeinsam über diesen Ort. Besonders das Erlebnis, welches ich mit Nils in den Bunkeranlagen erlebt hab, bespreche ich mich meiner Frau. Wie man damit umgeht. Also mit der Geschichte. Das Fort hier war im zweiten Weltkrieg sicherlich befestigt!
Und somit Kriegsgebiet! Ein Abend wie diesen vor 80 Jahren? Undenkbar!
Damals, 1940, war hier garantiert alles stockenduster und der Bereich ein Sperrgebiet. Befestigt mit Küstenbatterien, aus Angst vor den Deutschen! Aus ANGST vor den DEUTSCHEN!
Und heute stehen wir hier und sind willkommene Gäste. Ist das nicht toll?
Und es ist komisch! Ich wollte das eigentlich gar nicht schreiben! Die Vergangenheit, das sehe ich so (und viele andere meiner Generation übrigens auch), darf so langsam auch mal Vergangenheit sein und die ewige Schuld unserer inzwischen fast Vor- Vorfahren darf auch langsam gesühnt sein. Sie muss nicht vergessen sein, klar, aber dieses ewige Selbsteinreden „Oh, wir bösen Deutschen haben eine Erbschuld gegenüber der halben Welt…“ das ist langsam mal eine ausgebrannte Kerze.
Dennoch ist mir gerade dieser Teil unserer Geschichte am ehesten beim Streifzug vorhin durch die Festungsanlage im Gedächtnis geblieben, weil sie erstmals mit meinem Sohn konfrontiert worden ist!
Als Nils mich fragte, wofür die kreisrunde Schienenkonstruktion denn notwendig seien. „Da waren Kanonen drauf Nils. Damit haben sich die Engländer gegen … (Gedankenpause) … gegen nach Ihrer Meinung böse Menschen verteidigt.“
„Wer waren die bösen Menschen Papa?“
Das war dann knifflig! „Das ist lange her Nils. Wenn du größer bist, erkläre ich es dir. Heute musst du keine Angst mehr haben. Schau! Die Kanonen haben sie abgebaut, die brauchen sie nicht mehr! Die Menschen sind jetzt nicht mehr böse.“
Wie hätte ich Nils mit seinen 4 Jahren sonst erklären sollen, dass die Kanonen damals gegen eine Nation gerichtet waren, der er heute selbst angehört?!
Hätte ich vielleicht „Nazis“ sagen sollen? So als Bösewichte? Statt den Begriff „Deutsche“ zu verwenden, was mir eigentlich zuerst auf der Zunge lag?
Aber soll er sich schon jetzt als Deutscher mit seinen 4 Jahren als eine Art „Erbschuldiger“ fühlen?
Nein! Das muss endlich ENDLICH aufhören! Es war damals ein Schutz von Menschen gegen böse Menschen in ihrer Epoche! Das muss für den Moment reichen. Den Rest überlasse ich dem Geschichtsunterricht, das hat noch Zeit.

Infobox: Campingplatz Whitsand Bay innerhalb der Festungsanlage:
Das Fort in Whitsand (wird tatsächlich Whitsand und nicht Whitesand geschrieben, wie man vermuten würde) Bay ist entgegen meiner ersten Vermutung gar nicht gegen uns Deutsche gerichtet gewesen, sondern gegen die Franzosen!
Um das Jahr 1880 aus dem viktorianischen Zeitalter ursprünglich errichtet, sollte es als Teil eines passiven Verteidigungsrings die auf der anderen Seite der Halbinsel zugewandte Bucht von Plymouth vor möglichen Invasoren schützen! Dabei soll bereits zum Zeitpunkt der Errichtung angeblich bekannt gewesen sein, dass die Franzosen schon gar keine Invasion der Insel mehr planen.
Obwohl nach Errichtung mehrfach technisch überholt und daher immer wieder
modernisiert, kam die Artillerie im ersten Weltkrieg nicht nennenswert zum Einsatz und in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts waren die Kanonen bereits wieder einmal so sehr veraltet, dass sie für den zweiten Weltkrieg seeseitig gar keine Berücksichtigung mehr fanden! Wer hätte das gedacht! Noch als wir die Ringbefestigungen mit Rundschiene gesehen haben, hätte ich drauf geschworen, dass dort spätestens ab 1940 Küstenbatterien drauf stationiert gewesen wären! Die alten Stellungen wurden jedoch lediglich zur Flugabwehr ausgebaut. Auch soll es eine kleine Radarstation in der Nähe gegeben haben. Mehr gab es aber wohl nicht.
Jetzt, im Nachgang zu dieser Reise, entspannt dieser Gedanke schon ein wenig! Nicht nur wir sind die Bösen, nein-nein! Auch die Franzosen waren es offenbar vor langen Zeiten einmal „wert“, dass man Schutzwälle und Kanonenstellungen gegen sie errichtet hat.
Ein Glück für uns, denn wann kommt man schonmal in die Gelegenheit, mit seinem Wohnmobil (bzw. natürlich auch mit dem Wohnwagen) in einem echten Fort zu übernachten! Heute, zu Friedenszeiten!

Die verfügbaren Informationen zu dieser Festungsanlage in deutscher Sprache sind übrigens spärlich. Es gibt aber immerhin einen Wikipedia- Eintrag zum Festungsring rund um die Hafeneinfahrt Plymouth, in dessen Zusammenhang auch das Fort in Whitsand Bay genannt ist. So wird ersichtlich, wofür das Fort gebaut wurde. Und wofür eben nicht: wikipedia / Festungsgürtel Plymouth
Darüber hinaus gibt es eine gute Zeichnung und ein paar Hintergrundinformationen zum Fort, die wir (trotz vorhandener „History“- Seite des Ferienparks) hier besser erklärt finden, allerdings ist es eine englische Seite: victorianforts/whitesandbay

Der Vollständigkeit halber sei auch der Link zur Geschichte des Forts aus dem Ferienpark genannt. Besonders ergiebig ist er aber nicht: whitsandbayfort/about

Anja und ich drehen am Außenring der Festungsanlage eine kleine Runde. Die Kinder schlafen tief und fest. Sehr gerne würde ich uns ein paar Taschenlampen schnappen und dann mit ihr runter an den Strand spazieren. Es muss toll dort sein, trotz der kleinen Grüppchen von Jugendlichen, die sich dort treffen und denen Nils und ich vorhin auf dem Weg vom Strand nach oben begegnet sind. Aber so weit trauen wir uns dann doch nicht vom Wohnmobil weg. Aber bis zum Pavillon spazieren wir! Das reicht schon.
„Ist kalt der englische Sommer!“ meint Anja und fröstelt leicht.
Da hat sie Recht. Es IST frisch! Ein paar Minuten halten wir es noch aus, dann ziehen auch wir uns ins Wohnmobil zurück, lassen die Heizung das Wohnmobil kurz anwärmen und gehen dann schlafen.

Zuerst schien der Tag ein totaler Reinfall zu werden! Kein Parkplatz in St. Mawes, dann die Kirche in St. Just nicht gefunden. Zu allem Überfluß eine Campingplatzübernachtung bezahlt, die wir mangels Zeit am Ende nicht genutzt haben! Und die Krönung! Schwitzwasser in der Popofalte, weil der Weg zwischen Freathy und Milbrook so eng wurde, dass wir mit dem Wohnmobil fast zwischen 2 Häuserwänden stecken geblieben wären! Aber frei nach dem Motto: „Und am Ende wird alles gut! Und ist nicht alles gut, ist es noch nicht das Ende!“ haben wir doch noch einen tollen Platz für den Tagesausklang gefunden! Schwimmen für die Kids, Strand für Nils und eine tolle Festung mit historischem Hintergrund für Papa. Super!

2 Kommentare

  1. Liebe „Transifrei“-Familie,

    als vor gut 7 Jahren mit dem Kauf eines ersten, gebrauchten Wohnmobils unsere ersten Ausfahrten anstanden, bin ich – seinerzeit als absolutes „Greenhorn“ in dem Metier – beim Stöbern im www nach (Erfahrungs-)Berichten, Tipps & Tricks, etc. auf Eurer Seite gelandet und hängengeblieben. Immer wieder zieht es mich auf Eure Seite zurück – macht weiter so!

    Derzeit lese ich Euren Bericht zur „Wohnmobiltour durch Südengland“ – beeindruckend die Schilderungen und Fotos vom „Campingplatz Whitsand Bay innerhalb der Festungsanlage“. Hier schreibt Ihr:

    „Ein Glück für uns, denn wann kommt man schonmal in die Gelegenheit, mit seinem Wohnmobil (bzw. natürlich auch mit dem Wohnwagen) in einem echten Fort zu übernachten! Heute, zu Friedenszeiten!“

    Es wurden bei mir sofort Erinnerungen wach, denn bei unserer Tour durch Süd-Skandinavien im Frühjahr 2017 landeten wir in der Nähe von Kopenhagen auf dem Campingplatz Charlottenlund Fort (http://campingcopenhagen.dk/de/).
    Dieser vielleicht nicht ganz so erhaben gelegene Campingplatz versprühte ein ähnliches Ambiente, nicht zuletzt auch wg. der noch auf dem Wall vorhandenen Geschütze sowie der in die ursprünglichen Kasematten eingelassenen Küche und Sanitärräume (s. Fotos auf der Internetseite).

    Weiterhin und allzeit gute Fahrt wünscht Euch
    Frank

    • Hallo Frank,
      ja, dieser Campingplatz war in mehrfacher Hinsicht etwas ganz besonderes. Noch heute erinnern wir uns gerne diese surreale Erfahrung. Vor allem, weil die zum Campingplatz umfunktionierte Festung so überraschend kam. Der Aufenthalt in einem alten Fort war ja nicht wirklich geplant.
      Deinen Tipp nehmen wir gerne mal in unsere Liste auf. Sollte es uns mal in die Gegend um Kopenhagen mit dem Camper verschlagen, werden wir gern dort einkehren.
      Beste Grüße senden
      Tim, Nils, Anja und Björn

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