Nils findet die treffenden Worte, als wir beide kurz vor der Abfahrt noch flott die letzten Vorräte für die Reise einkaufen. „Oh Papa! Ich liebe Urlaube! Schon die Fahrt ist toll wenn wir unterwegs Picknick machen und so! Das ist immer was Besonderes! Und ich gebe ihm gerne Recht. Auch für mich war als Kind die Anreise in den Urlaub immer besonders mit Aufregung und Lust auf etwas Neues verbunden. So gar nicht vergleichbar, mit der lästigen Heimfahrt nach dem Urlaub, wenn am Ende einer anstrengenden Strecke doch nur wieder der Alltag auf einen wartet! Aber beklagen wir uns nicht! Die Sklaven im alten Ägypten zum Beispiel kannten keinerlei Urlaub! Und kein Wochenende. Und keine 36,5 Stunden Woche. Die mussten jeden Tag ran. So gesehen lässt sich der Gedanke an die vielen Kilometer heute und die vielen Stunden im Auto ganz passabel verdrängen. So gesehen wirkt die Vorfreude auf die lange Fahrt eben auch wie Freude. Wenn doch nur der unausweichliche Elbtunnel nicht wäre…

Wir kommen zu unserer Überraschung recht zeitig los. 11:46 Uhr! SO früh waren wir in den letzten Jahren selten für einen Urlaubs- Anmarschtag unterwegs, wenn wir uns keinen Wecker für eine frühe Abfahrt gestellt haben. Ich wollte aber auch heute bewusst keinen Zeitdruck und keinen starren Anreiseplan! Das verursacht sonst nur Stress. Wir kommen an, wann wir ankommen und gut.
Das erste Tagesziel für heute soll um Hamburg liegen. Frühestens in Höhe Heidenau und spätestens irgendwo nördlich des Elbtunnels möchten wir unsere Tagesetappe beenden. Dabei kalkuliere ich, dass die Durchfahrt durch einen staufreien Elbtunnel am ehesten in den frühen Abendstunden möglich sein wird. Immerhin müssten die ganzen Ferienhausurlauber, die ja gegen Nachtmittag ihre Häuser übernehmen, schon durch sein.  Andererseits ist „staufrei“ an einem Feriensamstag etwa so illusorisch, wie dauerhafter Frieden im Nahen Osten!

Aber lassen wir uns einfach mal überraschen! Trumpf „Corona“ noch immer omnipräsent und viele verreisen erst gar nicht. Entweder, weil sie keinen Bock auf die Auflagen bei Reisen ins Ausland haben und/oder, weil die deutschen Ausweichplätze zumindest für die Camper allesamt schon belegt sind, wie eindrucksvoll zahlreiche Berichte und Bilder in diesen Tagen in Foren und Gruppen belegen. Und die Gebrauchtwagenpreise für Camper! Während draußen hinter Leverkusen das Ruhrgebiet allmählich anfängt, gerate ich ins Grübeln über die derzeitige Situation am Gebrauchtwagenmarkt: Es ist keine Woche her, da war ich ein paar Dörfchen weiter bei Eschweiler und habe im Auftrag eines „Mitcampers in spe“ einen Knaus- Wohnwagen besichtigt. Weil er zum einen eine Anreise von über 600km nur für die Besichtigung gehabt hätte und zum anderen weil ich wissen wollte, was denn auf dem Gebrauchtmarkt derzeit für eine überhitze Stimmung herrscht! Der Wagen war Baujahr Ende der Neunziger, Anfang Zweitausend. Sollte siebeneinhalb (!) Tausend Euro kosten. Hatte für den Preis aber als „besonderes Gimmik“ ein tellergroßes Loch im Unterboden und war somit noch nicht einmal die Hälfte des ausgerufenen Preises wert!

Die beiden folgenden Bilder sind jetzt nicht Teil des heutigen Reisetags. Aber ich sehe sie quasi vor meinem geistigen Auge, während wir auf der A 1 gen Norden steuern. Daher teile ich sie auch mal mit euch um zu verstehen, was ich mit meinen aktuellen Reisegedanken meine: 

Und dennoch bin ich in diesen Zeiten absolut sicher, dass viele Neucamper mangels Wissen und Expertise eine solche durchgefaulte Möhre kaufen. Dem Interessenten konnte ich helfen und hab ihm geholfen. Er hat vom Kauf Abstand genommen. Dennoch war die Anzeige wenige Tage später nicht mehr online und als verkauft markiert. Leute! Wenn ihr ein Wohnwagen oder ein Wohnmobil sucht, dann bitte nehmt euch gerade in diesen Zeiten die Zeit und schaut euch alles gründlich an! Hilfreich sind die Checklisten der Profis dazu, auch wir haben eine Checkliste mit Tipps für Einsteiger beim Wohnwagenkauf ins Netz gestellt. Diese und am besten einen erfahrenen Camper bei der Besichtigung dazu und ihr könnt einen Großteil des Risikos eine nasse Möhre zu kaufen eliminieren!
Zeitgleich denke ich aber auch darüber nach, was inzwischen unser getreuer Hobby wohl inzwischen wert ein mag, den wir auch heute wieder an den Haken genommen haben. Frisch ge“tüv“t im Frühjahr diesen Jahres ohne Mängel, Kühlschrank revidiert, Mover eingebaut, Boden gemacht, Serviceluken getauscht, neue Wasserhähne eingebaut, Markise gegen eine größere getauscht, kurzum der Wagen ist fit wie nie fürs Reisen! Und das wollen wir tun! Reisen! Genauer sogar Rundreisen! Auf den Spuren unserer eigenen Reise durch Dänemark wollen wir auf dieser Tour wandeln, der Küste folgen und bei Skagen gleichzeitig in Nord- und Ostsee baden! „Wert“ im Sinne von Geld mag am Ende eine Zahl rauskommen, auf die sich Anbieter und Interessent einigen. Für uns ist der Reisewert allerdings ausschlaggebend. Und der ist, solange Tim noch im oberen der beiden Etagenbetten schlafen kann, unbezahlbar!

Nachdem wir das wuselige Ruhrgebiet hinter uns gelassen haben und Dortmund im Rückspiegel verschwindet, läuft der Verkehr besser, flüssiger, gleichmäßiger. Wir werfen unser Hörbuch für diese Reise an, welches natürlich campingaffin sein darf. Bernd Stelter hat jüngst seinen neuesten Campingkrimi veröffentlicht. Mieses Spiel um schwarze Muscheln! Natürlich gibt es wieder einen spannenden Kriminalfall rund um Inspecteur Piet van Houvenkamp im beschaulichen Zeeland. Eine Urlaubsregion, die wir in den letzten Jahren als Dauercamper ebenfalls zu lieben gelernt haben. Leider aber auch den Rücken kehren mussten. Es wurde einfach zuviel, sich Freitags immer wahlweise in den Stau bei Antwerpen oder zwischen Eindhoven, Breda und Tilburg zu stellen. Jetzt stehen wir in der Provinz Limburg, haben nur noch eine Stunde Anreise, vermissen das Meer, ja, genießen aber das Zeitplus Freitags wie Sonntags.
Doch kaum erzählt Bernd Stelter (liest sein Buch natürlich als Hörbuch selbst!) über die lustige Camperrunde auf Camping de Grevelinge, die wieder tatkräftig dem Inspecteur zur Hand geht, sind auch wir wieder gedanklich in Zeeland. Man hört heraus, dass Herr Stelter ebenfalls Zeeland verfallen ist und mit viel Detail und Akribie die Region richtig beschreibt und als Handlungsspielort lebendig werden lässt. Ein tolles Hörbuch mit einem überraschenden Finale übrigens, was uns die ganze Zeit der Fahrt beschäftigen wird. Wer unterwegs gerne Hörbücher hört und hier eine campingtaugliche Geschichte sucht, wir können auch dieses Hörbuch wirklich wieder nur empfehlen!  Macht Lust auf Urlaub!

Seit unserer Abfahrt sind bereits einige Stunden vergangen. Die Borduhr zeigt knapp halb 4 und die erste Pause steht an. Anja sucht auch gleich ein passendes Plätzchen heraus, wo wir uns auch stärken können. Der Schachtelwirt soll es natürlich werden, wie es bei uns unterwegs schon fast Routine ist.
Ein passender Autohof findet sich bei Ladbergen und während ich noch darüber grübele, woher ich den Namen kenne, kontert Anja mit ihrem deutlich besseren Gedächtnis. „Na klar waren hier schon! Sogar mehr wie einmal! Das letzte Mal stand noch das Wohnmobil dorthinten, genau unter diesem metallenen Werbeturm!“ Und sie hat Recht! Ein kurzer Blick in unsere eigenen Reiseberichte bestätigt, hier haben wir auf unserem Anmarsch ins Cuxland vor vielen Jahren bereits Station gemacht. So etwas mag ich ja immer sehr! Plätze wiederentdecken, die wir schonmal besucht haben! Zum einen kommen sie einem merkwürdig vertraut vor, gleichzeitig haben sie sich nach den Jahren schon ein bisschen verändert, dass es auch schon wieder neues zu entdecken gibt. Zum Beispiel den deutlich besser ausgestatteten Shop, dem ich kurz darauf einen Besuch abstatte. Aber nicht aus nostalgischen Gründen, sondern weil uns was fehlt! Milch! Die hatten wir irgendwie vergessen einzupacken und da wir heute Abend wohl erst in der Zielregion ankommen werden, wenn die Supermärkte schon geschlossen sind, würde ich ja in den sauren Apfel beißen und Milch zum Tankstellenpreis kaufen. Aber nicht Milch aus Blattgold! 3 Euro für einen halben (!) Liter ultrahocherhitze haltbare Industriemilch ist schon was knackig, oder?
Nee, also bevor ich diese Milch kaufe, lerne ich wie man Mäuse melkt oder so!
Den Shop verlasse ich wieder. Wir spazieren rüber zum Schachtelwirt für ein frühes Abendessen.

Nach dem Essen geht es weiter die A 1 rauf. Hamburgs südliche Tore erreichen wir gegen 19 Uhr und noch immer ist hier Verkehr wie an einem Feriensamstag! Was auch sonst! Schon früh meldet das Navi diverse Staus voraus und präsentiert die roten Bereiche bereits rund um Seevetal, Buchholzer Dreieck und Hamburg- Heimfeld, also noch weit, WEIT vor dem Elbtunnel! Kühn schlägt unser digitaler Navigator eine Ausweichroute durch die Stadtteile im südlichen Speckgürtel vor.
Was schon mit dem Wohnmobil für eine verschärfte Situation sorgen würde, wird mit einem Wohnwagen am Haken zum Höllenritt! Aber egal! Stau stehen mag ich gar nicht und getreu dem Motto dieser Reise: „Wir wollen beweisen, dass eine Rundreise mit Wohnwagen am Haken ebenso machbar ist, wie mit einem Wohnmobil“ fahren wir eben schon bei Rade von der Autobahn runter und steuern die B 73 Richtung Wulmstorf an. Das verhindert zwar keinen Stau beim Elbtunnel, aber wir versacken nicht schon hier am südlichen Zubringer. Mal sehen, ob das klappt.

Mit der Entscheidung Hamburg noch jetzt zu passieren entfällt natürlich die Option, uns VOR Hamburg ein Lager für die Nacht zu suchen. Hier gäbe es zwar mehr Optionen für die Zwischenübernachtung, aber ich habe mir in den Kopf gesetzt, dass der Elbtunnel jetzt leerer sein wird, als morgen früh! Trotz dem Stau hier! An Hamburg will ich also unbedingt noch vorbei! Auch wenn das bedeutet, dass wir die Nacht vielleicht auf einem Friedhofsparkplatz oder einem Sportfeld verbringen. Auch dafür haben wir unseren Wohnwagen ja aufgerüstet und teilautark gemacht! Allerdings liefern die gängigen Apps nur wenige Freistehermöglichkeiten und so aktivieren wir eine Option, die ich schon zuhause favorisiert habe. „Camper campen bei Campern“! Eine kleine Facebook- Gruppe vermittelt an Interessierte Camper Übernachtungsmöglichkeiten für alle auf der Durchreise. Um dann eben, wenn diese Camper selbst einmal auf der Reise sind, ein Platz bei ebenso gleichgesinnten Campern zu finden. Das finden wir eine tolle Sache und probieren das jetzt das erste Mal aus. Zeitig müsste es ungefähr passen, das Navi schätzt unsere Ankunft auf etwa 21 Uhr. Zumindest wenn wir uns hier im Hamburger Speckgürtel nicht in einer Seitenstraße und Sackgasse festfahren…

Bei Hamburg- Hausbruch geht es wieder rauf auf die A 7! Nützt ja nichts! Kaum sind wir drauf, stehen wir natürlich. Das ist jetzt definitiv Elbtunnelstau. 25 Minuten Fahrtzeitverlust orakelt das Navi, was wir stoisch über uns ergehen lassen. Und während Piet van Houvenkamp im Stelterschen Hörbuch gerade die Leiche obduzieren lässt, tröpfeln wir uns zum Elbtunnel vor.

3 Minuten vor 20 Uhr passieren wir die südliche Zugangspforte des Elbtunnels und kaum sind wir auf der anderen Seite raus, kann man Dänemark schon fast am Horizont erkennen! Geschafft! Es wird zwar nochmals etwas voller, aber im Großen und Ganzen wird es ab Eidelstedt und Befahren der A 23 Richtung Husum endlich leerer.
Die letzte knappe Stunde auf der Autobahn verläuft entspannt und wir können den zuvor angesammelten Staustress gut abbauen.
Das hat gar nicht SO schlecht geklappt.

Unseren Übernachtungsplatz erreichen wir gegen 20 nach 9. Wir werden herzlich empfangen und tauschen ein paar spannende Campergeschichten und Reiseempfehlungen untereinander aus, während wir im Garten der hier niedergelassenen Camper unseren Wohnwagen aufstellen. Wir bekommen sogar Strom für die Nacht und die Möglichkeit, unser Wasser aufzufüllen sowie den Weg zu einem tollen Abenteuerspielplatz hier am Ortsrand erklärt, damit sich die Jungs nach der langen Fahrt wenigstens noch eine halbe Stunde auspowern können. Ein First Class Service für Camper von Campern.

Bitte habt Verständnis dafür liebe Leserinnen und Leser, dass wir an dieser Stelle weder Bilder zeigen noch eine genauere Ortsbeschreibung abgeben. Das Engagement der Camper untereinander ist eben nur für Camper untereinander. Wer hieran teilnehmen möchte, kann gerne in die Facebook- Gruppe der Camper campen bei Campern reinschauen und sich selbst dort mit einbringen. Dann stehen einem diese Übernachtungsmöglichkeiten ebenfalls zur Verfügung. Für den öffentlichen Teil hier möchten wir aber natürlich das Privatengagement schützen und verzichten daher auf eine genauere Vorstellung im Rahmen dieses Reiseberichts. Vielen Dank für euer Verständnis!

Nachdem sich die Jungs auf dem nahegelegenen Spielplatz noch schön ausgetobt haben, spazieren wir zurück zum Wohnwagen. Die paar Schritte tun gut. Einzig das feuchtschwüle Wetter lässt eine eher schweißtreibende Nacht vermuten! Noch immer sind es 25°C und die Luftfeuchte ist hoch! Hoffentlich kühlt es sich in der Nacht ein wenig ab! Das öffnen aller Dachluken und Fenster hat kaum Besserung gebracht und so gerne wie hier bei „Camper campen bei Campern“ super stehen, sehne ich mich kaum mehr nach etwas, als nach einer ordentlichen Dusche auf einem Campingplatz! Im Wohnwagen geht natürlich nur Katzenwäsche. Wir können hier ja kaum im Garten freundlicher Leute unsere Außendusche in Betrieb nehmen…

 

Fazit des Tages – So gut läuft unsere Rundreise mit dem Wohnwagen:
Die Fahrt über die Hamburger Landstraßen im südlichen Speckgürtel war fahrttechnisch mehr oder minder das Highlight für unseren Vorsatz. Geklappt hat es ohne Probleme, wir fuhren ja mehr oder weniger nur geradeaus. Ansonsten bliebe nur das Manko, dass man unterwegs während der Reise in einem Stau den Wohnaufbau nicht wirklich nutzen kann. Klar, bei „stehendem Verkehr“ kannst natürlich aus dem Auto aussteigen, in den Wohnwagen einsteigen und alle Annehmlichkeiten dort nutzen. Aber diese Situation hatten wir heute zum Glück nicht. Nur „normalen“ Stau, der eben aber auch bedingt, dass man alle paar Sekunden mit Schrittgeschwindigkeit ein paar Meter weiterfährt. Langsam genug, dass man im Wohnmobil natürlich aufsteht und zum Beispiel etwas aus dem Kühlschrank holt oder auch mal aufs Klo geht! Doch der Wohnwagen am Haken, räumlich vom Auto getrennt, ermöglicht diesen Komfort leider nicht. Dieses Manko werden wir aber auch nicht ausgleichen können! Zum Glück sind solche Gewalttouren und eben auch Stau im weiteren Reiseverlauf kein Thema mehr.

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