So ein Tag wie gestern, wo wir wirklich mal so gar nichts unternommen haben, das darf sich nicht wiederholen. Dafür sind die wenigen Urlaubstage im Jahr einfach viel zu kostbar! Zwar werde ich beim Frühstück im Familienrat mit meinem Vorschlag einen Ausflug zu machen überstimmt, aber das heißt ja nicht, dass man den ganzen Tag auf dem Campingplatz verweilen muss! Das Städtchen Grenaa und insbesondere der Hafen von Grenaa ist ja nur etwa 30min zu Fuß entfernt, wenn man am Strand entlang spaziert! Wir einigen uns also darauf, dass ich eine erste Erkundungsmission ins Dörfchen und an den Hafen unternehme und dann berichten werde, ob sich vielleicht doch ein Ausflug mit der ganzen Familie lohnt. Und wie der sich lohnen wird! Spätestens dann, wenn ich mit einer gefundenen Eisbude auftrumpfen kann, ist der Nachwuchs für einen Ausflug bestimmt wieder Feuer und Flamme…

Nachdem der Abwasch erledigt ist und auch die Duschen des Campingplatzes ausgiebig getestet wurden, breche ich gegen halb 12 zu meiner Strandwanderung in Richtung Greena auf. Ziel auf meiner Karte soll das „Kattegatcenter“ werden. Ich hab noch keine Ahnung, was das Kattegatcenter bietet. Ist es ein Einkaufszentrum? Ist es ein Museum über die Ostsee? Ist es vielleicht ein Fährterminal? Immerhin soll es hier ja auch eine Fähre in Richtung Schweden geben, wie ich gestern gelesen habe. Auch soll es so etwas wie eine Altstadt geben. Zumindest rundherum um die Strandgade sieht es auf der google- Maps Karte recht beschaulich aus.
Fast schon MUSS Greena ein bisschen was zu bieten haben. Denn auf meine Idee einen Ausflug zu machen, kam von der versammelten Familienmannschaft nur die Frage „Wohin denn?“. Auf diese Frage wusste ich zunächst gar keine Antwort und hab daraufhin die Karte mal studiert. Hier in Greena sind wir am östlichsten Punkt des dänischen Festlandes, wenn man die vorgelagerte Insel, die mit Brücken und Fähren verbunden ist und auf der Kopenhagen als Hauptstadt liegt, einmal ausklammert. Diese östlichste Lage auf dieser „Landnase“ bedeutet aber auch, dass rundherum nicht viel ist! Schon auf der Hinfahrt ist es uns spätestens ab Randers aufgefallen: Links und rechts waren nur Felder! Auf einer Strecke von gut und gerne 50 Kilometern! Das ist schon ordentlich Holz! Die nächste Siedlung bzw. Stadt wäre „Ebeltoft“ im südlichen Abschnitt, etwa 30 Kilometer südwestlich von uns, oder eben Randers bzw. Aarhus, was so besagte 50km wären. Greena ist wirklich das absolute Zentrum dieser Region hier, wenn man rund um die Stadt mit einem Zirkel einen Kreis von 30-40km zieht. Was es also auch immer Sehenswertes hier in dieser Region zu sehen gibt, es ist nunmal sehr wahrscheinlich, dass es in Grenaa zu finden sein wird. Zum Glück liegt der Campingplatz zufällig knapp in Fußreichweite zum Städtchen und so müssen wir wenigstens nicht mit dem Auto fahren.

Zu Fuß am Strand entlang ist natürlich ein schöner Spaziergang durch den Wind. Die Ostsee steht heute der Nordsee in nichts nach und muss sich nicht hinter ihr verstecken. Das sie am Tropf der Nordsee hängt, sieht man heute wirklich nicht. Die Wellen sind anständig und haben wohl schon in der letzten Nacht eine Menge Algen, Seetang und allerlei Strandgut an die Küste gespült. Jetzt müsste man einen Metalldetektor haben! Oder so eine UV- Suchlampe für Bernstein. Man würde bestimmt eine Menge kleiner Schätze finden…
Auch die Möwen sind emsig. Sie scheinen ebenfalls die Gunst der Stunde zu nutzen und durchforsten die angeschwemmten Haufen von Schlick, Morast und Seetang, wohl auf der Suche nach „kulinarischen Schätzen“.

Der Weg am Strand entlang führt auch an der Rettungsschwimmer- Station vorbei. Ein knallgelber Jeep parkt in bester Baywatch- Manier davor. Etwas abseits liegt ein Schlauchboot mit Außenborder quasi bereit und auf dem Sprung, sich sofort in die Fluten zu stürzen, wenn es die Situation erfordert. Eine rotgelbe Flagge ist gehisst und zu meiner Überraschung deutet diese weder auf Badeverbot noch auf eine besondere Gefahr hin. Stattdessen bedeutet die Beflaggung einfach nur, dass die Station besetzt ist und man sich am besten im Abschnitt zwischen den beiden Flaggen am Anfang und Ende ins Wasser begibt, weil dieser Teil von der Station aus am besten eingesehen werden kann.
Baden? Jetzt! Bei dem Seegang? Verrückt!

Beim Absuchen des Horizonts auf See nach eventuellen Wagemutigen oder kühnen Schwimmern erkenne ich ganz weit in der Ferne hinter einigen Segelbooten eine weiße Silhouette! Das ist was Größeres! Zuerst sieht es aus, wie ein Schiff der Marine. Vielleicht ein Flugzeugträger oder ein übergroßer Tanker oder sowas. Aber dazu passt die Farbe nicht. Vielleicht ist ein Kreuzfahrtschiff? Hier? Mit direktem Kurs auf das eher unbedeutende Greena? Die würden doch bestimmt eher Kopenhagen ansteuern oder so? Ein Glück leben wir in aktuell digitalen Zeiten! Ein schneller Blick auf der Webseite „Marinetraffic“, die Schiffsbewegungen weltweit darstellt, kann ich das Schiff identifizieren. Es ist die Stena Nautica! Eine Passagier- / Autofähre. Das Schiff pendelt zwischen Greena in Dänemark und Halmstad in Schweden hin und her. Die Einfahrt in den Hafen von Greena ist laut Webseite für 12:30 Uhr vorgesehen, das wäre in etwa einer halben Stunde!

Da ist es wieder! Das Fernwehgefühl! Wie toll wäre es jetzt, wenn wir auch mit der Fähre fahren könnten! Einmal kurz nach Schweden für einen Tagesausflug. Müsste ja noch nichtmal mit dem Auto sein, mit dem Fahrrad würde ja reichen. Oder eben zu Fuß. Hauptsache mal kurz in Schweden gewesen! Das würde den Urlaub doch abrunden und wie ein Dolchstoß gegen dieses melancholische Gefühl ankämpfen, dass man sich unweigerlich schon auf dem Weg nach Hause befindet. Auf jeden Fall nehme ich mir vor, im Hafen von Greena nach den nächsten Abfahrten zu schauen und zu gucken, ob man vielleicht einen guten Preis für so eine Mini Kreuzfahrt mit Stena bekommen kann. Vorher möchte ich aber auf jeden Fall dabei sein, wenn das Schiff anlegt! Mal sehen, wie nah ich in den Hafenbereich und auf die Kaimauern komme, um den ankommenden Gästen zu winken und das Schiff zu begrüßen. Muss ja nicht gleich in Euphorie ausarten, wie bei der Titanic damals als sie abgelegt hat. Aber wenn ein paar Kinder winken und jemand da steht, der zurückwinkt, dann hat mich das als kleiner Junge auf einem Schiff immer gefreut. Nun bin ich, fast wie in der „Werthers Echte- Werbung“ nunmal der Großvater und was sonst sollte ich tun, als den Jungs und Mädels an Bord zu winken und gleichzeitig der technischen Faszination beiwohnen zu können, wenn so ein großer Pott in einem Hafen anlegt. Mein Navi zeigt mir zu Fuß eine knappe halbe Stunde Zeit, bis ich zu Fuß am Fährterminal ankommen würde und das wäre auch die halbe Stunde, die die Stena Nautica für das letzte Teilstück bis Greena noch braucht. Jetzt gilt´s Stena Nautica! Deine knapp 17.000 PS oder meine zwei Beine, angetrieben von einem vom Frühstück wohl gefüllten Bauch! Wer ist zuerst da? Wollen doch mal sehen!

Das man Greena näher kommt, bemerkt man zunächst an den Strand- und kleinen Wohnhäusern, die sich in den Dünen aus der Deckung trauen. Wer hier ein Häuschen hat, wohnt bestimmt wunderschön, so nah am Meer! Vielleicht sind es Häuser für pensionierte Kapitäne, Seebären und allerlei Klabautermänner, die auf ihre alten Tage hier noch etwas Salz- und Seeluft schnuppern dürfen. Eine schöne Vorstellung. Ich selbst arbeite zwar bei der Eisenbahn und könnte mir im Ruhestand kaum vorstellen, an den Bahndamm zu ziehen, aber so mancher findet ja auch sein Glück beim liebevollen Renovieren eines alten Bahnwärterhäuschens und gießt die Blumen im Vorgarten, während der ICE „Konrad Adenauer“ mit 300 km/h an einem vorbeifliegt und die Geranien neu sortiert. Warum soll es das nicht auch für die Berufsbilder der Seefahrt geben?
Ich würde ja klingeln und nachfragen, aber dafür habe ich keine Zeit. Mich hier in romantisierten Gedanken aufhängen, das hebe ich mir für den ersten Roman auf, den ich irgendwann mal schreiben werde. Aber nicht jetzt, jetzt hab ich ein Wettrennen gegen ein Schiff zu gewinnen! Die stolze Stena Nautica bzw. ihr Kapitän scheint mich ebenfalls erspäht und die Herausforderung zu einem Rennen angenommen zu haben! Das Schiff kommt deutlich schneller näher, als ich es eben an der Rettungsstation noch erwartet habe! Auch sieht es nicht so aus, als könnte ich den Vorsprung halten! Sofern die Stena Nautica nicht vorhat, gleich hier am Strand anzulegen und die Fahrzeuge „D-Day“ mäßig auf den Sand auszuladen werde ich es sein, der sich durch die weitläufigen Bereiche eines Hafenbeckens arbeiten muss, um den richtigen Kai zu finden. Mit Pech wird man an irgendeinem Zaun ausgebremst und das Wettrennen ist verloren. 🙁

Zu meiner Überraschung finde ich mich im Hafen recht gut zurecht! Zum einen natürlich, weil die Seeseite ja immer die Seeseite bleibt und das Schiff ja irgendwo zwischen See und Land anlegen muss. Zum anderen ist der Weg für Fußgänger zum Schiff aber auch gut ausgeschildert, sodass man sich passabel orientieren kann. Trotzdem wird es ein knappes Rennen zwischen der Stena Nautica und mir! Das liegt auch daran, dass wohl die Ostsee der Stena ordentlich „Rückenwind“ in Form einer kräftigen anlandigen Brandung mit an die Hand gibt! Was das Schiff schiebt, hält mich auf! Die Kaimauer rechts neben dem Fußgängerweg ist gar nicht hoch genug, dass sie die an Land schlagende Gischt der Wellen vollständig abwehren könnte! Immer wieder schwappt ein Schwall Ostsee über die Mauer auf den Weg. Besonders trifft es dabei einen hier an der Kaimauer abgestellten Volvo! Zum Glück ist es ein Volvo und damit ein schwedisches Fahrzeug, was wohl hochseetauglich genau für solche Situationen gebaut wurde. Ein „normales“ Auto würde durch die ständige Salzdusche garantiert ordentlich rosten…

Ich hab Glück mit dem Aussichtspunkt. Das Ende der Kaimauer und das Ende des ist öffentlich begehbar, ohne dass man den Sicherheitsbereich des Hafens betreten muss. Man kommt so wirklich hautnah an das einfahrende Schiff heran, dass man es fast berühren könnte! Super Platz! Wer hätte das gedacht? Das Wettrennen habe ich zweifelsohne gewonnen, majestätisch zieht die Stena etwa 5 Minuten nach meiner Ankunft an mir vorbei. Fehlt eigentlich nur ein schönes TUUUUUUT aus dem Horn so als Anerkennung, dass ich erster war! Leider ist der Kapitän wohl ein schlechter Verlierer und will mir diese Geste der Anerkennung für meinen Triumpf nicht gönnen. 😉
Ja, OK, eins noch. Die Stena Nautica sah vorhin der Ferne vielleicht größer aus, als sie in Wahrheit ist. Das liegt vielleicht an dem übergroßen Signalmast, der auf ihrer Brücke montiert in die Höhe ragt. Dennoch ist die Fähre kleiner, als z.B. Die King of Scandinavia, mit der wir seinerzeit nach Schottland gefahren sind und natürlich ist die Stena Nautica auch nicht mit Riesentrümmern zur See wie der Costa Toscana und ihren allein 14 Decks vergleichbar, mit der wir eine Kreuzfahrt gemacht haben. Aber immerhin genügt die Schiffsgröße geradeso, dass der Anblick des den Hafen anlaufeden Schiffes den Durst nach maritimer Atmosphäre stillt, den ich bei unserem Abschied von Hirtshals, den dortigen Fähren und der Nordsee erlitten habe. Sehr gerne würde ich mal mit der Nautica nach Schweden fahren.

Neben mir haben sich noch etwa ein halbes Dutzend andere Gäste hier eingefunden, die die Einfahrt der Stena Line beobachten. Auch ein paar Angler sitzen hier am Kai und werfen völlig unbeeindruckt vom einfahrenden Fährschiff ihre Angeln aus. Einer der Angler, ein Deutscher, hat sogar kurz darauf einen besonders dicken Fisch an der Angel! Es zieht kurz an seiner Rute, er will den dicken Fisch einholen und zerrt an der Angel. In genau diesem Moment macht es „zap“ und die Schnur reißt! Schnell wird klar, sein Haken hat sich irgendwo am vorbeifahrenden Schiff verfangen. Diesen „dicken Brocken“ kann er natürlich nicht an Land ziehen. Ein bisschen verdutzt schaut er natürlich schon, aber ich meine, was hat er bitte erwartet? Wenn so ein Schiff weniger als einen Meter an seiner Batterie ausgelegter Angeln vorbeifährt?

Während die Stena Nautica am Kai vertäut wird, eile ich nach vorne zum Bug des Schiffes. Entgegen meiner Erwartung bleibt nämlich die dicke Heckklappe der Fähre geschlossen und alle müssen vorne am Bug aus dem Schiff über die Landungsbrücke ausfahren. Das Ausladen geht erstaunlich schnell. Noch bevor ich das Schiff der Länge nach abgelaufen bin, rollen schon die ersten Fahrzeuge aus dem Schiffsbauch bzw. über die obere Landungsbrücke an Land. Klar, dass auch Camper mit Wohnmobil und Wohnwagen dabei sind. Ein schönes Schauspiel und nett anzusehen, wenn man zur Abwechslung mal nicht selbst beim Rein- und Rausfahren aus den Fähren der Welt auf den Verkehr, tiefhängende Rohre und Leitungen, wild gestikulierendes Deckspersonal oder Rampen und ihre spitzen Winkel achten muss. 😉

Mit der Stena im Hafen ist das Highlight erstmal zu Ende. War wirklich toll, dass man sich im Hafen auch als Unbeteiligter so frei bewegen und das Andockmanöver hautnah mit ansehen durfte. Ich bin absolut sicher, dass dies in Deutschland so in dem Umfang nicht möglich ist! Da kommst du ohne Fährticket nichtmals in die Nähe des Schiffs…
Es wird wohl etwas dauern, bis sie wieder ablegt. Also schaue ich mir den kleinen Yachthafen an, der gleich nebenan zu finden ist. Um den kleinen Hafen herum gibt es so etwas wie eine „touristisch erschlossene Zone“, also ein Bereich, wo es Gastronomie und Klamotten sowie ein paar Souvenirs zu kaufen gibt. Auch das Kattegat Center findet sich hier, welches sich als Aquarium ähnlich wie ein Sea Life offenbart. Da wir schon zwei Aquarien auf dieser Reise besucht haben und insbesondere das von Thyboron mit den Haien zum Streicheln oder dem Krebse fangen richtig toll war, glaube ich kaum, dass dieses hier das Erlebnis noch einmal toppen kann. Aber ich werde der Familie natürlich berichten, dass es hier auch ein Aquarium gibt.

Das zweite, was ich hier entdecke, ist ein richtig gut ausgestatteter Wohnmobilstellplatz! Direkt im Zentrum von Grenaa und nur wenige hundert Meter vom Fährhafen von Stena Lines entfernt! Es gibt einige Parkbuchten mit Picknickbänken und einem Stückchen Wiese davor gleich in der ersten Reihe mit Blick auf den Jachthafen. Perfekte Lage! Auch in der zweiten und dritten Reihe auf dem Areal stehen freie Buchten zur Verfügung. Strom gibt es natürlich auch und auch die Infrastruktur mit dem kleinen Sanitärgebäude mit Toiletten und Duschen des Jachthafens können von den Campern im Wohnmobil mitbenutzt werden! Bezahlt wird am Automaten beim Hafenmeister. Ein wirklich schöner Wohnmobilstellplatz und für einen Zwischenstopp bzw. eine Zwischenübernachtung auf dem Weg von bzw. nach Schweden wirklich ideal.

Info- Box Wohnmobilstellplatz an der Marina / Fährterminal Grenaa
Adresse: Dänemark, 8500 Grenaa Skakkes Holm, Skakkes Holm 34D
V/E Station vorhanden,
Strom vorhanden,
Sanitär mit Dusche und Toilette vorhanden
Zugang 24/7 möglich,
bezahlt wird am Kassenautomaten, auch in dt. Sprache.
Großer Spielplatz für Kids, die sich nach der langen Fahrt austoben müssen, ist ebenfalls vorhanden.
Fährterminal Grenaa zur Stena Line nach Schweden nur 5 Fahrtminuten entfernt!
Zufahrt nur über eine schmale Brücke mit einem Knick in der Mitte, ggf. problematisch für sehr lange Fahrzeuge bzw. langem Überhang!
Abstellplatz im Winter ggf. geschlossen, da dann Boote auf dem Areal geparkt werden!
Offizielle Webseite: grenaamarina.dk
Info im Wohnmobilforum: Stellplatzinfo im Wohnmobilforum
Stellplatz Link auf google Maps Markierung auf Google Maps

Ein bisschen wehmütig spaziere ich durch die einzelnen Reihen. Noch immer steigt die Melancholie in mir auf, wenn ich an die schönen Touren denke, die wir im eigenen Wohnmobil gemacht haben. Besonders in unserem eigenen. Aber damals wie heute ändert nichts an der Tatsache, dass wir eben auch oft Probleme hatten mit dem überalterten Wohnmobil und ständig was zu basteln war. Die Kosten mit neuem Getriebe und final sogar einem neuen Motor haben uns einfach aufgefressen! Finanziell ist der Wohnwagen, besonders wenn du familienbedingt sowieso ein großes Auto brauchst, einfach die vernünftigere Wahl. Keine Herzenswahl! Das steht außer Frage. Aber die vernünftigere. Hach ja. Ist halt so…

Vor einem der Wohnmobile erkenne ich einen alten Bekannten wieder. Es ist der Angler, der vorhin beinahe die stolze Stena Fähre aus dem Wasser gezogen hätte, bevor seine Angelschnur gerissen ist. 😉
Er nestelt etwas missmutig an seiner Angel herum. Auf ein freundliches „Petri Heil“ kommt keine Antwort. Keine Ahnung, ob er mich erkennt, aber er murmelt nur irgendwas Grummeliges in seinen Bart zurück. Ein Gespräch wird sich hier nicht entwickeln, soviel ist klar. Schade. Hätte gerne ein paar Worte unter Campern gewechselt.

Nun, die kleine Hafenpromenade sowie der Jachthafen und die angrenzende Stadt ist sehenswert! Das Ergebnis kann ich durchaus ehrlich an meine Mannschaft melden, ohne dabei lügen zu müssen! Also geht es für mich zurück zum Campingplatz, um dort Bericht zu erstatten. Ich hoffe ich bekomme die Truppe überredet, mit mir gemeinsam einen Ausflug in das Städtchen zu machen.

Gegen halb 3 bin ich zurück und kann tatsächlich die satt gespielten Kinder vom Piratenschiff abentern und auch die Frau, die es sich auf zwei gegenüberstehenden Campingstühlen bequem gemacht hat, zu einer Städtetour überreden. Einzig die Anreise nach Grenaa erfolgt nicht zu Fuß über den Strand, sondern mit dem Auto. „In der Stadt laufen wir bestimmt noch genug“ meint Anja. OK, fahren wir also doch flott mit dem Auto rüber.
Bei der Zufahrt nach Greena drehe ich eine Runde durch den Hafen um zu schauen, ob die Stena Nautica noch am Kai liegt. Aber der Hafenbereich ist leer, das Hafenbecken verwaist. Scheinbar hat das Schiff schon wieder Kurs auf Schweden genommen. Etwas mehr als vier Stunden dauert übrigens die Überfahrt, die Fähre pendelt innerhalb von 24 Stunden zwei Mal pro Richtung.

Neben der Fähre nach Schweden fährt hier ab Grenaa auch eine zweite Fähre auf die dänische Insel Anholt, die etwa auf halbem Weg mittig im Kattegat auf dem Weg nach Schweden liegt. Aber ob das eine große oder kleine Fähre ist, kann ich nicht sagen. Denn diese Fähre habe ich weder vorhin noch jetzt irgendwo gesehen. Ohne Fähre bleibt mir allerdings nicht viel übrig, als zu wenden und dann tun wir so, als seien wir gerade erst nach Dänemark eingereist. Bisschen schummeln und so tun, als wären wir von großer Fahrt auf See zurück. 😉

Wir parken am Hafen und spazieren einmal die Hafenpromenade auf und ab. Viel ist nicht mehr los, die zwei Geschäfte bieten eine eher überschaubare Auswahl. Also geht es über die Brücke rüber auf die andere Seite und weiter auf der Strandgade, die, wenn man google maps vertrauen darf, als belebte Umgebung und Zentrum des Städtchens ausgewiesen ist.
Grenaa selbst ist ernüchternd! Das muss man so sagen. Zwar ist die Strandgade sauber und aufgeräumt, aber eben auch steril irgendwie. Funktional bestenfalls. Man holt im Buchladen sein bestelltes Buch ab und geht emotionslos wieder nach Hause. Fertig. So ist der erste Eindruck! Problem ist aber auch, dass an diesem Samstagnachmittag schon alle Geschäfte geschlossen haben, was natürlich auch für einen falschen Eindruck sorgen könnte. Schade! Aber das haben wir natürlich auch selber ein bisschen zu verantworten.

Da es in Grenaa ansonsten nicht viel gibt, halten wir kurz beim Supermarkt und kaufen Mehl, Eier und Milch fürs Abendessen ein. Wenn schon die Küche und Pfanne draußen steht und alles, was „nach Essen duftet“ und in der Wohnung zuhause ungern gesehen wird, kann man hier auf dem Campingplatz nach Herzenslust zubereiten. In unserem Fall sind es Pfannkuchen, die es heute zum Abendessen geben wird. Mjam!
Nach dem Abendessen packen wir die ersten Sachen zusammen und machen den Wohnwagen für die Abreise morgen fahrtauglich! Ja, ihr habt richtig gelesen, die kurze Auszeit hier ist vorbei, jetzt geht es nochmals weiter zum nächsten Highlight der Reise, doch dazu dann morgen mehr.

Gegen 20 Uhr drehen wir eine letzte Abschiedsrunde über den Campingplatz. Ein paar Kronen haben wir noch für kleine Fahrgeschäfte übrig, auch dem Kletterwald neben den Pool statten wir noch einen Besuch ab. Es ist wirklich ein schöner Platz hier, wenn auch etwas abseits. Die Idee mit der Fähre nach Schweden wäre vielleicht noch eine Abwechslung, aber dafür bräuchten wir einen Tag mehr hier auf Strandcamping Grenaa. Den haben wir aber nicht.
Um den Tag und auch den Ort würdig zu verabschieden, spazieren wir auch noch ein letztes Mal raus an den Strand der Ostsee. Der Wind hat zwischenzeitig etwas gedreht und kommt nun nicht mehr schräg, sondern voll voraus anlandig und drückt die Wellen an den Strand. Wieder hat sich, wie schon heute Mittag, eine Menge Strandgut auf dem Sand angesammelt. Doch diesmal ist es ein wenig anders. Da ist noch etwas anderes! Zwischen dem Schlick und den Algen blitzen rosa bis orangefarbende Objekte hervor!

Nach ein paar Schritten näher an die Wasserlinie wird klar: Das sind Seesterne! Das sind Dutzende! Große, kleine, helle, dunkle, jede Menge! Einige scheinen bereits leblos, andere rudern wie in Zeitlupe mit ihren Ärmchen. Wo kommen die denn bitte her? Und warum so viele?

Ein kurzer Blick auf Google liefert die Antwort. Wenn besondere stürmische Strömungsverhältnisse vorherrschen, dann kann es passieren, dass es die Seesterne in Küstennähe auf den Strand drückt. So stark, dass sich die kleinen Bodenbewohner der Meere nicht gegen diese Strömung halten können.
Das wirklich entsetzende aber lesen wir nur wenige Zeilen darunter. Seesterne, die an Land gespült werden, schaffen es nicht aus eigener Kraft zurück ins Wasser und haben darüber hinaus nur eine Überlebenschance von wenigen Minuten! Ach du shice! Hier spielt sich gerade ein Drama besonderen Ausmaßes ab! Mit großen Augen schauen die Jungs mich an, als ich ihnen die bittere Nachricht auf dem Display zeige. Wir zögern nicht lange! Denn dort steht auch, dass man Seesterne, die sich noch bewegen, durch Rückwurf ins Meer eventuell vor dem sicheren Strandtod retten kann! Jetzt gibt es kein Halten mehr und alles geht ohne ein weiteres Wort ganz schnell! Sofort stoben wir in alle Richtungen des Strandes auseinander und picken uns umgehend die Seesterne aus dem Seetang, die sich noch bewegen. Dann versuchen wir sie über die anbrandenden Wellen wieder zurück ins Wasser zu werfen. Aber es sind so unfassbar viele! Du hast so schnell die Hände voll, dass man sie kaum zählen kann. Auch scheint es so, dass so mancher vermeintlich geretteter Seestern ein paar Meter von der Einwurfstelle entfernt dann doch wieder an Land gespült wird und ein weiteres Mal hilflos mit seinen Ärmchen rudert. Ein herzzerreißender Anblick!

Wir geben eine gute halbe Stunde wirklich alles! Dutzende, ja vielleicht sogar hunderte werfen wir zurück ins Meer! Dann aber werden langsam die Arme schwer. Richtig schwer! Und die Erkenntnis bricht in einem durch, dass man hier mehr oder weniger auf verlorenem Posten kämpft! Wie Sysiphos mit seinem Stein. Wir rappeln uns nach kurzem Durchatmen für eine zweite Runde zwar nochmals auf, aber für eine handvoll zurückgeworfener Seesterne spült es drei Hände voll wieder an. Es ist zum Verzweifeln. So traurig! Gerade Seesterne! Die sehen ja auch noch lieb aus! Klar, dass sie die Herzchen der Kinder berühren und kleine Tränchen kullern wenn selbst ein 6 jähriger erkennen muss, dass er gegen die Urgewalt der Natur hier keine Chance hat. Schweren Herzens drehen wir um und versuchen, die nicht hörbaren aber dennoch spürbaren Schreie der kleinen Meeresbewohner auszublenden. Das gehört eben leider auch dazu. Nicht immer ist eine Reise voller Freuden und schönen Erlebnisse. Nicht immer bleibt nur das schöne in Erinnerung wie die zahlreichen Besuche der Strände oder der Besuch der Aquarien, wo wir selbst Haie mit der Hand streicheln oder mit Krebsen Aug in Aug gestanden haben. Manchmal spielt sich eben auch ein Drama ab, bei dem wir, zum Glück muss man sagen, nicht selbst unmittelbar betroffen sind.

Es ist weit nach 22 Uhr, bis wir endlich zurück am Wohnwagen sind. Wir sprechen noch lang über das Erlebnis von heute. Von Tod. Von Leben. Über Tiere. Über Menschen. Über die Natur und Gott. Und sind uns selbst in unserer Familie dabei so nah, wie selten zuvor. Was für eine Reise.

Fazit des Tages, Dänemark mit dem Wohnwagen:
Auch heute stand der Wohnwagen sicher auf dem Campingplatz. Ausflüge haben wir zu Fuß bzw. mit dem Auto gemacht. Ab morgen geht es zwar weiter, aber ehrlich gesagt endete schon bei Grena und Hirtshals unsere Tabelle der Unterwegsziele, die wir mit dem Wohnwagen ansteuern und damit unbedingt beweisen wollten, dass eine Rundreise durch Dänemark mit dem Wohnwagen am Haken kaum schlechter ist und einem Roadtrip mit dem Wohnmobil in nichts nachstehen muss. Die Ziele, die jetzt noch auf dieser Reise geplant sind, sind eigentlich nur noch Stellungswechsel mit dem Wohnwagen von Campingplatz zu Campingplatz. Natürlich werden wir der Vollständigkeit halber auch davon berichten, aber es folgt eigentlich kein Ziel mehr, welches eine besondere Vorplanung nur aus dem Grund bedarf, weil wir mit einem Wohnwagen am Haken unterwegs sind.

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