Der Wecker klingelt echt fies um halb 7 Ortszeit! Aber es nützt ja nichts! Heute müssen wir das schicke amerikanische Wohnmobil, unseren „Straßenbären“, wie wir das gemütliche Freizeitfahrzeug von Roadbear inzwischen liebevoll nennen, leider zurückgeben! 14 Tage sind vergangen, in denen dieser dicke Freizeitbomber hier in den USA unser mobiles Zuhause war. Viel würde jetzt nicht mehr fehlen, um die 2.500 Meilen = 4.000km auf dem Kilometerzähler voll zu machen, die wir mit diesem Fahrzeug auf der Route 66, den Interstates und den Highways hier in den vereinigten Staaten zurückgelegt haben.
Ja, wir geben es zu! Wir sind RICHTIG melancholisch, ja traurig und bedrückt! Es fühlt sich sehr endgültig an. Fast, als würde man umziehen und sein lieb gewonnenes Zuhause aufgeben. Aber wie gesagt, es nützt ja nichts.

Die letzten Dinge werden eingepackt, die Zahnputzbecher gespült und weggepackt, die ersten Koffer wandern aus der Wohnmobilgarage in den Kofferraum des Hyundai SUV. Ein paar haltbare Lebensmittel, Kekse, Knabberzeug und anderer Kram kommt in Tüten (davon haben wir, dank der großzügigen WalMart Tütenspendenpolitik, noch mehr als genug) und wird im Fahrgastraum unseres Mietwagens für den „schnellen Zugriff“ verteilt.

Gegen 8 Uhr gibt es ein letztes schnelles Frühstück im Wohnmobil. Die letzte Kanne frische Milch und die letzten Reste farbstoffstrotzender Frühstückscerealien finden zueinander, sodass die Kinder ein letztes Mal Captain Crunch zum Frühstück begrüßen können. Dazu geben wir frische Bananenstücke, damit wir es vor unserem elterlichen Gewissen als „Müsli“ verkaufen können… 😉

Wichtig ist jetzt, möglichst wenig Geschirr und Besteck zu benutzen, denn wir müssen auch noch alles spülen und die Wassertanks leeren bzw. den Frischwassertank füllen. Auch die Küche müssen wir ja noch blitzeblank vorbereiten. Auf keinen Fall möchte ich auf unsere Kaution verzichten, weil die Endreinigung nicht ordentlich war. Mehr noch! Seinerzeit, als wir vor 2 Jahren das Wohnmobil in England zurückgegeben haben, würdigte der Custom Agent bei der Rückgabe nach einem kritischen Blick in alle Schränke und Staufächer unsere Bemühungen mit einem „it`s very clean, thank you!“. Das motiviert natürlich zusätzlich, gleich ein ähnlich gutes Lob vom amerikanischen Roadbear- Mitarbeiter einzuheimsen. Zumal das Fahrzeug bei der Übernahme vor zwei Wochen im Coachman- Werk in Middelbury bei Chicago ja neu war! Gut, „neu“ ist der gute Wohnbomber zwar wirklich nicht mehr (dafür haben wir zu viele Teile herabfallen, herausfallen oder sich verabschieden sehen), aber das, was jetzt noch in einem Stück übrig ist, möchten wir wirklich gerne im sauberen und einwandfreien Zustand zurückgeben!

Nach dem Frühstück spült Anja flott weg, was wir an Geschirr benutzt haben. Dann sind die Tanks dran. Klotank leer, Abwassertank leer, Frischwassertank voll. Das ist inzwischen Routine und geht leicht von der Hand.

Außer vielleicht die Nummer mit dem Abwasserschlauch! Das ist noch was für die Reise- Anekdoten! Ein Schwank aus den USA sozusagen, den wir jetzt, zum Abschluss der Reise, gerne mit euch teilen. Denn noch immer machen wir damit etwas falsch! Als wir das Wohnmobil erstmals übernommen hatten, war der Abwasserschlauch, durch den sowohl der Fäkaltankinhalt wie auch der Inhalt des Grauwassertanks durchlaufen, natürlich neu! Also war er in einem Karton. Nach der ersten Benutzung war er natürlich nicht mehr neu. Mangels Idee, wo der benutzte Schlauch aber nun aufbewahrt wird, habe ich den wieder in den Karton gestopft! Die ersten zwei, drei Male hat das natürlich noch gut funktioniert. Inzwischen, nach 14 Tagen Dauergebrauch, ist der Karton natürlich zersifft und matschig. Kein Wunder, im Schlauch bleibt ja auch immer eine gewisse Restmenge des Brauchwassers zurück! Und ja, wir belügen uns selbst und sagen, dass es wirklich NUR Brauchwasser ist, was da noch im Schlauch schappt. Weil wir die Reihenfolge beim Öffnen der Tanks penibel genau einhalten! Erstens den Kakatank, zweitens den Grauwassertank! Und dann mit der festen Überzeugung, dass der Schwall Grauwasser mit seinem unverwechselbaren Zahnpasta- Spülmittel- Aroma auch wirklich jedweden Rest Klopapier und Schlimmeres auch wirklich beim Ausspülen eben mit raus spült!
Mir ist völlig schleierhaft, wo der noch feuchte Schlauch dann zur Abfahrt hin soll! Einfach lose in die Garage jedenfalls nicht. Da liegen ja unsere Sachen und Koffer! Schon der Mieter nach uns aber wird ja an dem siffigen Karton keine Freude mehr haben! Filme wie RV – Die Chaoscamper mit Robin Williams waren da auch nicht wirklich hilfreich, denn ausgerechnet bei der berühmten Toilettenszene fallen dem guten Bob Munro ja ein halbes Dutzend lose Schläuche entgegen, als dieser erstmals vor der Toilettenschlauchproblematik steht!

Und den Schlauch nun einfach lose in den Kofferraum legen? Buargh! Da schaudert es mich!

transitfrei- USA- Wohnmobiltipp Nr. 14: Die Lösung ist übrigens denkbar einfach wie simpel! Wir haben es nur schlichtweg nicht gewusst und bei der Einweisung seinerzeit wurde es uns nicht erklärt. Logisch, denn wie gesagt war das Wohnmobil seinerzeit neu und der Schlauch im Karton. Er kommt nach Gebrauch in die Stoßstange!
Richtig gelesen!
Die viereckige Stoßstange hat an den Seiten eine Öffnung, die mit einem Deckel geschützt wird. Entfernt man diesen Deckel, kann man den Schlauch in die metallene Stoßstange einschieben. Ein exklusiver Platz, außerhalb des Fahrzeugs, wo der Schlauch auch mit nichts anderem in der Heckgarage in Berührung kommt. Gut, beim nächsten Mal wissen wir Bescheid… 😉

Nachdem ich also den Schlauch ein letztes Mal im Karton verstaut habe, geht es los! Das Wohnmobil muss zurück und an der Roadbear- Vermietstation gleich gegenüber des Roadrunner RV Parks abgegeben werden. Wir müssen uns nur noch um die letzten beiden Tanks kümmern. Einmal den Kraftstofftank und einmal den Gasvorratstank. Beide müssen bei Rückgabe voll sein.

Zum Glück müssen wir dafür nicht weit fahren. Nur wenige Hundert Meter fahren wir den Boulder Highway in nordwestlicher Richtung, bis wir auf der gegenüberliegenden Straßenseite eine „Sinclair“ Tankstelle nebst Gasverkauf entdecken. Die wissen sicherlich auch, dass viele ihr Roadbear- Wohnmobil gleich nebenan abgeben und dann hier nochmals den Gastank auffüllen. Entsprechend schnell und routiniert erfolgt das Auffüllen des Gastanks. Viel haben wir natürlich seit dem letzten Stopp und Auftanken im Schnee nicht verbraucht. Der Gasanzeiger am Tank zeigt uns einen Dreiviertel- Füllstand, entsprechend können wir nur für weniger als 12 Dollar Gas nachtanken.
Beim Kraftstoff hingegen ist unser Roadbear nicht so zimperlich! Das Tanklimit, per Kreditkarte ist dieses auf 75 Dollar begrenzt, genehmigt sich unser Roadbear gleich beim ersten gierigen Schluck aus der Zapfpistole bis auf den letzten Cent! Ich muss ein weiteres Mal die Karte einstecken und ein zweites Mal mein Limit bemühen. Weitere 25 Dollar wandern in Form flüssigen Brennstoffs in den Tank, bis die Pistole endlich aufgibt und den Füllstand quittiert. Puh! Aber ganz ehrlich: Ich habe noch nicht nachgerechnet, wie viel Sprit wir jetzt wirklich verbraucht haben und wie hoch der Verbrauch pro Kilometer ist. Das mache ich später und teile euch das im Rahmen unseres Fazits noch mit. Aber jeder, wirklich jeder Liter und Tropfen dieser Reise hat sich gelohnt! Ganz gleich, was die Grünen oder Fridays for Future dazu sagen! ;-D

So, nun hilft alles nichts mehr! Wir können unsere schöne Zeit im Wohnmobil nicht weiter hinauszögern!
Die Uhr zeigt uns kurz nach 10, offiziell ist Rückgabe bis spätestens 10:30 Uhr! Tanken und Gas fassen hat mit über 30 Minuten dann doch länger gedauert, als erwartet! Gut, dass wir wenigstens etwas Puffer heute früh eingeplant hatten. Wie man sieht, war dies nicht die falscheste Entscheidung.
Um 10:06 Uhr rollen wir auf den Parkplatz der Roadbear- Vermietstation. Und ein weiteres Mal blutet uns das Herzchen! Die Bettwäsche!
Etwas, was wir auch auf dieser Fahrt mehr als zu schätzen gelernt haben! Die Bettwäsche, die uns Roadbear zum Wohnmobil dazu gegeben hat, war richtig klasse! Schön dick, flauschig und vor allem richtig schön groß für Kingsize oder Queensize Betten oder welches Geschlecht auch immer! So richtig große Decken und davon gleich vier an der Zahl. Nur drei haben wir davon in Gebrauch genommen, denn im gemeinsamen Heckbett hat eine dieser Decken für zwei nebeneinander schlafende Personen immer mehr als ausgereicht. Wir haben lange überlegt, ob wir bei Roadbear fragen sollen, ob wir die vierte, noch eingepackte Bettdecke als Souvenir mit nach Hause nehmen würden! Natürlich nicht umsonst, wir hätten sie auch bezahlt!
Aber schon beim Packen der Koffer ist uns klar geworden, dass selbst, wenn man sie uns schenken würde, wir gar nicht die Platz für die Mitnahme hätten! Und so wandert gleich hier an der Einfahrt die noch unbenutzte und noch in Folie eingeschweißte Bettdecke in einen übergroßen Container, der hier extra für Bettwäsche, Handtücher und Co. aufgestellt steht. Und nicht nur wir sind offenbar mit den Wäschepaketen gut hingekommen, der Container ist schon gut gefüllt und einige der dort enthaltenen Wäschestücke sind noch eingepackt wie unseres! Eine Schande! Und schade.
Aber auch hier: Es nützt nichts! Wir haben keinen Stauraum für ein derart volumiges Souvenir. 🙁

Wir stoppen unseren Reisebomber am Stoppschild und melden uns an. Kurz darauf kommt auch ein Mitarbeiter zu mir raus ans Fahrzeug und geht mit mir eine penible Checkliste durch, wo der Zustand des Fahrzeugs dokumentiert wird. Und nach einer langen Prüfung innen wie außen bekommen wir einen Durchschlag gereicht, auf dem uns die Mängelfreiheit bescheinigt wird. Uff! Geschafft!
Zwar hat er den Hygienezustand nicht besonders gewürdigt, aber das macht nichts, denn feierlich überreichen wir dem gut gelaunten Mitarbeiter unser Abschiedsgeschenk! Ein Glas voll mit Schrauben! Etwa ein knappes Dutzend liegen darin. Lange, breite, dicke, dünne und nur von den wenigsten dieser Schrauben haben wir eine Idee, woher sie stammen!  Eine lange lag zum Beispiel eines Tages plötzlich unter dem ausziehbaren Sofa! Eine kurze hing mal am Magneten einer Schranktür, der zugehörige Clip hatte aber seine Schraube! Eine lag plötzlich auf der Spüle und so weiter. OK, so etwas passiert eben, wenn man ein komplett neues Wohnmobil überführt. Das finden wir jetzt persönlich nicht schlimm, wir hatten deswegen ja keinerlei Einschränkungen.

Aber wir würden Roadbear in diesem Fall raten, einfach ein kleines Werkzeugset den Wohnmobilen beizulegen! Denn bei einigen Schrauben hätte ein beherzter Griff zum Schraubendreher das Problem durchaus beheben können. Andererseits, würde man wahrscheinlich statt einer pragmatischen Lösung für das Problem, eher die Grundlage dafür schaffen, Roadbear hier in den USA zu verklagen! Denn es gäbe garantiert einen Idioten, der eine Schraube munter in die eigene Hand statt in den Schrank dreht, oder sich gleich den Schraubendreher ins Auge rammt…
Nun gut, übergeben wir halt den klimpernden Schraubenpokal, was unseren Roadbear Mitarbeiter zum Lachen bringt!
Ich erkläre ihm, dass wir diese Schrauben halt unterwegs gesammelt hätten, aber mangels Werkzeug nicht hätten wieder eindrehen können. Aber der Mitarbeiter ist ganz entspannt. Flott erklärt er mir, dass gerade die Deutschen hier dafür bekannt wären, jeden Mangel zu präsentieren und zu dokumentieren. Egal, ob nun im konstruktiven Sinne (wie bei uns), oder weil sie sich dann eben beschweren würden, weil eben eine Schraube auf der Spüle liegt. Die Amerikaner selbst hingegen sähen das total locker und entspannt. Gerade bei den Neuwagenüberführungen gäbe es immer mal was! Aber solange das Fahrzeug noch in einem Stück sei, wäre doch alles gut?! „Wird schon halten“ meint er mit einer ordentlichen Portion Idealismus! Auch mit einem knappen Dutzend Schrauben weniger! Und den Rest mache nachher sowieso die eigene Werkstatt Wisst ihr Bescheid! 😮

Ja und dann wird es wirklich Zeit Abschied zu nehmen!
Ein letztes Foto macht der freundliche Mitarbeiter von uns!
Dann sind wir die Schlüssel und damit endgültig unser kleines, großes mobiles Zuhause hier in Amerika los! Die nächste Nacht werden wir wieder in einem Hotelbett schlafen, was bestimmt komisch sein wird! Wenigstens wird dieses kein Hotelzimmer am Flughafen sein, der harte Aufschlag in den Alltag nach dieser tollen Tour bleibt uns immerhin noch etwas erspart. Mit dem Mietwagen geht es für uns heute weiter Richtung Californien, Los Angeles und Anaheim kurz vor die Tore des Disneyland, welches wir uns morgen anschauen wollen.

In der Rezeption füllen wir die letzten Unterlagen aus uns unterschreiben für die Rückbuchung der Kaution. Dann sammeln wir die Kids in der Lounge ein und flitzen einmal über den vierspurigen Highway! Zwar hat man uns noch gefragt, ob wir einen Shuttle- Service zum Flughafen brauchen, aber dies haben wir natürlich verneint mit dem Hinweis, dass unser Mietwagen wirklich gleich gegenüber auf der anderen Straßenseite auf dem Parkplatz des Roadrunner RV Parks steht. Und selbst da wollte man uns noch spontan hinfahren! Wahnsinn die Amis. Kein Weg ist zu kurz, um ihn nicht mit dem Auto fahren zu können. 😉

Nach dem waghalsigen und doch etwas zweifelhaften Manöver einen vierspurigen Highway mit kleinen Kindern überquert zu haben, sitzen wir in unserem Hyundai SUV. Erstmal durchatmen! Dann prüfen wir ein letztes Mal, ob wir alles haben. Pässe, Geld, Handys, Karten, alle vier Koffer, alle vier „Handgepäckstücke“ und so weiter. Alles soweit da und reisefertig verstaut. Super! Dann kann das Abenteuer USA nun weitergehen in die letzte Runde! Disneyland, Californien und vor allem Westküste! Denn auch den Pazifik am Santa Monica Pier wollen wir unseren Kindern wenigstens einmal kurz zeigen! Dort ist dann übrigens idealerweise auch gleich der offizielle Abschlusspunkt der Route 66, der „End of the trail“. Wir sind gespannt!

Die heutige Fahrtetappe wird uns die 400km direkt bis Anaheim zu einem schicken Motel mit Pool und vor allem fußläufig zum Eingang des Disneylands führen! Laufen macht uns, zum Entsetzen der allermeisten Amerikaner bisher, auch nicht viel aus. Zumal an mit dem Auto vom Parkplatz aus bestimmt nicht unbedingt kürzer zum Eingang gehen muss und kosten tut der Parkplatz ja auch etwas. Da stehen wir am Motel sicherer und günstiger. Doch das ist ein anderes Thema! Erstmal heute noch ankommen ist die Devise! Und damit die Fahrt dorthin nicht zu eintönig wird, hat Anja extra noch ein feines Unterwegsziel auf etwa halber Höhe herausgesucht. Dieses steht zwar leider nicht in unserem Route 66 Reiseführer, aber es liegt ja auch streng genommen nicht an der Route 66, sondern an der Interstate 15, die uns heute mehrheitlich begleiten und den Weg gen Westen führen wird. Nur einen kurzer Abstecher (und damit meinen wir die deutsche Definition von „Abstecher, also nicht mehr als 10 auf 15min Zeitaufwand für den Umweg und nicht „amerikanischen“ Abstecher, was ja auch mal eine Stunde Fahrtzeit und mehr bedingen kann…) von der Interstate 15 entfernt werden wir nämlich auf eine echte Western- und Geisterstadt treffen! Calico! Doch dazu später mehr, erstmal müssen wir ja ein Stück fahren.

Die Fahrt Richtung Los Angeles ist recht eintönig. Einziges Highlight auf dem ersten Streckenabschnitt ist die Staatsgrenze von Nevada / Kalifornien, die wir gegen viertel vor 12 erreichen. Die letzte amerikanische Staatsgrenze in diesem Urlaub! Ein bisschen sind wir schon stolz! Denn wenn wir gut aufgepasst und uns nicht verzählt haben, war das jetzt die neunte (!) Bundesstaatengrenze hier in den vereinigten Staaten von Amerika! Keine schlechte Leistung für Touristen in einem normalen Urlaub, ja?!

Ein weiteres „Highlight“ entdecken wir ungefähr 25 Minuten später. Der Verkehr staut sich! Mitten im Nichts! Zuerst können wir nicht ganz erkennen, was hier passiert ist. Ein Unfall vielleicht? Dann aber wird es klarer, hier findet so eine Art Grenzkontrolle statt! Komisch! Stellt es euch so vor, als würdet ihr aus Bayern nach Baden-Württemberg reisen. Und an der Grenze gäbe es eine Kontrolle!
😮
Es handelt sich aber nicht wirklich um eine klassische Grenzkontrolle, wo jetzt zum Beispiel Ausweise überprüft werden. Viel mehr kündigen die Beschilderungen an, dass wir uns einer Agricultural Inspection unterziehen sollen. Wir vermuten, dass es um Samen, Obst, Früchte oder Gemüse gehen könnte. Und tatsächlich ist das auch so! Wie wir später unter anderem hier nachlesen versucht Kalifornien damit das Eindringen von Schädlingen in die heimische Landwirtschaft zu verhindern. Bei uns scheint man aber keine Gefahr zu wittern. Wir werden von einem müde wirkenden Beamten einfach durchgewunken.

Kaum sind wir in Californien, wissen wir auch gleich, wo hier der Hammer hängt! Eines der ersten Schilder kündigt natürlich wieder Geschwindigkeitskontrollen an. Da wir auf den letzten paar Tausend Kilometern mehr wie einmal miterlebt haben, wie die Highway Patrol Raser aus dem Verkehr gezogen hat (übrigens gefühlt in diesen zwei Wochen mehr, als bei uns zuhause in einem ganzen Jahr!), halten wir uns sowieso penibel genau an die Limits. Auch, wenn der flotte SUV jetzt natürlich deutlich williger am Gas hängt, als das schwere Mehrtonner- Wohnmobil.

Nachdem wir die Grenze zu Nevada endgültig hinter uns gelassen haben, folgt noch ein kurzes Stück offene Weideprärie. Es sieht sehr westernmäßig hier aus und als wir nur wenige Minuten später die Einfahrt nach Calico erreichen, könnte die alte Western- und Geisterstadt kaum stimmiger in die Szenerie eingebettet sein. Die Uhrzeit passt perfekt, die Sonne scheint, der Himmel ist blau, bestes T- Shirt- Wetter, kurzum, wir freuen uns richtig auf den Besuch der kleinen Westernstadt. Hier werden wir bestimmt auch einen authentischen kleinen Mittagssnack bekommen, ja?! Sowas wie Frettchen am Spieß oder was auch immer die alten Cowboys damals verschnabuliert haben… 😉

Der Eintritt mit 8 Dollar pro Erwachsenen und 5 pro Kind (4-11 Jahre) ist annehmbar. Parken ist dafür gratis und weit laufen muss man, ganz amerikanisch, natürlich auch nicht. Wir parken flugs unseren Mietwagen und spazieren schon gleich rein in die alte Westernstadt.

Infobox Western- und Geisterstadt Galico bei Barstow

Wobei Geisterstadt nicht ganz stimmt. Ja, die Stadt Calico war mal nach dem großen Silberrausch zum Ende des 19 Jahrhunderts komplett verlassen. Und blieb es auch. Ein größeres Feuer setzte im 20. Jahrhundert ebenfalls den historischen Gebäuden schwer zu. Heute aber ist Galico eher zu einer Art Event- Freiluftmuseum geworden. Ein Freizeitpark vor und inmitten einer historischen Kulisse, die einerseits die Geschichte des Silberbergbaus mit über 500 Minen zur Hochphase erzählt, andererseits auch stilvoll durch ein paar Shows und Fahrgeschäfte zum Anziehungspunkt für Familien mit Kindern wird.
– Offizielle Webseite: Calico Ghost Town
– Infos bei Wikipedia: Calico Ghost Town (auf dt.)

 

Schon am Eingang verrät ein Wegweiser Hinweise auf ein umfangreiches Shopping- Angebot, welches das Herz eines jeden Souvenirjägers höher schlagen lässt! Immerhin um die 20 Geschäfte! Da hat so mancher echter Freizeitpark weniger im Angebot! Gleich bei den ersten Gelegenheit hier im Eingangsbereich des Freilichtmuseums schnuppern wir rein. Hier gibt es allerhand schöne Souvenirs zu entdecken, aber auch Süßigkeiten aller Coleur warten auf Kundschaft. Aber nicht nur schnöde Schokoriegel, sondern auf abgefahrene Sachen wie Lutscher in verschiedenen Farben und Geschmacksrichtungen. Das allein ist nichts besonders, aber der „Kern“ es Lutschers hat es in sich! Dort stecken nämlich kleine Skorpione unter der harten Zuckerschale! Angewidert aber auch fasziniert zugleich bestaunen Nils und Tim diese Lutscher mit Proteineinlage. Und ja, schlussendlich kaufen wir jedem einen Lutscher. Aber nur, wenn die Jungs versprechen den Lutscher auch zu probieren…

Kaum sind wir aus dem ersten Souvenirladen wieder raus, entdecken wir das nächste Highlight! Etwas, was in wirklich keiner echten Cowboystadt des wilden Westens fehlen darf – die Eisenbahn! Stilecht mit alten, rumpelnden Wagen und einer schnaubenden Dampflok an der Spitze! Gut, natürlich ist die kleine Nummer 5 der Calico & Odessa Railway kein authentisches Stahlross, sondern nur eine kleine Schmalspurlokomotive. Und natürlich fährt sie auch nicht nach Odessa, sondern hier nur einmal im Kreis herum und um den Berg. Mitfahren müssen wir natürlich dennoch, auch die kurze Zugfahrt nicht mit dem Eintrittspreis abgedeckt ist und gesondert bezahlt werden muss.

Die kleine Fahrt macht den Kindern viel Freude. Auch, wenn der Zug streng genommen mit einem schnöden Verbrennungsmotor angetrieben wird und nicht, wie anfangs noch erhofft, mit der Urkraft des Dampfes.
Aber auch so finden selbst Anja wie ich die kleine Fahrt ganz interessant, zumal es den ein oder anderen Hintergrund aus dem gut gecowboyten Englisch des Lokführers heraus zu hören gibt, der uns ein wenig was zur Geschichte und Goldgräberstimmung zu Calico erzählt, auch wenn hier hauptsächlich Silber und nicht Gold aus dem Boden geholt wurde.
Der Name „Odessa“, den die Bahn hier trägt, soll übrigens gar nicht mit stilistischem Mittel darauf hinweisen, dass der kleine Zug natürlich nicht nach Odessa am Schwarzen Meer fährt. Viel mehr fuhr ein Teil der Grubenbahn früher zu einem Canyon, der ebenfalls den Namen „Odessa“ trägt und daher Teil der Bezeichnung ist.

Nach der Fahrt mit dem Zug geht es weiter durch die Anlage. Wir steuern als nächstes die unmittelbar benachbarte „Maggie Mine“ an. Ein etwa 300 Meter langer in den Berg geschlagener Stollen, der einerseits extra für die Touristen angelegt bzw. für diese ertüchtigt wurde, andererseits aber auch den Zugang zum sogenannten „Glory Hole“ beherbergt. Hier wurde seinerzeit ein Fund gemacht, der dem Finder mehr als 60.000 Dollar eingebracht hat! Wäre doch gelacht, wenn da nicht noch ein Krümelchen für uns übrig wären und wir den USA Trip gleich doppelt und dreifach bezahlt bekommen! Pah!

Schließlich haben wir Erfahrung damit, unsere Reisekasse unterwegs durch das Schürfen von Bodenschätzen entscheidend aufzubessern! 😀

Dass der Zugang zum Mine ein weiteres Mal ein kleines Eintrittsentgelt kostet, verbuchen wir unter der Kategorie Anlaufkosten für den späteren Gewinn! Früher musste man schließlich auch erst einen Claim abstecken und die obligatorischen 2 Dollar Gebühren für die Schürfrechte entrichten, bevor man die dicken Nuggets aus dem Boden holen durfte!
Noch während ich überlege, wo wir am besten ein bisschen graben und nach dem Schatz der Gold- und Silbergräber suchen sollen, sind wir leider auch fast schon wieder draußen! Echt kurz der Tunnel!
Aber ein netter kleiner Spaziergang in etwas gebückter Haltung! Aufgehübscht mit ein paar Dioramen, wo das karge Leben hier im Berg und unter Tage gezeigt wurde. Und spätestens, als wir eine Pritsche entdecken, wo man sich wohl für ein paar Stunden zwischen zwei Schichten zur Ruhe gelegt hat, ohne auch nur Tageslicht überhaupt zu sehen, wird einem wieder klar, wie gut es einem doch geht…

Von der Mine aus erklettern wir nun die kargen Felsen oberhalb der Mine und Eisenbahn. An der Spitze eines steinig- kargen Berges können wir die Schriftzeichen „Calico“ in weißen Buchstaben erkennen, davor bietet sich ein Kletterfelsen für einen schönen Ausblick an! Klar, dass die Jungs sich das nicht zwei Mal sagen lassen, während Anja gar nicht hingucken kann, wie die Jungs nach oben streben. 😮
Von hier oben hat man zur Belohnung aber auch einen perfekten Ausblick auf die kleine Westernstadt und einen tollen Fernblick in die weite Wild- West- Prärie! Klar, dass wir gleich die Gelegenheit nutzen und ein paar Fotos von uns und der Umgebung fürs Familienalbum, unseren Jahreskalender und für die Daheimgebliebenen machen.

In der Ferne entdecken wir zwei weitere abgesetzte Gebäude, die zu Calico gehören. Das erste erkennen wir sofort, es handelt sich natürlich um die Kirche. Ein kleiner Holzbau, aber mit einem Glockenturm. Die wollen wir uns anschauen. Schon immer fand ich es faszinierend, dass in Europa über Jahrhunderte richtige sakrale Bauten wie der Kölner oder Aachener Dom entstanden sind, aber die Siedler in Amerika sich mit schlichten Holzkonstruktionen zufrieden gaben, die so überhaupt kein Einschüchterungspotential bei der Bevölkerung ausgelöst haben. Und dies, obwohl die technische Konstruktion im 19 Jahrhundert doch deutlich weiter war und das Errichten eines monumentalen Gotteshauses doch sehr viel einfacher möglich gewesen wäre, als in alle anderen Jahrhunderten zuvor.

Als wir uns dem Gebäude nähern ist die Überraschung groß.
Das ist gar keine Kirche der Siedler! Sondern die örtliche Schule. Nachgebaut im Jahre 1950 anhand von seinerzeit gefertigten Fotos des ursprünglichen Schulgebäudes von 1882. Die Lehrer waren offenbar angesehen zu ihrer Zeit. So verdienten diese zwischen 70 und 110 Dollar im Monat, während der einfache Minenarbeiter auf rund 3 Dollar am Tag kam. Aber auch nur, wenn es gut lief für ihn. Vielleicht oder gerade deswegen waren viele Schüler der Schule nicht die Kinder der örtlichen Minenarbeiter (diese waren zumeist ohne Familie hier), sondern der örtlichen Händler und Gewerbetreibenden. So jedenfalls erzählt es die Infotafel am Eingang.

Und noch etwas entnehmen wir der Tafel. Das Gebäude wurde doch auch als Kirche genutzt! Aha! War doch mein architektonisches Auge doch nicht so fehlbar, wie ich anfangs noch dachte. 😉
Im Innern der Schule dominiert natürlich die nüchterne wie zweckmäßig Holzeinrichtung mit starren Holzbänken (Einzeltische übrigens), eine große Tafel, Bilder von mindestens einem Präsidenten, eine amerikanische Flagge und natürlich eine Wanduhr.

Wir machen noch ein paar Bilder, dann geht es wieder runter in die Stadt. Zum Abschluss unseres Rundgangs wollen wir nun noch ein wenig bei den Souvenirs stöbern und ein kleiner Mittagsnack wäre jetzt auch nicht verkehrt!

Souvenirs finden wir schnell. Aber mit dem Snack wird etwas schwieriger. Ein opulentes Mittagessen würde zu schwer im Magen liegen, daher suchen wir ein wenig, bis wir bei „LiL´s Saloon“ auf eine Snackbar mit Pizza und Hotdogs stoßen. Das passt!

Die Inneneinrichtung ist authentisch. Sowohl, was eine Snackbar angeht, als auch die Dekoration des Saloons selbst. Wir entdecken zum Beispiel echte Handfeuerwaffen in kleinen Vitrinen und Schaukästen. Dazu einige Spieltische für Poker und Spielkarten an der Decke, die hier offenbar früher so manchem Falschspieler die Finger oder vielleicht sogar in einem Duell direkt das Leben gekostet haben!
Wir bestellen ein paar feine HotDogs und zum Nachtisch Popcorn! Dieses Mal fragen wir aber sicherheitshalber nach, ob es sich wirklich um süßes Popcorn handelt. Und kein Gesalzenes! Vor ein paar Tagen beim Avi Casino hat das ja für einen teuren Reinfall gesorgt…

Nach dem kleinen Mittagssnack halten wir noch einen Schwatz mit dem Sheriff. Er freut sich, dass er heute Gäste aus Deutschland begrüßen kann und ermahnt uns nicht das Gesetz zu brechen, nicht herum zu lungern oder auf den Boden zu spucken! Fast wirkt er dabei etwas einschüchternd auf den kleinen Tim, der sich lieber schnell hinter mir versteckt aus Sorge, er könnte doch noch hier in das Gefängnis kommen.

Wir schauen uns noch ein wenig um, bestaunen noch etwas das nachgestellte Leben des alten Westens wie die Wirkungsstätte eines Zahnarztes, eines Sargmachers, beim Postamt und Telegraphen. Surreal sich vorzustellen, dass dies das normale Leben vor 100 auf 150 Jahren war! Es wäre interessant zu erfahren, wie die Menschheit in 100 oder 150 Jahren über unsere Dekade denkt und sich vielleicht dann Museumsstätte im Ruhrgebiet anschaut als Beispiel. Mit Knappschaftsarzt und schwarz getünchter Bettwäsche durch den ganzen Kohledreck in der Luft auf einem kahlen Wäscheständer in einem Musterhaus des noch zu bauenden Freilichtmuseums in Duisburg- Neumühl…

Gegen 15:30 haben wir uns satt gesehen. Die Pause hier war super, aber jetzt zieht es uns doch weiter nach Westen. Etwas mehr als zwei Stunden Fahrtzeit sind es von hier aus noch bis zu unserem Hotel für die nächsten zwei Nächte im Schatten des Disney- Freizeitparks.
Da es morgen schon früh in den Park gehen soll, darf die Ankunft am Hotel nicht zu spät erfolgen. Also verabschieden wir uns vom freundlichen Sheriff, der uns eine gute Weiterreise wünscht. Und natürlich ein „drive safely“ zum Besten gibt. Wahnsinn, wie oft uns diese Wünsche in Bezug auf die Sicherheit nun schon begleitet haben, während Waffen auch weiterhin überhaupt kein Problem zu sein scheinen.
Es ist ja nicht so, als würde uns jetzt eine besonders anspruchsvolle Strecke erwarten, eher im Gegenteil! Die ersten Meilen führen mehr oder weniger geradeaus durch die offene Prärie! Aber vielleicht liegt auch genau darin die Tücke. Während du bei uns im Verkehr steht wachsam sein musst, weil es um dich herum ständig wuselt, bleibt es hier über weite Strecken eintönig und trist. Das macht einen dann träge und lenkt ab. Und wenn dann etwas unvorhergesehenes passiert wie ein Reifenplatzer oder ein plötzliches Hindernis, dann ist man nicht reaktionsbereit…

Wir sind gerade wenige Kilometer gefahren, da meldet sich Tim von hinten. Er kann sein Tablett nicht finden!
Bei einem schnellen Blick vom Beifahrersitz aus ist es nicht zu entdecken, also stoppen wir an der nächsten Gelegenheit. Vielleicht ist es weiter nach vorn unter den Sitz gerutscht? Normalerweise verstauen wir dort meistens unsere Wertgegenstände, wenn wir diese, entgegen aller Sicherheitsgebote, doch im Auto zurücklassen. Soll man nicht, logisch, aber wir können ja auch nicht an jeder Attraktion zwei Tabletts, drei Handys, einen Nintendo 3ds und einen Laptop einpacken und mitschleppen! Und so bleiben die meisten Sachen eben doch notgedrungen im Auto, dann aber zumindest außerhalb des von außen sichtbaren Bereichs.
Nachdem wir auf einem etwas größeren Bereich des Randstreifens neben der Fahrbahn um Stehen gekommen sind, durchsuchen wir das Auto, wie es das FBI oder die DEA wohl nicht besser könnten!
Und spätestens, als wir auch die ungewöhnlichen Orte abgeklappert haben wird schnell klar: Das Tablett ist verschwunden!
Wir halten kurz inne.
Das Auto war verschlossen, als wir wieder auf den Parkplatz gekommen sind! Auch fehlt ja NUR Tims Tablet. Sonst nichts. Das Gepäck wurde auch nicht durchwühlt, unsere Koffer im Kofferraum sind unangetastet. Er muss es also selbst verlegt haben. Nur: Wo hatte er es bitte außerhalb des Fahrzeugs?!
Wir grübeln hin und her, dann kommt uns die Lösung! Die Vermietstation von Roadbear in Las Vegas!
Da hatte Tim das Tablet wohl mitgenommen, da er gerade mit der Peppa Wutz App ein Bild gemalt hatte und während der Wartezeit, wo Anja und ich den Papierkram der Rückgabe erledigt haben, damit in der Sitzgruppe saß und beschäftigt war.
Für uns war die Rückgabe so aufregend, dass wir selbst das Tablet aus den Augen und damit aus den Gedanken verloren haben. Klar, für einen Dreijährigen müssen wir in diesem Fall mitdenken.
Unser Verdacht bestätigt sich kurz darauf, als wir unsere Bilder sichten! Jetzt kommt uns zu Gute, dass wir wirklich an jeder Stelle von jedem Ereignis Dutzende Bilder schießen. An Tagen wie heute, wo viel passiert, kommen da auch schnell mal drei- auf viertausend Bilder zusammen, die wir übrigens nach unseren Reisen immer mühe- wie liebevoll sichten, um euch nur die besten zu zeigen. Aber das ist ein anderes Thema. Wie gesagt entdecken wir das Tablet auf einem dieser Bilder. Es liegt, mit seiner schwarzen Lederhülle, auf dem schwarzen Kaffee- Bar- Tisch im Empfangsraum von Roadbear, gleich neben der Kaffeemaschine!

Sofort nehmen wir Kontakt zur Vermietstation in Las Vegas auf und rufen dort an. Innerlich rechne ich schon mal durch, wie wir mit dem dort sicherlich gefundenen Tablett am besten wieder zusammen kommen. Fahren wir alles wieder zurück? Das ist wohl zeitig und finanziell nicht die klügste Idee. Was mag ein Kurierdienst hier in den USA kosten, der das Tablet innerhalb der nächsten 48 Stunden von Las Vegas nach LA zu unserem Hotel für die kommenden zwei Tage transportiert? Ob sich Roadbear alternativ darauf einlassen wird, das Tablet gegen Übernahme der Versandkosten zu uns nach Hause nach Deutschland zu senden? Bis das mit der normalen Post ankommt, sind wir sicherlich längst wieder daheim.
Ich habe auch recht schnell einen Mitarbeiter vom Empfang am Telefon, der sich sofort umschaut, kurz darauf am Kaffeebistro nachschaut und auch einen Kollegen befragt.
Tja, und dann zerplatzen meine Ideen, wie das Tablet und wir noch auf der Reise zusammenkommen. *plopp!*
Das Tablet ist nämlich gar nicht da!
Der Mitarbeiter entschuldigt sich, geht extra noch raus auf den Hof und fragt bei einem anderen Kollegen nach! Doch auch der hat das Tablet nicht gesehen. Ohje! Es war zwar nur ein sogenanntes „B- Ware“ Tablet vom Ausverkauf bei Medion mit einer veralteten Android- Version 5 ohne Mobilfunkmodul (nur mit WLAN), aber es war eben das Tablet von unserem Bub, der darauf gerne seine Zeichentrickfilme geschaut oder mit Peppa Wutz Malen gespielt hat. Und es war auch ein Stück weit unser Gewissensberuhiger als Eltern, dass die Jungs bei den langen Fahrtetappen eben nicht ganz eintönig die ganze Zeit aus dem Fenster schauen oder eben „Ich sehe was, was du nicht siehst“ spielen brauchen, um sich die lange Zeit zwischen zwei Routenzielen beschäftigen zu können.
Ich habe natürlich noch ein klein wenig Hoffnung, dass wir es vielleicht nachher doch noch im Auto finden, wenn wir es im Hotel leer räumen und dann der Kofferraum leer wird, ich mal alle Sitze nach vorn und zurück schieben und auch die Rückbank mal umklappen kann. Aber realistisch betrachtet hat es jemand mitgenommen, weil wir eben schlichtweg unachtsam waren und es in der Rezeption haben liegen lassen.
Sofort fängt Tim an zu weinen. Klar, für ihn ist das jetzt schlimm! Wir versuchen ihm zu erklären, dass es wohl die „böse Hexe“ gewesen ist, die sein Tablet gestohlen hat. Aktuell beschäftigt sich Tim mit Wesen aus der Märchenwelt, für ihn sind sie noch greifbar und so können wir die Verantwortlichkeit einigermaßen abschieben. Ihm jetzt schon die traurige Wahrheit erklären zu müssen, dass es eben nicht nur böse Hexen, sondern auch böse Menschen gibt, die Fundsachen lieber stehlen, statt sie zurück zu geben, wollen wir dem kleinen Bub jetzt noch nicht aufbürden. Ausgerechnet ein Kind zu beklauen! Das Tablet war durch die Feuerwehrman Sam Sticker im Innenteil mehr wie eindeutig als Kindertablet erkennbar. Macht wütend so etwas…

Etwas geknickt fahren wir weiter. Ich versuche mich mit dem Gedanken zu trösten, dass das fehlende Tablet mir die Wahlmöglichkeit genommen hat, die 260km zurück nach Vegas zu fahren oder nicht. Ich weiß genau, dass wenn ich gefahren wäre, mich furchtbar über mich selbst geärgert hätte, weil wir eben durch eigene Schusseligkeit nun Geld und Zeit investieren müssen! Gleichwohl hätte ich mich ebenso geärgert, wenn wir eine andere Lösung gefunden hätten! Denn mit jedem Meter, den wir uns weiter auf Anaheim zu und von Las Vegas weg bewegen, entfernen wir uns auch von der schnellsten Lösung das Tablet wieder in den Händen zu halten! So nah, wie jetzt aktuell, wären wir ja in der nächsten Zeit nicht mehr dran!
Aber nützt ja alles nix. Das Tablet ist weg und bleibt weg. Der Mitarbeiter von Roadbear verspricht mir zwar, sich auf jeden Fall noch zu melden, sollte es dennoch gefunden werden, aber viel Hoffnung macht er mir nicht. Da ist er realistisch wie ehrlich.

Gegen halb 5 erreichen wir mit San Bernardino den Großraum Los Angeles. Highways und Interstates kreuzen sich mehr, die Fahrspuren verdoppeln und verdreifachen sich und natürlich nimmt auch der Verkehr wieder zu. Natürlich ist es jetzt, im schnittigen Hyundai SUV, deutlich einfacher im Verkehr mitzugleiten, als mit dem großen Wohnmobil. Und dank des Navis fällt uns die Orientierung auch nicht schwer. Sogar unser deutscher TMC- Empfänger unsere Tomtom Navis funktioniert! Er sagt uns einen Stau auf unserer eigentlichen Route voraus und führt uns dann souverän um diesen herum. Perfekt!

Aber auch ohne Stau ist die Fahrt wenig schön. Der „Speckgürtel“ von L.A. zieht sich gefühlt länger, als ein Freitagnachmittag auf dem Ruhrschnellweg von Duisburg nach Dortmund!
Eine weitere Dreiviertelstunde wechseln wir im Gewusel Fahrspuren, Interstates und Autobahnkreuze. Immer mit dem Eindruck, dass wir uns doch eigentlich inzwischen inmitten in der Stadt befinden müssten! So voll und so dicht bebaut wie es hier doch ist!

Gegen 20 vor treffen wir an unserem Hotel ein, genauer am Castle Inn & Suites, 1734 Harbor Boulevard in Anaheim (hier ein Link zu google maps ).
Es gehört nicht zur Disney- Kette, kann somit nicht direkt über die Webseite von Disney gebucht werden und ist daher ein wenig günstiger, als ein direkt bei Disney gebuchtes Hotel. Es liegt trotzdem nur etwa 800m Fußweg vom Eingang des Disneyland entfernt und natürlich wird es von Gästen besucht, die eben zum Disneyland wollen. Das merkt man auch! Wohl mit der steten Gefahr einer Horde Anwälte aus dem Disney Konzern im Nacken hat man hier tunlichst darauf geachtet, dass kein Charakter und keine Szenerie dem Disney- Universum entnommen ist. Nichts desto trotz erwartet uns eine mittelalterlich ausgestaltete Empfangshalle, Banner, Schwerter, Hellebarden und Rüstungen, die uns als Gäste schon jetzt ein wenig auf das Abenteuer morgen einstimmen sollen. Das gefällt natürlich Nils uns Tim sehr und auch Anja und ich müssen finden wirklich, dass die das hier ganz toll gemacht haben.

Wir richten uns im Zimmer ein und packen aus dem „Dispokoffer“ die Sachen für morgen aus. Nachdem das Auto teilleer ist, gehe ich nochmals alle Ecken durch. Natürlich liegt das Teil nicht im Auto und ist auch nicht an eine der Stellen gerutscht, die wir erst jetzt, mit teilausgeräumten Auto, erreichen können. Zurück im Zimmer schnappe ich daher mal den Laptop und versuche über „google – find my Device“ das verlorene Tablet zu orten. Mit diesem google Dienst für alle Android basierten Geräte besteht immerhin eine ganz kleine Chance, dass wenn jemand das Tablet genommen und so wie es ist in ein WLAN eingeloggt hat, ich den Standort angezeigt bekomme! Und das Tablet klingeln lassen und vielleicht eine Nachricht darauf hinterlassen kann. Aber wie es zu erwarten war, ist das Gerät schlichtweg nicht erreichbar. Klar, wer es klaut, setzt es sowieso kurzerhand komplett zurück und fertig. Dann macht „find my device“ leider auch nichts mehr. Schade.

Ich überlege kurz, ob wir duschen gehen sollen. Aber dann entscheiden Nils und ich uns doch kurz für eine erfrischende Runde im Pool! Endlich wieder ein Pool! Und er ist sogar beheizt, sodass wir eine schöne Runde planschen und schwimmen können. Herrlich!

Nach dem erfrischenden Bad schauen die Jungs ein paar Cartoons im TV, während Anja die Tasche für morgen packt. Etwas unglücklich ist, dass wir jetzt so gar nichts dabei haben, was man typischerweise in einen Freizeitpark mitnimmt, wenn man ein wenig auf das Geld achten möchte. Kleine Snacks. Trinkpäckchen, Wasserflaschen, Bananen, sowas halt.
Wenn wir morgen früh nicht auf die teure Versorgung im Disneyland angewiesen sein wollen, muss eine Rucksackpackung Freizeitparkfutter her!
Mit google maps mache ich einen Walmart Neighboor Market aus, der hier gleich um die Ecke zu finden ist. Nur ein paar Blocks. Wären wir in Deutschland, würde ich die Strecke eben zu Fuß gehen! Wäre ein guter Ausgleich für den Fahrtag. So aber schnappe ich mir natürlich den Wagen und fahre eben die kurze Strecke. Geht schneller.

Schon bei der Fahrt zum Supermarkt entdecke ich eine in unmittelbarer Fußreichweite hinter unserem Hotel eine kleine Flaniermeile, wo Musik spielt und die Leute sich „Wein, Weib und Gesang“ hingeben. Das sieht super aus! Kaum bin ich gegen halb 8 zurück vom Einkaufen, spazieren wir alle zusammen noch einmal los! Ein bisschen Bewegung am Abend kann nicht schaden.

Die Flaniermeile für Fußgänger zwischen Disney Avenue und Katella Avenue puppt sich als Art Einkaufszentrum mit angeschlossener Gastronomie und Entertainment. Auch sind die Geschäfte von ihrem Angebot weniger langweilig und nur auf das klassische Klientel ausgelegt, sondern viel mehr für die Hipsters, Comicfans, Marvel- Anhänger, StarWars- Jünger und andere Szenebegeisterte! Kunst und Kultur, Bilder und Skulpturen sind aufgebaut, fliegende Händler mit provisorischen Ständen bieten das Ergebnis ihrer Handarbeiten an. Dazu spielt futuristische instrumentale Musik aus den Lautsprechern der Galerie. Ein kleines urbanes, kulturelles wie kommerzielles Zentrum im Schatten der mächtigen Mickey Mouse. Natürlich finden wir auch einen Disney Store hier. Aber auch hier können übrigens nur VIP- Zugangskarten für bestimmte Attraktionen gekauft werden. Rabatte oder Aktionen auf den Grund- Eintrittspreis sucht man auch hier wie im Internet vergebens.

Wir lassen das Ambiente auf uns wirken und spazieren die Galerie einmal rauf wie runter. Auch das ein oder andere kulinarische Angebot checken wir, allerdings gibt es hier, ganz passend zum instyle- Szenestil, eher Bars mit Kanapees, Häppchen oder Tapas. Super für einen Cocktailabend, aber für einen echten Hunger mit der ganzen Familie weniger geeignet. Doch zwischen Flaniermeile und Hotel haben wir eben so etwas wie eine Imbissbude gesehen! Wie bei uns einen guten Gyros- oder Dönergrill! Und auch hier dreht sich ein Spieß Fleisch um eine Wärmequelle, welches abgeschnitten im runden Fladenbrot mit Salat serviert wird. Das bestellen wir! Dazu gibt es natürlich Pommes.
Der Laden ist sehr gut besucht (offenbar gibt es hier nicht viele Angebote an günstigem Essen und Imbiss) und es dauert einen Moment, bis ein Tisch frei wird, an den wir uns setzen können. Dann aber bestellen wir uns lassen uns gute 10 Minuten später den Drehspieß- Gyros mit einer kleinen Hand Pommes und Tsatsiki schmecken.

Gegen 21 Uhr sind wir zurück im Hotelzimmer. Zeit fürs Bett! Zumindest für die Jungs. Besonders ich tue mich allerdings schwer mit dem Einschlafen. Die Geräusche vor der Zimmertüre sind ein echtes Problem! Weniger die ein- und ausfahrenden Autos von und zum Parkplatz, aber die Kofferleute sind eins! Der Boden draußen besteht aus einzelnen Betonplatten, die zwischen den Platten natürlich Dehnungsfugen haben. Jede Bewegung mit Koffern rappelt nun natürlich, wenn die Rollen der Koffer über diese Fugen holpern. Fast wie bei einem Zug, der mitten durch unser Hotelzimmer fährt! Zuerst ein leises tack-tack, Tack-Tack, dann TACK- TACK und dann entfernen sich die Geräusche wieder. Und da hier offenbar sehr viele Spätankommer einchecken, wird es erst nach Mitternacht ruhig auf dem Gängen vor unserer Zimmertüre.

 

 

6 Kommentare

  1. Hi Björn,
    vielen Dank für die ausführliche Beschreibung! Gerade die Wohnmobilrückgabe fand ich sehr interessant, weil wir auch einen vierwöchigen Trip von Vegas aus planen. Das mit dem Abwasserschlauch hab ich mich auch schon die ganze Zeit gefragt, was man damit macht, wenn der mal eingesifft ist. Jetzt weiß ich’s;-)
    Liebe Grüße

    Alex

    • Hallo Alexandra,

      ja, das offene Geheimnis. Wenn man es weiß, ist es einfach. 😉
      Alles Gute für euren Trip in die Staaten und nach Vegas!
      Gruß
      Björn

    • Hallo Silke,
      nun, das mit dem Kacka- Schlauch ist im wahren Leben noch sehr viel spannender, als man am heimischen Bildschirm mitverfolgen kann. 😀

      Beste Grüße
      Björn

  2. Hi,
    danke für den schönen Bericht, die Gegend ist aber auch einfach wie gemacht für einen Road Trip!

    Grüße aus Berlin
    Christian
    (www.aconcagua.de)

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