Heute gibt es leckeren Honigschinken zum Frühstück! BUARGH! Ein Deja- Vu? Ja, ein bisschen. Anja ist heute streng am Frühstückstisch und tippt nochmals energisch auf das Preisschild des Schinkens. 10 Dollar!!! Alter Falter! Was hat mich da nur geritten, diesen teuren Schinken zu kaufen?!
Ich verspreche, den Schinken heute Mittag großzügig auf den ebenfalls im Kühlschrank verbliebenen beiden Pizzen zu verteilen, wenn sie uns jetzt damit nur bitte bitte verschont! Das klappt sogar überraschend, obgleich Anja tapfer weiter ihre Toastscheibe mit dem Besten aus Kentuckys Wurstschmieden belegt. Ein idealer Start in den Tag…

Wir schaffen es tatsächlich, schon zum Frühstück unsere übrigen nicht haltbaren Vorräte gut zu dezimieren. Der Apfelsaft geht fast weg, im Orangensaft ist nur noch ein Rest für zwei Gläser, wir behalten ein Dreiviertel Toastbrot und auch Margarine und Marmelade werden leerer. Selbst die verbleibende Gallone Milch werden wir mit Abendmlich heute Abend und ein Glas zum Frühstück wohl komplett aufbrauchen. Klar, auf den Punkt genau wird das morgen dennoch nicht ganz aufgehen. Also ich meine so, dass wir gar nichts übrig behalten. Aber es wird auch nicht so sein, dass wir nennenswert Vorräte wegwerfen müssen.

Nach dem Frühstück machen wir das Wohnmobil reiseklar für unseren Stellungswechsel innerhalb der Stadt. Bis zuletzt hadere ich dabei mit mir, ob wir schon auf dem Weg zum Roadrunner RV Park den Kraftstoff- und Gastank auffüllen, damit wir das morgen früh nicht mehr machen müssen. Auch, damit wir wirklich einfach nur einmal quer über die Straße fahren müssen, um das Wohnmobil abzugeben. Andererseits können wir dann kein heißes Wasser mehr benutzen! Weder in der Dusche, das wäre noch zu verschmerzen, aber auch nicht mehr z.B. zum Geschirr spülen! Oder um heißes Wasser zu bereiten, um damit die Schränke auszuwischen. Umständlich könnte man zwar noch das Wasser in der Mikrowelle erwärmen, aber eine wirklich praktikable Lösung ist das ja auch nicht.

Ein möglicher Kompromiss wäre, dass wir das Wohnmobil erst auf dem neuen RV Wohnmobilstellplatz komplett auswischen und danach die Tanks neu füllen für die Rückgabe morgen. Das würde gehen, allerdings muss ich heute Nachmittag um 17 Uhr noch unseren Mietwagen für die nächsten vier Tage abholen. Beides zusammen geht auch nicht wirklich. Anja wird kaum fertig sein mit Auswischen, wenn ich so gegen 15 Uhr mit Uber, Lyft oder einem anderen Fahrdienst zur Mietwagenstation am Flughafen von Las Vegas aufbrechen werde. Und bis ich zurückkomme, naja, mal sehen. Erstmal hier abreisen, es ist bereits 11 Uhr durch!

Auf dem RV Stellplatz funktioniert das Auschecken so ganz anders, als auf den bisher besuchten RV Parks und erinnert doch sehr an die Übernachtungen im Hotel. Man nimmt sein Schildchen, welches am Innenspiegel am Wohnmobil angebracht wird und wirft es an der Ausfahrt in die dort aufgehängte Express- Checkout Box. Das ist das gleiche System, was schon 2001 in Las Vegas in den Casinos und Hotelzimmern praktiziert wurde. Wenn du nichts aus der Minibar hattest und das Hotelzimmer nicht in einem Anflug von Rockstar- Allüren mit der Gitarre zertrümmert hast, dann konnte man einfach seine Schlüsselkarte für das Zimmer in die Express- Checkout Box werfen. Ganz ohne nochmals an die Rezeption zu müssen. Und wenn du doch was aus der Minibar hattest, wird es sowieso auf deiner Kreditkarte nachgebucht…
Hier und heute hatten wir nichts aus der Minibar. Also werfen wir unser Innenspiegelschildchen in die Express- Checkoutbox und verlassen den Circus Circus RV Park. War OK hier. Der Pool war schön für die Jungs, die Wäsche ist zu einem akzeptablen Preis sauber geworden, die Helikopterrundflüge über unseren Köpfen hörten stets gegen Mitternacht auf und auch sonst fühlten wir uns in diesem verruchten Moloch von Las Vegas auf dem Stellplatz einigermaßen sicher. Selbst der Preis war in Ordnung, obwohl die Entfernung zum Strip doch größer war, als wir uns das zunächst vorgestellt hatten. Allein bis zum Treasure Island eben über einen Kilometer! Dennoch war der Platz der beste Kompromiss zwischen Preis und Lage. Das muss man neidlos anerkennen.

Neidlos anerkennen muss man aber auch, dass der RV Park nicht nur die jemals am schlechtesten beschilderte Einfahrt hatte, sondern ebenso kompliziert wieder zu verlassen ist! Dem Navi folgen war wieder einmal keine so gute Idee, denn was auf dem Navi als schöne, große und breite Durchfahrt auf die Verbindungsstraße angezeigt wird, endet an ein paar Mülltonnen vor einer Mauer! Hammer! Schon wieder verfahren und das INNERHALB des Geländes!
Zum Glück ist das Wenden mit einem RV Roadbear Mehrtonners ja eine meiner leichtesten Übungen, besonders im aktuellen „Pro- Level“ so ganz ohne Rückfahrkamera!
Dann fahren wie entgegen aller verzweifelten Rufe aus dem Navi doch bitte unbedingt zu wenden an dem Nebengebäudekomplex vorbei und damit EXAKT den Weg zurück, den wir vor zwei Tagen gekommen sind. Etwas Besseres fällt uns nicht ein. Und tatsächlich gelingt es uns, mit dieser Taktik endlich vom Areal zu fahren. Puh!
Irgendwie beschleicht uns das Gefühl, dass der RV Stellplatz am Circus Circus so etwas wie ein „Mile High Club“ ist. OK, nicht ganz so versaut, aber eben etwas ganz ganz Besonderes! Viele versuchen ihn zu erreichen, nur wenige bekommen ihn jemals zu sehen. Und von denen, die ihn zu sehen bekommen, schaffen es dann sehr wahrscheinlich noch nicht wieder alle von ihm herunter, um von ihrem Erlebnis zu berichten!
Weil er einfach so verschachtelt liegt und wie das verrückte Labyrinth sich immer wieder neue Wege offenbaren, den Wohnmobilstellplatz zu erreichen bzw. zu verlassen.
Wer also den RV Stellplatz am Circus Circus erfolgreich besucht und auch wieder verlassen hat, der gehört in einen ganz besonders elitären Kreis der wahren Nachfahren echter Globetrotter wie Thomas Cook, Magellan, Michelin und wie sie alle heißen, die auch unter schwierigsten Bedingungen stets ihren Weg finden. 😉
Willkommen im „Park High Club des RV Wohnmobilparks Circus Circus“ in Las Vegas!
Als wir auf die Hauptstraße einbiegen, klopfe ich mir heimlich selbst anerkennend auf die Schulter…

Die Fahrt zum RV Roadrunner Wohnmobilpark ist schnell absolviert. Wir kommen selbst mit dem Wohnmobil auf den breiten mehrspurigen Straßen recht passabel durch, sodass wir ohne besondere Vorkommnisse schon um kurz vor 12 da sind. Eigentlich wollten wir nur mal gucken, ob wir das Areal schnell finden. Das wir schon drauf dürfen, eigentlich ist ja gerade mal erst Checkout- Time, hätten wir nicht erwartet! Tatsächlich aber ist das kein Problem. Wir halten einen kleinen Schwatz mit den zwei Damen in der Rezeption des Roadrunner RV Park. Darüber, dass Roadbear gleich gegenüber liegt und das sich nicht zum ersten Mal Mieter von Roadbear und eben auch Deutsche hierher verirren. Ein „Guden Tag“ und „Dankeischen“ haben wir schon oft als kleine Höflichkeitsaufmerksamkeit zu hören bekommen, so ist es auch hier.

Wir bekommen einen Stellplatz etwas unterhalb der der Platzmitte zugewiesen. Wo wir genau stehen, ist aber auch egal. Denn der RV Park hier verfügt nicht über einen Spielplatz, wo wir hätten die Kinder laufen lassen können. Keiner der drei, vier RV Plätze hier auf der Straße übrigens hätte einen Spielplatz gehabt! Schon komisch. Und schade. Denn ausgerechnet hier wäre es wichtiger als auf allen anderen Plätzen gewesen, dass wir die Kinder auf den Spielplatz schicken können, während wir das Wohnmobil rückgabewürdig herrichten! Alternativ hätte wir noch eine Nacht am Circus Circus bleiben müssen. Aber dann hätte Anja morgen wahlweise den Mietwagen vom Circus Circus zu Roadbear oder das Wohnmobil zu Roadbear fahren müssen. Und das wollte Anja gar nicht.
Ihr hat die Fahrt im Chevrolet Suburban nach Warsaw vor zwei Wochen schon gereicht. Mit so einem Schiff quer durch Las Vegas? Das ist gar nicht ihres. Ich bin somit doppelt gespannt, was wir nachher von Alamo für ein Auto bekommen werden. Gebucht habe ich wieder Intermediate SUV. Mal sehen, ob ein Upgrade herausspringt! Immerhin bin ich guter Kunde bei Alamo! Unser Mietwagen während unserer USA- Reise 2001 war nämlich auch von Alamo. Jawollja! Das wir als treue Kunden nun zu denen zurückkehren, werden die sicher honorieren! Ganz bestimmt! 😀

Doch so weit sind wir leider noch nicht. Jetzt räumen wir erstmal auf! Anja packt die Koffer drinnen, ich nehme mir die Fahrerkabine vor. Dabei putzen wir das Wohnmobil so gründlich, als wäre es unser eigenes! Ich denke besser kann man sich nicht engagieren und es auch nicht beschreiben.
Nachdem das Fahrerhaus aussieht wie neu, geht es draußen in den Staukästen weiter. Auch hier räume ich ein wenig um und auf. Dabei fällt mir unser in Little Rock für teures Geld erworbene 50 Ampere Adapter wieder in die Hände! Nicht mehr gebraucht auf der ganzen Reise! Unglaublich! Da haben wir wirklich ausnahmslos 50 Ampere Anschlüsse in den Stromkästen und verkaufen dann den Leuten für teures Geld die notwendigen Adapter, wenn die „einfachen“ C- Class Wohnmobile mit ihrer 30 Ampere- Anlage um die Ecke kommen. Ganz schön frech. Aber wenigstens haben sie die Situation auf dem RV Park in Little Rock nicht vollends ausgenutzt. In Texas hatte ich geschaut. Sowohl im RV Park dort wie auch im Shop des RV Händlers, wo wir uns das wirklich tolle RV Museum angeschaut hatten, kostete der Adapter um die 20 Dollar. Das passt also. Hierlassen werde ich den Adapter dennoch nicht! Roadbear hätte ihn uns stellen können. Lasse ich ihn jetzt beim Fahrzeug, verkaufen sie den bestimmt an den nächsten weiter… Nein. Den nehmen wir mit und dann geht der zu ebay oder so. Um dann zu erläutern, wofür man den braucht, mache ich gleich hier die passenden Bilder für später.

Nachdem der Außen- und Fahrerkabinenbereich des Wohnmobils soweit sauber ist, packe ich den Medikamentenschrank leer und verstaue die Sachen im bereitliegenden Koffer. Dabei trennen wir nun und lösen die Doppelt- und Dreifachversorgung auf. Sollte auf dem Rückweg ein Koffer verschwinden, sind wir ja auf dem Rückweg nach Hause, wo alles benötigte in ausreichender Anzahl vorhanden ist. Also kein Problem, da können wir das Handgepäck nun reduzieren.

Während Anja weiter die Koffer strategisch so packt, dass wir in den kommenden vier Tagen nicht jeden der vier Koffer brauchen, kümmere ich mich um das Mittagessen. Es gibt ein letztes Mal Pizza und die Lasagne aus dem wohnmobileigenen Backofen. Klar, dass wir diese reichhaltig mit Kentucky Honigschinken belegen! Unter einer dicken Schicht Mozzarella- Käse geht der sogar wieder einigermaßen! Der Hunger treibt es rein und gleichzeitig wird das Gefrierfach bis aus unseren inzwischen völlig zu zwei Eisbällen mutierten Olaf- Schneemann damit leer. Auf den Punkt alle Vorräte verbraucht. Super!

Nach dem Mittagessen mache ich mich langsam startklar. Und ich muss zugeben, dass ich schon schwer neugierig und aufgeregt bin!

Infobox: Wie funktioniert das mit dem Fahrdienst Lyft hier in den USA bzw. Las Vegas?
Als Fahrdienst, angeblich als „Mitfahrzentrale“, so ähnlich wie uber. Ich spaziere also gegen 15:30 Uhr nach vorne zur Rezeption (leider hat man nur dort WLAN) und selektiere in Google maps mein Fahrtziel gleich so, als würde es ich mit dem eigenen Auto ansteuern wollen. Im Gegensatz zu Deutschland bekommt ich nun eine zusätzliche Option für mein Verkehrsmittel angezeigt, nämlich ein  „Männchen mit dem Koffer“. Darauf klicke ich und bekomme sowohl Uber wie auch Lyft als Fahrtmöglichkeit ganz automatisch in google Maps angezeigt! Ich wähle Lyft aus, werde auf die App umgeleitet und bekomme den ungefähren Fahrpreis, was um 15 Dollar, angezeigt. Und dann kann ich schon verbindlich bestellen.

Mit Spannung klicke ich auf „bestellen“ und dann geht von meinem Handy so eine Art „Ping“- Signal über die Karte. Es dauert nur wenige Sekunden, und eines der kleinen Lyft- Autos in meiner Nähe nimmt die Fahrt an. Sofort bekomme ich die Kontaktdaten meines bestätigten Fahrers angezeigt. Donald wird mich abholen! Zwar nicht Trump mit „the Beast“ als Präsidentenlimo, dafür aber mit einem blauen Honda CRV! Das ist ja auch schon was. Diese Info, ein Profilbild von Donald, vom Auto und sogar vom Kennzeichen bekomme ich auch gleich dazu angezeigt. Und mehr noch, ich sehe in Echtzeit, wie sich sein kleines Auto auf der Karte auf meinen Standort zubewegt. TOLL! Das bekommen sie bei uns aber mit den Taxis nicht so genau hin! 4 Minuten wird es dauern, dann ist mein Fahrer da. Und tatsächlich, nach 4 Minuten und 3 Sekunden steht der blaue Honda CRV von Donald mit dem kleinen Lyft- Schildchen in der Windschutzscheibe schon auf dem Parkplatz vor dem RV Park!
Donald prüft als erstes, ob ich sein Fahrgast bin. Er meint, dass er schon öfter hatte, dass einfach Leute in sein Auto einsteigen, kaum das er am Straßenrand hält. Aber da ich sein bestellter Fahrgast bin, kann es gleich losgehen.

Gleich vorweg: Die etwa halbstündige Fahrt mit Donald ist der intensivste und gleichzeitig ehrlichste wie ungeschönteste Kontakt, den ich je mit einem Amerikaner hatte!

Die Fahrt vergeht super angenehm und wir sprechen ungeschönt über vielerlei Dinge. Über Amerika, die Gesetze hier und die Gesetze in Deutschland. Das sie hier in Amerika anders Auto fahren. Das Donald ein großer Fan des VW Käfer ist und er selbst einen privat fährt. Er zeigt mir sogar ungewohnt offen ein Bilder mit ihm in seinem Käfer nebst seiner Familie auf seinem Smartphone! Ganz so, als seien wir mindestens gut bekannt miteinander.
Wir kommen über Volkswagen zur Dieselaffäre von VW und zum Kraftstoffverbrauch amerikanischer Autos. Ich erzähle, dass wir in zwei Wochen Wohnmobilurlaub mehr Sprit verbraucht haben, als ich in Deutschland in einem ganzen Jahr für den Weg zur Arbeit benötige!
Donald ist neugierig, will von mir wissen, wie ich Amerika sehe. Und er erklärt mir, nachdem wir auf dem Weg nicht weniger als drei Verkehrsunfälle sehen (eine Frau ist gegen ein Schild gefahren, ein anderer hat einen Bus gerammt und der dritte war ein Frontalunfall), dass gerade hier in Nevada nach der Legalisierung von Marihuana die Zahl der Verkehrsunfälle stark zugenommen habe. Er meint „Schau hin! Wie kann man bitte einen BUS übersehen?!“ und er hat Recht. „Alles legale Haschischkonsumenten!“ meint er pauschal wie polternd und er gibt uns den eindringlichen Rat auf den Weg, auf jeden Fall dafür zu kämpfen, dass man in Deutschland eben nicht unter legalem Drogeneinfluss Autofahren sollte bzw. Marihuana nicht erlauben sollte. Auch nicht in Deutschland! Wo wir doch auf unseren Autobahnen immer so schnell fahren dürfen und so.
Auch über Trump und Merkel quatschen wir. Er ist der festen Überzeugung, dass Trump zwar ein Schaumschläger ist, aber dennoch der richtige Präsident! Er hat ihn gewählt, weil die Medien ihn nicht mögen. Und weil das Establishment ihn nicht mag! Das war für ihn als Mann der Straße ein ausreichender Indikator dafür, dass er eben nicht im Klüngel um Macht und Spielchen verstrickt ist. Klar, jeder Politiker ist korrupt. Davon ist er überzeugt. Auch Donald möglicherweise. Aber er gehört eben nicht in „die Kaste“ und ist deswegen gewählt worden. Besonders und genau deswegen! Ich erkläre ihm, dass ich es gut finde, dass ein Präsident nur maximal zwei Amtszeiten regieren darf. Und das wir leider wieder Frau Merkel als Bundeskanzlerin in der nunmehr vierten Amtszeit aushalten müssen. Darüber muss er lachen.
Über Höcksken und Stöcksken kommen wir schließlich zu den Waffengesetzen hier! Ein heißes Thema! Ich berichte Donald ungewohnt offen, dass wir eben in Deutschland keine Waffen kaufen und tragen dürfen. Zumindest nicht einfach so. Und das eben hohe Hürden daran gebunden sind. Und das ich einerseits zwar belustigt, aber auch geschockt war, als ich zum Beispiel in Texas das Schild am Campingplatz gesehen habe, dass man seine Waffe eben nicht OFFEN tragen soll! Man darf sie natürlich dennoch bei sich haben! Nur man soll sie nicht offen zur Schau stellen. Das hätte mir schon Ehrfurcht abgenötigt, weil man ja darauf basierend grundsätzlich davon ausgehen muss, dass jeder eine Kanone am Mann, oder eben auch im Auto hat!
An diesem Punkt wird Donald sehr ernst. Er bestätigt mir, dass praktisch jeder eine Kanone hat. Ich glaube wenn er nicht wüsste, dass ich nicht Respekt vor Schusswaffen hätte, er würde mir seine Kanone, die er unter Garantie irgendwo hier im Auto griffbereit liegen hat, zeigen! Aber das macht ein Amerikaner dann wohl doch nicht…
Mit großer Verantwortung und auch mit einer Art Stolz, die ich so noch nie erlebt habe, erklärt mir Donald dann, warum sie alle Waffen haben. Was der Antrieb, ja der unabänderliche Beweggrund hierfür ist. Und je länger ich darüber nachdenke, was Donald mir nun recht ausführlich erklärt, desto mehr kann ich die Amerikaner auf einmal verstehen! Denn der Grund ist nicht falsch, wie man auf den ersten Moment vielleicht denkt! Nur die Ausführung ist in meinen Augen aufgrund des möglichen und auch des tatsächlichen Missbrauchs dieser Waffen schlecht gelöst, was auch Donald im weiteren Verlauf zumindest ansatzweise zugibt.
Nun, Donald erklärt mir, dass es das verbriefte Recht ist, Widerstand zu leisten!
Nicht gegen den König von England (oder die Queen), falls sie auf die Idee kommen sollte, ihr Amerika wieder „heim ins Commonwealth“ zu holen, was einmal die allererste Grundlage für die Volksbewaffnung in Amerika war. Als ich Donald danach frage, lacht er laut und findet die Erklärung, die ich bislang aus der Historie heraus für die Waffengesetze in Amerika bereithielt, für amüsant, aber eben auch vollkommen absurd.
Aber die Grundlage der Volksbewaffnung liegt einfach darin, dass das Volk sich gegen jedwede Tyrannei erheben kann und soll, wenn es nötig wird. Es ist ein Gleichgewicht der Kräfte! Ein Ausgleich zur Exekutive der Regierung mit Polizei und Armee, falls diese jemals von einem Tyrannen übernommen werden sollte (und damit meint er nicht Trump! Zumindest nicht solange, wie sich Trump an die Verfassung hält!) und das Volk unterjocht. Dann soll das Volk die Möglichkeit haben, sich dagegen zu wehren, wenn die offiziellen Machtpositionen nicht mehr in der Hand des Volkes sind.
Wie eine vierte Macht im Staat!
Wenn man darüber nachdenkt, ist das gar nicht so dumm! Wie gesagt, rein der theoretische Gedanke. Dass es praktisch hapert, sieht man an den vielen Toten in Amerika durch Waffeneinsatz.
Er meint aber das wichtigste sei, dass die Regierung weiß und bei allen Entscheidungen wissen muss, dass auch physisch eine Macht vom gemeinsamen Volk ausgehen kann, FALLS es nötig wird!
Nicht nur mit dem Wahlkreuz in der Kabine. Und das wäre der Grund und die Berechtigung, eine Waffe zu tragen. Nicht um damit anzugeben. Nicht um damit in den Wald zu gehen und ein Reh zu töten oder den Supermarktangestellten damit für ein paar Dollar zu bedrohen. Er weiß, dass das System so, wie es jetzt ist, nicht gut ist! Aber um nichts in der Welt würde er seine Waffen hergeben. Würde er dazu gezwungen, würde ER (und auch viele andere wie er meint) darin GENAU DEN Versuch der Regierung und des Staates sehen, das Volk um diese praktische Macht zu berauben! Dann wäre der Moment gekommen, wo das Volk gemeinsam als eine Art homogene, sich selbst verwaltende Masse eben zu diesen Waffen greifen dürfe und die Regierung zum Teufel jagen dürfe.
Wow. Das muss ich sacken lassen!
Es ist vielleicht gar nicht so sehr die böse böse Waffenlobby, wie man uns in Deutschland über Amerika immer weißmachen will! Es sind einfach nur zwei völlig verschiedene Ansichten! Wir in Deutschland vertrauen darauf, dass wir niemals zu einem Mittel (vorsichtig gesagt) wie „zivilem Ungehorsam“ greifen müssen. Aber wie sollten wir das auch tun? Mit Mistgabeln und Fackeln wie im Mittelalter? Wir haben doch nichts in der Hand, außer passivem Widerstand. Das wäre alles. Und es ist ja nicht so, dass wir nicht selbst mindestens einen Tyrannen in unserer Geschichte hatten!

Donald meint passend, als könne er meine Gedanken in diesem Moment der Stille nach seinem letzten Satz lesen, „so etwas wie Hitler hätte es in Amerika nicht geben können“! Da wäre das Volk halt schlichtweg vorher aufgestanden und hätte seine Macht auch mit Gewalt ausgeübt!
Es dauert etwas, bis ich die Tragweite seiner Mentalität und den richtigen Grundgedanken darin erkenne. Wenn man es sich so objektiv wie möglich betrachtet und sich mal von indoktrinierten Gedanken, wie man sie uns in Deutschland nunmal stets vorkaut, absieht. Können wir wirklich darauf vertrauen, dass wir niemals mehr in eine solche Situation geraten? Wie in den 30er Jahren? Hätte es anders kommen können, wenn das Volk gegen einen Tyrannen nicht nur aufgestanden wäre, sondern auch die Mittel gehabt hätte, um „Widerstand zur Pflicht“ zu machen?
Wenn es eine vierte Macht gegeben hätte, die nicht einer strengen Befehlskette von Offizieren unterstellt gewesen wäre? Ohne Volk ist der mächtigste Tyrann nur ein armer Irrer, den man davon jagen kann. Die Amerikaner leben diese Form von persönlicher Verantwortung!
Sicherlich MUSS man die Ausführung dieser Verantwortung und dem damit verbundenen Missbrauch kritisch mal auf den Prüfstand stellen. Aber Donald meint, dass die Gründerväter von Amerika weise gewesen wären und über den entsprechenden Verfassungszusatz eben genau diese von keiner Regierung zu kontrollierende Macht ganz bewusst schaffen wollten! Und nicht, um Smith&Wesson über Dekaden gute Verkäufe zu sichern…
Und obwohl er einen wie er sagt „charismatischen Außenseiter“ wie Donald Trump gewählt habe würde er keine Sekunde zögern, seine Waffen auch notfalls gegen ihn einzusetzen, wenn dieser den Boden der amerikanischen Verfassung verlassen und als versuchen würde, die USA zu unterjochen eine Diktatur zu errichten.

Wie gesagt, die Fahrt mit Donald ist ein unerwartet unverblümter, roher wie ehrlicher Einblick in das Denken der Amerikaner, wie man es wohl kaum authentischer erleben kann. Ich bin dankbar dafür! Reisen bildet! Lässt man sich offen auf fremde Mentalitäten ein, regt dies zum Nachdenken an! Auch mal um die Ecke und durch Krusten, die man zuhause niemals durchbrechen würde…

Als wir am Mietwagenzentrum unterhalb des Flughafens von Las Vegas ankommen, verabschieden wir uns beide fast herzlich wie Freunde voneinander. Donald, der etwas ungepflegt wirkende Mann mit dem langen Bart und dem etwas abgenudelten Honda CRV, der als Lyft- Fahrer ein paar Dollar im Jahr verdient, hätte ich so gerne bei einem abendlichen Barbecue noch etwas näher kennengelernt! Ehrlich! Ich mag es, wenn mein persönlicher Freundes- und Bekanntenkreis aus möglichst vielen unterschiedlichen Charakteren mit unterschiedlichen Ansichten besteht. So bleibt das Leben spannend und man läuft nicht Gefahr, sich in seiner eigenen Filterblase zu verrennen. Donald, der einfache Lyft- Fahrer aus Vegas, wäre die perfekte Ergänzung gewesen.

Kaum bin ich ausgestiegen, betrete ich den großen Mietwagenkomplex und steuere gleich auf den Alamo- Schalter zu. Zum Glück ist nicht viel los heute! Wir sind ausreichend knapp vor einer ankommenden Busladung von Transfergästen vom Flughafen eingetroffen, so habe ich einen guten Überblick über die fast leere Halle.

Am Schalter von Alamo lerne ich dann wieder einen geschulten Mitarbeiter für Kundendienst kennen, der „das amerikanische Oberflächliche“ pflegt, wie ebenfalls kaum ein anderer Mensch, den ich auf dieser Reise bislang kennenlernen durfte!
Marc ist heute mein Custom Agent. Und er ist gleich mein Freund sagt er! Er erklärt mir, dass ich ihm als Kunde WIRKLICH am Herzen liegen würde. Dies wäre auch keine hohle Phrase! Und er mir wirklich dringlich noch ein halbes Dutzend Versicherungen angedeihen lassen möchte, weil er diese wirklich jedem Freund empfehlen würde. Ich erkläre ihm, dass wir das Paket mit allen wichtigen Versicherungen aber eigentlich schon entsprechend in Deutschland gebucht und bezahlt haben.
Er tippt daraufhin wild im Computer und findet dann auch die entsprechenden Bestätigungen. Ein bisschen scheinheilig tut er dann und gratuliert mir, dass ich mir schon im Vorfeld so viele gute Gedanken gemacht hätte. Aber ich wäre ihm als Kunde nunmal wichtig und selbst bei meinem guten Paket gäbe es noch schlimme Lücken!! Zum Beispiel wenn das Auto aus dem Graben geborgen werden muss! Oder wenn bei einem dummen Zufall gleich zwei Reifen auf einmal platzen! Denn muss das Auto abgeschleppt werden, dann kommen schnell Abschleppkosten in Höhe von tausend Dollar selbst für kürzeste Strecken auf mich zu! Aber mit dem passenden Schutzbrief sei ich dann WIRKLICH rundherum geschützt. Er fragt mich auch direkt weiter und ohne Atempause, ob ich Kinder habe, was mich, obwohl ich wachsam bin, auf dem linken Fuß erwischt. Ich bestätige dies. Das war ein Fehler!
Sofort bekomme ich ein Horrorszenario ausgemalt, wie wir alle auf dem Highway mit einer Panne stehen und dort nicht weg kommen, weil eben kein Schutzbrief für eine zügige Versorgung sorgt. Und meine armen Kinder, allein und verlassen auf dem totbringenden Standstreifen des Highway!!
Ich schalte dann doch schnell und erkläre ihm, dass wir Mitglied im ADAC sind. Das wäre wie der Triple AAA, nur besser und wir wären über unseren deutschen Automobilclub für diese Fälle optimal abgesichert. Er mag es kaum glauben! Und möchte von mir explizit bestätigt haben, dass ich mich über die Sorgen, die er sich für mich macht, von ihm gut beraten wurde und wir ausdrücklich entgegen seinen weisen und erfahrenen Rat als langjähriger Autovermieter auf seinen wirklich guten Schutzbrief verzichten. „JA!“ Gib mir endlich das verdammte Auto…!

Beim Tanken hat er mich dann aber doch. Marc, mein Freund. Wie er wieder betont. Er meint, dass das Auto JETZT vollgetankt sei. Ich könne die Tankfüllung jetzt kaufen, oder ich muss das Auto später vollgetankt zurückgeben. Da wir nach Kalifornien fahren, wo der Sprit immens teuer sei, würde er mir auf jeden Fall raten, die Tankfüllung hier und jetzt zu kaufen! Würden wir nach Texas fahren, da ist er ganz ehrlich, würde er das einem Freund nicht raten. Da sei der Sprit billiger. Aber nicht in Kalifornien! Nun weiß ich vom Studium auf google maps, dass der Sprit in Kalifornien wirklich etwas teurer ist. Das allein ist aber nicht der Grund, warum ich das Angebot tatsächlich annehme. Auch nicht der Preis von 45 Dollar, die ich für die Tankfüllung sogar erstaunlich günstig für einen SUV finde. Sondern einfach der Umstand, dass wir bei der Rückgabe am Flughafen geplant haben, dass wir nicht alle zusammen zum Car Rental Return fahren und uns dann mit vier Koffern plus vier Handgepäckstücken in den Transferbus wie der Hinreise quetschen. Ich möchte Anja und die Kinder stattdessen direkt bis an das Terminal fahren, das Gepäck schon ausladen und DANN erst bringe ich das Auto weg und komme alleine mit dem Shuttlebus nach. Dann noch bei der Extrarunde eine Tankstelle in Flughafennähe suchen, das möchte ich wirklich nicht. Also nehme ich die Tankfüllung mehrheitlich aus Bequemlichkeit und eben weil ich sie mit 45 Dollar eben auch nicht zu teuer finde. Ich glaube nicht, dass ich beim Selbsttanken mehr bezahlt hätte. Klar, die Firma verdient daran, dass die Leute immer eine Restmenge im Tank lassen. Das sie selbst tanken, kaum das sie Nadel die Viertelmarkierung erreicht. Ich nicht! Ich fahre Autos auch bis in die Tankwarnleuchte und über eine fragwürdige Restreichweitenanzeige von Null Kilometern des Bordcomputers leer. Manchmal sogar so weit, dass das Auto, bzw. Wohnmobil mangels Sprit sogar liegen bleibt. Kein Problem…
An mir verdienen die nichts. Und Marc? Der ist zufrieden, dass er seinem Freund des Tages doch noch einen guten Freundschaftsdienst angedeihen lassen konnte. Er beglückwünscht mich regelrecht dazu und reicht mir zufrieden meine Papiere. Damit fahre ich nun mit dem Aufzug hinter mir in den ersten Stock und folge dort der Alamo- Beschilderung. Ein Mitarbeiter würde mich dann am Ende der Schilder in Empfang nehmen und mir verschiedene Autos zeigen, aus denen ich mir dann eins aussuchen darf! Na, das ist doch was! Super! Aussuchen mache ich ja immer gerne! Mal sehen, was so zur Auswahl steht.

Ich eile auf die erste Etage, wo mich ein kleiner Mann abfängt. Ich muss mich bemühen, dass es nicht so wirkt, als würde ich auf ihn herabsehen, obwohl es ganz offensichtlich rein biologisch so ist und eben nicht anders geht. Dafür kann er ja nichts. Großzügig prüft er meinen Zettel und meint dann, ich solle mir aus der Reihe 7 einfach ein Auto nehmen. Der Schlüssel würde stecken. Egal welches, alle Autos in Reihe 7 wären in meiner Preisklasse!
Da die Reihen 1 bis etwa 5 stetig an Autos wie auch an Größe der Autos anwachsen, muss die Reihe 7 schon gut sein! Wow! So müssen sich reiche Kunden fühlen, die in einem Autohaus einfach das kaufen, wo ihnen die Farbe gefällt! Preis? Egal…
Noch während ich zur Reihe 7 stiefele, rufe ich nochmals sicherheitshalber zurück: „And i can really choose ANY Car from Row 7?“ –  „YES!! Take what you like and prefer“ oder so ähnlich schallt es zurück. G E I L !!!

Mit stolz geschwellter Brust erreiche ich Reihe 7. Was ich dort aber vorfinde, ist der typische Falling Down Effekt! Kennt ihr die Szene mit Michael Douglas als er im Burgerladen steht und einen Burger mit vorgehaltener Kanone bestellt. Den Wammy- Burger oder wie der heißt. Wie er auf das Bild mit dem saftigen Burger an der Preistafel verweist. Gut belegt, wohl geformt, macht Appetit. Und dann packt er kleines pappiges und gequetschtes wie ebenso trauriges Brötchen aus der Folie aus.
Genau so ist Reihe 7 von Alamo hier am Las Vegas Flughafen!
Gerade mal zwei Autos stehen hier! ZWEI! Ein weißer Hyundai und ein paar Plätze weiter noch ein anderer, deutlich kleiner wirkender SUV (ein Mitsubishi ASX bzw. Outlander Sport), zumindest was den Kofferraum angeht! Der geht gar nicht! Selbst bei dem Hyundai bin ich zunächst skeptisch, ob der vier Koffer, vier Handgepäckkoffer und eben noch „persönliche Habseligkeiten“ aufnehmen kann!

Aber ich gehe jetzt nicht zurück und frage doch noch nach einem Upgrade, auch wenn Marc sich sicherlich darüber freuen würde, wenn er seinem neuen besten Freund noch einen echten Gefallen tun kann! Das geschulte Auge erkennt auf den zweiten Blick, dass der Kofferraum im Hyundai wohl einen Tacken größer ist (was man so anhand der C- Säule und dem Abstand des Türrahmens bis zum Ende des Autos erahnen kann) und schnappe mir SOFORT den weißen Hyundai, bevor hinter mir noch jemand anders auf die Idee kommt, mir den besseren der beiden Wagen aus der Reihe 7 wegzunehmen!
Adieu schöner Chevrolet Suburban, den wir in Chicago bekommen haben und der mit seinem herrlichen V8 Motor so hervorragend in das proud America gepasst hat. Adieu stilvolle Fortbewgung im Autofahrerland Nummer 1.
Noch beim Einsteigen frage ich mich, ob Donald Trump weiß, dass proud Alamo hier Hyundais als Standard- SUVs herausgibt und nicht einen Chrysler, Dodge und Co? Wo ist das America first denn hin bitte? Wo, wenn nicht hier, wäre es nötiger? Pfft.

Egal. Im Hyundai fühle ich mich spontan wohl, nachdem ich mir den Sitz eingestellt habe. Das muss ich neidlos anerkennen! Die Ausmaße sind zu unserer Autoerfahrung aus Deutschland darüber hinaus stimmig, die Abmessungen sind super, der Wagen fühlt sich flink, wendig und fast ein wenig europäisch an! Auch wenn der Hyundai hier natürlich ein Automatik ist. Kurzum, schon an der Parkhausausfahrt bin ich sehr zufrieden mit dem Auto. Er riecht sogar noch ein bisschen neu!

Spontan beschließe ich, meinen Vorsatz das Wohnmobil noch heute zu tanken und den Propangastank zu füllen über Bord zu werfen und stattdessen mit dem SUV noch eine schöne Stadtrundfahrt mit der Familie zu machen! Erstmal zum alten Strip bzw. zur Downtown- Promenade und wenn hinterher noch Zeit ist, fahren wir noch einmal den Strip herunter! Morgen müssen wir doch kein Flugzeug erreichen und für die Abgabe stehen wir doch gut! Einzig, dass wir morgen die 400 Kilometer nach der Wohnmobilrückgabe noch bis Anaheim bei Los Angeles fahren müssen, wo unser Hotel für den Disneyland- Besuch übermorgen liegt, ist die Hürde des morgigen Tages. Aber das schaffen wir! Als ich mein Navi auf den Roadrunner Rv Park einprogrammiere, muss ich an Marc denken, der mir natürlich auch ein teures Miet- Navi für „nur 8 Dollar am Tag“ andienern wollte. Und als mir mein getreues europäisches tomtom auch hier in den USA wieder einmal den richtigen Weg weist, grinse ich zufrieden…

Auch ohne Marcs viel besseres Navi komme ich nach einer angenehmen Stadtrundfahrt gegen 17 Uhr wieder am Roadrunner RV Park an.

Es wird tatsächlich knapp auf unserer Parzelle, wo ich versuche den Hyundai SUV noch irgendwie unterzubringen. Aber schräg vor dem Fahrerhaus klappt dann so knapp, dass wir mit dem Auto nicht im öffentlichen Wegebereich stehen. Viele unserer Nachbarn sehen das lockerer. Keine Frage. Aber wir sind Deutsche, in der Welt bekannt für unsere akkurate Befolgung von Regeln und so muss ich unser Klischee hier entsprechend hochhalten.  Fast erscheint es mir so, als würde der ältere Herr in seinem dauerhaft abgestellten Wohnwagen anerkennend nicken, nachdem ich gefühlt acht Mal auf der Parzelle hin und her rangiert und dann zufrieden die Abmessungen des Fahrzeugs innerhalb der eigenen Parzelle verorten kann. Vielleicht schüttelt er aber auch einfach nur „über die Germans“ den Kopf. Wer weiß. 😉

Lange bleibt das Auto nicht an Ort und Stelle.  Um kurz vor 6 sind wir stadtfein für die zweite Runde Las Vegas an diesem Abend! Las Vegas bietet nämlich durchaus noch ein absolutes Highlight, was viele von euch vielleicht schonmal gesehen haben, wenn sie amerikanische Filme und Fernsehserien der 70er und 80er Jahre angeschaut haben, die ggf. auch mal in Vegas gespielt haben. Wenn man so will, kann man Las Vegas nämlich in so etwas wie ein neues lebendiges Zentrum und eine „historische Altstadt“ unterteilen!

Infobox Las Vegas: Altstadt versus modernes Zentrum
Das moderne Zentrum von Las Vegas mit den Mega- Casinos wie Excalibur, Treasure Island, Luxor, MGM Grand, Bellagio, CircusCircus und Co. erstreckt sich auf knapp 7 Kilometer auf dem Las Vegas Boulevard zwischen dem Flugfeld des McNamara Airport / West Russel Road im Süden bis zur East Sahara Avenue im Norden in Höhe des Stratosphere Towers.
Auf google Maps kann man sich diesen Strip sehr schön anschauen: Las Vegas Strip
Vielleicht aber hat der ein oder andere „Best Ager“ beim Begriff „Las Vegas“ auch noch berühmte Namen wie das „Golden Nugget“, Golden Gate, das 4 Queens oder den „winkenden Cowboy“ in Erinnerung, der das Vegas der 70er und 80er Jahre geprägt hat. Diese „erste Casinomeile“ befindet sich in der Freemont Street, etwa 4km nördlich vom nördlichen Ausgangspunkt des Las Vegs Boulevard am CircusCircus. Um die Attraktivität der alten Casinos an der Freemont Street zu steigern, gibt es dort heute vor den historischen Casinos einen bunten Mix an Treiben, Trubel, Showeinlage und Musik. Ein ganzjähriger Jahrmarkt sozusagen, der Gäste dort in seinen Bann zieht.
Auf Google Maps: Old Strip / Freemont Street
wikipedia: Freemont Street

Parken gestaltet sich schwieriger, als wir dachten. Denn am Straßenrand in den Gassen rund um Downtown Las Vegas besteht allermeistens Parkverbot. Und so umkreisen wir mit unserem agilen SUV die Freemont Street wie ein hungriger Löwe ein Gnu in der sengenden Sonne Afrikas!
Meine Hoffnung war, den teuren und aggressiv blinkenden Parkhäusern hier ebenso ausweichen zu können, wie seinerzeit in Little Rock, wo Parken auf einem Parkareal 10 Dollar am Tag kostete und nur eine Nebenstraße weiter das Auto völlig kostenfrei und ohne zeitliche Begrenzung abgestellt werden durfte. Nur wenige Meter weiter! Offenbar hat der Bürgermeister von Little Rock seinen Amtskollegen in Las Vegas angerufen und ihm mitgeteilt, dass wir denen auf die Schliche gekommen sind. Denn so sehr wir in den Stich- und Parallelstraßen auch schauen, wir entdecken hier in Vegas einfach keine passende wie clevere Parkmöglichkeit.
Nun, da wir nicht hier in den USA sind, um Geld zu sparen, sondern um etwas zu erleben und die Zeit hier ja auch kostbar ist, geht es doch in eines der Parkhäuser. Genauer in die Neonopolis Garage direkt am angrenzenden Einkaufszentrum am östlichen Ende der Freemont Street. Dann sind wir auch direkt da und müssen nicht lange laufen.
Die Kosten für die Abstellung unseres SUV halten sich überraschend in Grenzen! Die erste Stunde kostet nichts, jede weitere Stunde kostet 3 Dollar. Mehr wie zwei Stunden werden wir wohl kaum bleiben.

Nachdem wir das Auto einigermaßen sicher abgestellt haben, stürzen wir uns in das bunte Treiben auf der Freemont Street und werden sofort von Musik und Showeinlagen empfangen.
Was aber definitiv der Hingucker und Eyecatcher hier auf der Freemont ist, sind die über uns gespannten Seile! Unterhalb einer halbrunden Überbauung über die Freemont- Street, die aus der schnöden Straße somit eine teilwetterfeste Galerie macht, wirken die Casinos selbst eher klein im Gegensatz zu den gigantischen Ressorts auf dem Las Vegas Boulevard. Aber die Seile haben es in sich! Fast über die gesamte Freemont Street kann man sich mit einer Art Seilbahn komplett abseilen und die Freemont Street nebst Treiben unter sich im freien Flug und Fall erleben! Wahnsinn! Nils ist sofort begeistert und möchte das Gleitschirmfliegen ohne Gleitschirm am Seil hängend ausprobieren, aber dafür ist er wohl definitiv noch ein paar Jahre zu jung, das wir ihm das schon erlauben können. Faszinierend ist es dennoch anzuschauen, wie in regelmäßigen Abständen andere Gäste johlend und jauchzend supermangleich über unsere Köpfe hinweg fliegen!


Mindestens ebenso abwechslungsreich neben den Casinos sind definitiv die vielen Läden hier, die ein Angebot ohne Vergleich bereithalten! Da wäre zum Beispiel das Heart Attack Grill & Restaurant! Wie der Name schon erahnen lässt, gibt es hier keine gesunden Smoothies, keine Salate mit Tofu und kein Thunfisch- Sandwich auf Roggentoast ohne Majo. Sondern knallharte Cholesterine, Fett, überbackener Käse, Frittiertes und vieles mehr! Saftig, deftig, herzhaft und schwerst ungesund! Der dickste Burger hier wiegt knapp 1,5 Kilo und hat fast 10.000 Kalorien! Zehntausend! Das ist der Bedarf von drei Tagen für einen normalgewichtigen Menschen in nur einer Mahlzeit! Und fast mag man glauben, der Gast soll am besten wirklich werbewirksam im Lokal einen Herzanfall erleiden, zumindest werden besonders gefährdete Gäste für ein solches Ende beim fürstlichen Fressen geradezu angelockt! Jeder Gast über 350 Pfund = 175 Kilo Lebendgewicht isst hier nämlich umsonst!
Klar, dass die publikumswirksam am Eingang platzierte öffentliche Waage nebst großer Digitalanzeige gerne von den Gästen ausprobiert wird. Bei einigen Kandidaten, die sich hier anstellen um auf die Waage zu gelangen, könnte es sogar sein, dass diese die magische Grenze überschreiten! Wahnsinn! Aber es wird noch fragwürdiger! Denn wer seinen Teller nicht leer isst, wird von den Kellnerinnen im Arzt- und Schwesternkostüm sogar mitunter körperlich gezüchtigt, um auch auf den bereits vollen Magen noch immer ein Häppchen drauf zu drücken!
Unfassbar, oder?!
Dass es so etwas WIRKLICH gibt?! Tatsächlich haben wir im Nachgang zu unserer Reise recherchiert und mit Entsetzen feststellen müssen, dass es sogar schon zwei auf drei Todesfälle gegeben hat, die unmittelbar mit einem Besuch in diesem Restaurant im Zusammenhang stehen sollen! Hier könnt ihr zum Beispiel in der Süddeutschen Zeitung etwas mehr darüber erfahren. Das Restaurant hat es sogar zu einem wikipedia- Artikel geschafft, schaut alternativ auch mal: heart Attack auf Wiki.

So „verlockend“ das Angebot auch ist, wir lassen das Heart Attack links liegen und wenden uns stattdessen den anderen Läden hier rund um das Einkaufszentrum und der Freemont- Street zu. Da wäre zum Beispiel noch ein absolutes Kleinod, was wir so in der Form bei all unseren Reisen in Deutschland und Europa noch nicht gesehen haben. Ein Spielzeugladen! Aber nicht irgendein Laden wie ein Toys’R’us mit dem üblichen Sortiment an Playmobil und Lego oder was auch immer, sondern ein Laden für echte Sammler! Hier finden sich auf einem Ort konzentriert so unglaublich viele Fan- Spielzeuge von denen ich nicht einmal wusste, dass der zugehörige Film oder Geschichte überhaupt ein Merchandising hat! Klar, StarWars und Back tot he Future kennt jeder. Aber auch Walking Dead bietet zahlreiche Fahrzeuge wie Rick’s Polizeiauto. Oder einen Schulbus, der von Zombies angegriffen wird. Oder das alte Winnebago- Wohnmobil von Dale. Dazu natürlich die passenden Action- Figuren mit der man so manche tödliche Zombie- Szenerie nachstellen kann. Auch Toy Story gibt es! Oder das Auto der klassischen Serie von McGyver aus den 80er Jahren! Fast & Furious. Oder Breaking Bad! Oder der 1967er Ford Custom aus „Bullit“ mit Steve McQueen! Es ist fast wie ein wahrgewordener Kindheitstraum hier alle diese Spielsachen zu sehen. Man bräuchte wohl Stunden, um sich das gesamte Angebot des Toy Shack hier auf der Freemont Street wirklich im Detail anzuschauen und jedes Sammlerspielzeug zu begutachten!

Walking Dead ist übrigens ein gutes Stichwort. Für alle Fans der Serie dürfte hier auf der Freemont Street das Herz höher schlagen! Denn hier findet sich das „Walking Dead Survival“ Experience, eine Art interaktiver Merchandise Shop und Abenteuerland. Eindrucksvoll wird gleich eine für Kinder eher fragwürdige Unfallszene mit einem amerikanischen US- Truck direkt hier vor dem Laden in Szene gesetzt.
Wir überlegen hin und her, ob wir die Show bzw. das Fahrgeschäft mitmachen sollen. Allerdings ist der Preis hoch und da die Attraktion kaum für unsere Kinder geeignet ist, müsste ja eh einer bei den Kindern bleiben und nur einer könnte rein. Auch blöd irgendwie. Als Fan der Serie schaut sich Anja aber dennoch durch die Souvenirs.

Wir spazieren die Freemont Street einmal rauf bis zum Golden Gate Casino und wieder runter, staunen über die vielen Angebote und die vielen Alleinunterhalter, die sich hier für ein Cent und Dollar zum Löffel machen. Mit illustren Kostümen und kleinen Showeinlagen, obgleich sie dabei viel zu oft die eigene Würde mit in die Waagschale werfen, um die Leute zu beeindrucken.
Schön ist auch anzusehen, dass allmählich die Lichter eingeschaltet werden und einmal mehr Las Vegas in einem gleißenden Lichtermeer erscheinen lassen. Besonders das 4 Queens zeigt eine tolle Show und man muss sich kaum ausrechnen, dass das Casino hier an einem Abend mehr Strom raushaut, als wir mit unserem 4- Personenhaushalt in einem ganzen Jahr!

Gegen halb 8 sind wir durch mit unserem Ausflug auf die Freemont Street. Es wird mit einbrechender Dunkelheit etwas rauer und lauter auf der Flaniermeile, was den Jugendgruppen, den Junggesellenabschieden und illustren betrunkenen Damen im Best Ager Alter geschuldet ist. Auch offensichtlicher Alkoholkonsum tut sein Übriges, auch die Musik wird lauter. Die ganze Szenerie metamorphosiert regelrecht weg von der Familientauglichkeit hin zur Partymeile. Zeit für uns, sich etwas Ruhigeres zu suchen…

Gerne hätten wir vielleicht noch das ein oder andere Casino- Buffet hier ausprobiert. Aber es wird einfach zu ungemütlich und wir haben keine Lust, zu nach dem Essen zu später Stunde durch die Partyleichen zu kämpfen, um wieder zu unserem Auto zu kommen. Etwas Gediegeneres muss her, wobei wir auch nicht mehr im Wohnmobil kochen oder etwas backen können. Denn während ich vorhin das Auto geholt habe, hat Anja die Küche blitzeblank geputzt…

Die Lösung entdecken wir ein paar Seitenstraßen weiter. Ein „Jack in the Box“- FastFood Restaurant!
Schon von außen erkennen wir durch die hell erleuchteten Scheiben, dass kaum ein anderer Gast derzeit hier zu Abend speist. So kommen wir auch direkt dran und bestellen ein kleines Burgerbuffet zum Abendessen. Kurz darauf machen wir Bekanntschaft mit einem Herrn, über den mein Lyft- Fahrer Donald wohl nur den Kopf schütteln und sein Klischee bestätigt sehen würde. Der Typ ist komplett high! Er sitzt vielleicht drei auf vier (leere) Tische von uns entfernt und während er isst, miaut er die ganze Zeit in alle Richtungen! Mal leise, mal laut! Auch in unsere Richtung! Wir überlegen fasziniert wie leicht verängstigt zugleich, ob er sich selbst für eine Katze hält, oder eben mit imaginären Katzen kommuniziert! So oder so, der Typ ist suspekt! Die Angestellten haben offenbar keinen Bock auf Stress und die Chance, sich von einem Verrückten für ein paar Dollar Mindestlohn bestenfalls anfauchen zu lassen und verschwinden, kaum dass sie unsere Bestellung abgewickelt und das Tablett ausgehändigt haben, in den nicht sichtbaren Bereich hinter der Küche. Na bravo!
Eine ungemütliche Situation, die übrigens auch dadurch begünstigt wird, dass die Klimaanlage hier im Jack in the Box auf maximale Kälte eingestellt ist und im Vollpower- Modus läuft, als sei es draußen nicht um 20, sondern 39°C!! Der Laden ist kaum wärmer als 18 Grad! Wahnsinn!
Wir machen, dass wir unser Essen schnell verdrücken und uns wieder ohne Blickkontakt zum miauenden Katzenmann ins Auto flüchten können. Türe zu, Zentralverriegelung einrasten und ab!

Nachdem wir ein paar Meter gefahren sind und uns in Sicherheit wiegen, überlegen wir, was wir mit dem angebrochenen Abend noch machen können! Zum Wohnmobil zurück wäre eine Idee. Aber es ist mit 20 Uhr noch nicht so spät, dass wir für die morgige Wohnmobilrückgabe schon ins Bett müssten. Spontan beschließen wir also, vor der letzten Nacht im Wohnmobil noch einmal den Strip und Las Vegas Boulevard rauf und runter zu fahren und das Farben-/Lichtermeer zu genießen!
Auf den Fotos kommt dies zweifellos nicht so schön rüber, wie wir es erleben. Dennoch teilen wir gerne ein paar Eindrücke des Abends mit euch:

Als wir wieder auf dem Roadrunner RV Park eintreffen geht es gleich ins Bett für uns alle. Einerseits sind wir müde von den Erlebnissen des Tages, andererseits sind wir auch aufgeregt, ob morgen mit der Rückgabe des Wohnmobils alles klappen wird! Wir haben ja so gar keinen Schimmer, welchen Anspruch man an die Reinigung des Fahrzeugs stellen wird! Und ob auch alles klappt mit der Kaution, den Meilen und den „kleinen Funden“, die wir morgen mit Roadbear klären müssen!
Doch dazu morgen dann mehr…

 

Tagesstatistik Wohnmobil:
Meilen bei Abfahrt: 2.401,7
Meilen bei Ankunft: 2.409,0
Gefahrene Meilen: 7,3 = ca. 12 km

3 Kommentare

  1. Hallo Björn,
    Danke für deine großartigen Berichte! Ganz besonders würde mich natürlich die Rückgabe eures tollen Roadbears interessieren. Wo kann ich denn den Bericht finden? Oder habe ich ihn einfach übersehen?
    Danke und beste Grüße
    Seb

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